Author: strappato
Seltene Spitzenpreise
No, the United States is the only country in the world that allows the drug companies to charge whatever they want.
Not the only. In Deutschland für patentgeschützte Medikamente. Dass es noch andere Staaten gibt, die sowas verrücktes wie “Free Pricing” für Arzneimittel erlauben, ist für Melody Petersen, ehemalige Journalistin bei der NY Times und Autorin des Bestseller “Our Daily Meds: How the Pharmaceutical Companies Transformed Themselves Into Slick Marketing Machines and Hooked the Nation on Prescription Drugs” undenkbar.
Noch mehr Luftblasen namens Airnergy
Airnergy wandelt WLAN-Signale in Strom um.
Der Name “Airnergy” scheint Programm zu sein. Der eine mit Luft, der andere durch die Luft. Alles heisse Luft.
Europäische Arzneimittelbehörde wird aufgehübscht
Vor einem Monat, am 8. Dezember, hat die Europäiscjhe Arzneimittelagentur fast unbemerkt von der Fachöffentlichkeit eine neue visuelle Identität bekommen.
Die Renovierung umfasst nicht nur das Logo, sondern die Behörde ist schon unter der neuen URL ema.europa.eu im Internet und als Teil der E-Mail-Adressen hinter dem @ zu erreichen und bald auch mit neuem Auftritt. Sie will auch nicht mehr “EMEA” ganannt und abgekürzt werden, aber auch nicht “EMA”. Am liebsten hätten die Arzneimittelkontrolleure, nur noch unter dem vollen Namen “European Medicines Agency” in den Medien und in Dokumenten aufzutauchen.
Neben dem Anstrich soll sich auch innen einiges verändern. In der neuen Organisationsstruktur tragen die für Humanarzneimittel verantwortlichen Abteilungen nun den Titel “Human Medicines Development and Evaluation” – vorher “Pre-authorisation Unit” – und “Patient Health Protection’ – vorher “Post-authorisation Unit”.
Genau wie der neue Claim: “Science. Medicines. Health.” soll das alles mehr Klarheit in der Kommunikation nach aussen bringen. Die ebenfalls versprochene mehr an Verantwortung, Effizienz und Effektivität wird sich zeigen.
Problem der Interessenskonflikte bei Leitlinen-Autoren
Die Vergesslichkeit eines Experten bei der Angabe möglicher Interessenskonflikte in Therapieleitlinien, sind kein Einzelfall. Es wird geschätzt, dass sich in der Mehrzahl der S2- und einem grossen Teil der S3-Leitlinien keinerlei Angaben zu Interessenkonflikten der Autoren finden lassen. Individelle und direkt einsehbare Angaben zu Interessenskonflikten der Autoren sind die Ausnahme.
Das Problem ist bekannt und beschäftigte im Dezember die Leitlinien-Beauftragten der AWMF-Mitgliedsgesellschaften in ihrer Konferenz. Die Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) ist der Dachverband von 154 medizinischen Fachgesellschaften und koordiniert seit 1995 die Entwicklung von medizinischen Leitlininien in Deutschland.
Die Betroffenen, Fachgesellschaften wie Leitlinienautoren, können sich nicht mit neuen Anforderungen und einer wachsenden Sensibilisierung in Sachen Interessenskonflikte herausreden. AWMF und das Ärztliche Zentrum für Qualität in der Medizin (ÄZQ), eine gemeinsame Einrichtung von Bundesärztekammer und Kassenärztlicher Bundesvereinigung, haben 2005 ein “Deutsches Instrument zur methodischen Leitlinien-Bewertung” (DELBI) herausgegeben, das die Bewertung der Qualität medizinischer Leitlinien ermöglichen soll. In Domäne 6 wird in der Frage 23 die Transparenz bei der Angabe von Interessenskonflikten zur Bewertung herangezogen.
Bereits die Empfehlung des Europarats aus dem Jahr 2001 zur “Entwicklung einer Methodik für die Ausarbeitung von Leitlinien für optimale medizinische Praxis”, auf der das DELBI aufbaut, sieht die Offenlegung von Interessenkonflikten von Mitgliedern der Leitlinienentwicklungsgruppe als Kriterium vor.
Trotzdem ist es immer noch möglich, dass im “Deutschen Ärzteblatt” ein Autor einer aktualisierte S3-Leitlinie sich als frei von Interessenkonflikten bezeichnet, obwohl er nachweislich finanzielle Beziehungen zu Pharmakonzernen hatte, die Medikamente für die Therapie der Erkrankung anbieten.
