mal was von der pharmaindustrie

das finde ich schon ein starkes stück: ich hatte mich schon immer gewundert, warum ein kind aus dem krankenhaus immer die teuersten medikamente mit nach hause bekommt. so genannte generika (also gleicher wirkstoff, niedriger preis) tun es in der regel bei medikamenten für kinder (meist antibiotika) ja auch.

die pharmaindustrie beliefert die krankenhausapotheken mit neuen innovationen, welche aber für absolute spottpreise angeboten werden. beispiel: blutdruckmedikamente gibt es in massen, und es gibt ständig neue medikamente. eine volkskrankheit gibt das eben her.

ergo: der krankenhausapotheker kauft extrem günstig ein – er muss ja auch mit seinem budget auskommen – der stationsarzt kümmert sich nicht darum und schreibt das medikament weiter, auf den arztbrief, in der abschlussbesprechung – und der niedergelassene draussen führt diese behandlung fort – um den patienten nicht zu verunsichern, oder aus angst, eine umstellung könnte den therapieerfolg gefährden.

nur: meist sind die neuen medis aber in der wirksamkeit nicht viel besser als die alten. und: "draussen" ist das neue medikament gnadenlos teuer, panorama berichtet von einem unterschied von 1 euro pro packung, die der krankenhausapotheker bezahlt, zu 135 euro, die die packung am freien markt kostet.

wow, oder? das nenne ich geschäftstüchtig, oder auch sittenwidrig.

aber das ist wieder einmal eine crux unseres gesundheitssystems: krankenhaus-medizin gilt bei patienten als nonplusultra im knowhow, es gibt strahlendweiße chefärzte, eine klare hierarchie, viel geräte, das macht eindruck – was aber vermutlich vor allem für die unikliniken zutrifft. der niedergelassene hingegen ist eher der vermeintlich unwissende und schlecht fortgebildete mediziner, barfußmediziner geschimpft.

also ist das medikament aus dem krankenhaus auch das einzig richtige, weil von dort verordnet, und auf diese masche setzt die pharmaindustrie. versuch mal, ein mutter zu überzeugen, dass das medikament, das du verschreibst, gleiche wirkung hat, wie das aus dem krankenhaus. "ich will aber genau das."

in der kinderheilkunde ist es meist nicht ganz so extrem – kinder taugen auch nicht so für innovationen – da gibt die industrie eher wenig geld aus. hier gibt es nur ständig neue medikamente mit gleichem wirkstoff, eben die generika.

viele kliniken sind daher freundlicherweise dazu übergegangen, auf den entlassbrief nur noch den wirkstoff des medikamentes zu schreiben, wenn der niedergelassene arzt dann das medikament fortführen will, kann er zu einem entsprechenden günstigeren mittel greifen, welches die gleiche wirkung hat.

hier der beitrag aus der panorama sendung in der ard. 

papagei

setting: fünfjährige tochter, mutter, kinderdok. untersuchung.

ich: "oh prima, unterhemd ist schon ausgezogen, dann höre ich dich mal ab."
mutter: "jetzt hört der onkel dich mal ab."
ich: "so, dann schaue ich noch in die ohren."
mutter: "nur kurz ohren schauen, nicht schlimm."
ich: "alles klar, und noch den mund auf."
mutter: "komm, mach schön den mund auf."
ich: "legst du dich mal hin, dann taste ich noch deinen bauch ab."
mutter: "legst dich schön hin, passiert nichts."
ich: "also wunderbar, dann setz dich mal wieder."
mutter: "setz dich mal wieder."
ich: "wie alt bist du denn schon?"
mutter: "komm sag, wie alt bis du?"
tochter: "…"
mutter: "bist du vier oder fünf?" 
tochter: "…"
ich: "kannst mirs auch mit den fingern zeigen."
mutter
: "bist du fünf?"
tochter nickt. lässt die hand wieder sinken.
ich: "hast du denn arge halsweh? oder gehts mit dem essen und trinken."
tochter mund öffnet sich.
mutter: "essen geht schon. gell, marlies-susann?"
tochter nickt.
ich, erstmals zur mutter: "also, sie hat einen leichten racheninfekt, ist nicht so schlimm, ein wenig rot, nichts eitriges. da darf sie was lutschen, viel trinken. das wird schon."
mutter: "siehst, marlies-susann, alles nicht so schlimm beim onkel dokter."
ich: "also tschüss, marlies-susann." reiche ihr die hand.
tochter versteckt sich hinter der mutter.
mutter: "naja, das macht sie nicht so gern, sie ist immer sooo schüchtern." 

