PR-Kampagne für alli® läuft an

GlaxoSmithKline (GSK) trommelt für die Diät-Pille “alli®”:

Als eine mögliche dritte Säule zur Gewichtskontrolle sahen die versammelten Experten neben fettreduzierter Ernährung und mehr körperlicher Bewegung die Verwendung des Präparats alli (Orlistat 60 mg) an, das bald ohne Rezept in der Apotheke verfügbar sein könnte. “Wenn Orlistat in dieser Dosierung freiverkäuflich wird, kommt den Apotheken demnächst eine wichtige Rolle bei der Bekämpfung der Fettleibigkeit zu”, urteilte Schubert-Zsilavecz bereits in einem früheren Statement.

Die Yellow-Press stimmt schon mit ein und bereitet die Zielgruppe auf das Wunder vor – The Wonder Diet Pill fore 2009.

Abseits des PR-Feuers sieht die Realität weit trister aus. In den USA hat GSK trotz eines riesigen Marketingaufwandes in den ersten 9 Monaten 2008 nur 88 Millionen Dollar Umsatz mit alli® pdf-Dateigemacht. Vom erwarteten Blockbuster, mit Umsätzen jenseits der Milliardengrenze ist das ziemlich entfernt. Das alli-Blog ist seit dem Amtsantritt der neuen Managerin für das “Behavioral Science Team” verwaist.

Keine guten Aussichten für die Pille in Europa. Hier wird man den erzieherischen Effekt des Medikaments noch weniger goutieren. Aufgrund der Wirkungsweise wird nicht aufgenommes Fett ausgeschieden. Leider oft in Form von öligen Stühlen bis hin zu massivem Durchfall auf Grund der erhöhten Fettausscheidung.

Zyprexa®: Lilly zahlt 1,4 Milliarden Dollar Strafe

Der Pharmakonzern Eli Lilly hat sich nach jahrelangen juristischen Auseinandersetzungen wegen illegalen Vermarktungsmethoden für das Psychopharmakum Zyprexa® mit den US-Behörden geeinigt. Lilly wird insgesamt 1,4 Milliarden Dollar zahlen. Diese Summe war schon im dritten Quartal 2008 in die Bilanzen verbucht worden und hatte Lilly rote Zahlen beschert.

Die Whistleblower, die den Fall bei den Behörden angezeigt hatten, partizipieren mit einem 18%-Anteil, der von der Strafe an sie ausgezahlt wird. Qui tam macht dies möglich.

FDA-Kritiker wird FDA-Ausschussmitglied

Der Albtraum für die Pharmaindustrie in den USA geht weiter. Der Pharmakritiker und Konsumentenschützer Sidney Wolfe ist für vier Jahre in den Ausschuss für Medikamentensicherheit und Risikomanagement der US-Arzneimittelbehörde FDA berufen worden. Wolfe, Leiter des Bereichs Gesundheit in der von Ralph Nader gegründeten Verbraucherorganisation Public Citizen, hat über drei Jahrzehnte dazu beigetragen, dass 16 Medikamente vom Markt genommen werden mussten. Die Party zum 100. Geburtstag der FDA nannte er 2006 “propaganda campaign to hide the agency’s unprecedented assault on the American public”.

Derweil haben neun Wissenschaftler der FDA einen Brief an Obamas Transition Team geschrieben, in denen sie weitreichende Reformen in der Behörde fordern. Darin wird Managern vorgeworfen, dass sie FDA-Wissenschaftler zur Manipulation von Daten gezwungen hätten. There is an atmosphere at FDA in which the honest employee fears the dishonest employee.

Frag' doch den Österreicher

Die Grenzen zwischen Werbung und redaktionellen Inhalt werden in Österreich nicht nur bei Medikamenten und Gesundheitsprodukten locker überwunden. Das Video zeigt einen Spot des Mobilfunkbetreiber telering, der mit “Frag’ doch den Inder” eine dämliche, aber ziemlich erfolgreiche Kampagne lanciert hat. Die Bekanntheit des “Inders” kann man in unserem Nachbarland schon nach 4 Monaten nur mit “Clementine” (Ariel), “Tilly” (Palmolive) oder “Frau Antje” (niederländischer Käse), den Werbeikonen der 70er Jahre, vergleichen. Im Dezember erschien zum Werbespot sogar ein knapp drei Minuten langer Song auf CD. Sein Erfolg ist bis nach Indien gedrungen.

