wie das?

bobele mit erkältung, übliche untersuchung, ohrengucken, halsschauen und eben auch … klar … abhören.

ich: "ja, der hat eine gute erkältung, dabei auch eine bronchitis."

stille. mutter schaut verständnislos.

ich: "also eine bronchitis , eine entzündung in den bronchien, das sind die luftwege in die lunge hinein."

nochmals pause. es rattert.

mutter: "aha. und wie haben sie das jetzt erkannt?"
ich (wtf?): "weil ich eine bronchoskopie, ein computertomogramm, eine obduktion gemacht ihn grade abgehört habe?"
mutter: "aah!" schaut sehr beeindruckt. 

stille.

mutter: "aber in den ohren hatter nichts?"
ich: "nein. die ohren sind ok."
mutter: "hamse doch gar nicht geguckt."
ich: "doch hab ich."
mutter: "nee, hamse nich."
ich (halte das otoskop mit dem trichter hoch – eindeutige cerumen reste): "doch hab ich."
bobele: "ja, hatter."
mutter: "aha. also anne ohren hatter nichts?"
ich: "alles ok. bronchitis."
mutter: "sindsesicher?"
ich: "yup."
mutter: "aha. ok." 

rausgerutscht

"äh, darf ich auch mal an ihr kind ran?"

… ist mir heute so rausgerutscht, nachdem die mutter in epischer breite die laufende nase ihres sprösslings referierte ("schon seit 2 tagen, herr dokter!!" ), und ich zur untersuchung des kindes überwechselte. ich habe zwar recht breite untersuchungsliegen, aber ich kam an der nonverbalen schutzmauer aus mutterrücken, kindbegrenzenden mutterarmen und kuschelkreis nicht vorbei. jeweils nach den abteilungen a) abhorchen vorderseite, b) abhorchen rücken c) ohreninspektion und d) racheninspektion wurde dieser wall der undurchdringlichkeit wieder eingenommen. sehr anstrengend.

peinliche steigerung

"…nein."

"…nicht zu Hause."

"…nur auf dem balkon."

"…nur in der küche."

"…nicht im gleichen zimmer."

"…nicht neben ihr."

"…ja."

auf meine frage, ob in der familie geraucht wird. wann immer ein säugling mal länger als zwei wochen hustet. 

natürlich auch noch mit der variante zwei multiplizierbar.

obama

…. auch bei mir.

es kann nicht angehen, dass alle news-feeds und zeitungen, alle fernsehsender und radioberichte voll der obamas und yes-we-can-rufe sind, und ich schreibe nichts dazu. 

aber was hat ein kinderarzt mit barack obama zu tun? die angst vor den ersten kindern mit diesem namen? barack? sie kommen, hundert pro. vielleicht erst in den staaten (bestimmt schon längst), aber sicher mit ein bis zwei jahren verzug auch bei uns. ohje. barack gscheidle oder barack schmidt oder lukas barack hoffmann. klasse.

und dann sah ich noch dieses kind bei dem rockkonzert vor der einsetzungsfeier – schräg links hinter obama – schnarch. angelehnt an papas schultern, völlig kaputt und gelangweilt – schlief dieses kind seelenruhig, während bruce, stevie und shakira ihr bestes gaben. (und wieder ein kind mehr, dass die nächsten tag auf unerklärliche weise nachts nicht schlafen kann.) einfach nur nett. 

hoffnungen gibt es viele für diesen mann – erstaunlich aber auch sehr verständlich nicht nur in den staaten. die ganze welt scheint auf jemanden wie obama gewartet zu haben. das wird auch ausreichend in der presse breitgetreten. der arme mann.

angst habe ich ein bisschen vor den vergleichen mit abe lincoln, kennedy und dr. martin luther king. das ehrt. das fordert. das setzt vergleiche. aber wie bei vielen visionären der geschichte enden visionen oft sehr jäh, getrieben von verblendeten fanatikern. obamas präsidentschaft habe ein endgültiges ende dem rassismus gesetzt, wird oft geschrieben. das sehe ich nicht so. für einen fanatiker und rassisten ist es egal, ob der farbige im bus oder im weissen haus sitzt.

kräftig kräftig

vorstellung eines knapp sechsjährigen, zugezogen. eigentlich nur wegen erkältung, aber der klinische blick kann nicht verschlossen werden vor dem jungen mops, der vor mir steht.
38 kilo bei 125 cm körpergrösse macht einen bmi von satten 24,1 kg/m2.

ich: "und – sie sind jetzt hergezogen aus bamberg?"
mutter: "ja, schon vor einem dreiviertel jahr."
ich: "und seither immer gesund gewesen."
mutter: "achja. wir waren vorletzten monat mal bei ihrem kollegen dr. xyz, aber da gehe ich nicht nochmal hin."
ich: "mmmh. und – was haben sie wegen des gewichtes ihres torben-marc-luca vor?"
mutter: "jaja, der kinderarzt in bamberch hat auch schon gesagt, er sei ein wenig zu dick." zum bobele: "sisste, torben-marc-luca, der dokter sächt auch, dass du zuviel isst."
ich: "und der dr. xyz?"
mutter: "jaja, der hat auch sowas gesagt."