klopfklopfklopf

grad passiert: es rumpelt an der tür. klopfklopfklopf. nicht klingeln, oh neihein! es wird geklopft. laut. damit man´s drinnen auch hört. nun ist es so, dass die sprechstunde offiziell um 17.30 endet. steht auf dem schild. wunderwas, dass natürlich bis 18.30 minimum noch patienten da sind. und die leute das auch wissen. und dann auch mal spät abend an der tür klingeln.

also wenn nimmt´s wunder? es rumpelt an der tür. entsprechend gestimmt, da gestört beim ausfüllen eines ungemein wichtigen kurantrages mache ich die tür auf und erwarte "oh sie sind noch da." wahlweise "oh, gut dasse noch da sind." wahlweise "wir haben einen gaaanz dringenden notfall, wissense, patrick-heiner-steven hat seit 2 tagen fieber." wohlgemerkt ohne "guten abend" oder "entschuldigen sie die späte störung."

alles fehlanzeige. es ist der nette herr von dhl. und bringt gekühlte impfstoffe. aus der versandapotheke. akut von den helferinnen vor dem wochenende noch bestellt. von wegen der fsme-zecken-impfpanik, die alljährlich über uns hineinbricht .

gekühlte impfstoffe. um 19 uhr. darauf muss man mal kommen.

ich: "hallo, oh, ein paket. und das um die uhrzeit."
dhl (noch brummeliger als ich): "tach auch. ja, ein paket. sindse der dokter hier?"
ich: "korrekt. der, der seid 2 stunden feierabend hat." ich grinse.
dhl: "ja. ist mir egal. buchstabihen se nochmal in ihren namen?"
mach ich. und zeige freundlich auf mein namensschild am eingang und tippe auf das paket, wo auch der name steht.
dhl: "ahsoja. gut. unterschreibense."
mach ich auch.
dhl: "muss übrigens gekühlt werden das zeug. also gleich inne kühlschrank."
ich: "ja. danke."
dhl: "und…" er hält inne, lächelt plötzlich ein freundliches aufrichtiges grinsen: "danke, dass sie aufgemacht haben."

wow.  

 

apoblog

kolleginnen und kollegen der abgebenden zunft vulgo apothekerinnen und apotheker sind in rl manchmal ein wenig schwer bekömmlich – da werden dinge an die eltern rangeschwatzt, die einem als mediziner die haare ergrauen lassen. da muss zwingend zum antibiotikum oder zur warzensalbe noch dieses oder jenes glaubuli mitgegeben werden oder … "der dokter hat ihnen nichts aufgeschrieben, so was! da habe ich was für sie" und dieser stil.

nein, so sind sie nicht alle, das bestätigte sonst nur das blöde vorurteil, ärzte und apotheker seien diametral unterwegs wie ärzte und anwälte oder lehrer. alles quatsch.

nettes gegenbeispiel: pharmama .

ihr blog kommt aus dem apothekerinnenleben, spielt in der schweiz und pharmama ist – achtung, logisch, siehe nickname – auch mama. genialer nickname übrigens. besonders gefällt, dass es praktisch täglich neues zu lesen gibt.

hier der link nochmal zum klassischen thema ärztehandschriften

ferngesteuert

kinderdoks bobele und kinderdok kicken in der seitenstrasse mit dem bayern-ball ein paar runden. lockeres hin und her, hochschuss, flachschuss, viereinhalbjähriges dribbeln (also keines).

plötzlich liegt ein seltsames geräusch in der luft, klingt wie ein elektrorasenmäher, vielleicht ein wenig lauter, vielleicht ein wenig knarriger. nicht ungewöhnlich für ein warmes wochenende in der vorstadt, die väter sind zu hause, der rasen hat ausreichende länge. aber das hier ist kein rasenmäher.

