Die Krankenversorgung von morgen? Startups mischen kräftig mit

Oscar, Clover, Zoom, HoneyInsured oder Lumity – diese US Startups wollen digitale Datenerfassung und -analyse nutzen, um die Versicherungslandschaft transparenter, effizienter und damit auch versichertenfreundlicher umzugestalten.
Ihre Angebote setzen auf:

  • Bessere Markttransparenz für Versicherte, die auf der Suche nach einem Krankenversicherer die Leistungsprofile und Kosten verschiedener Anbieter besser vergleichen können (Versicherungsbroker HoneyInsurance, Versicherungs-Marktplatz Lumity)
  • Bessere Kosten- und Leistungstransparenz für den Versicherten. Die erbrachten Leistungen und die entstandenen Kosten sollen für Versicherte jederzeit einsehbar sein. Das verbesserte Kostenbewusstsein soll wirtschaftliches Verhalten der Versicherten unterstützen und helfen, die Kosten der Gesundheitsversorgung zu kontrollieren (Krankenversicherer Oscar)
  • Frühzeitige Identifizierung von Risikopatienten durch Analyse der Versorgungsdaten. Sozialarbeiter und Pflegekräfte werden in die Versorgung der meist älteren, multimorbiden Patienten eingebunden, um unnötige Behandlungen und Krankenhauseinweisungen zu vermeiden. Die Analyse der Patientendaten in der Verlaufskontrolle ermöglicht zeitnahe Interventionen (Servicedienstleister der Krankenkasse: Clover)
  • Stärkung der Prävention. Versicherte erhalten z. B. Gesundheitsarmbänder, mit denen sie ihre Aktivitäten aufzeichnen. Für die Erreichung von Gesundheitszielen werden sie mit finanziellen Bonuszahlungen belohnt (Oscar, Google hat sich bei diesem Krankenkversicherer bereits eingekauft). Digitale Angebote zur Verbesserung des Ernährungs- und Bewegungsverhaltens werden aufgewertet und werden wie „Medikamente“ erstattet (Zoom). Mit kostenlose Elternkurse und Eltern-Hotlines, u. a. auch mobil erreichbar, sollen Früherkennung und Förderung verbessert werden (Zoom)

Auch wenn die Versorgungslandschaft der USA grundsätzlich anders funktioniert, so sind die Herausforderungen des demographischen Wandels und die großen Hoffnungen an neue Lösungen zum digitale Umbau auch in Europa vergleichbar: Smart Watches als Anreiz für gesundheitsbewußtes Verhalten von Versicherten (Apple/TK), erste Apps auf Rezept (Tinnitracks), Online-Coachings für Chroniker (Depressions-Coach), Online-Sprechstunden in der Arztpraxis (Patientus) – Schon sehr bald werden die Erfahrungen aus den Pilotprojekten einzelner Krankenkassen hier in Deutschland zeigen, in welche Richtung die digitale Umgestaltung der Versorgungslandschaft zum Wohle der Versicherten sinnvoll vorangetrieben werden kann.

Quelle:
6 startups using tech and data to challenge the health insurance industry status quo, September 2015

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Klage gegen Medizin-App, die Sehkraft verbessern soll

Nach zwei Medizin-Apps zur Diagnose von gefährlichen Muttermalen und zwei Apps, die nach Angaben der Hersteller die Symptome einer Akneerkrankung verbessern sollten, wurde jetzt in den USA ein weiterer Anbieter einer App wegen irreführender Werbung von der amerikanischen Bundesbehörde für Wettbewerb und Verbraucherschutz FTC (Federal Trade Commission) verklagt. Er gab vor, wissenschaftlich belegen zu können, dass das Sehtraining seiner App dazu führt, die Sehkraft des Nutzers deutlich zu verbessern. Die Studien, die als Beleg angeführt waren, wurden von einem Inhaber des Unternehmens durchgeführt und hielten einer wissenschaftlichen Überprüfung nicht stand. Der Anbieter wurde zu einer hohen Geldstrafe von 150.000 $ verklagt und darf die falschen Werbeaussagen zukünftig nicht mehr verwenden.

Die App UltimEyes ist bisher die fünfte Medizin-App, die in USA wegen irreführender Werbung verklagt bzw. vom Markt genommen wurde.

