Sie sind doch ein Krankenhaus!

Herr Moomzl kam mit schwerer Lungenentzündung. Glücklich schrammten wir an einem Intensivstationsaufenthalt mit Beatmung vorbei, aber nur ganz knapp. Wir zogen unsere schönsten Antibiotika aus dem Schrank, ließen Herrn Moomzl inhalieren und viel im Bett rumliegen. Nach zwei Wochen ging es endlich bergauf und nach einer weiteren Woche sagte ich erfreut: „So Herrn Moomzl, die Lungenentzündung ist gut zurückgegangen, da können wir sie morgen entlassen.“

„Wie entlassen?“ rief Herr Moomzl, „was ist mit meinen Rückenschmerzen?“

Nun war es aber so, dass Herr Moomzl, vom vielen Liegen leichte Rückenschmerzen bekommen hatte. Wir hatten das auch extra untersucht und ich erklärte dem Patienten nochmals, dass die Rückenschmerzen am besten durch Bewegung wieder weggingen. Dafür müsse er nicht hierbleiben. Überhaupt in so einem Krankenhaus liegt man ja meistens dauernd im Bett. Das wäre nun kontraproduktiv.

„Aber“, sagte Herr Moomzl, „sie sind doch ein Krankenhaus und sie müssen mich behandeln, wenn es mir schlecht geht.“

„Ja durchaus und wir haben die Lungenentzündung behandelt. Da geht es ihnen doch auch schon viel besser. Sie haben kein Fieber, keinen Husten und keine Luftnot mehr!“
„Hm, das stimmt schon, aber jetzt habe ich Rückenschmerzen.“

„Sie haben da Muskelverspannungen vom vielen Liegen. Sie müssen sich jetzt viel bewegen. Und weil es ihnen insgesamt viel besser geht und sie sich auch zuhause bewegen können, möchten wir sie bald entlassen.“
„Jaja, mir geht es schon besser ABER ich habe trotzdem Rückenschmerzen und ich erwarte, dass ich vollkommen gesund und beschwerdefrei bin, wenn ich aus dem Krankenhaus entlassen werde!“

„Hm“, sagte ich, „das ist leider so nicht praktikabel.“ Herr Moomzl fand sich grumpelig mit seiner Entlassung ab und verließ uns am nächsten Tag.

Wahnsinnswoche 2018:03

In dieser Woche 132 Patientenkontakte und 15 Terminausfälle.


Ein AOK-Regionaldirektor möchte, dass niederlassungswillige Ärzte wie Industrieunternehmen behandelt und von Städten und Gemeinden quersubventioniert (statt von der AOK angemessen bezahlt) werden.


Depression eine körperliche Erkrankung? Falls Sie oder einer Ihrer Liebsten mal von solch einer Erkrankung betroffen sind, sollte man mit dem Hausarzt sprechen und / oder Fachärzte aufsuchen und nicht dem Irrtum erliegen, dass das nur ein kleiner Schnupfen der Seele sei.


Das grundlegende Problem liegt darin, dass der Client sowohl das Zertifikat als auch das Kennwort dazu kennt. Nein, es handelt sich nicht um die “Gesundheitskarte”, nur um das elektronische Anwaltspostfach. Die Frage ist, wie viele andere eGovernment-Lösungen ähnlich angreifbar sind und nur noch nicht entdeckt wurden.


Taiwanische Forscher haben ein Verfahren entwickelt, mit dem sich aus Tweets Rückschlüsse auf eine bipolare Störung ziehen lassen.


Das Ausmaß der Datenangriffe in einigen norwegischen Krankenhäusern ist noch nicht bekannt (das betrifft 2,9 Millionen Einwohner).