und dann kommen sie um die ecke: ein steppke, etwas jünger als meiner, stolz wie oskar in auf einem plastikauto, höhergelegt, grünrasend jeepig gestrichen, mit kinderkuhfänger, angedeutetem zusammengeklapptem verdeck – ein pajero/cayenne für kids. wenn nur das knarzige geräusch des elektroautos nicht wäre.

kinderdoks bobele steht der mund offen. sein blick verrät alle sehnsüchte eines vierjährigen.

kinderdoks bobele: "kuck mal, papa, das wünsche ich mir zum geburtstag." klar.
ich: "wirklich? aber du hast doch schon ein fahrrad."
kinderdoks bobele: "aber das da ist sooo cool." klar.

der andere ist mittlerweile auf unserer höhe und knarzt an uns vorbei. dahinter seine mutter, hochkonzentriert beschäftigt mit ihrem handy. der andere fährt schlangenlinie, rechts, links, wirft vor freude die arme in die höhe. und schlangenlinien.

hä? ach, das ist gar kein handy. die frau hat eine fernbedienung in der hand!
…und lenkt ihren steppke mehr schlecht als recht durch die neubausiedlung.

mich schüttelts aus väterlichen aber auch fachlichen gründen, ich kann mich weder von dem einen noch dem anderen lösen. konsequente gedanken jagen die anderen, gehhilfen, stützräder, krücken der motorik, couch-potatoes und immer wieder der schrei nach ergotherapie.

kinderdoks bobele: "cool. der muss gar nicht treten."
ich: "ja, aber hast du auch gesehen, dass die mama eine fernbedienung in der hand hat und den jungen damit in seinem auto lenkt? wie bei deinem kleinen roten auto?"
kinderdoks bobele grübelt, legt die stirn in falten, dann: "echt? na, das ist ja blöd."

danke, mein sohn. das wollte ich hören.
und rufe zum nächsten match deutschland gegen frankreich auf, verliere 2:10 und bin sehr zufrieden.

grillaromen

da, wo kinderdok immer mittags essen geht, gibts auch diesen genialen bordstein-aufsteller, auf dem immer das aktuelle mittagsgericht orthografisch zelebriert wird.

gab´s heute "rostbief vom grill" und gleich darunter "oberschinen-spageti".
da schmeckts doch gleich nochmal so gut. ich habe mich aber für "grillwurst mit kartoffelbrei" entschieden. da kann man wenigstens nicht viel falsch machen. 

maaahlzeit. 

wartezimmervesper

warum wird eigentlich in der praxis immer gegessen?

naja, ok, nicht immer. typische blog-übertreibung. aber warum schaffen es eltern nicht, mit ihren kindern irgendwo hinzugehen, ohne ihnen ständig eine semmel, eine brezel, einen keks, ein gummibärchen in den mund zu stopfen? warum können eltern sich nicht anders mit ihren kindern beschäftigen?

man kann sich nicht vorstellen, wieviele krümel im wartezimmer verteilt werden, wie oft ich in ein untersuchungszimmer marschiere und simona-tyra-tschakelin matscht eine banane auf dem wickeltisch.
klasse auch im sommer erdbeereis, oder rote lutschbonbons.

"im hals hat sie nichts?"
"doch – brezelkrümel und gefärbte tonsillen."

keine ahnung, ob das unhygienisch ist, in der arztpraxis zu essen, ich persönlich finde das schon. aber noch ärgerlicher finde ich das verteilen der essensreste in den räumen, die apfelreste im papiermüll und die kekse in den ritzen der säuglingswaage.

warum kann man nicht zu hause essen und trinken? warum kann man nicht ein buch mitbringen zum zeitvertreib oder spielzeug? unsere wartezeiten sind nun wirklich nicht solange, dass der hungertod droht.  

von den nuckelfläschen mit den klebrigen zusammengekehrten obstresten in flüssiger form multivitaminsäften möchte ich gar nicht erst anfangen. oder den zweijährigen mit kaugummi in der gosch. wie sagte der hno-kollege damals: "es gibt nichts schöneres, als einen hubbabubba aus dem rechten hauptbronchus zu ziehen."

uff. so. das musste ich heute mal loswerden, nachdem ich einen abgeleckgten lolli von der wickelauflage geklaubt habe.