[ørovizjɔ̃]

Programmänderung zum Eurovision Song Contest heute abend. Statt Medizin gibt es zur Feier des Tages die wohl beste Würdigung des europäischen Gesangwettstreits aller Zeiten. “Euro-Vision” von den belgischen Experimental-Elektronik Musikern von “TELEX”.

Der Beitrag erreichte vor dreissig Jahren beim “Grand Prix Eurovision de la Chanson” 1980 nur den drittletzten Platz. Ziel verfehlt. Marc Moulin, Mitgründer von TELEX, wird so zitiert: “Wir hatten gehofft, Letzte zu werden, aber Portugal entschied anders. Wir bekamen 10 Punkte aus Portugel und landeten auf dem 17. Platz.” Am Ende ihres Auftritts herrschte im Kongressgebäude in Den Haag ziemliches Unverständnis beim Publikum, was sich in einer Schrecksekunde, gefolgt von verhaltenem Applaus ausdrückte. TELEX waren ihrer Zeit voraus. Irgendwie befremdlich, verglichen mit Johnny Logan (“What’s Another Year”) oder Katja Ebstein (“Theater”) – den damaligen Erst- und Zweitplatzierten.

Vielen dürfte der Electro-Dance-Klassiker Moscow Discow von TELEX bekannt sein.

Rezension und Rezeption des Wunderheiler-Artikels

Zu dem Wunderheiler-Beitrag im SZ-Magazin hatte ich dem Autor Werner Bartens, leitender Redakteur im Wissenschaftsressort der Süddeutschen Zeitung, eine E-Mail geschrieben, in der ich näheres über die Studien wissen wollte, die Werner Bartens als Fakten in dem Artikel beschreibt.

Die Experimente im Labor wurden dutzendfach wiederholt, die Studien in Fachmagazinen publiziert, in denen sie nur erscheinen, wenn andere Kollegen die Untersuchungen begutachtet haben.

Meine Recherchen waren relativ erfolglos, daher erhoffte ich vom Autor Details zu erfahren.

In der Zwischenzeit hatte mein Mitblogger hockeystick ein Posting verfasst, in dem die fehlende Distanz des Artikel im SZ-Magazin kritisiert und die Interessen des im SZ-Magazin gefeierten “Wunderheilers” hinterfragt worden sind.

Als Reaktion erhielt ich eine E-Mail von Bartens, mit dem Vorwurf, “mein” Text sei mit Häme und unredlichen Vorwürfen durchsetzt. Auf meine Frage nach den Studien wird nicht eingegangen. Mal abgesehen davon, dass Werner Bartens offensichtlich nicht verstanden hat, dass es hier zwei Blogger gibt, verweist er darauf, im Posting unsauber zitiert worden zu sein, und stellt klar, dass sein Artikel vorsichtige Formulierungen enthält, wie etwa “womöglich”, “ahnt”, “ungewiss”, “helfen könnte”, usw. Es wird ein falscher Eindruck beklagt, ohne zu reflektieren, dass der Artikel im SZ-Magazin mit “Der Wunderheiler – Dieser Mann hat eine Salbe erfunden, die dem Körper helfen soll, sich selbst zu heilen. Fauler Zauber? Nein. Die Salbe wirkt” betitelt ist.

Das Posting war von hockeystick. Aufgrund der E-Mail habe ich mir eigene Gedanken über den Artikel gemacht. Wenn man sich den Beitrag von Bartens genau ansieht, ist es ein Meisterwerk subtiler Andeutungen. Das Wort “Wunder” dominiert, wird jedoch immer wieder halb zurückgenommen. Kaum einem Leser wird auffallen, dass beim Satz “Die Experimente im Labor wurden dutzendfach wiederholt, die Studien in Fachmagazinen publiziert, in denen sie nur erscheinen, wenn andere Kollegen die Untersuchungen begutachtet haben”, keine peer-reviewten klinischen Studien mit hoher Evidenz gemeint sind, sondern Laborexperimente an Gewebeproben.

Werner Bartens hat kein Problem damit, sich zu distanzieren: “Sollten die Erprobungen an Hunderten von Patienten ähnlich erfolgreich verlaufen wie die ersten Heilversuche…” – jedoch trotzdem am Ende eine Service-E-Mail-Adresse zu nennen, die den leidgeplagten Patienten Hoffung auf ein Wunder verspricht. Das geht Hand in Hand mit der Präsentation von Kinderschicksalen, die Aufmerksamkeit für das Thema erzeugen. Die emotionale Nähe ist bei Kinden gleich eine andere, als bei übergewichtigen, rauchenden, alten multimorbiden Diabetikern, bei denen durch die Therapie chronisch offene Wunden geheilt werden könnten.