Soulfood: Snapped Ankles – Jonny Guitar Calling Gosta Berlin

Lexikon der Psychopneumologie – D wie Dyadisches Coping

  Angehörige („Kümmerer“) sind von der chronischen Erkrankung eines Familienmitgliedes unmittelbar und dauerhaft mitbetroffen. Lange Zeit wurden Angehörige eher als störend für das Behandlungsgeschehen empfunden. Inzwischen interessieren sich Forscher und Behandler zunehmend für die gemeinsame Krankheitsbewältigung von Paaren (= Dyadisches Coping).   Was bedeutet Dyadisches Coping? Dyadisches Coping (engl. dyadic = paarbezogen, coping = Bewältigung) […]

Minderjährig oder nicht ? „Good medical facts precede good ethics“

Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge bedürfen unserer intensivierten Fürsorge. Dazu zählt u.a. eine gesonderte Unterbringung ausserhalb von Sammelunterünften und eine aufwendige Betreuung. Wer prüft die Altersangaben ? Frank Ulrich Montgomery lehnt gerichtsmedizinische Untersuchungen mangels Aussagekraft ab. Er bewegt sich dabei auf der Linie der Zentralen Ethikkommission (ZEK) der Bundesärztekammer. Seine Aussagen zur Treffsicherheit des Verfahrens werden allerdings […]

Wahnsinnswoche 2018:02

In dieser Woche 159 Patientenkontakte und 11 Terminausfälle.


2017 ist die Welt wieder mal nicht untergegangen.


Aber 2018 wird sie ganz bestimmt untergehen.

Der Spitzenverband der Fachärzte Deutschlands meldet nämlich: Warum eine Bürgerversicherung zu einer echten Zweiklassenmedizin führt. Das Thesenpapier (pdf) sollten Sie bei Gelegenheit mal lesen, um sich parallel zu den Berichten im Mittagsmagazin (ab 13:08, mit interessanten Ausblicken nach Österreich) eine differenziertere Meinung bilden zu können.

Die merkwürdig uninspirierten Schrecklaute einer Politikerin lassen allerdings zu wünschen übrig: die Geiselnahme der Patienten hatten wir hier, hier, hier, hier und hier schonmal. Wie wär’s zur Abwechslung mit Amokläufen von Funktionären (copyright AOK 1994)?

Währenddessen soll der staatliche Gesundheitsdienst in Großbritannien bereits kollabieren.


Der Pfizer-Konzern stellt die Forschung an neuen Alzheimer-Medikamenten ein und will Geld nur noch dort ausgeben, wo die Aussichten und die Erfahrung am größten sind. (Vorsicht: 22 Scripte und 8 Tracker hinter diesem Link.) Kann man die nicht irgendwie staatlich dazu verdonnern, Verlustgeschäfte zu machen? Sollte die Forschung an neuen Medikamenten nicht auch weniger stark mit den Gewinnen der Pharmaindustrie verbunden sein?


Dazu passend der fnord der Woche, präsentiert von Frau Ludwig von der Süddeutschen: Die Art der Therapie, die ein Patient erhält, sollte weniger stark mit dem Einkommen der Ärzte verbunden sein. Und die Politik sollte nachdenken, wie sich die Abhängigkeit der Mediziner von lukrativen Therapien mildern ließe. WTF?

Frau Ludwig: in Ihrem Kommentar unterschlagen Sie völlig, dass die Politik im Sozialgesetzbuch seit 20 Jahren festschreibt, dass die ambulante ärztliche Behandlung nicht unbegrenzt zur Verfügung stehen darf (Erfinder war damals übrigens der geniale Seehofer). Offensichtlich ist diese Art der versteckten Rationierung so erfolgreich, dass die Behandlungskapazitäten im Quartalsverlauf nicht mehr ausreichen. Das hätten Sie zumindest in einem Nebensatz noch erwähnen dürfen.


Sehr eigenwillige und dann auch noch unzutreffende Definition von Paranoia.

Vorsicht ist die Kiste der Großmutter.


