Mysteriöse Gewichtsverschiebung


Und da war ich der Dienstarzt, was einem ab und zu eben so passiert als Arzt. Gerade bereitete ich Blutkonserven für einen Patienten vor, als eine missmutige Krankenschwester anrief: „Ja, ein Patient hat ein Kilo abgenommen.“
Hier sagte ich länger nichts und die Krankenschwester auch nicht.
„Öh“, sagte ich nach einer Weile, „und jetzt äh, das sollte der Patient nicht? Also warum ist er denn hier?“
Die Schwester machte in genervtes Geräusch und schien nun von einer Akte abzulesen: „Wegen eines Harnwegsinfektes und Exikkose.“
„Öh, ok. Ich bin da noch etwas verwirrt. Warum wiegt ihr denn den Patienten?“
„Das weiß ich doch nicht!“ rief die Schwester empört.
Eigentlich wollte ich endlich die Blutkonserven anhängen, aber dies schien sich alles zu einem größeren Problem zu entwickeln.
„Ja“, sagte ich also, „normalerweise lassen wir die Patienten nur wiegen, wenn sie z. Bsp durch eine Herzinsuffizienz Wasser eingelagert haben und eine entwässernde Therapie erhalten. Dann wäre ein Kilo Wasserverlust an einem Tag etwas viel. Aber sie sagen der Patient wäre ausgetrocknet gekommen?!“
„Man hat mir gesagt, die internistischen Ärzte wollte angerufen werden, wenn die Patienten so schnell Gewicht verlieren!!“ schrie die Schwester aufgeregt ins Telefon.
Ich erklärte resigniert ich würde nachher vorbeikommen und mich des Problems annehmen.
Auf Station stellte ich fest, dass der Patient an irgendeiner Stelle zu viel Infusion bekommen hatte und aufgrund o.g. Herzinsuffizienz-Problem nun entwässernd behandelt wurde. Ich passte also die Dosis der Medikamente an und lobte die Schwester für den Anruf, woraufhin diese erneut rief: „Woher sollte ich denn wissen was der Patient hat?!“ Ich versuchte dann irgendwie freundlich anzubringen, es gäbe doch auch die schwesterliche Schichtübergabe und dann floh ich unter dem Todesblick der wütenden Pflegekraft aus dem Zimmer, denn die Dienst-to-do-Liste war noch lang und eine böser Schwesternstreit hätte hier wohl auch nicht geholfen. Wie es aussah ging sie davon aus, der Superdienstarzt habe die Probleme aller im Klinikum anwesenden Patienten einfach auswendig im Kopf.

Nur auf so Festen.


