7 Ausrufe, mit denen Patienten mich in der Notaufnahme ansprachen.

1.    “Schwester!

2.    „Entschuldigung, können sie mir sagen wo hier der Wohnwagen steht? Hier muss irgendwo ein Wohnwagen aufgestellt sein.“

3.    “Dumme Ziege.”

4.    „Bring mir eine Zigarette, du Opfer!“

5.    “Universalmensch!”

6.    „Ich bin voll und du nicht!“

7.    „Warum muss ich warten! Ich bin gesund! […] Ich bin gesund! Ich schwöre!“

Zwei Arten der Apotheker


Hier eine Beschreibung der zwei Arten als Apotheker, die man als Arzt so trifft und was in der Folge passiert.
1)    Der freundliche Apotheker in seiner Privat-Apotheke, welchen man inkognito aufsucht um öh, kein Plan, ein Paracetamol oder so zu erwerben.
Der Apotheker verfällt hier meist pflichtbewusst in einen default-Vortrag, der mit „Und wenn es nicht besser wird, gehen sie zum Arzt!“ endet.
Es stellt sich bei mir nun das gleiche Gefühl ein, wie wenn ich Medikamenten-Packungsbeilagen lese:
„Sie wissen nicht, wie sie Bobbotrox dosieren sollen? Fragen ihren Arzt!“
„Sie haben eine Überdosis Gribsxixxanexal genommen? Wenden sie sich vertrauensvoll an einen Arzt!“
„Sie haben keine Plan wie man Ypjjup P 50 µg ausspricht? Arzt!“
So ein Arzt, der weiß das. Alles.
Paracetamol hilft nicht? Arzt!
Paracetamol macht blaue Flecke auf den Bauch? Arzt! … Öh … Ähm… ich glaube sie werden gerade ein Sams?! – Ein WAS? – Ja sorry ich muss mal ganz dringend  meine Kollegen, einen Oberarzt und die Giftnotzentrale konsultieren. – Kann ich mir was wünschen?!
Für dererlei Probleme kann der niedergelassene Apotheker jetzt nichts, vermutlich weiß er auch die Antwort auf oben genannten Fragen und manchmal gibt man mir aber umsonst Taschentücher, was echt nett ist.
2)    Der freundliche Krankenhausapotheker, der denkt er spricht mit einem hot-shot Arzt. Ich weiß auch nicht warum.
Aber was viel wichtiger ist: Krankenhausapotheker lösen ungelogen alle meine Probleme:
       Kann ich dieses komische Medikament über eine Magensonde geben? –  Nicht so gern und hier Arzt habe ich für dich (mit Plan!) ausgerechnet wie du das über ein anderes Präparat mit Tropfen ersetzen könntest.
       Dieser Patient nimmt Methadon und wir führen das nicht in unserem Medikamentenvorrat (Der Patient hat auch keins mehr, kommt er doch geplant stationär ins Krankenhaus, wo alle Medikamente der Welt vorrätig sind!), AAARGHL, muss ich jetzt alles für den immer grimmiger werdenden Patienten und seine mich mehr und mehr hassenden Angehörigen umstellen? – Nein, ganz ruhig Arzt, nimmst du halt Ersatz-Präparat XY. Das haben wir da. – Ich bin so froh.
       Und meine Lieblingskonversation: Hier eine theoretische Frage, wir werden vermutlich nicht an Peramivir kommen? –  Hä wieso? Wir haben selbstverständlich einen Notfallplan. Wir können das innerhalb von maximal 48h aus Japan importieren. – WTF, ernsthaft?!
Anmerkungen:

a)     Dies ist ein Beitrag für die Blogparade von Pharmama

b)     Peramivir ist ein intravenöses Antigrippemedikament. Das kann man in Deutschland nicht so einfach kaufen. In Japan schon.

c)     Andere Medikamentennamen in diesem Beitrag sind möglicherweise erfunden. Öh ja.

Exanthem: Rot. Punktförmig. (Oder war das Superman von weitem?)