Der Inder macht Karriere und wird Kandidat bei der ORF-Tanzshow “Dancing Stars”, in der Semi-Prominente holprig ihre Beine sortieren. Der ORF betont angesichts der Kritik, der Einsatz von Ramesh Nair auf dem Parkett könnte als Product-Placement für den Mobilfunkbetreiber gewertet werden, dass er als “Musicaldarsteller und Choreograph” gecastet worden wäre. Er werde “selbstverständlich als Person Ramesh Nair und in keiner anderen Rolle und Funktion auftreten”. Vielleicht sollte er vor jeder Show sagen: “Ich bin der Pfälzer”, denn Nair hat 1975 in Landau in der Pfalz das Licht der Welt erblickt.

Wenn er seine Sache gut macht, freut sich nicht nur telering. Auch der Wiener Volksoper kommt der Nairs Einsatz, in dem Musical „Guys and Dolls“ als Choreograph mitwirkt, das am 1. März Premiere hat, sicher nicht ungelegen. Das ist Österreich.


Übrigens ist der Chef der Werbeagentur, die den Inder kreiert hat, “stolz darauf, einen Migranten in Österreichs Werbung vorkommen zu lassen”. Nair spricht nach eigenen Bekunden mit seinen Geschwistern pfälzisch und versteht kaum Malayalam, die Sprache seiner Eltern, die an der Südwestküste Indiens gesprochen wird.

Unerhört verdienen

Die FTD hat unerhörte Geschäfte aufgedeckt: Gibst du mir Geld, schicke ich dir Patienten” – nach diesem Motto schanzen sich Ärzte und Hörgeräteakustiker illegal Kundschaft zu. Sehr detailliert wird beschrieben, wie bei der Hörgeräteversorgung Abhängigkeiten ausgenutzt werden und Kickback-Zahlungen fliessen.

Das kommt ein wenig spät. Das war seit Jahren bekannt für jeden, der sich ein wenig mit der Versorgung von Hörgeschädigten beschäftigt hat. So offensichtlich, dass, wie von der FTD am Ende des Artikels beschrieben, das Bundesgesundheitsministerium mit einer Gesetzesänderung ab 1. April 2009 dem Treiben ein Ende setzen will. Die Gewährung von finanziellen Vorteilen wird verboten und HNO-Ärzte, die selber Hörgeräte im “verkürzten Versorgungsweg” anbieten, müssen Einzelverträge mit den Kassen abschliessen.

Ob das langt, bleibt offen. Denn es gibt viel zu verdienen. Das eigentliche Problem wird nicht angegangen. Die Versorgung von Patienten mit Höreinschränkungen ist in Deutschland teuer und qualitativ schlecht. Selbst Verantwortliche in der Innung bestätigen im persönlichen Gespräch, dass es zu vielen Hörgeräteakustikern nur ums Geld ginge und nicht um die optimale Versorgung des Kunden. Auf der anderen Seite beklagen Funktionäre von Facharztverbänden, dass niedergelassene HNO-Ärzte und Akustiker gleichermassen nur das Interesse hätten, Hörgeräte dem Patienten zu verpassen und Behandlungsalternativen, z.B. Oto-Chirurgie-Implantate, gar nicht erst in Erwägung zögen.

Medizinjournalist soll oberster US-Gesundheitsbeamter…

Nach Informationen der Washington Times hat Barack Obama den Posten als Surgeon General, eine Art oberster Amtsarzt, dem Medizinjournalisten Sanjay Gupta angeboten. Gupta ist derzeit Chef-Medizinkorrespondent bei CBS und CNN. Damit wäre Obamas Wahl wieder auf einen erfahrenen Clinton-Protégé gefallen, der Ende der 90er Jahre für Hillary Clinton als Redenschreiber und Berater tätig war. Während der Invasion im Irak hat er als “Embedded Correspondent” von einer Sanitätseinheit der U.S. Navy berichtet. Mit Erfolg. 2003 ist er vom “People-Magazine” zum “Sexiest Men Alive” erklärt worden und USA today nannte ihn eine Ikone der Pop-Kultur.

Bekannt ist auch seine Auseinandersetzung mit Michael Moore, dem er vorwarf, für die Dokumentation “SiCKO” schlampig recherchiert und die Wahrheit zurecht gebogen zu haben. Moore beschuldigte seinerseits CNN und Gupta von der Pharmaindustrie abhängig zu sein, da bei den meisten Berichten Guptas und des Senders zu Medizinthemen Pharmaunternehmen als Sponsoren auftreten würden.