Herr Stefan, 35 Jahre, trug eine Art Schlumpfkostüm und war offensichtlicherweise beim Besuch einer Schlumpfparty oder so etwas ähnlichem von zu hohem Alkoholkonsum übermannt worden.
Deswegen brachte man Herrn Stefan in die örtliche Notaufnahme, wo er erfreut wieder aufwachte und nachfragte, ob er, nun da er schon wach war, auch gleich wieder gehen könnte.
„Öh, moment“, sagte ich zu Herrn Stefan, der plötzlich im Schlumpfkostüm vor mir stand, „können sie nochmal zurück in ihre Kabine gehen, sie waren ja wohl bewusstlos auf dieser Schlumpfparty und äh außerdem habe ich nicht wirklich den Plan wer sie sind und was da genau war. Bitte etwas Geduld und so.“
Geduld war jetzt nicht so unbedingt eine Tugend des Herrn Stefan. Durch die offene Tür der Kabine rief er nun in einer Art Dauerschleife, was denn nun so gehe und ob er endlich auch gehen könne.
„Jop, äh nicht so gern“, sagte ich, nun nach einer Weile, das frisch ausgedruckte Laborblatt herumwedelnd. Sie haben 2,5 Promille. Trinken sie denn regelmäßig Alkohol?“
Herr Stefan meinte hieraufhin eigentlich nur auf Festen und ähnlichem, gab aber zu Feste und Ähnliches kämen in seinem Leben recht häufig vor. An sich ja nichts Schlechtes, doch so schien er höheren Alkoholkonsum wohl gewohnt zu sein, hüpfte er ja nun orientiert, wenn auch leicht albern und sehr ungeduldig durch unsere Notaufnahme. Heim wolle er endlich.
Nach Rücksprache mit meinem Oberarzt entschlossen wir, dass heim vermutlich die bessere Lösung wäre, da der ange – naja eher betrunkene Herr Stefan, auf Station nur viel Randale und niemand eine Freude machen würde.
„Also Herr Stefan“, sagte ich, „sie dürfen heim, ABER NUR wenn sie jemand abholt, der auch zuhause nach ihnen schaut!“
Herr Stefan überlegte kurz und bestellte sich per Telefon die Abholung. Ungeduldig lief er dann in unserer Aufnahme herum und sagte ich wäre ja kein sehr netter Arzt, wenn ich solche Vorschriften aufstellen würde.
Eine halbe Stunde später betrat dann ein älteres, adrettes Paar die Aufnahme. Anzug, Kostüm. Höflich fragte man nach dem Sohn, den Herrn Stefan, welchen sie annehmlich begrüßten, als träfe man den Sohn nicht im Schlumpfkostüm auf der Notaufnahme eines beliebten Krankenhauses sondern auf einer exklusiven Abendgala. Im Anschluss bugsierten sie Herrn Stefan gelassen und unauffällig aus der Aufnahme.
Niemand hat es jemals wieder geschafft den erwachsenen Sohn so stilvoll abzuholen. Eltern von Stefan, ihr habt meinen Tag echt besser gemacht.

Das Ziegengespräch


Bis zu diesem Tage hatte ich eigentlich nicht an Herrn Binzis Gehirnaktivitäten gezweifelt. Zugegeben, initial war Herr Binzi etwas verwirrt gewesen, aber das hatten wir auf einen interessanten, aber insgesamt blöd zusammengestellten Medikamentenplan geschoben.
Nach einigen Planänderungen ging es Herrn Binzi schon wieder viel besser, die Blutwerte auf dem Papier bewegten sich auch wieder in Richtung Normbereich und meine klassischen Orientierungsfragen: „Wer sind sie und was machen sie hier so?“, all das konnte Herr Binzi super beantworten.
Gerade wollte ich meinen Visitenbesuch beenden, da fügte Herr Binzi noch an: „Joa und heute Mittag werde ich dann noch Ziegenkäse einkaufen.“
Auf meine verwirrte Pause fügte Herr Binzi an: „Ja, da fahre ich immer zur Binzwanger Ziegenfarm in Outer Beteigeuze. Die machen so Ziegenkäse. Und Joghurt.“
„Öh, warum verschieben sie den Einkauf nicht auf nach ihrem Aufenthalt hier?“ schlug ich nach einer längeren Pause diplomatisch vor.
„Nein, nein Frau Zorgcooperations, das geht nicht. Später haben die vielleicht keinen Käse mehr.“
„Aber Herr Binzi, sie sind gerade nicht ohne Grund noch im Krankenhaus. Da können sie nicht einfach zwischendurch Einkaufen gehen.“
Herr Binzi verwickelte mich hier in eine längere Diskussion über die Vorteile von Ziegenkäse und auch Joghurt, sowie dass ein Kauf am heutigen Tage essentiell wäre. Die weitere Lagerung im Krankenhaus schien ihm keine Sorgen zu bereiten, aber selbstverständlich würde er das alles aufessen. Bevorzugt mit einem leckeren Vollkornbrot.
Ich beschloss schließlich die Strategie des Abwartens und ha, Herr Binzi ging dann tatsächlich nicht einkaufen.
Nachdem einige Tage später auch unsere Neurologie das „To go“ gegeben hatte, durfte Herr Binzi endlich nachhause. Der Ziegenkäse kam nie wieder zur Sprache und wir waren uns nie ganz sicher ob Herr Binzi hier einen Anfall akuter Verwirrtheit gezeigt hatte oder ob er vielleicht tatsächlich ein großer Käseliebhaber war und das Thema einfach nicht mehr in Gegenwart der Käsebanausen aka der Schwester und mir angeschnitten hatte.

