Sind Blogger doch Journalisten?

Das Internet ist für die US-Amerikaner einer vertrauenswürdigere Nachrichtenquelle als das Fernsehen. So hat es der Tagesanzeiger als Zürich auf seiner Internetseite gemeldet und als Quelle Bild-Online angegeben. Ein sehr dürftiger 7-Zeiler, deren Ursprung bei Bild-Online nicht mehrhier zu finden ist. Online-Journalismus eben.

Das hat trotzdem zwei Blogs, immerhin Platz 13 der schweizer und Platz 75 der deutschen Blogscharts, nicht davon abgehalten diese Neuigkeit aufzugreifen und zu verwursten.

Nur 5 Minuten Recherche hätten gelangt, um den Inhalt der Information ins richtige Licht zu rücken. Es wurden nicht 3000 US-Amerikaner befragt, sondern 3472. Die Umfrage wurde von einem Kabelkanal in Auftrag pdf-Dateigegeben, der damit PR für sein neues Projekt “The truth behind the news” machen wollte.

Moderatorin einer Podiumsdiskussion: Arianna Huffington, Gründerin der “Huffington Post” – des einflussreichsten Politblogs in den USA. [bytheway: interessante Diskussion, die online als video zu sehen ist]

Die Befragten gehörten einem Online-Panel an. Fast alle hatten bei der Präsidentschaftswahl ihre Stimme abgegeben, über 90% gaben an, schon vor der Finanzkrise sich darüber bewusst gewesen zu sein, dass diese sich abzeichnen würde. 52% nannten als Wohnsitz “Amerika”, 24% “Planet Erde”. 24% waren Mitglied der Streitkräfte, über 50% gehen nie oder höchstens 1-2 mal im Jahr zu Walmart einkaufen, über 50% besitzen einen Reispass. Nicht gerade der typische US-Amerikaner.

Es gäbe viele Gründe, die Ergebnisse mit Vorsicht zu bewerten.

Im Übrigen glauben 72,6% der Befragten, dass in den Nachrichten, die sie sehen und lesen, die Informationen verzerrt widergeben werden. Ob so ein Triumph der Internet-Medien aussieht? Und was haben die Online-Medien, die im deutschprachigen Raum darüber berichtet haben, vom grössten Nachrichtenportal, über die Qualitätspresse bis zu ambitionierten Bloggern, damit beigetragen, dieses Vertrauen ins Internet auch bei uns zu rechtfertigen?

USA: Vorbereitung auf die Reformdiskussion

Das US-Magazin “Time” bringt diese Woche die Gesundheit und die Gesundheitsversorgung der Amerikaner als Cover-Story: “The Sorry State of American Health”.

America’s Health Checkup.

Reform’s Moment May Be Now.

5 Truths About Health Care in America.

From A to Z.

If you’re like 67% of Americans, you’re currently overweight or obese. If you’re like 27%, your blood pressure is too high. If you’re like a whopping 96% of the population, you may not be able to recall the last time you had a salad, since you’re one of the hundreds of millions of Americans who rarely eat enough vegetables. And what you do eat, you don’t burn off — assuming you’re like the 40% of us who get no exercise. Most troubling of all, if you’re like any parent of any child anywhere in the world, you may be passing your health habits to your children, which explains why experts fear that this generation of American kids may be the first ever to have a shorter life span than their parents do.

Dazu passend im WallStreet Journal Health Blog:

Five Health Myths Busted:

  1. America has the best health care in the world.
  2. Somebody else is paying for your health insurance.
  3. We would save a lot if we could cut the administrative waste of private insurance.
  4. Health-care reform is going to cost a bundle.
  5. Americans aren’t ready for a major overhaul of the health-care system.

Meine Prognose: Die Gesundheitsversorgung wird in den USA das Megathema 2009. Zum Teil werden dort Diskussionen vorweg genommen, die uns in 10-15 Jahren erwarten. Die Baby-Boomer, die geburtenstarken Jahrgänge, kommen dort gerade ins Rentenalter. In Deutschland wird dies ab 2020 der Fall sein. Die demographische Zeitbome tickt.

Verheugen sollte Zuständigkeiten für Gesundheit…

Der Pharmaindustrie-freundliche Kurs von EU-Kommissar Günter Verheugen hat grundsätzliche Fragen zur Verteilung der Zuständigkeiten in der EU-Kommission aufgeworfen. Europäische Verbände aus dem Gesundheitswesen fordern die EU-Kommission auf, eine Neuverteilung der Kompetenzen in Bezug auf politische Massnahmen zur Arzneimittelsicherheit und zur Patienteninformationen vorzunehmen. Statt des EU-Kommissar für Unternehmen und Industrie solle die EU-Gesundheitskommissarin Androulla Vassiliou für diese Bereiche verantwortlich sein – eine vehemente Gegnerin von Verheugens Plänen.

Verheugen hatte mit seinen Vorlagen zur Aufweichung des Werbeverbots für Arzneimittel und der Massnahmen zur Einschränkung der Parallelimporte von Medikamenten eine Welle der Kritik ausgelöst, die von Patientenverbänden über Ärzteorganisationen bis zu nationalen Regierungen reichte.

Interessenskonflikte durch Journalistenpreise

In einem Kommentar wurde ja schon darauf hingewiesen: Nachdem in den letzten Monaten in den englischsprachigen Medien die Ärzte und ihr intransparenter Umgang mit Interessenskonflikten Thema waren, haben Wissenschaftler des Dartmouth Institute for Health Policy and Clinical Practice zurückgeschlagen. In der aktuellen Ausgabe des British Medical Journal (BMJ) betonen Lisa Schwartz, Steven Woloshin, und Ray Moynihan, dass Ärzte sich den zunehmenden Verwicklungen von Medizinjournalisten mit der Pharmaindustrie bewusst sein sollen.

“The media play a role as society’s watchdogs. Good medical journalism can expose links between doctors and rewards from pharmaceutical companies. But who’s looking to see whether the journalists are being influenced?”

Man könnte meinen, Steven Woloshin sieht die Unfehlbarkeit der Ärzte durch die Bestimmtheit journalistischer Enthüllungen ersetzt.

Besonders die von der Pharmaindustrie ausgelobten Journalistenpreise und -reisen sind für die Autoren ein Einfallstor für gekaufte Meinung. Zu den zitierten Beispielen gehört ein Embrace Award für Reportagen über Inkontinenz, der mit Reisen nach Washington und Paris verbunden war und der von Eli Lilly and Boehringer Ingelheim ausgelobt worden ist. Im pdf-DateiGewinnerartikel aus Deutschland im Jahr 2006 hatte sich der Wissenschaftjournalist einfach als Arzt selber befragt. Ein Fall von besonders enger Beziehung zwischen Journalist und Arzt.

The authors were surprised by the widespread business of pharmaceutical and other healthcare businesses offering cash prizes and travel benefits to journalists.

Die hätten mal Markus Grill lesen sollen, der vor über einem Jahr in seinem Buch das “Preisbusiness” kritisch gewürdigt hat.

Das Problem bei den Journalistenpreisen besteht nicht darin, dass gute Artikel ausgezeichnet werden, sondern dass Pharmaunternehmen mit Medienpreisen gezielt Aufmerksamkeit für Krankheiten schaffen und damit eine Nachfrage nach medikamentöser Behandlung wecken.

Ein Blick auf einschlägige Aufstellungen mit Ausschreibungen umfasst allein in Deutschland Ehrungen wie den “Medtronic Medienpreis”, den “Publizistikpreis der GlaxoSmithkline Stiftung”, den “Wyeth – Journalistenpreis für Biotechnologie” oder den “proDente Journalistenpreis”.

Len Bruzzese, Direktor des US-Verbandes der Medizinjournalisten, sieht es trotz allem positiv:

For the most part, he said, “journalists are good solid people who will avoid these conflicts, or they wouldn’t have entered journalism to begin with.

Das wüde ich für Medizinjournalisten in Deutschland nicht unterschreiben.


Was nicht erwähnt wird, sind beispielsweise Moderatorentätigkeiten bei Industrie-Symposien. Die Möglichkeiten, wie sich Medizinjournalisten von Pharmakonzernen abhängig machen können, sind vielfältig.

Beruft Obama Lobbyisten zum Gesundheitsminister?

Barack Obama hat den zukünftigen Gesundheitsminister ausgeguckt. Tom Daschle, einstiger Mehrheitsführer der Demokraten im Senat, soll das Gesundheitsministerium übernehmen.

Das könnte eine Belastung des Wahlkampfversprechens werden, dass Lobbyisten keinen Job bei ihm im Weissen Haus haben würden. Wer in den letzten zwölf Monaten Lobbyarbeit in einem bestimmten Bereich betrieben hat, darf im Übergangsteam nicht in diesem Bereich arbeiten. Ausserdem darf niemand für zwölf Monate in seinem Bereich Lobbyarbeit leisten, der im Übergangsteam tätig ist – so Obamas selbstgesetzte Leitlinien.

Die NY Times führt auf, wie Tom Daschle die vergangenen vier Jahre seit dem Verlust seines Abgeordneten-Mandats verbracht hat. Daschle sitzt im Board der Mayo Clinic und berät Kunden aus dem Gesundheitswesen bei der Lobby- und Anwaltskanzlei Alston & Bird. Ein Sprecher der Kanzlei wollte keine nähere Angaben zu den Kunden machen, die Daschle beraten hat, jedoch vertritt Alston & Bird nach den Informationen der NY Times dutzende von Unternehmen aus der Pharmaindustrie, Kliniken und Pflegeeinrichtungen, die mögliche Interessenskonflikte in sich bergen. Aus der Internetseite der Kanzlei:

Our health care legislative and policy team has the significant advantage of including two former U.S. Senate majority leaders — Senators Bob Dole and Tom Daschle — both resident in our Washington office and champions of many health care issues in their Senate Finance Committee and leadership roles.

Eine Nagelprobe für den neuen Politikstil oder vermutlich nur das Eingeständnis, dass es im Pharma- und Gesundheitsbereich keine Fachleute ohne intensive Beziehungen zur Industrie gibt. Beobachter loben ihn als gute Wahl. Peter Rost hatte mit ihm zusammen 2004 eine Pressekonferenz zum Thema Parallelimporte abgehalten. Rosts Chancen auf das Amt des FDA Commissioners steigen.

Psst, you want eternal life?

Diese Zeilen über 23andMe soll Helen Wallace von GeneWatch verfasst haben. Brilliant.

23andMe Poem

Psst, you want eternal life?
On Sale Now: from Sergey and his wife.
All you need to do is pay
For them to own your DNA.

In return they’ll give you back
Information that you lack
Genetic risk for this and that:
You won’t know what you’re looking at.

Some of it will be plain wrong
Or else you knew it all along:
But you can bet they’ll make it pay
Now they have your DNA.

If you’re at risk of getting fat
You’ll soon be clicking on an ad:
There’s always something you can buy
To treat you so you will not die.

It’s personalised marketing:
The latest trend, the hottest thing.
If what they tell you isn’t true
Read the disclaimer: more fool you.

Then, when you spend your precious time
Searching journals, all online
The more you look, the more you’ll learn
How long you live depends on what you earn.

Suddenly you’ll understand
The science behind the business plan,
The secret of a longer life:
Oh yes, they have it, Sergey and his wife.

Remind me now, why did you pay
For them to own your DNA?
When you start to think it through,
Shouldn’t they be paying you?