Quellen:
FTC fines vision improvement app-maker $150K for deceptive claims, September 21st
FTC fines two Melanoma risk detection Apps, Febr. 2015
US Regulators remove two acne medical apps, Sept 2011

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Qualität von Medizinprodukten: FDA setzt auf neues Patientenpanel

Bis jetzt haben hauptsächlich Experten ihre Anforderungen im Hinblick auf den gewünschten Nutzen und die erforderliche Qualität von Medizinprodukten definiert. Das soll sich nach dem Willen der amerikanischen Gesundheitsbehörde FDA nun ändern. Sie möchte die Patientenperspektive stärker berücksichtigen und hat daher ein Advisory Panel eingerichtet. Patienten sollen in diesem neuen Gremium ihre Erwartungen und Erfahrungen einbringen:

  • Welchen Hauptnutzen erkennen Patienten in den neuen Technologien, welche Risiken oder Gefahren verbinden sie in erster Linie mit deren Nutzung?
  • Wie beurteilen Patienten das Nutzen-Risikoprofil von neuen Medizinprodukten, dazu gehören u. a. auch Medizin-Apps mit einer sog. medizinischen Zweckbestimmung, die zur Diagnose oder Therapie von Krankheiten bestimmt sind?
  • Welche Unterschiede lassen sich dabei in den verschiedenen Bevölkerungsgruppen erkennen, basierend auf Alter, Erkrankungsart und sozioökonomischen Faktoren?

Bisher sind weltweit nur sehr wenige Medizin-Apps als Medizinprodukte zugelassen. In den USA sind es derzeit ca. 120, für Europa gibt es noch keine zentrale Datenbank, in der CE-zertifizierte Medizin-Apps gelistet sind.
Je stärker die Medizin-Apps als sog. Versorgungs-Apps zukünftig in die Regelversorgung eingebunden werden, d. h.  medizinische Daten aus dem Versorgungssystem nutzen oder vom Patienten generierte Daten in das Versorgungsystem einspeisen, umso mehr wird auch die Nutzen- und Risikobewertung dieser Anwendungen in den Fokus rücken. Dabei die Perspektive der Patienten frühzeitig zu berücksichtigen, verbessert die Chancen, die bisher ungeklärte Fragen z. B. der Datennutzung gesamtgesellschaftlich zu diskutieren. Die bessere Einbindung der Patientenperspektive kann dabei wesentlich dazu beitragen, das Vertrauen und damit die Akzeptanz für die Nutzung neuer digitaler Medien zu stärken. Sie gehört daher auch für Deutschland und Europa auf die Agenda der Gesundheitsakteure und Politiker.

Quellen:

FDA adds Patienten advisory panel on Medical Devices, 21 September 2015

Too little research backs high-risk medical devices, August 2015

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Qualitätsstandard für Health-Apps: Die Erfolgsfaktoren

Weil es für Verbraucher und Patienten schwierig ist, unter den vielen tausenden Gesundheits-Apps die “Richtige” für sich zu finden, rückt die Suche nach orientierenden Standards zunehmend auch in das Interesse öffentlicher Institutionen und Verbraucherverbände. Die Anforderungen sind hoch, wenn von Qualitätsstandards eine wirkliche Orientierung für Verbraucher und Patienten ausgehen soll, die die Auswahl vertrauenswürdiger Gesundheits-Apps erleichtern kann:

  1. Hohe Marktdurchdringung: Ein Qualitätsstandard für Gesundheits-Apps muss hohe Bekanntheit erreichen, d. h. im besten Fall dort sichtbar werden, wo Nutzer ihre Suche nach Gesundheits-Apps starten, und das sind derzeit die Stores.
  2. Europäischer – besser noch – globaler Geltungsbereich: Nur etwa 6 Prozent aller Gesundheits- und Medizin Apps sind deutschsprachige Apps (Health-App Dashboard 4/2015), die meisten werden von Anbietern außerhalb Deutschlands entwickelt und sind lediglich dank automatisierter Übersetzungshilfen auch in deutscher Sprache verfügbar. Die Annahme, dass App-Anbieter in der Lage sind, verschiedene App-Versionen orientiert an nationalen Standards vorzuhalten, ist angesichts der rasanten technischen Entwicklung und den resultierenden, kurzen Update-Zyklen, eher unrealistisch.

Das bedeutet, dass die zugrunde liegenden Qualitätskriterien und Prüfprozesse in erster Line auch ihre Praktikabilität unter Beweis stellen und zeigen sollten, dass sie

  • effizient sind, d. h. mit vertretbaren Ressourcen (Kosten, Zeit) umgesetzt werden können.
  • die sehr unterschiedlichen Risikoklassen von Gesundheits-Apps angemessen berücksichtigen, und damit die potentielle Gefährdung, die für den Nutzer von Health-Apps ausgehen kann.
  • geeignet sind, relevante Sicherheits- und Qualitätslücken zu identifizieren und damit Nutzern bei der Wahl der „richtigen“ App tatsächlich Orientierung geben können.

