Öl und Terror – Wie das “schwarze Gold” repressive Regime und Gewalt fördert

Noch einen Tag vor den menschenverachtenden Anschlägen von Paris hatte US-Präsident Barack Obama verkündet, Daesh – der selbsternannte “Islamische Staat” (IS) – sei “eingedämmt”. Tatsächlich bekümmerte der Tod von Hunderttausenden in den innerarabischen Bürgerkriegen viele andere Menschen nur insofern, als die dadurch ausgelösten Flüchtlingsströme lästig, ja beängstigend erschienen. Das Satire-Magazin Postillon kommentierte denn auch die ersten Reaktionen des Westens auf den Terror in Paris – verstärkte Bombardements in Syrien – mit der Schlagzeile, die “Gewalt” werde nun “wieder dahin gebracht, wo sie hingehört”. Quelle: Der Postillon vom 16.11.2015 Die USA richteten dabei ihre neuerlichen Angriffe nicht mehr nur gegen Ölförderstätten, sondern erstmals auch gegen Tanklaster, die das Öl mit Millionengewinnen in benachbarte Regionen (wie v.a. die Türkei) schmuggelten. Bemerkenswert war dabei auch die Namenswahl: “Operation Tidal Wave II” (Flutwelle II) spielte sehr direkt auf die “Operation Tidal Wave” an, die sich 1943 gegen (von der deutschen Wehrmacht kontrollierte) Ölförderstätten in Rumänien gerichtet hatte.

Mit Kindern über Attentate sprechen? Gastbeitrag von Marion Mahnke

Kaum hatte ich mir einige Tage #Blogpause vorgenommen, explodierten sich die Terrorattentate von Paris in unsere westlichen – auch meine – Wahrnehmungen. Nicht, dass der Terror je weg gewesen wäre – doch in den vergangenen Wochen trafen die Bomben und Selbstmordattentäter Menschen in Beirut und Ankara, in Baghdad oder Kafranbel (usw.) und töten Dutzende, Hunderte von Menschen, ohne wirklich in unseren Alltag zu dringen. Doch jetzt ist der Terror auch “bei uns”, in einer Hauptstadt Europas, in unserem Nachbarland angekommen. Marion Mahnke ist Religionswissenschaftlerin und Pädagogin, tätig als Coach, und sie bot mir und damit uns den folgenden Gastbeitrag an. Solange Marion möchte, werde ich auch den Kommentarbereich moderieren.

Sind religiös aufwachsende Kinder “fieser”? Eine empirische Studie mit einem fatalen Fehler

Wieder mal zieht ein Aufreger durch die Netzwelt, angefeuert durch einen Guardian-Artikel: Wissenschaftler haben herausgefunden (also muss es unbezweifelbar wahr sein), dass religiös aufgezogene Kinder “fieser” seien als Kinder aus säkularen Familien! Zwar würden die religiöse Eltern ihren Kindern eine durchschnittlich höhere soziale Kompetenz bescheinigen – aber “im Experiment” würden diese Kinder “weniger teilen”!

Überleben mit den Old Order Amish? Die Faszination von Preppern für eine christliche Tradition

Die Nationalisten des 20. Jahrhunderts träumten von weltumspannenden Imperien, doch die “neuen Rechten” des 21. Jahrhunderts jammern über ihren drohenden Untergang. In den USA hat sich bereits seit längerem eine bunte Szene von ultra-“besorgten Bürgern” entwickelt, die gemeinsam der Auffassung sind, dass “der Kollaps” nicht mehr aufzuhalten sei. Da keinerlei Übereinstimmung darüber besteht, ob es sich um einen Atom-, Religions- oder Bürgerkrieg, eine globale Energie-, Terror-, Finanz- oder Wirtschaftskrise, einen Asteroideneinschlag oder eine Pandemie handelt, verwenden inzwischen Abertausende “Survivalists” (Überlebenswillige)weiter

Besorgte Bürger oder Gefährliche Bürger? Zum Buch von Liane Bednarz und Christoph Giesa

Natürlich ist es einfacher (und gerade in Zeiten des Internets zunehmend beliebter), nur noch die Literatur zu lesen, die die eigenen (Vor-)Urteile bestätigt. Deswegen suche ich bewusst auch immer wieder Bücher, die mich herausfordern, ärgern, zum Neudenken zwingen. “Gefährliche Bürger” von Liane Bednarz und Christoph Giesa ist genau so ein Werk, das nun schon seit Wochen in mir arbeitet…