Im Klinikum Beteigeuze herrscht das Motto: „Jedes Problem, für das kein Arzt des jeweiligen Fachgebietes anwesend ist, ist ein internistisches Problem.“

Sie glauben, sie haben Dengue-Fieber? – Internistisch.

Ihr Auge juckt komisch? – Internistisch.

Sie haben einen seltsamen Ausschlag am Hals? – Internistisch.

„hmhm“ sagte ich, „sie haben also eine Salbe vom Hausarzt gegen den Ausschlag bekommen und das hat nicht geholfen.“

„JA!“ rief der Patient energisch, „und da dachte ich, gehe ich lieber mal gleich ins Krankenhaus!“

(Dahin wo es eben die richtigen Experten gibt. Wie öh zum Beispiel den Internisten.)

„Ah, hmhm.“

Ich fragte alle mein Standard-Ausschlagfragen, die vor allem auf folgende Punkte abzielten:

Ist es eine Allergie?

Ist es ein Infekt?

Ist es Superman?

Nichts traf zu. Und nachdem auch die Blutwerte schöner nicht hätten sein können, der Ausschlag an weder juckte noch schmerzte, sondern nur rot und punktförmig war (multipel punktförmig), nun nachdem dies also geklärt war, sagte ich dem Patienten:

„Ich schlage vor sie gehen nun nach Hause und morgen früh gleich zum Hautarzt. Ich denke es ist nichts akut Gefährliches. Sollten in der Nacht doch Probleme auftreten, dürfen sie natürlich gerne wiederkommen oder gleich in die Hautklinik fahren.“

Der Patient war einverstanden, ging und ich hörte nichts mehr von der Sache.

Haha, bis mich nach einer Woche der Oberarzt antelefonierte: „Frau Zorgcooperations! Sie haben da doch mal am Abend so einen Herrn behandelt. Exanthem am Hals und so.“

Ah jetzt, dachte ich, gleich wird man mir offenbaren, war für ein komisches Exathem das war. Ich war ja echt hochgespannt.

„Kein Plan was das ist!“ sagte der Oberarzt.

„Ist er nicht zum Hautarzt?“ „Neh, gibt doch ein vernünftiges Krankenhaus voller Internisten gleich um die Ecke! Auf jeden Fall, Frau Zorgcooperations, das Exanthem ist wieder da und der Patient sagt, sie hätten ihm an jenem Abend vor einer Woche eine Infusion gegeben. Das hätte super gegen den Ausschlag geholfen!! Was war das denn? Sie haben hier nichts dokumentiert!“

Huä? Ich hatte doch auch gar keine… ah moment… die Schwester hatte beim Blutabnehmen eine Kanüle gelegt und gleich eine Infusion mit physiologischer Kochsalzlösung angehängt…

Anti-Gender


„Du Kollegin Zorgcooperations, ich habe gleich einen wichtigen Termin mit dem Fitnessstudio. Kannst du mir nachher noch die Kanüle für meinen Patienten Herrn Stumpfelrund legen?“
„Hm ok.“
„Hallo Herr Stumpfelrund, ich komme gerade noch um die Kanüle zu legen.“
„Aber…! Die Krankenschwester vorhin hat gesagt, die Kanüle darf nur ein Herr Doktor legen!“
„Öh, ich bin Ärztin.“
„…[längere Pause] … und was berechtigt sie dazu?!“
„Ich habe sechs und ein halbes Jahr studiert und die entsprechenden Staatsexamina abgelegt.“ Um diese Behauptung zu untermauern zeigte ich auf mein Arztnamensschild im Corporate Design der Klinik auf dem in Schriftgröße 11 Ärztin stand.
Der Patient schien nun verschiede Argumente im Kopf abzuwägen und willigte schließlich in eine Kanülenanlage durch so einen weiblichen Arzt ein.
Nach Beendigung dieses Vorgangs erklärte er sogar sehr, dass es schön war auch mal so eine junge Ärztin kennenzulernen. 🙂

  
10 Minuten später hielt mich eine mir unbekannte Frau im Flur auf und fragte energisch: „SCHWESTER! Können sie mir den Weg zur Anmeldung beschreiben?“

