Indien will Durchführung von klinischen Studien…

Indien will endlich per Gesetz die Durchführung von klinischen Studien durch ausländische Pharmakonzerne besser regeln. Eine zentrale Behörde (Central Drug Authority – CDA) soll klinische Studien genehmigen und überwachen.

Die Armen des Subkontinents tragen zunehmend die Risiken der globalen Arzneimittelforschung als Studienteilnehmer für die internationalen Pharmakonzerne, die unter in Indien medizinisch und ethisch fragwürdigen Bedingungen neue Medikamente testen.

Damit ist das Grundproblem jedoch nicht gelöst, solange in anderen Entwicklungs- und Schwellenländern weiterhin die Aufsichtsbehörden schwach sind. Ein aktueller Artikel im Fachblatt NEJM beleuchtet die ethischen und wissenschaftlichen Konsequenzen der Globalisierung der klinischen Forschung und zeigt mögliche Lösungen auf.

Intelligenz beim Pharmamarketing

Wir dürfen Ärzten ja nicht mal mehr einen Kugelschreiber schenken. Wenn ich Chefärzte zum Essen einladen will, darf es nicht teurer sein als 27 Euro pro Person. Unsere Aktivitäten sind so reguliert, da brauchen wir intelligentes, sachorientiertes Marketing.

Hagen Pfundner, Deutschland-Chef der Roche AG in einem Interview mit ZEIT Campus.


Sag beim Abschied leise Servus.

Klinische Studien mit Kindern weiterhin selten

Schon lange ist die Sicherheit bei der Arzneimitteltherapie von Kindern ein Thema, dass nicht nur Kinderärzte bewegt. Ein grosser Teil der Medikamente, die Säuglinge, Kinder und Jugendliche bis 16 Jahren einnehmen, sind ausschliesslich für Erwachsene, aber nicht für jüngste Patienten entwickelt worden und zugelassen. Die Verschreibung und Dosierung kann sich nur auf Erfahrunsgwerte des Arztes stützen. Mit allen möglichen negativen Folgen für die kleinen Patienten. Ein Urteil des Bundessozialgerichts hat im März 2003 die Lage noch verschärft. Danach dürfen Krankenkassen Off-Label-Arzneimitteltherapien nur noch in Ausnahmefällen erstatten, wenn keine anderen etablierten Therapieformen vorliegen und aktuelle wissenschaftliche Daten aus klinischen Studien oder veröffentlichten Erkenntnissen einen lindernden oder heilenden Erfolg versprechen.

Mit der im Mai 2004 verabschiedeten 12. Novelle des Arzneimittelgesetzes sollte alles besser werden, indem bei klinischen Studien mit Kindern der Gruppennutzen als Forschungsziel etabliert wurde: Studien zur Pharmakokinetik und -dynamik bei Kindern in verschiedenen Altersgruppen sind seidem auch bei fehlendem direkten Individualnutzen zur Entwicklung von zuverlässigen Therapieempfehlungen zulässig.

Was hat es gebracht? Dieser Frage sind Wissenschaftler der Universität Ulm nachgegangen und haben bei vier Ethikkommissionen die in den Jahren 2002-2006 eingereichten Anträge hinsichtlich Anzahl, und Status des jeweiligen Sponsors ausgewertet.

Die Ergebnisse zeigen, dass die 12. AMG Novelle zwar unmittelbar in den Jahren 2004 und 2005 Auswirkungen hatte: Die Schwankungen im Antragsvolumen sind durch die neue Gesetzeslage und damit verbundene Umstellungsprobleme erklärbar. Insgesamt zeigte sich aber, dass die klinischen Prüfungen an Minderjährigen weiterhin selten sind und nur einen geringen Anteil aller klinischen Prüfungen ausmachen. Die nicht industriegeförderten klinischen Prüfungen nahmen nach der Novelle eher ab, allerdings war die Anzahl vor der Novelle ebenfalls sehr gering.