Was nützt es Verbrauchern bzw. Patienten,

  • wenn Gesundheits-Apps durch hohe Auflagen an den Prüfprozess verspätet oder nie den App-Store erreichen?
  • wenn aufgrund beschränkter Kapazitäten nur wenige Apps das Prüfverfahren in einem vernünftigen Zeitrahmen durchlaufen können?
  • wenn die Qualitätskriterien nicht bekannt oder nicht verstanden werden?

Im Zweifel suchen Interessierte weiter auf eigene Faust in den App-Stores, weil sie gar nicht wissen, dass es Qualitätsstandards für Gesundheits-Apps gibt.

FAZIT: Aus der Kenntnis der derzeitigen Ansätze zur Etablierung von Qualitätsstandards (s. TK App Studie) und den Erfahrungen aus der Überprüfung von über 350 Gesundheits-Apps leitet die Initiative Präventionspartner folgende Empfehlungen ab:
Der in Deutschland und Europa zu etablierende Qualitätsstandard für Gesundheits-Apps

  • soll für Anwender verständlich sein, sein Nutzen für den Verbraucher bzw. Patienten ebenfalls
  • soll national, europäisch und im besten Fall auch global umsetzbar sein
  • soll getragen sein von der Akzeptanz möglichst vielen Akteure und gefunden werden auf Basis einer offenen, transparenten Diskussion, in die neben der Gesundheitswissenschaft alle Anbieter- und Nutzergruppen involviert sind, auch Health-App-Entwickler und -Anbieter, die als Wirtschaftsunternehmen tragfähige Wertschöpfungsmodelle entwickeln.
  • Muss finanzierbar sein auf Basis eines Wertschöpfungsmodells, das sich nach einer initialen Anschubfinanzierung selbst trägt, weil es Nutzen schafft, für Patienten und Verbraucher ebenso wir für verantwortungsvolle Anbieter von Gesundheits-Apps.

Wir, die Initiative Präventionspartner, laden interessierte Akteure ein, mitzuwirken an der Etablierung eines wirkungsvollen, breit akzeptierten Qualitätsstandard für Health-Apps.
Dieser Standard soll eine hohe Bekanntheit erreichen und hilfreiche Orientierung bieten sowohl für Verbraucher und Patienten, die Gesundheits-Apps nutzen, als auch für Anbieter und Entwickler von Health-Apps.
Verbindendes Ziel aller Akteure ist es, Gesundheits-Apps als nützliche Unterstützungshilfen zu etablieren, mit denen Gesundheitsvorsorge bzw. die Selbstbefähigung zur Krankheitsbewältigung zum Wohle des Einzelnen sowie zur Erreichung gesamtgesellschaftlicher Gesundheitsziele zukünftig verbessert werden kann.

Ihre Anregungen, Kommentare und Ideen sind willkommen.
Teilen Sie uns mit, welchen Beitrag Sie zur Erreichung dieser Ziele beisteuern möchten.

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Wie passen Verbraucherinfos zum Risikopotential der jeweiligen Health-Apps?

Wenn eine Health-App umfangreiche Unterstützungsfunktionen bietet, eröffnet das große Chancen für den Nutzer – aber gleichzeitig steigen damit auch die potentiellen Gefahren, z. B. durch Datenmissbrauch, Falsch- oder interessengeleitete Fehlinformationen.
Gerade die Anbieter komplexer Gesundheits-Apps mit hohem Qualitätsanspruch sollten deshalb dem Informations- und Sicherheitsbedürfnis der Nutzer in besonderer Weise entsprechen und umfassend über Qualitätskriterien informieren. Der Nutzer sollte anhand dieser Angaben die Vertrauenswürdigkeit einer Health-App selbst einschätzen können.

Das Beispiel Diabetes-Apps zeigt, das hier im Moment noch große Optimierungspotentiale liegen: Die Initiative Präventionspartner hat das Risikopotential von Diabetes-Apps (Screening 10/2014), das sich aus deren Funktionsumfang und der Nutzung durch den Patienten ergibt, den Angaben der Hersteller zu Sicherheit, Qualität und Transparenz (Healthon Ehrenkodex) gegenübergestellt. Die Apps wurden dabei gemäß der neu entwickelten Vertrauensskala in fünf Klassen eingeteilgt.