Magenspiegelungs-Aufklärungs-Performance


Herr Folb-Gnibzel, war in letzter Zeit immer verwirrter, wütender und noch verwirrter geworden. Deshalb sollte er in eine Psychiatrie ob man diesen Zustand nicht verbessern könne. Da die Verwirrtheit nicht neu war, hatte Herr Folb-Gnibzel schon einen bevollmächtigten Betreuer, seinen Sohn. Und da Herr Folb-Gnitzel aber neu Blut erbrochen hatte, sollte er vor dem psychiatrischen Aufenthalt noch kurz zu einem internistischen Aufenthalt bei uns vorbeischauen.

Herr Folb-Gnitzel bekam ein schönes Zimmer auf meiner Station und sein Sohn stellte sich bequem in den Türrahmen (deshalb ging die Tür auch nicht mehr zu). Ein strategisch günstiger Platz das. Jedes Mal wenn nun Herrn Folb-Gnitzels Sohn eine Frage hatte, konnte er mich gleich sehen und sofort fragen. Das war ungefähr immer dann wann ich mich der Tür auf 5 Meter genähert hatte.
Prinzipiell keine schlechte Strategie. Leider war es immer die gleiche Frage: Wann wir den Vater in die Psychiatrie verlegen würden und wie genau wir das tun würden. Mit Details und so.
Ha dachte ich mir, vielleicht kläre ich Vater und Sohn gleich über die Magenspiegelung morgen auf. Dann sind sie abgelenkt und alles wird weniger aufregend.
Einen Aufklärungszettel in der Hand setzte ich mich also neben Vater und Sohn und begann. Der Vater war schon so weit weg, dass er vermutlich nicht einmal meine Existenz wahrnahm. Der Sohn nickte etwas nervös. Meine ausführliche Magenspiegelungs-Aufklärungs-Performance näherte sich dem Ende, da unterbrach mich der Sohn: „Moment, moment! Sie sprechen gar nicht über die Verlegung in die Psychiatrie, sondern über die Untersuchung morgen?!“
Verwirrt hielt ich inne: Hatte ich nicht deutlich gesagt: „Nun werde ich sie über die geplante MAGENSPIEGELUNG aufklären.“ „So eine MAGENSPIEGELUNG blabla.. usw. Magenspiegelung… blabla weitere 50 Erwähnungen des Wortes Magenspiegelung.“ Währenddessen hatte ich eifrig mit einem Aufklärungszettel herumgewedelt, dessen Titel in Fettgedruckter Schrift da „Magenspiegelung“ war und auf dessen graphische Darstellung einer Magenspiegelung ich mit einem instabilen Krankenhauskugelschreiber repetitiv gedeutet hatte. Jop, ich hatte sogar mit krakeligen Strichen Ergänzungen eingezeichnet!
Verzweifelt überreichte ich dem Sohn nun den Zettel und erklärte er solle doch mal alles durchlesen und ich käme später nochmal. Dann ging ich schnell weg
Eine halbe Stunde später lief die Oberärztin über die Station und ich hörte schon von weitem eine bekannte Stimme fragen: „Und wie genau läuft das dann mit der Verlegung in die Psychiatrie?“