Medikamente für Kinder bleiben ein schlechtes Geschäft. Da wird auch die neue EU-Richtlinie nichts daran ändern. Jedoch auch mehr Vorgaben für die Arzneimittelindustrie, wie sie Karl Lauterbach fordert, können ein Grundproblem nicht lösen: Eltern sind verständlicherweise sehr zurückhaltend, wenn sie der Teilnahme ihres Kindes an einer klinischen Studie einwilligen sollen.

USA steigt in Nutzenbewertungen ein

Die USA hat zwar noch keinen Gesundheitsminister, als heisse Kandidaten werden derzeit die Gouverneurin von Kansas, Kathleen Sebelius, und Howard Dean, Gouverneur von Vermont, gehandelt, trotzdem stellt US-Präsident Barack Obama die Weichen für die angekündigte Gesundheitsreform. Unbemerkt von den deutschen Fachmedien steigt der weltgrösste Pharmamarkt mit dem verabschiedeten Konjunkturpaket in die Nutzenbewertung von Therapien und Medikamenten ein.

1,1 Milliarden Dollar sind in dem 780 Milliarden-Konjunkturprogramm für die Bewertung von Medikamenten, Medizinprodukten und Therapien reserviert. Die Summe teilen sich die National Institutes of Health, das Gesundheitsministerium und die Agency for Healthcare Research and Quality. Das Gesetz legt fest, dass ein noch zu bildendes Gremium, “Federal Coordinating Council for Comparative Clinical Effectiveness Research”, die Forschung und Aktivitäten steuern soll. Anders als bei vergleichbaren Einrichtungen in anderen Ländern, beispielsweise dem deutschen IQWiG, soll dies nicht nur evidenzbasierte Literaturreviews sondern auch unabhängige klinische Studien umfassen.

Das 15-köpfiges Gremium soll dann entsprechend den Ergebnissen Empfehlungen abgeben, welche Medikamente und Behandlungen von den staatlichen Gesundheitsprogrammen finanziert und erstattet werden.

Allein die Tatsache, dass 150 Milliarden Dollar in dem Konjunkurprogramm für das Flicken der nötigsten Löcher bei den Gesundheitsausgaben vorgesehen sind, verdeutlicht die Dringlichkeit einer Reform des US-Gesundheitswesens nachdrücklich.

Softdrinks für Herzschutz

Coca-Cola steht wie kaum eine andere Marke als Synonym für Fastfood und ungesunde Lebensweise. Der Coca-Cola Company wird eine Mitverantwortung für die zunehmende Zahl gesundheitlicher Schäden in den wohlhabenden Ländern zu Lasten gelegt. Eine Studie zeigte beispielsweise den Zusammenhang von Übergewicht und Diabetes mit dem Verzehr von Softdrinks bei Frauen.

Was das Unternehmen nicht daran hindert, in den USA bei der Heart-Truth-Kampagne, mit der auf die Gefahren von Herzerkrankunken bei Frauen aufmerksam gemacht wird, sein Image zu verbessern. Mit von der Partie: Heidi Klum, Fastfood-Werbeikone und BigMac-Fan.

Der Spot läuft zur Oscar-Verleihung morgen und soll mit dem alten Claim “Just for the taste of it” an die Einführung der “gesunden” Cola 1982 erinnern.

Pharma-Tour


Radrennfahrer sind rollende Apotheken? Dieser Gedanke könnte einem am ehesten bei der Kalifornien-Rundfahrt kommen, die als Amgen Tour of California vom Biotechkonzern und Epo-Hersteller Amgen gesponsert wird.

Vorzeige-Akteur ist dieses Jahr Lance Armstrong, der sein zweites Comeback versucht. Dopingvorwürfe gegen Armstrong konnten nie stichhaltig bewiesen werden. Unmittelbar vor der Tour de France 2004 erschien zu diesem Thema das Buch „L.A. Confidential – die Geheimnisse des Lance Armstrong“, in dem unter anderem Armstrongs frühere Teamkameraden und der ehemalige Tour-de-France-Sieger Greg LeMond Armstrong des Dopingsmittels EPO (Erythropoetin) bezichtigten.