Die Kritik an dem Blog-Posting verliert sich in Wortklauberei. Die Frage der Rezeption sollte jedoch für Journalisten das eigentliche Ziel der Arbeit sein. In SPON war letzte Woche ein Artikel, der beschrieben hat, dass Piloten in schwierigen Situationen nie “Sie brauchen keine Angst zu haben” den Passagieren erzählen sollten. Genauso sollten seriöse Wissenschaftsjournalisten nie das Wort “Wunder” benutzen. Erst recht nicht inklusive Wortkombinationen achtmal im Artikel. Die Reportage suggeriert Heilung für Patienten, die jegliche Hoffnung längst aufgegeben haben und sich an jeden Strohhalm klammern. Es kommen keine Patienten zu Wort, denen Baders Heilversuch möglicherweise doch nicht das Wunder gebracht hat. Für mich fehlt es bei Bartens in dieser Hinsicht an Verantwortung. Aus dieser kommt man auch mit geschickt gesetzten Konjunktiven nicht heraus.

Vollkommen ausgeblendet werden die ethischen Aspekte der “Heilversuche”. Medizinethiker sind sich einig, dass die ärztliche Diagnose- und Therapiefreiheit nicht von Forschern missbraucht werden dürfen, um zur Umgehung gesetzlicher Vorschriften Forschungsvorhaben als Heilversuch zu tarnen. Massgeblich ist die an objektiven Kriterien zu messende Zielrichtung des geplanten, immer streng einzelfallbezogenen Vorgehens. Steht allgemeiner Erkenntnisgewinn für die Wissenschaft im Vordergrund, so ist immer Forschung gegeben und Heilversuch sind ausgeschlossen. Heilversuche dürfen daher nicht rechtsmissbräuchlich zum Verschleiern von Pilotstudien oder klinischer Forschung im Allgemeinen eingesetzt werden. Das wird in dem Artikel von Bartens nicht getrennt. Heilversuche, experimentelle Forschung und klinischer Einsatz werden munter durcheinander gebracht und zu einer Wunder-Sosse verrührt.

Der Artikel könnte ein schönes Beispiel für die Anwendung der Kriterien von Gary Schwitzer abgeben, mit denen bei HealthNewsReview.org die Qualität von Medizinlournalismus bewertet wird. Ganz grob:

Werden Kosten diskutiert?
Nein. Der Aufwand für künftige klinische Studien, die Herstellung des Heilmittels, oder organisatorische Voraussetzungen für die Therapie werden nicht erwähnt. Stattdessen wird irgendwas mit 250 Euro genannt – ohne Grundlage.

Wird der mögliche Nutzen abgeschätzt?
Nur an Einzelfällen ohne Berücksichtigung der Versorgungslage.

Werden Nebenwirkungen erwähnt?
Nein. Stattdessen wird immer wieder das Wort “Wunder” gebraucht und ob es auch erfolglose Heilversuche gibt, wird nicht hinterfragt.

Evidenz?
Experimentelle Studien, Heilversuche und künftige klinische Studien werden bunt durcheinander gewürfelt und der jeweilige Evidenzgrad nicht sauber getrennt.

Wird die Erkrankung überschätzt?
Bei einige Beispielen wird sicherlich die Situation des Patienten dramatisiert und progrediente Verläufe als typisch dargestellt.

Therapeutische Alternativen?
Spielen keine Rolle in dem Artikel. Wunder sind nun mal alternativlos.

Ist der Ansatz wirklich neu?
Nicht wirklich, wenn man sieht, dass seit 15 Jahren Gewebezüchtungs-Verfahren auch von anderen Einrichtungen und Unternehmen erforscht und klinisch getestet werden. Was im Artikel kein Thema ist.

Verfügbarkeit?
Bleibt vollkommen offen, aber trotzdem gibt es eine Service-E-Mail-Adresse.

Wer wirbt dafür?
Einzig alleine Bader wird vorgestellt, der ein persönliches und finanzielles Interesse an der Therapie hat.

Interessenskonflikte?
Die vielfältigen geschäftlichen Aktivitäten von Bader und seiner Frau rund um den Therapieansatz sind bei Bartens kein Thema.