Hier die Ergebnisse:

  • Informationen zum Umgang mit den Nutzerdaten, zum Schutz der gespeicherten oder der versendeten Gesundheitsdaten, bleiben die meisten Apps schuldig, auch in den meisten Multifunktions-Apps der Klasse 5 fehlen Angaben zum Datenschutz.
  • Auch über die Qualifikation der Autoren, die gesundheitsbezogene Tipps geben oder aus den eingegebenen Gesundheitsdaten Trends berechnen oder Auswertungen darstellen, wird über alle Risikoklassen hinweg kaum informiert.
  • Auch wenn die meisten der untersuchten Diabetes-Apps frei sind von offensichtlichen Werbeeinblendungen, finden sich klare Aussagen zur Werbepolitik oder zur Finanzierung nur spärlich: Dabei ist eine Erklärung zur Unabhängigkeit der gesundheitsbezogenen Informationen von Produkt- und Firmeninteressen gerade bei kostenlosen Apps wichtig, um mögliche Schleichwerbung zu identifizieren. Der Nutzer sollte erkennen können, warum ein Anbieter (Krankenkasse, Pharmaunternehmen, Verlag etc.), eine Gesundheits-App kostenlos zur Verfügung stellt, deren Entwicklung in der Regel mit hohen Kosten verbunden ist – insbesondere wenn es sich um eine Gesundheits-App mit vielen Funktionen und damit hohem Risikopotential handelt.

Fazit: Auch bei Gesundheits-Apps mit sehr hohem und hohem Risikopotential (Klasse 4 und 5) sind die Angaben der Hersteller sehr lückenhaft. Verbraucher, die auf der Suche sind nach verlässlichen und vertrauenswürdigen Angeboten, können sich anhand dieser Informationen kein Bild über die Qualität und Vertrauenswürdigkeit der Apps machen. Insbesondere Anbieter von komplexen Diabetes-Apps mit hohem Unterstützungs- aber auch Risikopotential könnten sich profilieren und ihrer besonderen Verantwortung gerecht werden, wenn sie Nutzer durch Angaben zu allen relevanten und einfach nachprüfbaren Qualitäts- und Transparenzkriterien informieren.

Zur Einschätzung der Vertrauenswürdigkeit von Gesundheits-Apps: Healthon Ehrenkodex

Informationen zum Screening Diabetes-Apps 10/2014, Initiative Präventionspartner: Methodik & Ergebnisse

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Risikopotential von Health-Apps einschätzen: Neue Vertrauenskala

Welche Risiken von einer Gesundheits-App ausgehen, hängt in hohem Maße davon ab, wofür und wie der Nutzer die App anwendet. Nutzt er die App zur Bewältigung von Krankheiten und gibt dazu über einen längeren Zeitraum gesundheitsbezogene Daten ein, sind die potentiellen Gefahren für den Nutzer in der Regel höher. Misst hingegen ein gesundheitsinteressierter Nutzer zur groben Orientierung lediglich die täglich Anzahl der Schritte und nutzt einen BMI Rechner, ohne dazu persönliche Daten einzugeben oder abzuspeichern, dann ist der Schaden, der durch etwaige Falschinformationen oder dem unerlaubten Ausspähen durch Dritte entstehen könnte, eher gering.

Das Risikopotential einer Gesundheits-App ergibt sich daher u. a.

  • aus dem Leistungs- bzw. Unterstützungsumfang einer App.

Was kann die App, wie individuell zugeschnitten sind z. B. die Motivationsbotschaftern oder Empfehlungen für den Nutzer? Je mehr die App über den Nutzer weiß und dessen Lebensstil, umso genauer können Unterstützungen ansetzen – umso aussagekräftigere wird jedoch auch das Gesundheitsprofil des Nutzers, das nicht in unbefugte Hände Dritter gelangen sollte.

  • aus der Relevanz der App für den Nutzer bzw. Anwendungskontext: Welche Bedeutung misst der Nutzer der Gesundheits-App zu?  Will ein chronisch Kranker die mit einer App dokumentieren Daten und deren Auswertungen z. B. mit seinem Arzt teilen, um daran orientiert z. B. Entscheidungen für die weitere Therapie zu treffen? Dann ist es besonders wichtig, dass er sich z. B. auf die Informationen, Empfehlung oder die Auswertung von Daten verlassen können muss.