merke: man kann umziehen, man kann auch den arzt wechseln, aber dick bleibt man trotzdem. 

achsooo

"achso, sie haben mittagspause – war das schon immer so?"
"achso, um 20 uhr sind sie nicht mehr in der praxis wegen eines termins?"
"achso, wenn sie notdienst haben, sind sie nicht immer in der praxis?"
"achso, die praxis ist schon geschlossen?" (um 18.30 uhr, untersuchungsräume dunkel, nur in meinem büro brannte noch ein licht.)

so isses. wir sind nämlich normale menschen und keine arbeitszombies, die in der praxis nächtigen und auf dem trocken-esbit-kocher unsere süppchen zubereiten. 

ähnliche aha-erlebnisse für eltern: 

"achso, ich brauche die versichertenkarte, wenn ich ein rezept holen will?"
"achso, die impfung wird im impfbuch eingetragen?"
"achso, das vorsorgeheft. stimmt, für die vorsorge heute brauche ich das vorsorgeheft."

usw. 

 

alles ohne kinder

der (sic!) unheil kommt aus dem süden der republik. zunächst machte er sich über das ländle breit, jetzt san die bajuwaren dran. er kommt ganz langsam, im hintergrund, so dass ihn niemand merkt, aber bald wird er seine fänge auswerfen und euch ködern. euch, die eltern.

der hausärztevertrag.

er sieht vor, dass patienten zunächst bei ihrem hausarzt vorsprechen müssen, bevor sie einen facharzt aufsuchen. prinzipiell eine vorbildliche einstellung, den schließlich ist doctorhopping einer der gründe der kostensteigerungen im gesundheitssystem. diese so genannte hausarztzentrierte versorgung hat der gesetzgeber verankert, und daran müssen sich die krankenkassen bis zum stichtag diesen jahres halten.

die erste war die aok in ba-wü, die zusammen mit den hausärzten einen solchen vertrag ausgeheckt und letztes jahr gestartet hat. und nun läuft das ganze in bayern ab.

problem: kinder- und jugendmedizinische ausbildung, also fachärztliche befähigung zur versorgung eurer kinder, wird hierbei nicht gefordert.

der hausarzt, der an diesem vertrag teilhaben möchte, muss ein ekg haben, ok, auch fortbildungsqualifikationen nachweisen, prima – ja, sogar solch tolle dinge wie eine abendsprechstunde und eine garantiert kurze wartezeit von einer halben stunde.
aber: eine qualifikation zur behandlung von kindern und jugendlichen interessiert niemanden.

daher lehnen wir kinder- und jugendärzte diese so genannten hausarztverträge ab.

kinder und jugendliche gehören zum passend fachärztlich ausgebildeten mediziner, und damit zum kinder- und jugendarzt!
schwangere frauen gehören zum gynäkologen!
männer mit prostatabeschwerden zum urologen!
und zähne zieht noch immer der zahnarzt!

geht mal hin und fragt eure krankenk.asse, vor allem die große mit den drei buchstaben – was sie für eure kinder tut: sorgt sie sich um qualifizierte mediziner für eure schutzbefohlenen? bietet sie eine strukturierte versorgung für dicke kinder? bezahlt sie die dringend nötigen vorsorgen u10 (mit 7-8 jahren)? u11 (mit 9-10 jahren?)? wie lange hat eure kasse gebraucht, die u7a (mit 3 jahren) zu übernehmen?

wenn eure kasse mit dem hausarztvertrag winkt – sagt nein!

in baden-württemberg läuft der vertrag schlecht – auch bei den allgemeinärzten. die einschreibequote der neunhundert kinder- und jugendärzte im ländle beträgt unter 2% – ein klares signal: mit uns nicht!
hoffen wir, dass dies in bayern ähnlich läuft, sonst sind bald noch andere bundesländer dran.

schau auch mal hier und hier. die zeit steht auf sturm – verträge wie diese und die unterfinanzierung der praxen durch die neuen versorgungsstrukturen bedeuten das ende der ambulanten kinder- und jugendmedizin. ihr als eltern habt die macht, dies zu verhindern!

jedes jahr die gleiche leier

… die grippewelle oder grippige welle, denn die echte grippe influenza wird uns vermutlich erst richtung februar erwischen … aber wie jedes jahr ein paar wochen, in denen alle, wirklich alle krank werden, und vor allem immer auch vater und mutter rotzend hustend und fiebernd ihre kinder präentieren. und die gesündesten sind dabei meist die kinder.

