Verschlüsselte Hintertürchen und der Tag, an dem im Internet das Licht aus ging

Heutige und zukünftige ethische und technologische Herausforderungen rund um das Thema Big Data standen beim diesjährigen Hot Topic “Brave New Data World” des Heidelberg Laureate Forums auf dem Dienstagnachmittagsprogramm. Einer der thematischen Workshops beschäftigte sich vor diesem Hintergrund unter dem martialischen Titel “Back-doors, Trap-doors and Crypto Wars” (“Hintertüren, Falltüren, und Verschlüsselungskriege”) mit einer gar nicht einmal so neuen, aber im Moment immer wieder prominent diskutierten Frage: Ist öffentlich und frei verfügbare Verschlüsselungstechnologie ein Segen der Bürgerrechte und Bollwerk der Privatsphäre, oder doch eher ein Fluch des Außergesetzlichen und Rückzugsort des Illegalen?

Selbstbewusst bis zur Bescheidenheit

Gabriel Laub wird gemeinhin das nachfolgende Zitat über das Verhältnis zwischen Selbstbewusstsein und Bescheidenheit zugeschrieben: Bescheiden können nur die Menschen sein, die genug Selbstbewusstsein haben. So oder ähnlich lässt sich ebenfalls eine der Haupteinsichten umschreiben, welche ich aus einem kurzen Gespräch mit Endre Szemerédi (Abel-Preisträger des Jahres 2012) über Eigenschaften und Qualitäten guter Mathematiker mitnehmen konnte. Und um Missverständnissen vorzubeugen: Szemerédi würde jedem Mathematiker Bescheidenheit auch im jeweils eigenen Interesse ans Herz legen.

Algorithmen, natürlich!

Während die Vormittage des Heidelberg Laureate Forum inhaltlich fest in den Händen der versammelten Turing-, Fields-, und Abelpreisträger sind, stand am Montagnachmittag mit den HLF-PostDoc-Workshops ein Rollenwechsel auf dem Plan: In insgesamt sechs einstündigen Workshops wird dabei Vertretern der jüngeren akademischen Generation eine Bühne gegeben, um die jeweiligen Forschungsthemen ihrer aktuellen PostDoc- oder Juniorprofessorenphase ins Bewusstsein der HLF-Gemeinde zu bringen. Eines der diesjährigen Workshopthemen war “Algorithms in Nature”, und Saket Navlakha (Salk Institute for Biological Studies) nutzte seine sechzig Minuten für eine Einführung in das zugehörige neue Forschungsfeld am Zusammenfluss zwischen Biologie und Informatik.

Die schlaflosen Nächte des Vinton Gray Cerf

Eine der persönlichsten Fragen, mit welchen sich Vinton Gray Cerf (Turing-Preisträger des Jahres 2004) im Rahmen einer Pressekonferenz beim diesjährigen Heidelberg Laureate Forum auseinandersetzen musste, bezog sich auf die Qualität seines nächtlichen Schlafes. Oder genauer: Welche (technologischen) Ängste ihn, der unter anderem als Chief Internet Evangelist bei Google tätig ist, denn nachts wachhalten würden? War die Frage noch augenzwinkernd vorgetragen worden, so nahm Cerf sie doch zum Anlass, zwei für ihn sehr ernste Themen anzusprechen: Ein drohendes dunkles Zeitalter der digitalen Welt, und die Abhängigkeit von spezifischer Software, um digitale Inhalte auch langfristig abrufen zu können.

Informatik ist Computerwissenschaft ist nicht Informatik

Während das Deutsche sich mit der Bezeichnung “Informatik” für eine der beiden Hauptdisziplinen des HLF begnügt, wird im Englischen das zugehörige Sprachfeld von zwei unterschiedlichen Begriffen bevölkert: dem der deutschen Version im Schriftbild ähnlichen “Informatics”, und dem wörtlich als Computerwissenschaft übersetzbaren “Computer Science”. Und—wie könnte es, in trauter Erinnerung an die lange Liste falscher Freunde aus dem Englischunterricht, auch anders sein—natürlich ist mit unserer Informatik im allgemeinen Sprachgebrauch (und der öffentlichen Wahrnehmung) im Jahr 2015 in der Regel die Computer Science, und nicht die Informatics, gemeint. Was nicht nur sprachlich manchmal ein wenig schade ist.

Von Leuchttürmen und zweiten ersten Malen

Zurück in Heidelberg, zurück beim Heidelberg Laureate Forum. Nach meiner Teilnahme als Doktorand und Blogger beim ersten HLF 2013 bin ich seit Samstagnachmittag wieder für eine Woche im deutschen Blog-Team des Laureate Forums in der Universitätsstadt am Neckar. Und obwohl mir einige Szenen während der Anreise angenehm vertraut vorkamen—so beispielsweise die wiederholten Fragen von Seiten junger, offensichtlich internationaler Besucher am Mannheimer Bahnhof nach der richtigen S-Bahn in Richtung “Heidelberg, to the Laureate Forum”—so fühlt es sich dennoch nicht nach einer Wiederholung an. Im Gegenteil, das Bauchgefühl entspricht vielmehr dem eines quasi paradoxen zweiten ersten Mals.