Auf Basis dieser Daten lässt sich eine Einteilung der Apps nach ihrem potentiellen Risiko für den Nutzer vornehmen. In die Berechnung gehen u. a.  ein:

  1. Basisfaktoren bestimmt durch die Unterstützungsfunktionen der App, z. B. Apps zur reinen Informationsvermittlung mit dem niedrigsten Risikopotential bis zu App zum Teilen von personenbezogenen Gesundheitsdaten mit Dritten
  2. Verstärkungsfaktoren, die das Risikopotential verstärken abhänging vom Kontexts und der Häufigkeit, mit der die Unterstützungsfunktionen genutzt werden
  • Anwendungskontext: Von Fitness-Apps mit dem niedrigsten bis zu Apps zur Diagnose oder Therapie von Krankheiten mit dem höchsten Risikopotential
  • Häufigkeit der Anwendung: Wird die App häufig angewendet, erhöht dies das Risikopotential, weil Umfang und Relevanz der ausgetauschten Daten höher sind.
  • Vertrauenswürdigkeit/Bekanntheit des Anbieters: Ein Anbieter, dessen Beweggründe und Ziele der App-Nutzer nicht kennt, erhöht das potentielle Risiko für den App-Nutzer.
  • Kosten der App: Wird die App kostenlos angeboten, könnte der Nutzer mit seinen Daten zur Kasse gebeten werden, weshalb sich das Risikopotential erhöht.

Überführt in einen Algorithmus, lässt sich für Gesundheits-Apps auf einer fünfstufigen Skala zwischen 0 und über 100 die jeweilige Vertrauensklasse ableiten, die einen Anhaltspunkt für das potentielle Risiko gibt, das von der App für den Nutzer ausgehen kann. Die Initiative Präventionspartner überblickt mittlerweile über 350 deutschsprachige Gesundheits-Apps, deren Testergebnisse sie über die healthon Datenbank zur Verfügung stellt. Sie hat diese Apps nach Anwendungsgebieten, Funktionsumfang sowie nach Angaben zu Qualität und Transparenz der gesundheitsbezogenen Informationen überprüft und kategorisiert. Übertragen auf das Screening deutschsprachiger Diabetes-Apps führt die Methode des neu entwickelten Risikoassessments zu folgendem Bild.

Ergebnis:

Orientiert am Funktionsumfang, dem Anwendungskontext, der Anwendungshäufigkeit, der Vertrauenswürdigkeit der Anbieter, den Kosten der Apps lassen sich Diabetes-Apps in Vertrauensklassen 1 bis 5 einteilen:

  • 71 % der Apps haben demnach ein hohes oder sehr hohes Risikopotential (Klasse 4 plus Klasse 5 ) aufgrund ihres großen Funktionsumfanges, der von Dokumentieren, Erinnern, Teilen von Informationen bis zum Empfangen von Feedback bzw. individuellen Botschaften zur Verstärkung des neu erlernten Gesundheitsverhaltens reicht.
  • Jede dritte Diabetes-App (29%) hat aufgrund ihrer wenigen Unterstützungsfunktionen ein eher geringes Risikopotential für den Nutzer. Diese Apps informieren in erster Linie, der Nutzer gibt in der Regel keine personenenbezogenen Gesundheitsdaten von sich preis und nutzt die App mehr als Nachschlagewerk denn als dauerhafte Unterstützung in der Krankheitsbewältigung.

Fazit: Insbesondere bei Gesundheits-Apps der Vertrauensklasse 4 und 5, sollten Nutzer die Vertrauenswürdigkeit und Sicherheit der App sorgfältig überprüfen. Von diesen Apps erwarten sich Nutzer in der Regel eine dauerhafte Unterstützung. Sie wollen sich daher auf die Ergebnisse von Berechnungen, oder die Qualität von Gesundheitstipps bzw. -empfehlungen verlassen können.

Zur Einschätzung der Vertrauenswürdigkeit von Health-Apps: Healthon Ehrenkodex

Zum Diabetes-Screening 10/2014: Methode & Ergebnisse

 

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Vertrauensskala zur Einstufung von Health-Apps in Sicht?

Das aktuelle Beispiel der Alternseinstufung von Apps im Google Play zeigt, dass es möglich ist, die Transparenz für Verbraucher zu verbessern und dabei in einem internationalen Markt die national unterschiedlichen Standards zu berücksichtigen. Das gibt Hoffnung, dass die App-Stores mittelfristig auch dem besonderen Informations- und Sicherheitsbedürfnis von Verbrauchern und Patienten im Markt der Gesundheits- und Medizin-Apps besser gerecht werden könnten. Ähnlich wie am Beispiel der aktuellen Altersklassifizierung von Google könnten die Entwickler von Medizin- und Gesundheits-Apps zukünftig ebenfalls dazu verpflichtet werden, anhand eines Standardfragebogens eine Einstufung der Vertrauenswürdigkeit der gesundheitsbezogenen Informationen und Services in Health-Apps vorzunehmen. Dieser könnte sich an den nationalen Anforderungen und den unterschiedlichen rechtlichen Rahmenbedingungen der jeweiligen Länder orientieren.