Desaströs. Aber auch wenn man die Kriteren des Deutschen Presserates ansetzt, verletzt der Artikel im SZ-Magazin meiner Meinung die Ziffer 14 des Pressekodex.

Bei Berichten über medizinische Themen ist eine unangemessen sensationelle Darstellung zu vermeiden, die unbegründete Befürchtungen oder Hoffnungen beim Leser erwecken könnte. Forschungsergebnisse, die sich in einem frühen Stadium befinden, sollten nicht als abgeschlossen oder nahezu abgeschlossen dargestellt werden.

5-Dollar-Doktor

Das israelische Startup Fiverr hat einen simplen Shop für Gefälligkeiten und kleine Dienstleistungen gestartet. Dort kann man Tätigkeiten für einen Festpreis von fünf Dollar andere beauftragen und um Rat fragen. Anbieten ist kostenlos, wenn die Dienstleistung angenommen wird, geht ein Dollar als Provision an Fiverr.

Was bekommt man für 5 Dollar, oder umgerechnet 3,71 Euro? Nicht viel, meint ein Journalist, der es ausprobiert hat.

Oder vielleicht sogar einen medizinischen Ratschlag von einer echten Ärztin.

Aber Achtung. Die Dame offeriert auch Gartentipps, Partnerschaftschaftsberatung und Hinweise für die Kaninchenhaltung. Nicht das da ein paar Aufträge durcheinanderkommen … “Was kann ich gegen meine Akne machen?” – UnkrautEx, erotische Massagen oder entzündungshemmende Augentropfen.

Lilly erreicht die Wünsche der Werber

Horizont.net das “Portal für Marketing, Werbung und Medien” zeigt, wie die Branche tickt und wer den Takt angibt: Männlich, jünger fühlend als es das Alter und die Wehwechen einem weismachen wollen.

Beim Leserpreis “Kreation des Monats” konnte sich Lilly mit dem TV-Spot “Helden der Liebe” klar gegen grosse Marken wie Reebok, Dove und Nike durchsetzen. Der Spot ist eine Disease Awareness Kampagne zum Thema Erektionsprobleme und soll indirekt die Lilly-Potenzpille Cialis® pushen.

Abbott macht Flashmob-Astroturfing

Aktionsformen der Internetgesellschaft sind im Pharmamarketing angekommen. Am Sonntag erlebte Wien den ersten Pharma-Flashmob. Betroffene mit Morbus Crohn wollten auf die chronisch-entzündliche Darmerkrankung aufmerksam machen. Doch war neben mit Klopapapier eingewickelten Menschen das Logo der Abbott Crohnhilfe omnipräsent.

Foto: © Fotodienst / Julia Fuchs

Klassisches Astroturfing. Auf der Seite der Crohnhilfe ist der Flashmob offen angekündigt worden.
Eine Facebook-Seite mit professioellem Logo war 14 Tage zuvor online gegangen. Der ist zu entnehmen, dass die Location “gebucht” und mit den Verantwortlichen abgesprochen war. Was zu einem Umzug führte. Statt medienwirksam an der Skulptur Arschbar im Museumsquartier musste der Astroturfing-Event am Wiener Stephansplatz vor dem Dom stattfinden. Die Museumsdirektion hatte die Zusage kurzfristig zurückgezogen. Am Steffl gab der Dompfarrer seinen Segen dazu. In Facebook vom Abbott Austria PR-Chef enthusiastisch kommentiert:

Hoch lebe Toni Faber!!!

Facebook wird zum Marketingtool auch für Pharma und Medizin. Nach Fakeprofil nun Astroturfing-Plattform.

Die PR kam von der für die “Abbott Crohnhilfe” zuständigen Agentur Cloos + Partner, die auch eine Fotografin beauftragt hatte.

Abbot organisierte einen Flashmob und 30 Betroffene machen bei dem Astroturfing-Event mit. Ob die Flashmobber wissen, dass Abbott ihre Verschreibungsdaten sammelt, wenn sie in Österreich mit Abbotts monoklonalen Antikörper Adalimumab (Humira®) gegen Morbus Crohn behandelt werden?


Update
Die Facebook-Fanseite wurde gelöscht, obwohl beim Flashmob mit Flugblättern darauf noch hingewiesen worden ist.

Gibt auch in Video, von einer professionellen PR-Videoproduktionsagentur: