Im November 1965 wurde in der DDR die hormonelle Verhütungspille “Ovosiston” eingeführt. Damit war die DDR das erste Ostblockland, in dem die revolutionäre Verhütungsmethode zur Verfügung stand. Jedoch wurde die Pille zunächst viel zögerlicher angenommen als erwartet. Ab 1968 durften alle Frauenärzte Ovosiston verschreiben, somit hatten von da an nahezu alle Frauen in der DDR Zugang zu diesem Mittel. Ab 1972 war die Pille kostenfrei und durfte ab dem 16. Lebensjahr verordnet werden.
Anders als zuvor im Westen musste die Pille nicht erstritten werden, im Gegenteil, sie war erwünscht und wurde von der Staatsführung wie von Ärzten und Beratungsstellen propagiert. Und auch die Bezeichnung als Wunschkindpille war eine deutliche Abgrenzung gegenüber der im Westen geläufigen Anti-Baby-Pille. Schließlich verstand sich der sozialistische Staat als kinderfreundlich, wurden Geburten – möglichst zwei, drei Kinder pro Familie – gefördert. Andererseits sollten Frauen berufstätig sein. Die Pille sollte also Schwangerschaft nicht verhindern, sondern planbar machen, um Beruf und Mutterschaft miteinander zu vereinbaren. Sogar der Name “Ovosiston” (Eistopp) widerspiegelt diese Idee.
Am 17. November sendet der MDR eine TV-Dokumentation über die Wunschkindpille aus Jena. Die Autorin und Regisseurin Ute Gebhardt befragt Pharmazeuten, Ärzte und SexualaufklärerInnen, die Ovosiston & Co. auf den Weg brachten. Sie fragt Frauen und Männer nach dem persönlichen Umgang mit dem staatlichen Angebot und stellt die ethischen Fragen zur Familienplanung und zur Verantwortung für das ungeborene Leben.
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Weitere Links: Zeitzeugnisse
Deutsches Rundfunkarchiv
Die Zeit vom 28. Januar 1972
Internationale Gesellschaft für Geschichte der Pharmazie
Buch: Annette Leo, Christian König: Die “Wunschkindpille”