Peter Rost fragt, ob nach dieser Entscheidung es wahrscheinlicher wird, dass Obama einen ehemaligen Pharmamanager und Whistleblower zum Chef der Arzneimittelaufsichtsbehörde FDA machen wird. Meine Vermutung: Unfortunately rather not.

Ende des Blogs Pharmalot

Der Abschied vom Blog Pharmalot, in dem Ed Silverman über 2 Jahre als Journalist des NJ Star-Ledger die Pharmaindustrie kritisch begleitet und Pharmalot zu einem der wichtigsten Branchenmedien gemacht hat. Ein Opfer der Zeitungskrise in den USA. Denn trotz des Erfolges haben der Verleger und Silverman keinen Weg gefunden, damit sich das Blog trägt.


Update
Ed Silverman wird in Zukunft für Elsevier Windhover schreiben.

Freizeitsport-Doping mal wieder

Anfang des Jahres haben Fitness-Studios Hochkonjunktur, den guten Vorsätzen gedankt. Anscheinend der richtige Zeitpunkt für die Medien das Thema Doping in Fitness-Studios anzusprechen. Neue Informationen? Keine. Daher gilt das bereits Erwähnte. Zusammengefasst: Die Datenlage ist dürftig (nur wenig aussagekräftige Studien), die Definition (Stoffe, Einnahmedauer, usw.) unklar, der Fokus auf Fitness-Studios überholt (jeder Freizeitsportler kann im Internet Power-Pillen ohne den einschlägigen Studio-Doping-Dealer bekommen).

Abschied vom Pharmakugelschreiber


Eine Institution, die Generationen von Ärzten begleitet hat und immer zu Diensten in der Kitteltasche war, tritt zumindest in den USA seinen letzten Weg an. Pharmakugelschreiber werden ab heute in den Praxen und Krankenhäusern seltener vom Pharmaberatern verteilt werden. Mit ihnen all die anderen Give-Aways und Gimmicks mit Aufdruck von Pharmakonzernen oder Medikamenten, ob Kaffeetassen, T-Shirts oder Schreibtischuhren.

Mehr als 40 Pharmaunternehmen haben eine pdf-DateiVerhaltensrichtlinie des US-Pharmaindustrieverbandes PhRMA unterzeichnet, der die Aufgabe des Pharmaaussendiensts auf die Information des Arztes und die Unterstützung der Weiterbildung und Forschung beschränkt.

The revised, voluntary Code, which will take effect in January 2009, reaffirms that interactions between pharmaceutical company representatives and healthcare professionals should be focused on informing the healthcare professionals about products, providing scientific and educational information, and supporting medical research and education.

Während die Werbemittelindustrie damit rund eine Milliarde Dollar Umsatz jährlich verliert, darf sich die von der Wirtschaftskrise gebeutelte Gastronomie freuen. Weiterhin erlaubt sind die Einladungen von Ärzten zum Esssen oder die beliebte Belieferung ganzer Abteilungen mit Mittagslunch – sofern es mit Information oder Weiterbildung verbunden ist.

Der Stopp der Pharmakugelschreiber trifft einge Ärzte hart. Die NY Times lässt in ihrem Artikel Kugelschreibersammler und -liebhaber zu Wort kommen.

It seems goofy to us; we like getting our pens,” Dr. Susan B. Hurson, an obstetrician and gynecologist in Washington, said in a telephone interview.

Es bewegt sich in den USA etwas im Hinblick auf die Transparenz bei der Zusammenarbeit von Pharmaunternehmen mit Ärzten und anderen Gruppen. Erinnert sei an die freiwillige Veröffentlichung einiger grosser Pharmakonzerne von Zuwendungen an Patientengruppen und Fachverbänden, oder die Ininitativen des US-Senats, alle Zahlungen und Ausgaben die einen bestimmten Betrag übersteigen, öffentlich zu machen.

In Europa und besonders Deutschland wird der Pharmakugelschreiber noch lange ein Reservat haben und mit ihm die Autoren von Büchern und Dokumentationen, in denen bekannte unethische und fragwürdige Verhaltensweisen im Gesundheitswesen immer wieder neu zu einem Skandal arrangiert werden.