  • Vertrauensskala Health-Apps: Vorschlag zur praktischen Umsetzung

Abhängig davon, wie umfassend der Hersteller z. B. über die Ziele einer App, den Anbieter (Impressum, Kontakt), die Finanzierung, den Schutz der Nutzerdaten, die Werbepolitik, die Quellen und Autoren der gesundheitsbezogenen Informationen informiert, könnte automatisiert eine Einstufung auf einer Vertrauensskala erfolgen, die im besten Falle international abgestimmt und breit akzeptiert wird.

  • Bessere Transparenz gewünscht

Wichtig wäre dabei, dass die Verbraucher – anders als dies derzeit bei der Alterseinstufung der Fall ist – auch die Angaben des Herstellers einsehen können, die zur Einstufung auf der Vertrauensskala geführt haben. Das wäre ein probater Weg, um mit überschaubarem Prüfaufwand ein großes Plus an Transparenz im Markt der Gesundheits- und Medizin-Apps herzustellen und Verbraucher bzw. Patienten in ihrer Medien- und Gesundheitskompetenz zu stärken.

  • Kriterien einer Vertrauensskala für Health-Apps

Kriterien eines solchen Kataloges könnten z. B. die sieben Basiskriterien des Healthon-App-Ehrenkodex sein, die die Initiative Präventionspartner bei der Überprüfung von bisher über 350 Gesundheits-Apps bereits angewendet hat. Diese Kriterien orientieren sich an internationalen Standards (DISCERN, HON-Code). Perspektivisch könnte der Katalog um optionale Angaben erweitert werden, z. B. Informationen zu Wirksamkeitsstudien oder zu Usability-Tests bei Nutzerzielgruppen, die belegen, ob und in welchem Maße sich mit der Gesundheits- bzw. Medizin-App die ausgelobten Ziele erreichen lassen.

Fazit:

Auf Gesundheits- und Medizin-Apps liegen weltweit große Hoffnungen, die Qualität und Nutzerorientierung von Präventions- und Gesundheitsversorgungskonzepten zu verbessern. Vertrauen in diese neuen digitalen Helfer und die selbstbestimmte und risikoadaptierte Nutzung durch Verbraucher und Patienten, sind wichtige Voraussetzungen, um die Zukunftspotentiale von Digital Health gesamtgesellschaftlich verantwortlich zu nutzen. „Die Etablierung einer für Patienten und Verbraucher sichtbaren Vertrauensskala für Health-Apps, mit der jede Gesundheits-App vor ihrer Veröffentlichung in App-Stores anhand der Selbstangaben der Hersteller eingestuft wird, wäre ein pragmatischer Weg, der in einem internationalen Markt auch die Unterschiede in den nationalen Gesetzgebungen berücksichtigen könnte“, so Dr. Ursula Kramer, Initiative Präventionspartner.

HealthonApp-Ehrenkodex Kriterien

Online-Test zur Überprüfung der Vertrauenswürdigkeit von Gesundheits-Apps

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Mehr Sicherheit für App-Nutzer durch Altersklassifizierung bei Google?

Das „International App Rating Council“ (IARC) hat in Zusammenarbeit mit den Selbstkontrollen unterschiedlicher Länder (ESRB, USK, PEGI u. a.) einen einheitlichen Bewertungsfragebogen entwickelt, um für Apps eine Altersklassifizierung vorzunehmen, die sich an den individuellen Vorgaben und Kriterien der Länder orientiert.

Wie erfolgt diese Einstufung praktisch?
Entwickler füllen in der Entwickler Console für der Veröffentlichung einer App oder vor einem Update einer App einen Fragebogen aus. Anhand dieser Angaben werden die Inhalte ihrer Apps oder ihrer Spiele dann „objektiv“ bewertet. Grundlage des neuen Einstufungssystems von Google Play sind die offiziellen Einstufungen der International Age Rating Coalition (IARC), der u. a. folgende Aufsichtsbehörden angehören:

  • Entertainment Software Rating Board (ESRB)
  • Pan-European Game Information (PEGI)
  • Australian Classification Board
  • Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle (USK)
  • Classificação Indicativa (ClassInd).

Für Regionen, in denen es keine Aufsichtsbehörden gibt, erhalten die Apps und Spiele eine allgemeine Einstufung mit Altersfreigabe. Die Einstufung läuft automatisiert ab. Nutzer erkennen die Einstufungen an den entsprechenden Symbolen im Google Play Store.