ich: "na, sie hats aber auch erwischt."
vater: "jaja, ich war auch schon beim dokter. ich bekomm sogar schon ein antibiotika." (sic!)
ich: "und was hat er da behandelt?"
vater: "na, meine grippe, ich hab ja schon seit´m wochenende fieber."
ich: "mmh. ihre jessica-alina-luisa hat sich wahrscheinlich angesteckt, das ist eben dieser grippige infekt, der gerade rumgeht. das sind virusinfekte, bei denen antibiotika nicht helfen. jetzt kriegt sie nasentropfen und was gegen die leichte bronchitis dabei, das ganze wird sicher vier oder fünf tage dauern, dann ist sie wieder auf dem damm."
vater: "aber wenn sie sich angesteckt hat, braucht sie dann kein antibiotika?" (sic!)
ich: "nein, bei viruserkältungen hilft ein antibiotikum nicht. vielleicht haben sie noch zusätzlich etwas, weil sie ein antibiotikum bekommen haben." (erklärungsangebot für den handelnden kollegen im hintergrund.)
vater: "ne, ne, das habe ich wegen der grippe bekommen, damit ich wieder auffe arbeit kann."
ich: "das wird die sache wahrscheinlich nicht abkürzen. grippale infekte dauern nun mal eine knappe woche."
vater: "mmh. ja, bei mir dauerts jetzt auch schon seit´m wochenende. bisher hat das antibiotika (sic!) auch noch nicht geholfen."

ja. genau. usw.
manchmal denke ich, das habe ich letztes jahr schon mal geschrieben, déjà vu wohin man nur vu.

wusstet ihr, dass kinder- und jugendärzte im hausärztlichen bereich die geringste quote an verordnungen von antibiotika haben? während gleichzeitig die quote der ärztlichen konsultationen pro patient im vergleich zu hausärzten am höchsten ist?

schlitterbahn

auf dem weg vom mittagessen zurück in die praxis.
bobele no.1: "find´ch doof, dass die hier überall streu´n, wo die kinder doch ihren spass haben woll´n beim schlittern."
bobele no.2: "aber für die omas ist das doch, sonst rutschen die aus."
werden meiner gewahr.
bobele no.1: "kuckmal, da ist der kinderdok, der könnt doch dann den omas helfen."
bobele no.2: "neee, der macht doch nur kinder."

dieses jahr

… ist nun schon neun tage alt, und wie im letzten eintrag schon angeklungen, tanzt der bär auf dem parkett. das sind die berühmten ersten wochen im jahr, nach weihnachten und silvester, viele kollegen tummeln sich noch auf der skipiste, vertretungen en mas – und kranke kinder wie nie.

gerade greift irgendein virus um sich mit fieber hoch zehn, schlappen kinder und noch schlapperen eltern dabei, frage ist immer, wer mehr genervt ist – das kind, das eh krank ist, oder die eltern, die genervt vom kind auch selbst noch krank sind. "bitte machen sie mein kind gesund, damit ich mich ein wenig auskurieren kann." verständlich.

und das alles noch unter den grauen vorzeichen des kommenden jahres: die bundestagswahl wirft ihre schatten voraus, möglicherweise wird die gesundheitspolitik eine grosse rolle spielen – gesund sein kostet immer mehr, die kassenbeiträge werden auf 15.5% vereinheitlicht, was für viele ein deutliches minus im portemonnaie bedeutet. die patienten spüren, sie bekommen hingegen schlechtere medizin für ihre kassenbeiträge, die ärzte klagen, das sie immer weniger verdienen. bleibt nur die frage: wo bleibt das geld?

uns ärzten beschert das neue jahr mal wieder eine neue reform des abrechnungssystems, mit einer neuen worterfindung: dem regelleistungsvolumen.

dieses rlv bekommt jede praxis individuell zugeteilt, errechnet aus den abgerechneten leistungen des vorjahresquartals der gesamten arztgruppe (also bei mir den kinderärzten) multipliziert mit der eigenen zahl an patienten dieses quartals.

kompliziert. de facto muss ich – um das gleiche wie im vorjahr zu verdienen – mindestens genausoviele patienten behandeln, und trotzdem bleibt ein verlust von ca. 10%. bei steigenden lebenshaltungskosten, personalkosten, mietkosten, praxiskosten. 

das durchschnittliche rlv in deutschland beträgt pro patient und quartal 30 Euro! in manchen bundesländern sogar deutlich weniger!

anders gesagt: kinderversorgungs-flatrate für 10 euro im monat. egal, wie oft man das kind sieht. in worten: zehn.

moment, kurzer vergleich:
schlüsseldienst 1x kommen 65 euro plus anfahrtskosten
pc-service-wartungsvertrag 216 euro / monat
herrenhaarschnitt 1x 15 euro
premiere-abo ab 19,99 euro / monat – 54 euro / monat
kinderärztliche grundvergütung 10 euro / monat. 

idealismus inklusive.