"Arbeitsteilung"


Der Sonntagsdienstoberarzt hatte keinen Bock. Missmutig hatte er alle Privatpatienten visitiert und sich nun in die Untiefen des Klinikums Beteigeuze zurückgezogen, vermutlich um weiteren sonntäglichen Oberarzttätigkeiten nachzugehen.

„Arghh“, rief hier die Privatstation bei mir an. Denn an diesem Sonntag war ich auch da. Dumm gelaufen. „Der Frau Zingbosch geht es schlecht!“

„Ah“, sagte ich, „aber war nicht vor wenigen Minuten der Oberarzt zur Visite da und hat sich auch Frau Zingboschs Problemen angenommen?“

„Doch schon. Er hat die Dosis von ‚beliebtem kardiologischem Medikament‘ erhöht. Aber das hilft nicht. Du musst JETZT kommen.“

Weil die Privatstationsschwester nun sehr aufgeregt war, ging ich also weg aus der übervollen Notaufnahme um den oberärztlichen Plan und die Patientin zu begutachten.

Frau Zingbosch war todkrank. Ein Tumor hatte sich großzügig in Lungen, Knochen und Bauchraum verteilt. Zugegeben, die kardiale Medikation entsprach nun den aktuellen Leitlinien, aber gegen Schmerzen und Luftnot half das jetzt auch nicht so richtig. Ich ergänzte die Oberarzttherapie um viel Schmerzmittel mit sedierender Wirkung, so dass Frau Zingbosch zumindest nicht unter Schrecken und Schmerzen versterben musste, dann wanderte ich grummelnd in die Notaufnahme zurück, in der Hoffnung meinem Oberarzt nicht mehr hinterherräumen zu müssen.

Kurz darauf tauchte genannter Oberarzt wieder auf, mäkelte etwas an meiner palliativen Therapieänderung herum, fand nun aber auch keine bessere Lösung.

In diesem Augenblick eilte nun auch der unfallchirurgische Oberarzt herbei. Er bräuchte einen Bauchultraschall für einen seiner unfallchirurgischen Patienten. Ob wir internistischen Ärzte das heute vielleicht noch erledigen könnten?
„Aber selbstverständlich“, sagte mein Oberarzt und wandte sich zu gehen, „das macht die Frau Zorgcooperations nachher.“

Schlechter Service


„Da habe ich diesen Husten, aber nicht so viel. Viel schlimmer ist, dass meine Nase zu ist. Da kann ich überhaupt nicht schlafen. Und Halsschmerzen habe ich auch!“
„Hmhm“, sagte ich und dachte mir als Arbeitsdiagnose mal das Schlagwort „Erkältung“ aus.
An dieser Stelle lugte Schwester Margarita, sorry Fach- und Gesundheitskrankenpflegerarbeiterin Margarita in die Aufnahmekabine und reichte mir eine lose Blattsammlung.
Irritiert blätterte ich das Bündel durch und wandte mich wieder meiner Patientin zu:
„Öh Frau Mahnziff. Hier lese ich gerade sie waren gestern schon da. Und vor drei Tagen ebenfalls. Man sie beides Mal gründlich untersucht und Blut abgenommen. Meine Kollegen vermuten eine Erkältung und haben ihnen geraten sich erst Mal eine Woche zu schonen, viel Tee zu trinken und etwas im Bett rumzuliegen. Warum sind sie denn heute wieder gekommen?“
„Na der Schnupfen und die Halsschmerzen sind IMMER noch da!“
„Aber Frau Mahnziff sie haben das Problem ja auch erst 4 Tage, wenn ich das richtig lese. So eine Erkältung dauert oft eine Woche und manchmal auch etwas länger.“
„ABER ICH HABE IMMER NOCH HALSSCHMERZEN!“
„Sie müssen Geduld haben Frau Mahnziff. Ihr Rachen ist im Augenblick etwas gerötet, aber man sieht nichts Schlimmes.“
„Morgen haben wir auch einen Termin beim HNO Arzt“, fügte Frau Mahnziffs Ehemann nun an.
„Ah. Hmhm. Und sie sind trotzdem heute hergekommen. Äh. Ja. Bitte probieren sie es doch nochmals mit Tee, Ruhe und Geduld Frau Mahnziff. Es gibt keinen Grund sie im Krankenhaus zu behalten. … Nein, ein Antibiotikum macht hier keinen Sinn. Das ist eine virale Erkrankung. Da hilft leider kein Antibiotikum.“ Ich gab dann noch einige Hausmittelerkältungstipps und den Hinweis auf den Hausarzt, der eine Erkältungserkrankung ebenso gut betreuen könne.
Frau Mahnziff verließ enttäuscht über diesen schlechten Service unsere Notaufnahme, kam zum Glück aber in den folgenden Tagen nicht mehr wieder.