TV-Trend 2010: Echte Ärzte
Die Bundesregierung hat es vorgemacht: Der Bundesgesundheitsminister ist ein Arzt und hat eine Kollegin im Sozialministerium. Da dürfen die öffentlich-rechtlichen TV-Programme nicht nachhängen. Seit September steht in der NRD-Freitagstalkshow der Moderatorin Bettina Tietjen der Kabarettist und promovierte Mediziner Eckart von Hirschhausen zur Seite. Als Trendsetter darf man den WDR betrachten, der schon seit 2001 Ludger Stratmann mit “Jupps Kneipentheater im Pott” auf den Sender schickt. Einen Arzt mit jahrelanger Erfahrung in niedergelassener Praxis.
Nach einem einwöchigen Test im Oktober 2009 nahm das ZDF nun den Medizin-Talk Die Ärzte ins Vormittags-Programm. Dort dürfen gleich vier Ärzte mit Medizin die Hausfrauen unterhalten. Unter ihnen Joe Bausch, Arzt und Regierungsmedizinaldirektor in Dienste der NRW-Justiz. Wieder war der WDR vorne dabei: Bausch praktiziert seit Jahren im Kölner Tatort als Gerichtsmediziner Dr. Joseph Roth. Für die Comedy sorgt der Kabarettist und Arzt Lüder Wohlenberg.
Der SWR führt derzeit in acht Folgen die Zuschauer nach Heidelberg, in die grösste orthopädische Universitätsklinik Deutschlands. Die Knochen-Docs werden “bei ihrer oft riskanten Arbeit begleitet”.
Und es gingen zu ihm Blinde und Lahme im Tempel, und er heilte sie (Matth. 21:14).
Nur der NDR muss in der Comedy-Reihe Das Wartezimmer mit Marlene Jaschke ohne Mediziner auskommen. Auch echt: Denn das beste an einem Arztbesuch ist das Wartezimmer.
Traumberuf Medizinjournalist (XVII)
Das Selbstverständnis zur Unabhängigkeit des Portals Gerechte Gesundheit.
Medizinische Versorgung ohne Gesundheitskarte
Vier Jahre Stationäre Aufnahme. Eines der ersten Postings betraf die Gesundheitsversorgung von Menschen, die sich illegal in Deutschland aufhalten. Der IPPNW (Verein Internationale Ärzte für die Verhütung des Atomkriegs) forderte damals die gesetzlichen Voraussetzungen für ein System anonymer Behandlungsangebote für Flüchtlinge ohne Papiere zu schaffen und Rechtssicherheit bei der Unterstützung, Betreuung und Behandlung von Menschen ohne Papiere herzustellen. Im Herbst 2006 hatte der IPPNW die im Rahmen der Kampagne gesammelten Unterschriften die damalige Bundestags-Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckhardt übergeben.
Zumindest bei der Notfallversorgung im Krankenhaus gab es Fortschritte. Seit Herbst 2009 können Menschen ohne Aufenthaltsstatus sich in Notfällen in Krankenhäusern behandeln lassen, ohne eine Abschiebung fürchten zu müssen. Aus humanitärer und rechtlicher Perspektive ist ein verbesserter Zugang zu medizinischer Versorgung für irreguläre Migranten dringend nötig. In verschiedenen internationalen Konventionen ist das Recht auf Gesundheit verankert. Eine Studie der Organoisation Médecins du Monde – Ärzte der Welt kam jedoch zu dem Ergebnis, dass die Situation in Deutschland dabei im EU-Vergleich “mit am schwierigsten” sei.
Die Berliner Ärztekammer will diese Schattenwelt aufhellen und hat eine Fragebogenaktion gestartet. Um die Situation von Patienten ohne legalen Aufenthaltstatus und deren behandelnden Ärzten besser erfassen und in der Folge verbessern zu können, sollen Ärztinnen und Ärzte über ihre Erfahrungen bei der ambulanten Versorgung von Menschen ohne Papiere in Berlin anonym berichten.
In der aktuellen Ausgabe der Mitgliederzeitschrift der Berliner Ärztekamme “Berliner Ärzte” gibt es zu diesem Thema Beiträge von Adelheid Franz, Ärztliche Leiterin der Malteser Migranten Medizin in Berlin: Gesundheit in der Illegalität, und Benjamin-Immanuel Hoff, Berliner Staatssekretär für Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz: Die Verbesserung der gesundheitlichen Versorgung Illegalisierter im Blick.
Innovationsklemme in der Pharmaindustrie
Für den Verband Forschender Arzneimittelhersteller (VFA), der hier mitliest, gibt es gute Nachrichten. Wenn die Hauptgeschäftsführerin Cornelia Yzer mal wieder die hohen Entwicklungskosten von Medikamenten beklagen will, ist sie nicht mehr auf die vage Angabe “800 Millionen Dollar mit steigender Tendenz” angewiesen. Es waren 2008 genau 3,911 Milliarden Dollar. Bei der durchschnittlichen jährlichen Erhöhung von 12,3% darf man ruhig von 4 Milliarden Dollar sprechen oder, weil es eine runde Summe ist, von 3 Milliarden Euro. Denn damit sind nur die Entwicklungskosten eines herkömmlichen Arzneimittels (“small molecules”) abgedeckt; die Entwicklung von gentechnisch hergestellten Biologika (“large molecules”) ist 50% teurer.