Der menschliche Hunger nach Sinn – Mit Near Lights von Olafur Arnalds

Eine Freundin hat eine Gabe: Sie findet immer wieder Musikvideos, die in eindrücklicher Weise an die “großen Fragen” anschließen, frühere Ansätze und Gedanken wiederbeleben. So ging es neulich – erkennbar nicht nur mir – zum Rätsel “Zeit”. Und nun übersandte sie den Link zu einem nicht minder eindrucksvollen Werk von Olafur Arnalds. Mich konfrontiert es mit der Frage, warum wir Menschen (oder, empirisch zutreffender: einige von uns Menschen!) einen “Hunger nach Sinn” (Licht?) verspüren und selbst dann Traurigkeit, ja Schmerzen erfahren können, wenn es uns “objektiv gut geht” (also Grundbedürfnisse nach Sicherheit, Einkommen etc. befriedigt sind). Dies kann über das subjektive Leiden hinaus zur Entfremdung von anderen Menschen, zu Einsamkeit und – nüchtern-biologisch gesehen – zum Verzicht auf Nachkommenschaft oder gar zum Suizid führen. Nicht zufällig war es ja eine Schweizer Philosophin, Jeanne Hersch, die im Kontakt mit der in Wohlstand und Sicherheit aufgewachsenen Jugend ihres Landes bereits früh mit dem Zusammenhang von Sinn, Zeit & Anthropodizee rang. Aus Befunden der Glücksforschung ergibt sich, dass Religion(en) dazu beitragen können, solche Sinnfragen zu beantworten. Auch ehrenamtliches Engagement – aktuell zum Beispiel in der Flüchtlingshilfe – spendet erkennbar vielen Menschen Sinn. Dass aber manche – insbesondere auch Jugendliche und junge Erwachsene mit gebrochenen Biografien – dabei auch an religiös-fundamentalistische, ja extremistische “Anbieter” geraten, ist ebenso ersichtlich. Und es verschärft die noch nicht schlüssig geklärte Frage, warum die biologische, kulturelle und geistige Evolution des Menschen einen so kostspieligen, ja mitunter gar gefährlichen “Hunger nach Sinn” hervorgebracht hat.

Warum fließt Blut für Öl? Die Rentierstaatstheorie zum Fluch des schwarzen Goldes

Wenn Sie in in Ihrem ganzen Leben nur eine einzige, politikwissenschaftliche Theorie kennenlernen und anwenden wollen – dann geben Sie, das erlaube ich mir zu bitten, der Rentierstaatstheorie diese Chance! Denn sie bietet eine schlüssige Erklärung, warum auch der Westen totalitäre Regime wie Saudi-Arabien hofiert, das Schah-Regime im Iran wiedereinsetzte, warum die USA eine ganze Reihe von Rohstoffkriegen geführt haben und heute auch Staaten wie Russland, Aserbaidschan, Venezuela, Angola, Nigeria und viele weitere autoritäre Regime ausprägen. Sie erläutert, warum mancherorts religiöse Fundamentalisten und Extremisten an Macht gewinnen. Sie vermag schließlich auch zu erklären, warum sich die Staatenwelt des Nahen und Mittleren Ostens derzeit auflöst und Hunderttausende meist muslimische Flüchtlinge nicht etwa in die benachbarten, ölreichen Golfstaaten, sondern in die Türkei, nach Jordanien, Libanon und schließlich nach Europa strömen.

Das neue Gehirn & Geist – Nüchtern in die Zukunft?

Klingt wie ein Klischee, ist aber völlig wahr: Gehirn & Geist ist für mich nicht irgendeine Zeitschrift, sondern hat mein Leben zum Besseren verändert. Von meiner – schon von meinem Vater vermittelte – Begeisterung für Wissenschaftszeitschriften führte mich G&G über inzwischen meterweise Hefte und Bücher auf die Spur, die Menschen nicht als natürliche “oder” kulturelle bzw. geistige Wesen zu begreifen, sondern als Gesamtheit mit biologischen Grundlagen, kulturellen Prägungen und individueller Gestalt. Entsprechend wagte ich es dann später in meiner Doktorarbeit,weiter

Leise Stimmen jenseits der Klischees. Die Flüchtlings- als Glaubenskrise unter (vielen) Muslimen

“Dr. Blume, wie reagieren eigentlich die Muslime auf die Morde im Namen ihres Glaubens?”, so werde ich in diesen Tagen und Wochen sehr häufig gefragt. Einfache Antworten darauf gibt es nicht, weil es “die Muslime” schlichtweg nicht gibt. Je nach Herkunft, Bildungsschicht, Persönlichkeit und nicht zuletzt Konfession (wie sunnitisch, schiitisch, alevitisch bzw. alawitisch) fallen die Wahrnehmungen und Deutungen oft sehr unterschiedlich aus. Doch insbesondere im deutschsprachigen Islam wird intensiv debattiert – wobei die Laut-Eindeutigen die vielen leiseren Stimmen leider oftweiter

Trauer um Meinhard Mordechai Tenne (26.05.1923 – 29.09.2015)

Heute wäre ich gerne in Deutschland, auf dem Friedhof Stuttgart-Steinhaldenfeld. Denn heute nehmen Angehörige, Freunde und Bekannte Abschied von einem ganz besonderen Menschen, von dem ich sagen kann, dass er auch mein Leben tief berührte: Von Meinhard Mordechai Tenne, der gestern verstarb. Meinhard war ein besonderer Mensch – ein Überlebender der Schoah aus einer Berliner jüdischen Familie, der Mutter und Schwester an die NS-Verbrecher verlor, dann ein israelischer Offizier, der zuerst aus Pflicht und dann aus Zuneigung nach Deutschland heimkehrte,weiter