Eukalyptus-Extrablattfuß-Extrakt


Es war so Sonntagmorgen und die Arzt-to-do-Liste schrumpfte nicht unbedingt. Ich hüpfte gerade über Station 23, versenkte ein paar Kanülen und versicherte am Telefon, dass ich natürlich in 5 Minuten in der Notaufnahme erscheinen würde, um den Patienten mit unklaren Herzrhythmusstörungen feierlich zu begrüßen.
„Stoooop!“ rief hier Schwester Gerda, „du darfst nicht gehen!“ Leider bot sie mir an dieser Stelle kein großes Stück Kuchen an, sondern erklärte, ich müsse noch bei Frau Birkenhuf vorbei. Die hätte die ganze Nacht über geschimpft und keiner wüsste mehr weiter.
Ich hatte ganze Nacht geschlafen, bis auf die Zeit in der ich größere Teile der Serie „Gotham“ geschaut hatte. Ob das jetzt so eine kluge Entscheidung gewesen war, weiß ich auch nicht, aber ich ging hin zu Frau Birkenhuf und fragte was denn los wäre.
Ja nichts passiere hier in diesem Krankenhaus. Da wäre sie extra gekommen wegen der Beschwerden und keiner würde ihr helfen!
Ich setzte zur üblichen knappes-Personal-am-Wochenende-Erklärung an und ob denn akut Beschwerden da wäre.
„Natürlich“, sagte Frau Birkenhuf sie habe immer noch diese Schmerzen beim Atmen. „Möchten sie denn gern ein Schmerzmittel? In der Akte steht sie haben vermutlich eine Rippenfellentzündung.“
„Nein, nein, bloß kein Schmerzmittel!“ sagte Frau Birkenhuf. Sie nehme schon viel zu viele Medikamente. Da wolle sie nicht auch noch ein Schmerzmittel.
„Ah. Hhm.“
Daheim habe sie immer Inhaliert. Das habe auch gut geholfen.
„Ahja“, sagte ich, „wenn sie möchten können sie auch bei uns inhalieren. Ich werde es gleich der Schwester sagen, damit sie…“
„Nein, nein“, sagte Frau Birkenhuf, das wolle sie nicht, sie inhaliere nur mit dem Eukalyptus-Extrablattfuß-Extrakt von Milboni. Alles andere helfe nicht.
„Möchten sie es nicht einfach mal mit unserer Inhalationsmaske ausprobieren?“
„NEIN!“
An dieser Stelle starrte ich Frau Birkenhuf ratlos an. Diese realisierte nun zum Glück, dass ihr auf diese Weiße irgendwie auch nicht zu helfen war. Sie seufzte tief und entließ mich mit einem: „Ach gehen sie einfach wieder.“
Jop. Und auch ihnen einen netten Sonntag.
„Gotham“ könnte ich als Serie empfehlen.