Diese abenteuerliche Rechnung, in der zu der immer verwendeten Summe von 800 Millionen Dollar für 2000, die aus einem Papaer von DiMasi aus dem Jahr 2003 stanmt, noch zusätzliche regulatorische Aufwendungen, die Kosten für die Zulassung ausserhalb der USA, eine verminderte Erfolgsrate, die Inflation und die Steigerung bei “anderen Kosten” zugeschlagen werden, stellt Benard Munos, der Chefstratege der Pharmakonzerns Lilly in einem Artikel in der Zeitschrift “Nature Reviews” vor.
Die skurile Kalkulation ist jedoch nur ein Teil der sonst interessanten Betrachtung der pharmazeutischen Innovation in den vergangenen sechs Jahrzehnten, dem derzeitigen Lieblingsthema in der Pharmaindustrie. Wegbrechende Einnahmen durch auslaufende Patente, eine wachsende Konkurrenz beispielsweise aus Indien und China und Massnahmen zur Senkung der enormen Medikamentenausgaben zwingen die Industrie dazu, ihr Geschäftsmodell zu überdenken.
Gerne wird die gesunkene Zahl der Neuzulassungen als Ursache für die Misere ausgemacht. In Deutschland wurden 2009 immerhin 37 Wirkstoffe neu zugelassen, die höchste Anzahl seit 1997.
Munos hat sich in einer Fleissarbeit alle 1.222 von der US-Aufsichtsbehörde FDA zwischen 1950 und 2008 neu zugelassenen Wirkstoffe angesehen und bestätigt, was schon aus der Grafik für Deutschland ersichtlich ist. Die Zahl der Neuzulassungen ist bemerkenswert konstant und lag auch in den USA seit 1950 meist bei knapp 30. Ausreisser nach oben zwischen 1994 und 1998 erklären sich damit, dass die FDA durch die Gebührenfinanzierung ab 1992 mehr Ressourcen zur Verfügung hatte und einen aufgestauten Antragsberg abbauen konnte.
Obwohl tausende Unternehmen in der Medizin forschen und entwickeln, waren nur 261 Organisationen für die 1.222 Neuzulassungen verantwortlich. 21 Unternehmen bestritten die Hälfte der Zulassungen, alleine drei Unternehmen, Merck & Co., Lilly und Roche fast 15%. Die Dominanz von “Big Pharma” bei der Neuentwicklung schwindet. Deren Anteil sank von 75% seit Anfang der 80er Jahre auf nun 35%. Trotz fehlender exakter Daten kann man feststellen, dass kleinere Unternehmen mehr Produkte für weniger Geld erfinden.
Trotz gestiegener Ausgaben für Forschung und Entwicklung, massiven Förderprogrammen, besser ausgebildeten Wissenschaftlern, ausgefeilten diagnostischen und analytischen Möglichkeiten und dem Internet bringen die Pharmaunternehmen Jahr für Jahr eine gleichbleibende Anzahl von Innovationen heraus. Bei steigenden Kosten und sinkenden Einnahmen ist dies der Weg in die wirtschaftliche Sackgasse.
Der Kurswechsel, der vom Lilly-Strategen empfohlen wird, klingt utopisch für jeden, der grosse Pharmakonzerne näher kennt. Er verweist auf neue Anreize und Strukturen, um Forschung zu fördern. Public-private-partnerships, opensource r&d und andere Initiativen, die von Munos schon vor drei Jahren gepredigt wurden. Immer noch Fiktion, auch weil die Unternehmen kurzfristige Umsatzziele verfolgen und weiterhin der Erfolg von immer seltener werdenden und eher zufälligen und nicht systematisch vorhersagbaren Umsatzbringern abhängt.
Daher sollte der exklusive Club der forschenden Arzneimittelhersteller kein gesteigertes Interesse haben, die Forschungsausgaben über die legendären 800 Millionen Dollar hinaus zu extrapolieren und dies als Argument für hohe Medikamentenpreise zu verwenden. Die Ineffizienz der Forschung würde offenkundig werden und der Ruf nach steuerlicher Forschungsförderung käme einem staatlichem Bail-out gleich.
Beste Marketing-Kampagne
Amir Kassei, Kreativchef der Werbeagentur DDB Germany und ehemaliger Sprecher des Art Directors Club Deutschland in einem Tweet.