Prä-Feiertag


Es war der Tag vor einem größeren Konglomerat an Feiertagen: Alle Patienten wollten nach Hause und die, bei denen das eine blöde Idee war, sollten zumindest optimal vorbereitet in die düstere Zeit ohne fürsorglichen Stationsarzt gehen.
Schon am Vortag hatte ich alles vorbereitet und haha heute würde ich dann pünktlich gehen. So.
„Meh“, begrüßte mich die Schwester gegen 8 Uhr früh, „schau‘ was dein Kollege vom Nachtdienst getan hat: 4 NEUE Patienten.“
„Meh“, sagte mein Blutabnahmeheinzelmännchen, „deine Patienten die haben alle so blöde Blutgefäße. Hier eine große Liste an Leuten, welche ich nicht erfolgreich anstechen konnte.“
Ich verbrachte die nächste Stunde damit bei Frau Gözzel eine winzige Vene am linken Zeigefinger zu punktieren, bei Herr Gruber lange Minuten darauf zu warten, dass das einzig kooperative, aber nicht überkooperative Blutgefäß am rechten Arm langsam meine Abnahmeröhrchen volltröpfelte und eine krumme Kanüle über Herrn Semonis Handgelenk zu versenken.
Dann bedrängte ich den Oberarzt noch zwei Ultraschalluntersuchungen zu machen (über die Feiertage macht das niemand, Oberarzt!) und der Oberarzt beschloss aus Rache, dass wir doch Frau Gözzel und Herrn Semoni heute doch entlassen könnten (warum habe ich gerade erst eine halbe Stunde damit verbracht, diese Kanüle zu legen?!)
Naja, ich machte dann Visite, entließ alle möglichen Patienten, tat das ganze Zeugs, dass Stationsärzte sonst noch so machen wie z. Bsp. den Oberarzt nochmal anrufen, wegen des Ultraschalls („Meh ich weiss!“).
Dann rief der Oberarzt ungehalten an, wo denn jetzt die Patienten blieben, für die ich einen Ultraschall gewollt hätte, er säße ja im Ultraschallraum und warte!!
„Huä, aber ich habe extra alle schon vor einer halben Stunde zu ihnen geschickt!“
„Wirklich?  Wie hießen die nochmal, die Patienten?
„Herr Huber und Herr Gruber. Die müssten schon lange…“
„Ahahaha, ja, die habe ich schon gemacht, da wusste ich gar nicht dass das ihre waren!“
Dann fiel dem Oberarzt noch ein, dass die genannten eigentlich auch morgen heim könnten, die hätten beim Ultraschall so drum gebeten, ich solle das doch noch organisieren. „Woah, was? Echt jetzt und ganz sicher Oberarzt? Sooo gesund sind die nicht!“ „Doch, doch, höre auf mein kluges Oberarzturteill! Lass sie heim. Da gehe ich jetzt auch hin. Tschüss treuer Stationsarzt, bis in 5 Wochen oder so.“
Pünktlich heimgehen für mich war jetzt auch vorbei.
Die Akten von Herrn Huber und Gruber sammelnd, traf ich auf die Stationsschwester, die sagte: „Oh, aber Frau Zorgcooperations jetzt schau‘ doch nicht so grimmig.“
Dann ging ich aus Versehen ans Telefon und wurde in ein halbstündiges Gespräch mit Herrn Hubers Ehefrau verwickelt, ob ich ihren Mann nicht schon heute heimlassen könne, weil das wäre praktischer zum Abholen.
Dann war es so dunkel draußen, dass man auch einen Eisbären übersehen würde und ich hatte noch nicht mal einen vorläufigen Entlasskurzbrief für die Herren erstellt. 