Foyerbegegnungen


Es war mitten in der Nacht. Draußen war es dunkel, innen aber nicht, denn in so einem Krankenhaus brennt immer Licht.

Das Foyer war menschenleer. Da ich dies so antizipiert hatte, hatte ich mir mit meinem Post-irgendwie-zu-lange-Schicht-Erscheinungsbild jetzt nicht so viel Mühe gegeben. Das auf links gedrehte T-Shirt würde ich a) zuhause sowieso wieder ausziehen und b) wurde es zur Hälfte von der angeknitterten Jacke überdeckt.

So eilte ich nun also eben jenes Foyer durchquerend dem Ausgang zu, als zwei ältere Herren die Klinik betraten, sich kurz umschauten und zielstrebig auf mich zu gingen.

„Haben wir vorhin mit Ihnen telefoniert?“

Ich hatte die letzten fünf Stunden eigentlich mit niemand telefoniert und starrte die Herren überrascht an.

„Wegen dem Spinnenbiss.“

„Nein. Sie haben nicht mit mir telefoniert.“ An eine Spinnenbissberatung hätte ich mich ganz sicher erinnert.

„Aber wir haben gerade eben mit einem Arzt wegen der Spinne telefoniert!“
Ich dachte überrascht darüber nach wie man mich in vergammelter Alltagskleidung als Arzt erkannt hatte und zum Glück winkte hier die Pfortendame die Herren zu sich heran und wies den Weg zur Notaufnahme.

Ich verließ den Ort des Geschehens verwirrt aber zielstrebig mein Privatbett aufsuchend. Mit Spinnenbissen kenne ich mich sowieso nicht aus.

10 Dinge, mit denen man als Arzt seine Patienten in der Notaufnahme wahnsinnig machen kann:


Nach 10 Dinge mit denen sie den Dienstarzt in der Notaufnahme wahnsinnig machen können, hier nun das Korrelat für Wahnsinnig-machende-Ärzte. 
1.    Sagen sie nicht wer sie sind. Das kann man auf ihrem Namensschild nachlesen. Vergessen sie das Namensschild in der Wäsche.
2.    Ordnen sie einen Haufen Sachen an, ohne dem Patienten darüber Bescheid zu geben. Der Patient wird schon früh genug mitbekommen, dass man ihn nun zum Röntgen bringt oder dass er ab heute zehn statt drei Tabletten täglich einnimmt.
3.    Integrieren sie in ihre Sätze eine Fülle medizinischer Fremdwörter. Nur so kann ein Sachverhalt klar ausgedrückt werden. Außerdem: Je länger der Satz umso besser. Hier ein Beispielsatz: „Bei ihrer mikrozytären, hypochromen Anämie werden wir die Transferritin-Sättigung bestimmen und dann eine gastroskopische Abklärung evaluieren.“
4.    Geben sie dem Patienten einen handschriftlichen, vorläufigen Brief mit, den weder der Patient noch sein Hausarzt lesen kann.
5.    Leihen sie sich vom Patienten einen Kugelschreiber. Behalten sie den Kugelschreiber.
6.    Sagen sie, sie wüssten nicht was der Patient hat und schicken sie ihn dann reihum an alle Fachrichtungen, die ihnen so einfallen inklusive den Chirurgen, Urologen, Gynäkologen und Psychiatern.
7.    Ignorieren sie das Problem des Patienten. Sprechen sie stattdessen ausführlich über dessen Übergewicht und dass eine Gewichtsabnahme essentiell wäre. Ist der Patient nicht übergewichtig, sagen sie einfach er wäre zu dünn und unterstellen ihm eine Essstörung ihrer Wahl.
8.    Kommen sie mit ihrer schweren Erkältung trotzdem zur Arbeit.
9.    Erzählen sie ihrem Patienten, der letzte Patient mit einem normalen EKG, wäre zwei Tage später trotzdem an einem schweren Herzinfarkt verstorben.
10.  Sagen sie, sie kämen in 2 Minuten wieder. Bleiben sie 2 Stunden weg.