Für die Entwickler bedeutet dieser Vorgang einen Mehraufwand. Sie müssen die Einstufung verpflichtend vornehmen, wenn sie neue Apps oder Updates bestehender Apps im Google Play Store veröffentlichen. Google wird Apps ohne Einstufung künftig aus dem Play Store entfernen, nennt jedoch keine Deadline, bis wann die Einstufung vorgenommen werden muss. Der Fragebogen zur Einstufung ist für Entwickler über die Google Play Developer Console erreichbar.

Darüber hinaus hat Google auch einen neuen, manuellen Prüfvorgang für Apps angekündigt, damit unerwünschte Apps gar nicht erst in den Play Store gelangen. Die Prüfung erfolgt durch ein Spezialistenteam und soll im Gegensatz zum Prüfprozedere bei Apple nicht zu Verzögerungen bei der Freigabe führen. Apps sollen auch nach Einführung des Prüfprozesses bei Google innerhalb von wenigen Stunden – anstelle von Tagen oder Wochen –veröffentlicht werden können.

Fazit: Grundsätzlich ist diese Einstufung zu begrüßen als Schritt, um den Nutzer bei der Suche nach geeigneten Apps im Store Orientierung zu geben. Leider kann der App-Nutzer derzeit noch nicht einsehen, welche Angaben des Herstellers zu der Alterseinstufung “Freigeben ab… Jahren” geführt haben. So bleibt dieser Prozess relativ intransparent für die Nutzer der Apps. Was würde dagegen sprechen, wenn man die Angaben des Herstellers offenlegen würde? Falschangaben könnten so sicher schneller angezeigt und gegebenenfalls überprüft und danach korrigiert werden. Die aktive Einbindung der User-Community als Kontrollorgan würde helfen, die allgemeine Sicherheit für App-Nutzer weiter zu verbessern.

Quellen:

 

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Fitness-Apps: Leitlinienkonform, wirksam oder gar gefährlich?

Ohne Trainingspläne, die sich am individuellen Fitnessgrad orientieren, können Verletzungen oder Überforderungen willige Trainingseinsteiger schnell frustrieren, so dass gute Vorsätze sowie erste zarte Bewegungsaktivitäten leicht scheitern. Können Fitness-Apps mit ihren neuen technischen Möglichkeiten diese Hürde besser überbrücken und motivierte Trainingsanfänger auf dem Weg in einen bewegten Alltag sicher und wirksam begleiten? Nach den Ergebnissen einer aktuellen Studie der Universtität Florida, die die smarten Unterstützungsansätze systematisch untersucht hat, ist das eher nicht der Fall.
Geprüft wurde in der Studie inwiefern die Empfehlungen bzw. Leitlinien der Amerikanischen Sportmediziner (American College of Sports Medicine = ACSM) im Unterstützungskonzept kostenloser iOS-Fitness-Apps berücksichtigt wurden. Das Ergebnis: Nur sehr wenige Fitness-Apps greifen die Erkenntnisse der Leitlinien und damit das evidenzbasierte Wissen auf und erklären ihre Nutzer z. B.

  • die Notwendigkeit einer medizinischen Voruntersuchung vor Trainingsstart
  • die Bedeutung eines individualisierten Trainingsplans, der sich am Fitnessgrad orientiert
  • das richtige Aufwärmen, Atmen und die richtige Durchführung der Übungen, um Verletzungen vorzubeugen und nachhaltigen Trainingserfolg zu erzielen
  • die praktischen Möglichkeiten, Bewegungseinheiten sinnvoll in den Alltag einzubinden und den Trainingsfortschritt zu verfolgen

Dreiviertel aller Apps (23 von 30) bieten keine Hilfe bei der Erstellung eines Trainingsplans. Insgesamt erfüllt nur eine von 30 Apps die Mindestanforderungen der Sportmediziner an eine umfassende Unterstützungshilfe, die das Bewegungsverhalten dauerhaft verändern, die Fitness verbessern und zur Steuerung der Gewichtskontrolle genutzt werden kann.

Fazit: Die große Herausforderung für die Entwickler von Fitness-Apps besteht nicht in erster Linie darin, die technischen Möglichkeiten voll auszuschöpfen, um dem Nutzer eine positive User Experience zu vermitteln. Vielmehr geht es um den nachhaltigen Nutzen für den Anwender, der nur dann langfristig von einer Fitness-App profitieren wird, wenn diese die fachlich-therapeutischen Konzepte berücksichtigt, deren Wirksamkeit in Studien belegt ist. Was im großen Angebot der vielen Fitness-Apps bisher eindeutig fehlt sind leilinienkonforme, evidenzbasierte Apps, die von interdisziplinären Teams zusammen mit Sporttherapeuten und Psychologen entwickelt werden.