Es war Abend und ich stand in unserer Notaufnahme herum, unschlüssig, wo ich denn nun anfangen sollte zu arbeiten.
„Am besten du gehst erst mal zu Herrn Mimpfzl“; sagte Schwester Margarita und schob mich energisch in Richtung Kabine 3, „Magenschmerzen hat er.“
Herr Mimpfzl hatte seine Frau dabei: Frau Mimpfzl, die auch den Großteil des Redens übernahm. Ihr Mann hätte seit einigen Tagen schlimme Magenschmerzen, vor allem beim Essen. Jetzt halte er es nicht mehr aus. Sie habe ihm auch schon ein altes Medikament von ihrer Großmutter gegeben, aber das hätte nicht geholfen.
Ich fragte nun auch einige Dinge unter anderem, was genau für Tabletten das gewesen wären.
„Na gegen Magenschmerzen! Da weiß ich nicht mehr wie die heißen.“
Ich zählte die Namen sämtlicher, gängiger Magenmedikamente auf.
Nein, das wäre es alles nicht gewesen,
„War es denn so ein pflanzliches, freiverkäufliches Medikament?“
Nein, nein, das bekäme man nur auf Rezept und die Großmutter habe das immer genommen. Aber ihrem Mann habe es nicht geholfen. Herr Mimpfzl nickte zustimmend und voller Inbrunst.
„Hm gut“, sagte ich, „und außer dem rezeptpflichtigen, aber unbekannten Präparat ihrer Großmutter, habe sie noch andere Medikamente aufgrund der Beschwerden genommen? Ein Schmerzmittel vielleicht?“
„Nein, nein“, rief Frau Mimpfzl entsetzt, „da können ja alle möglichen gefährlichen Nebenwirkungen auftreten bei so einem Schmerzmittel! Da hat er keins genommen.“
Herr Mimpfzl nickte nochmals energisch.
„Hmhm“, sagte ich.

Wahnsinnswoche 2018:01

In dieser Woche 101 Patientenkontakte und 4 Terminausfälle.


Der Deutsche Journalisten-Verband kommentiert: “Mit der Zensur gegen die ,Titanic’ ist genau das eingetreten, wovor wir schon im Gesetzgebungsverfahren gewarnt haben.”


The true sign of intelligence is not knowledge but imagination. Passend dazu: “Wir alle sind potenzielle Verschwörungstheoretiker”.


A new look at the placebo effect.


Long-term antidepressant use is substantial and appears to be on the rise.


Die Weltgesundheitsorganisation WHO hat “Gaming Disorder” in die Beta-Version für das Klassifizierungssystem ICD-11 aufgenommen.


Der Präsident der Bundesärztekammer warnt vor immensen Kosten im Falle eines Umstiegs auf eine Bürgerversicherung.

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Wahnsinnswoche 2017:52

In dieser Woche 46 Patientenkontakte und 1 Terminausfall.


Für Haldol haben sich die Indikationsbereiche und die empfohlenen Dosierungen geändert.


Ein Soziologe beklagt im ersten Teil seiner Kritik an der Computer- und Datengesellschaft, dass die herrschenden Formen der Computernutzung neuronale Umbau- und Rückbildungsprozesse in Gang setzen. Im zweiten Teil, der sich überwiegend mit der Arbeitswelt beschäftigt, kritisiert er einerseits die unangemessene Verallgemeinerung von neurobiologischen Forschungsergebnissen, während er andererseits feststellt, dass die Prinzipien negativer Vergesellschaftung in die psychische Apparatur von Kindern hineinkriechen. Sozusagen.

Nach Viktor Frankl ist der Mensch selbstdeterministisch. Die neuronale Determinierung ist dabei nur ein Randphänomen: “Wenn ich das Gegenteil gesagt, getan, gefühlt oder gedacht hätte, wäre es ebenso determiniert gewesen.”

Der Umschlagpunkt von körperlichen und geistigen Prozessen ist noch immer ein Rätsel.


Ich wünsche Ihnen einen guten Start ins neue Jahr! So überstehen Sie auch den Festtagsblues.