Definiertes Kanülenanlagegebiet


Schon lange keine Kanülengeschichte mehr:
Nun denn: Im hintersten Winkel des Klinikums Beteigeuze wohnte Frau Mipfzel. Frau Mipfzel hatte ein hässliches Erysipel am linken Bein und benötigte deswegen dringend eine intravenöse Antibiose. Für so eine Antibiose braucht man eine Kanüle und just diese versagte am Samstagmittag ihren Dienst. Eine neue Kanüle musste her, die Krankenschwester vom Dienst machte dem Dienstarzt Stress und etwas verspätet (Samstagmittag ist jetzt nicht der ultimative Ort der Ruhe in so einer Klinik) eilte ich in Frau Mipfzels Zimmer.
Frau Mipfzel begrüßte mich mit einem tiefen Seufzer und schob gleich hinterher, dass ihr Hausarzt beim Blutabnehmen jedes Mal treffen würde.
Nach dieser ominösen Aussage deutete sie auf die glorreiche Hausarztvene und bestand darauf, dass HIER die neue Kanüle hinkam. Die glorreiche Hausarztvene war leider im Laufe des Klinikaufenthaltes ziemlich verstochen worden und ich deutete an, dass man an einer anderen Stelle vermutlich eher Erfolg haben würde.
Egal. Hier müsse die Kanüle hin. Nicht sonderlich überzeugt ließ ich mich zu einem Kanülenanlageversuch in die malträtierte Vene überreden, welcher prompt schiefging. Frau Mipfzel seufzte erneut sehr tief und genehmigte das potentielle Kanülenanlagegebiet auszuweiten nur um zwischendurch laut zu rufen: „Nein, nein, da nicht! Da auch nicht. Warum legen sie die Kanüle nicht hier an?!!“
„Öh weil sie an dieser Stelle keine Vene haben?“
„Dann müssen sie halt suchen!“
Frau Mipfzel schimpfte weiter, dass sie jetzt schon so lange auf die Kanüle warte und auch die Schwester hätte den versprochenen Tee immer noch nicht gebracht.
Ich erklärte, dass am Wochenende einfach nicht so viel Personal da wäre. Da daure vieles etwas länger. Dann wollte ich eine Vene anstechen, die am Rande des von Frau Mipfzels definierten Kanülenanlagegebietes lag.
Nein, nein da könne keine Kanüle hin, erklärte meine Patientin sofort empört, ich solle gefälligst weitersuchen. Im Anschluss stieß sie noch einen weiteren, abgrundtiefen Seufzer aus.
Ich überlegte einfach das Zimmer zu verlassen und nur der Gedanke daran, dass Frau Mipfzel die Antibiose wirklich brauchte, hielt mich davon ab.
Frau Mipfzel erzählte mir derweil, dass sie schon viel mehr Erfahrung als ich mit Krankenhäusern hätte und mir sagen könne, dass in so einem Krankenhaus unglaublich viel Leerlauf herrsche. Es sei daher gar nicht nachzuvollziehen, warum der Tee noch nicht gekommen wäre oder warum das mit der Kanüle so lange daure.
Zum Glück fand ich dann noch eine kleine, wenig vertrauenswürdige Vene, an die Patientin Gefallen hatte und welche zum Glück mit einer winzige Kanüle bestückt werden könne.
Frau Mipfzel seufzte dann nochmals missmutig und ich sagte das Leben wäre eben hart und ich würde die Schwester mit dem Tee gleich schicken. Dann floh ich aus dem Zimmer. 