Wie man hört, sollen die Helfer während der Tour in den oben abgebildeten Trikots allgegenwärtig sein. Das Shirt passt eher als Giveaway zum Medizinerkongress.

Bei der ersten Auflage der Tour im Jahr 2006 wurde übrigens nicht auf Epo getestet.


Passend dazu: Radprofi Stefan Schumacher, zweifacher Etappensieger der Tour de France 2008 ist von der französischen Anti-Doping-Agentur nach einem positiven Epo-Test für zwei Jahre gesperrt worden. Epo-Hersteller unbekannt.

Experten-Aufmarsch zur Zeckenimpfung


Die Zeckensaison hat begonnen. Zeitgleich wird in Deutschland und Österreich die jährliche “Zecken-Impfkampagne” eröffnet.

Bei der heutigen Mobilität würde ich die Indikation zur Impfung sehr großzügig stellen”, betont Professor Jochen Süss aus Jena, und: “Jetzt ist die Zeit günstig für die Impfungen”.

Wobei die “Zeckenimpfung” gegen die vom Holzbock (lateinisch: Ixodes ricinus) übertragene Frühsommer-Meningo-Enzephalitis (FSME), nicht jedoch gegen andere wie Borreliose, die häufigste von Zecken übertragene Erkrankung, schützt.

In beiden Ländern wird die Aufmerksamkeit mit einer Umfrage der Gesellschaft für Konsumgüterforschung (GfK) gesteigert, die einen viel zu geringen Durchimpfungsgrad feststellt.

So waren nach den Daten in Bayern nur knapp 31 Prozent und in Baden-Württemberg knapp 26 Prozent der Befragten vollständig gegen FSME geimpft.
87 Prozent der Österreicher sind schon zumindest einmal gegen die FSME geimpft worden. Wirklich korrekt im Impfschutz sind allerdings nur 66 Prozent.

Die Ratschläge der Experten, sind Teil einer gezielten Kampagne des Impfstoffherstellers Baxter. Dazu gehörte ein Medienseminar am 29. Januar, das von der
ISW-TBE (International Scientific Working Group on Tick-Borne Encephalitis) veranstaltet und von der PR-Agentur Public Health PR betreut wurde. Da finden sich auch alle Experten wieder, die in den Presseartikeln die Relevanz der Impfung erklären. Die ISW-TBE wird vom Pharmaunternehmen Baxter gesponsert, das auch Eigentümer der Domain ist.

Nur Baxter bleibt in den Artikeln unerwähnt.

Heile Dopingwelt im American Football

Die ARD hatte im Oktober 2008 den Ausstieg aus der Live-Übertragung der Tour de France erklärt. Begründet wurde dies mit den Dopingvorfällen:

Der sportliche Wert der Tour de France hat sich aufgrund der gehäuften Dopingfälle und der daraus gewonnenen Erkenntnisse erheblich reduziert. Damit ist auch der programmliche Wert stark gesunken.

Vielleicht wäre es den Programmverantwortlichen lieber, wenn gar nicht auf Doping getestet werden würde. Dann hätten sie auch kein Problem mit der Übertragung, so wie beim American Football. Der “Superbowl”, das Finale lief Ende Januar live zur nächtlicher Stunde. Obwohl der WDR in einer Dokumentation die deutlichen Anzeichen, dass in der NFL flächendeckend zu verbotenen Mitteln gegriffen wird, offen gelegt hat, was seit Jahren für Interessierte bekannt war, folgte keine Diskussion um die Übertragung des Spektakels.

Kein Wunder, zwar gibt es Urin- aber keine Bluttests in der NFL. Noch dazu darf die Spielergewerkschaft mitbestimmen, worauf überhaupt getestet wird. Vom WADA-Code ist das weit entfernt. Fans und Medien stört es nicht, die Ligaverantwortlichen noch weniger.