Kindergeschichten – nächster Teil


Es war ziemlich Nachts. Klein-Lottie, 11 Monate alt hatte grässlich Bauchschmerzen. Die entsetzten Eltern waren vor lauter Aufregung aus Versehen nicht in die Kinderklinik sondern zu uns gefahren und nachdem die Aussage der Nachtschwester: „Nö, da sind sie hier falsch, wir behandeln gar keine Kinder.“ für Panik gesorgt hatte, wurde den Eltern feierlich versprochen: „Ok gut, unser kompetenter Arzt vom Dienst wird sich natürlich darum kümmern. Kein Problem. Hier gehen sie gleich in diesen Raum rein. Super.“
„Frau Zorgcooperations?! Kannst du gleich kommen? Wir haben gesagt, du würdest das Kind anschauen.“ Na super. Ich betrat den Raum, wo die Eltern hoffnungsfroh warteten. Klein-Lottie grinste mich auch erfreut an und ich dachte mir ebenso erfreut, dass es zumindest nicht nach akutem -Notfallgau aussah. Die Elterngeschichte handelte von Erbrechen, Bauchschmerzen, mehr Erbrechen. Ich entschloss mich zu einer professionellen pädriatrischen Untersuchung. Klein-Lottie entzückt über diese Arztnähe zog alle datenschutzrechtlich sensiblen Notizzettel mit geheimen Patientendaten aus meiner Kitteltasche und versuchte einen davon zu essen. Nach Rettung von Zetteln mit wichtigen Informationen wie: „Station 10, Zimmer 1 Herr Nussbaum, Kanüle legen!“, drapierten wir das Kind auf die Ultraschallliege, umso mehr Bauchinformationen zu ergattern. Ultraschall war schwer, da einmal der Schallkopf so groß wie der halbe Bauch war und außerdem Klein-Lottie in Ermangelung neuer Notizzettel, die meiste Zeit geschäftig am Kabel des Schallkopfes rüttelte.
„Naja“, sagte ich zu den Eltern, „der Ultraschall sieht ganz gut aus und im Augenblick scheint es Lottie ja sehr gut zu gehen.“ „Oh aber sie schluckt gar nichts mehr!“ sagte der besorgte Vater. „Hm ach so, das ist natürlich noch was anderes. Wir können das ja mal ausprobieren. Haben sie denn etwas zu trinken dabei?“
„Ja natürlich“; die Mutter durchsuchte ihre Tasche. Erleichtert Klein-Lottie nicht mit einem unserer läpprigen Plastikbecher konfrontieren zu müssen, stellte ich dann erstaunt fest, wie die Mutter ein Colagetränk hervorgeholt hatte, pragmatisch einen Strohhalm hineinsteckte und die Konstruktion ihrer Tochter darbot.
Klein-Lottie war gegen das Vorhaben, ich wusste auch nicht so recht, ob das wirklich die richtige Methode sein sollte und bevor mich das Glück mit ihr verließ, riefen wir lieber in der Kinderklinik an und schickten die Familie dort vorbei.
     

Kinderviren und professionelle Reflexe


Kennt ihr das? Man präsentiert euch ein knuddeliges Kind, euer Herz geht auf, ihr bastelt sofort ein süßes Kasperle aus eurem linken Socken und einer Packung Tempotaschentücher und schon seid ihr beide beste Freunde für’s Leben?
Äh ja, es gibt einen Grund warum ich kein Kinderarzt wurde. Beginnen wir hier mit dem pädiatrischen Praktikum im Studium:
In Kleinstgruppen betraten wir die Neonatologie. Winzige Kinder lagen hier in kleinen Kästchen herum. Die Neonatologin nahm eins raus. Das war jetzt unseres. Wir transportierten es in einen Untersuchungsraum, den besorgten Vater nahmen wir mit.
Klein-Natalie war erst fünf Tage alt und wir platzierten sie fürsorglich unter einer Wärmelampe, welche den Raum sofort auf 50°C aufheizte. Reihum sollten wir nun vorsichtig Herz und Lunge abhören und einen Neugeborenenreflex demonstrieren. Studentin Müller führte souverän den Greifreflex vor. Student Kleiber zeigte routiniert einen Such-Reflex und wo er schon dabei war den assymetrisch tonischen Nackenreflex. Klein-Natalie gluckste zufrieden. Vater Natalie lehnte sich entspannt zurück.
„Nun Studentin Zorgcooperations“, sagte die betreunde Neonatologin und winkte mich heran, „welchen Reflex haben wir noch nicht?“
Da fiel mir nur noch der Galant-reflex ein: Details zu jenem Reflex: Man streicht über den Rücken des Neugeborenen und schaut was passiert. Kind lag natürlich falsch rum da. Nachdem die Betreuerin meinen ratlosen Blick erkannte, rief sie freundlich: „Ha, da drehen sie jetzt einfach das Kind auf den Bauch in ihre rechte Hand, halten es so in der Luft und haben die linke Hand für die Reflexdurchführung frei.“ Haha. Da gibt es sicher eine ausgeklügelte Technik wie man so ein winziges Kind einhändig dreht, aber die kenne ich immer noch nicht. Da habe ich das Kind dann in Etappen auf meine rechte Hand geschaufelt. Der Vater dachte sich vermutlich inständig: „Bitte, bitte lasst diese Studentin keine Kinderärztin werden!“ und naja, den Reflex habe ich aber erfolgreich durchgeführt! Ein sehr zähes und geduldiges Kind war das.
Kurze Zeit später geschah das pädiatrische Blockpraktikum auf der allgemeinen Kinderstation für durchschnittlich kranke Kinder:
 „So liebe Studenten. Hier also das hochansteckende Kind mit Noro- oder auch Rotavirus, friedlich in seinem Bett rumsitzend. Also wer möchte den kleinen Friedemann jetzt untersuchen? Herr Kleiber vielleicht?“ Das Kind blickt hoffnungsfroh nach oben und winkt dem Studenten Kleiber zu. „Öh ja, sorry hier gibt es keine XXXL-Handschuhe“, sagt Student Kleiber und hebt entschuldigend seine Riesenpranken. „Ach so, wer dann? Wie wäre es mit ihnen Frau Zorgcooperations?“ „Hm hm gut.“
Der kleine Friedemann starrt mit missmutig an, hat er sich doch so auf Student Kleiber gefreut. Ich lächle freundlich. „Hallo Friedemann, also hier ist mein Stethoskop.“ An dieser Stelle bricht Friedemann in einen Instant-Weinkrampf aus.  „Untersuchen sie weiter!“ feuert mich die Praxisanleiterin an. Friedemann hasst mich zu tiefst. Ich beende die Untersuchung im Rekordtempo und nachdem ich mich 3 Meter von Friedemann entfernt habe, hört er auch wieder auf zu weinen. Das einzig Gute an dieser Aktion war, das ich mich nicht mit Noro- oder auch Rotaviren angesteckt habe.
Also, kein Kinderarzt. Aber dann verirrte sich dieses Kind in die Notaufnahme.
 