Extra Zufall


So mittlerer Nachmittag war es. Herr Klauzifs mittlere Herzfrequenz hatte sich zu diesem Anlass auf irgendwas über 150 Schläge pro Minute eingependelt. Wir hüpften abwechselnd im Kreis um Hern Klauzif herum und verabreichten nacheinander, was unser Notfallkabinett so an Herz ausbremsenden Medikamenten gab. Dies half aber nicht. Herr Klauzif begann an unserer Kompetenz zu zweifeln und steigerte seine Herzfrequenz auf 180 pro Minute. Das wiederum war nun keinem der Beteiligten recht und wir entschlossen uns zu einer Kardioversion.
Herr Klauzif sollte in eine Kurznarkose gelegt und sein Herz mithilfe eines Elektroschocks wieder in den richtigen Rhythmus gebracht werden. Ein exzellenter Plan. Herr Klauzif stimmte zu. Wir wechselten unseren Standort von der Notaufnahme zur Überwachungsstation, stellten einen Defibrillator neben das Bett und legten los.
Da Herr Klauzifs Herz sowieso nicht mehr das beste aller Herzen war, spritzte die Schwester das Narkosemedikament besonders langsam, auf dass er besonders schonend in den beabsichtigten Schlaf gleiten sollte.
Herr Klauzifs Augen schlossen sich, nur die Lider zuckten noch ein bisschen. Gleich waren wir soweit. Ich ergriff schon mal die Defibrillator-paddels.
Nun begab es sich aber, dass ich der designierte Dienstarzt für Extra-Notfälle war. Und da war ich ja auch. Bei Herrn Klauzifs rasendem-Herz-Notfall. In diesem Augenblick wurde jedoch Frau Glumzahf in der Eingangslobby schlecht und sie fiel um. Die Pfortendame sah dies und drückte entsetzt auf den Super-Notfall-Knopf in ihrem Pfortenhäuschen. Der Reanimationsalarm piepste durch’s Klinikum.
„PIEP PIEP PIEP“, sagte nun denn mein Notfallpiepser, „PIEP. Bitte sofort zum Reanimationsalarm in die Eingangslobby. Ich wiederhole zum Reanimationsalarm in die Eingangslobby.“
Blöd. Herrn Klauzif, der gerade mit einer Herzfrequenz von 180/min in die Kurznarkose glitt, konnte man jetzt schlecht alleine lassen.
Der Nachmittags-Arzt in der Notaufnahme war nun dran. Schwester Margarita rief auf meinen entgeisterten Ausruf hin auch sofort an und wurde nun zu meinem Ärger in eine längere Diskussion verwickelt.
„Er muss sofort hingehen!“ rief ich verzweifelt, was es dann da zu diskutieren gäbe. Dann führte ich die Kardioversion durch, während der ich die meiste Zeit Dinge rief wie: „ER MUSS JETZT HINGEHEN!“ oder auch „Alles weg vom Patienten! Achtung Schock!“ und „ER MUSS SOFORT HINGEHEN!!!“ „JETZT GLEICH!“ „HINGEHEN!“
Schwester Margarita sagte dann, der neue Nachmittags-Notaufnahme-Arzt hätte nicht so den Plan gehabt was er tun solle und zuckte entschuldigend mit den Schultern. Jemand wäre aber zum Notfall hin. Ich verließ Herrn Klauzif, der nun mit normalem Herzrhythmus in einer annehmbaren Frequenz schon wieder zügig am Aufwachen war in der Obhut der erfahrenen Anästhesiepflege und eilte in die Eingangslobby.
Dort saß Frau Glumzahf entspannt in einem Klinikrollstuhl. Ein kardiologischer Oberarzt dreht sich gerade gelangweilt zum Weggehen und informierte mich mit desinteressierter Stimme, dass die Dame heute zu wenige getrunken habe und deswegen kollabiert sei. Er würde nun wieder in den Herzkatheter gehen um dort lebensrettende, kardiologische Maßnahmen durchführen. Der Nachmittags-Arzt? Ach ja, der habe ihn geschickt. Da müsse man wohl nochmal die Notfallleitlinien mit dem durchsprechen.
Das Beste an dieser Geschichte? Der blöde Notfallpiepser hatte die ganze vorherige Woche keinen Alarm gegeben.