Quelle: Low Quality of Free Coaching Apps with Respect to the American College of Sports Medicine Guidelines: A Review of Current Mobile Apps. July 24th, 2015

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Die 100 Top Gesundheits-Apps: Einsatzgebiete, Unterstützungsfunktionen & Qualität

Welche deutschsprachigen Gesundheits-Apps führt Google Play in den beiden Kategorien “Gesundheit & Fitness” sowie “Medizin” als sogenannte “Top-Apps”?

Die Initiative Präventionspartner hat diese Apps analysiert und das Angebot zusammenfassend strukturiert bewertet. Von den 100 Top-Apps  wurden insgesamt 81 Apps mit dem Healthon-Online-Test im Hinblick auf Anwendungsgebiete, Unterstützungsfunktionen sowie Qualität und Transparenz der gesundheitsbezogenen Informationen vergleichend untersucht (HealthonApp-Ehrenkodex, Online-Test für App-Entwickler). Hier die Ergebnisse zusammengefasst:

  • Anwendungsgebiete: In der Kategorie Gesundheit & Fitness dominieren die Angebote zur Unterstützung des Bewegungs- (67%) und Ernährungsverhaltens (44%), in der Kategorie Medizin sind es dagegen Apps zur Krankkheitsbewältigung (42%) und Frauengesundheit (32%).
  • Unterstützungsfunktionen: Während in der Kategorie Gesundheit- und Fitness, die Dokumentationshilfen, z. B. zum Aufzeichnen von Bewegungs- oder Ernährungsdaten das Ranking anführen, bieten die meisten Apps in der Kategorie Medizin die Vermittlung von Informationen an (63%) gefolgt von Hilfen zur Dokumentation von Vitalparametern in Form von Tagebüchern. Jede dritte App in beiden Kategorien erlaubt es, die erfassten Daten mit anderen (Freunden, Angehörigen, behandelnden Therapeuten) auszutauschen oder anhand von Suchmaschinen, Angebote (Präventionskurse, Fitnessclubs etc.) bzw. Ansprechpartner  (Apotheken, Ärzte) aufzufinden.
  • Qualität: Insgesamt nehmen die Anbieter von Medizin-Apps das Informations- und Sicherheitbedürfnis ihrer Nutzer ernster, als dies bei Gesundheits- und Fitness-Apps der Fall ist. Die Auskunftsbereitschaft z. B.  über den Schutz der Nutzerdaten ist bei den untersuchten Top-Apps insgesamt sehr eingeschränkt: Nur jede vierte (26%) Medizin- bzw. jede sechste (16%) Fitness-Apps macht innerhalb der App Angaben zum Datenschutz.

Was eine App charakterisiert, die von Google als Top-App gelistet wird, weiß alleine der Store Betreiber. Der Algorithmus bleibt das Geheimnis von Google Play. Sind es die Downloadzahlen in einem bestimmten Zeitintervall, ist es die Anzahl der Kommentare oder die durchschnittliche Bewertung der Nutzer auf der Bewertungsskala von 1 bis 5, die eine App zur Top-App machen? Die absolute Anzahl der Downloads kann es nicht sein, denn unter den Top-Apps gibt es Vertreter mit vergleichsweise geringen Downloadzahlen von 5 bis 10 Tausend. Jede fünfte Top-Fitness-App (21%) erreicht zwischen 10 und 50 Millionen Downloads, wohingegen die Spitzenreiter in der Kategorie Medizin (13%) im Downloadranking mit deutlich geringen Downloadzahlen von 1 bis 5 Millionen deutlich dahinter liegen.

Top Gesundheits-Apps 2015: AnwendungsgebieteTop-Gesundheits-Apps: UnterstützungsfunktionenTop-Gesundheits-Apps: Qualität & TransparenzTop Gesundheits-Apps: Downloadkategorien

Fazit: Insgesamt ist die Nachfrage in der Kategorie Gesundheit- und Fitness höher, was sich u. a. aus der größeren Zielgruppe gesunder Verbraucher erklärt. In der Kategorie Medizin scheinen Anbieter umfassender zu informieren über Qualitäts- und Transparenzkriterien, die dem Nutzer eine Einschätzung der Vertrauenswürdigkeit und Sicherheit einer App erlauben. In beiden Kategorien ist die Sensibilität der Anbieter für die Datenschutzbedürfnisse ihrer Nutzer noch wenig ausgeprägt.

Methodik des Screenings der 100 Top Apps in den Kategorien Gesundheit & Fitness sowie Medizin, Initiative Präventionspartner