(Mahaha, Fortsetzung folgt)

Vanishing Act


Es war so 18.30 Uhr und ich war es: Der glorreiche Dienstarzt für den Abend. Die Hand am Telefon stand ich cool in der Notaufnahme als mich auch schon ein erster wichtiger Anruf erreichte: „Hallo, hier ist die Station 12. Bei uns liegt der Herr Grüller. Kennen sie den?“

„Nein.“

„Oh also, den Herrn Grüller haben wir so gegen 16 Uhr zum Ultraschall geschickt und jetzt ist er weg!“

„Wie weg?“

„Na der ist nie zurückgekommen! Wissen sie wo er ist?“

„Ich KENNE ihn ja nicht mal. Im Ultraschall ist er auf jeden Fall nicht. Da bin ich vorhin vorbeigelaufen. Da ist keiner.“

„Bei uns ist er auch nicht!“
„Könnte er weggelaufen sein?“
„Nein, nein. Der ist schwer krank. Der läuft nirgendwo mehr hin.“

In diesem Augenblick lief der Rettungsdienst an mir mit einer dehydrierten Patientin aus dem Pflegeheim vorbei. Ich kam mit Station 12 überein, dass Herr Grüller sich ja nicht in Luft aufgelöst haben könne und die Station nochmal alles durchsuchen würde.

Ich betreute dann die Patientin aus dem Pflegeheim und noch zwei weitere, weshalb ich Herrn Grüller völlig vergaß.

Gegen 21 Uhr verwickelte mich außerdem der Chirurg in eine verwirrende Diskussion, ob ich den Patienten, dem sie gerade den Appendix herausoperiert hatten, auf meine internistische Station nehmen wolle. „Aber warum? Ihr habt Sachen aus ihm herausgeschnitten, das erscheint mir ganz definitiv… oh… mein Telefon… Moment….“

Station 12 teilte mir nun verzweifelt mit, man habe echt überall gesucht, aber Herr Grüller sei wie vom Erdboden verschluckt.

Hier fiel mein ratloser Blick auf die Akte, die der Chirurg bei sich trug. Ein krumpeliger Kleber mit der Aufschrift „Oswin Grüller“ beschriftete diese. Sollte dies etwa der Gesuchte sein?!