Auch kein Thema in der NFL: Das gehäufte Auftreten von Amyotrophe Lateralsklerose (ALS) bei ehemaligen Spielern. Die degenerative Erkrankung des motorischen Nervensystems wird in den USA auch “Lou Gehrig’s disease” genannt, nach einem Baseball-Profi, und tritt 40-fach häufiger als in der Bevölkerung bei Profi-Footballspielern auf. Aktueller Fall: Im September 2008 war der ehemalige Linebacker der Minnesota Vikings, Wally Hilgenberg, an ALS gestorben. Die von Ex-Football-Profi und ALS-Betroffenen O.J. Brigance gegründete Stiftung Brigance Brigade setzt sich für die Erforschung der Erkrankung ein.

Der kritische WDR-Bericht zum Thema Doping in der NFL, den der Westdeutsche Rundfunk angeboten hatte, wurde nicht in der „Sportschau“ am Sonntag ausgestrahlt, sondern es lief vor knapp zwei Millionen Zuschauern ein Vorbericht zum „Super Bowl“, der in erster Linie für das Ereignis warb. Stattdessen wurde er in stark gekürzter Version kurz vor Beginn der Live-Übertragung erst nach Mitternacht gesendet, wobei sich laut Kölner Stadtanzeiger, der HR-Sportchef Ralf Scholt, alle Mühe gab, das Thema mit seinen Gästen nicht allzu sehr zu vertiefen.

Genutzt hat Scholt der ganze Aufwand freilich nichts. Im Schnitt wollten nur 370 000 Zuschauer im Ersten das Spektakel aus Florida live sehen, die Marktanteile blieben einstellig. Der ARD-Sport hat sich freilich mit dieser Art der Berichterstattung ein Glaubwürdigkeitsproblem eingehandelt.


Selbst sonst kritische Blogger wäre dies alles keine Zeile wert, steht American Football doch in der Gunst in der deutschen Bloggosphäre hoch im Kurs. So hat etwa Thomas Knüwer ein Problem mit dem Radsport:

Wer jetzt noch zuschaut, ist entweder so dumm, dass er Doping nicht begreift – oder es ist ihm völlig egal.

Jedoch keines mit dem Super Bowl:

Morgen, in aller Frühe, werde ich gen Phoenix, Arizona, fliegen. Dort steigt am kommenden Sonntag das größte eintägige Sportereignis der Welt, der Super Bowl, für den ich akkreditiert bin.

Viagra-Kartell

In der Schweiz wirft die Wettbewerbskommission den Pharmakonzernen Bayer, Pfizer und Lilly illegale Preisabsprachen bei Potenzmitteln vor. Die Unternehmen sollen bei den Preisempfehlungen für ihre Medikamente gegen erektile Dysfunktion (Levitra®, Viagra®, Cialis®) den Wettbewerb ausgeschaltet haben. Die Behörde hatte seit 2006 ermittelt. Nun haben die Hersteller einen Monat Zeit für eine Stellungnahme. Die drei Unternehmen setzen mit ihren Potenz-Pillen über 3,5 Milliarden Dollar im Jahr um.

Es ist damit zu rechnen, dass bei Erfolg der Klage, die Wettbewerbshüter in der EU und den USA nachziehen werden. Beispielsweise kosten 4 Tabletten Viagra® in der geringsten Dosierung in Deutschland 44,11 Euro (Apothekenverkaufspreis) und der Konkurrent Levitra® 46,16 Euro. Nur Lilly ruft mit 54,99 Euro für Cialis® einen höheren Preis auf. Der Wirkstoff hat jedoch mit 17,5 Stunden eine deutlich grössere Halbwertszeit und soll bis zu 36 Stunden nach der Einnahme wirksam sein. Ein Preiswettwettwerb bei diesen, in der Regel vom Patienten voll zu zahlenden Medikamenten, ist nicht so recht erkennbar.