„Yop, so ist es!“ sagte mein Chirurg.

Stellte sich heraus, Herr Grüller, der multimorbide auf unserer internistischen Station rumlag, war zum Ultraschall beordert worden. Ein kluger internistischer Arzt diagnostizierte dort eine Appendizitis, zack war Herr Grüller in einem OP gelandet. Nur Bescheid gegeben hatte man halt niemand.

Nicht der optimale Zustand

„Und dieses Schmerzmittel sollte gut helfen.“ – „Ah super, dann versuche ich das mal.“ „Ja melden sie sich wenn sie weiter Schmerzen haben.“


Und hier die gleiche Unterhaltung, wenn man einen drogensüchtigen Patienten vor sich hat:
„Und hier dieses Schmerzmittel…“ „Ja Moment, mein Hausarzt schreibt mir immer das Superschmerzmittel einhundert in 5-facher Dosis auf!“ „Oh hmhm.“ „Und ich habe auch immer dieses Schmerzpflaster. Das habe ich heute Morgen verloren. Da brauche ich ein neues.“
„Wie sie haben das verloren?“ „Weiß ich auch nicht, da kann ich ja nichts dafür. Aber schauen sie, ich habe schon Entzugserscheinungen!“
Es folgt eine lange, nervenaufreibende Diskussion über verschiedene drogenähnliche Medikamente, die der Patient dem Arzt nun zu entlocken versucht und der Arzt hat dann schnell keinen Bock mehr. Gibt er dem Patient nichts, wird dieser in Kürze in Zustandsoption 1 verfallen, d.h. die ganze Station zusammenbrüllen und schreiend sein Krankenbett, das Krankennachttischchen und was sonst noch so rumsteht zertrümmern. Gibt man dem Patienten aber zu viel, so verfällt er ebenso in Kürze in Zustand 2: ein nicht mehr erweckbares Drogenkoma. Der Patient muss dann auf Intensivstation verlegt werden, wo er, sobald er wach wird in Zustand 1 (s.o.) verfällt.

Nun ja: Frau Gimmlily hatte sich schon zuhause mit den Drogen ihrer Wahl in Zustand 2 abgeschossen und war erfolgreich vom Rettungsdienst eingesammelt und auf die Intensivstation transportiert worden. Später wachte Frau Gimmlily auf und trat prompt in Zustand 1 über. Neue Extra-Drogen wollte ihr gerade keine geben und das war nicht nett wo sie abends schließlich immer eine Packung Superschmerzmittel 100 zu sich nähme. Heimgehen ging auch nicht, da zumindest eine 12 h Überwachung angeraten war. Nachdem Frau Gimmlily erfolglos versucht hatte die Intensivfachpflegerin in eine Prügelei zu verwickeln, gaben wir ein Beruhigungsmittel und nachdem das irgendwie keinen Effekt hatte noch ein anderes. Auch das schien jetzt nicht so der durchschlagende Erfolg zu sein. Da ich nun aber andererseits Frau Gimmlily nicht in eine erneute Beruhigungsmittelnarkose versetzen wollte, beschloss ich zur Sicherheit 10 min zu warten, bevor wir weitere Dosissteigerungen veranstalteten.
Ich ließ Frau Gimmlily kurz in der Obhut der Intensivpflegerin zurück und ging woanders hin. Auf Klo glaube ich.
Dort rief mich sofort der aufgebrachte Anästhesist an, der ausnahmsweise eine andere Patientin neben meiner liegen hatten. Was ich meine Patienten denn so rumschreien lassen würde?! Jetzt sei seine Patientin völlig fertig. Die habe er eigentlich verlegen wollen und damit wäre jetzt aber nichts mehr! Im Hintergrund hört ich nun des Anästhesisten Patientin ebenfalls laut schreien: „Ich STERBE!“
Der Anästhesist gab hierauf Frau Gimmlily ungefragt eine größere Dosis des Lieblingsnarkosemedikamentes aller Anästhesisten und das ähm brachte Frau Gimmlily zur äh Ruhe.