Wahnsinnswoche 2017:29

In dieser Woche 119 Patientenkontakte und 16 Terminausfälle.


Das Gleichgewichtsorgan (Vestibularorgan) spielt eine wichtige Rolle bei der Konstruktion des Selbst.


Wie die Ökonomie zur Religion wurde.


Wenn ein Arztbewertungsportal die Richtigkeit von Angaben in einer Bewertung nicht beweisen kann, muss das Portal nicht nur den Bewertungstext, sondern auch alle hiermit zusammenhängenden bewertenden Formulierungen und Noten löschen. Kontext: [1] [2]


Der Softwareprovider für mein PVS schickte mir die Tage ein Angebot für das Basispaket Telematikinfrastruktur – für einmalig 3.960,- Euro plus monatliche Folgekosten von 82,67 Euro. Gültig nur bis Ende August – danach wird’s teurer. Die KBV und die kranken Kassen stellen dafür einen einmaligen Zuschuss (pdf) in Höhe von anfangs 3.055,- Euro, zum Schluss noch von 1.155,- Euro bereit. Ich warte mal ab, bis die Geräte billiger werden. Vielleicht kann ich mir die Mühe sogar ganz sparen… Kontext: [1] (pdf) [2]


Psychotherapeutische Sprechstunden und Akutbehandlung werden nachträglich höher bewertet und künftig genauso vergütet wie die Richtlinien-Psychotherapie.


Langes Arbeiten kann tödlich sein. Ab 52 Wochenstunden wird es riskant.

Wahnsinnswoche 2017:28

In dieser Woche 123 Patientenkontakte und 18 Terminausfälle.


Wenn sich ein Smartphone in Ihrer Nähe befindet, verringert sich Ihre kognitive Kapazität – selbst, wenn es ausgeschaltet ist. Dagegen hilft auch kein Gehirntraining.


Selbst moderater Alkoholkonsum erhöht Ihr Risiko für den Verlust von Gehirnzellen im Hippocampus um das Dreifache.


Johanniskraut kann eine Psychose auslösen.


Betrachtungen zur Ursache der Depression.


Nicht alles, was wie eine Depression aussieht, ist auch eine Depression.

Diese Woche zum Beispiel: jemand Anfang Zwanzig kommt mit Überweisung von Hausarzt und deklariert sich wortgewandt und lebhaft als depressiv. Bei Anamneseerhebung kein Hinweis auf depressive Erkrankung, aber auf Kränkung und Enttäuschung nach Trennungserleben. Sowas ist eine verbreitete Reaktion, aber keine Krankheit.

Dann kommt jemand Anfang Zwanzig ohne Überweisung, auf Empfehlung einer Psychotherapeutin, und weiß erst mal gar nicht, warum. Im Kontakt deutlich depressiver Affekt, bei der Anamneseerhebung typisch phasenhafter Verlauf, in der Familienanamnese weitere Depressive. Klarer Fall von Krankheit.

Im ersten Fall biete ich nur die Eingangsdiagnostik und eine kurze Beratung auf Kassenkosten an. Alles Weitere wäre keine Kassenleistung mehr und privat zu bezahlen. Im zweiten Fall handelt es sich um die Behandlung einer Erkrankung, und die ist weiter Kassenleistung.


Lithium hat einige positive Effekte auf Suizidalität und manische Symptome und es wirkt neuroprotektiv. 95% der Menschen. die langfristig mit Lithium behandelt werden, bekommen keine Nierenprobleme. Sie nehmen auch nicht so stark zu, wie unter bestimmten Neuroleptika.


Venlafaxin soll bei übergewichtigen Depressiven besser wirken als Escitalopram oder Sertralin.


Der “Politikchef” der Techniker Krankenkasse (seines Zeichens übrigens Sportlehrer) möchte mit Ihren Daten gern ein weiteres Stück “digitale Solidarität” befördern. Dumm nur, dass die in Krankenhäusern und Praxen nach ICD codierten Diagnosen nicht nur die medizinischen Daten beschreiben, sondern oft auch von ökonomischen Interessen der Kassen verzerrt werden (Stichworte: Diagnosequalität, upcoding, Morbi-RSA). So werden aus big data junk data.


Der Präsident des Niedersächsischen Städte- und Gemeindebunds, Marco Trips, fordert im Interview mit dem änd (paywall) tatsächlich allen Ernstes “einen Rechtsanspruch auf einen Arzt innerhalb einer gewissen Entfernung” – natürlich ohne das Ziel, dass jeder Arzt genug Geld verdient (etwa um die Praxis überhaupt führen zu können). Er kann sich daher “ein staatliches Steuerungssystem für Hausärzte vorstellen”. Planwirtschaft pur, oder darf man schon von Zwangsarbeit sprechen? Gottseidank betrifft das nur Hausärzte ;-)


Soulfood: The Most Popular Drum Beat In The World.

10 wirklich wichtige Dinge, die ein internistischer Assistenzarzt in seinen Kitteltaschen mit sich herumträgt:


1.    Internistische Bücher. Schon zu Beginn meiner Karriere, dachte ich mir: Was wenn ich plötzlich ein Blackout habe?! Katastrophal, da stopfe ich lieber dieses ein oder auch zwei Kilogramm schwere internistische Buch in meine Tasche (fragt sich keiner wie das logistisch ging). Zack, bin ich auf alles vorbereitet. Haha. Tatsächlich schaute ich fast nie in dieses Buch und möglicherweise habe ich es jetzt nicht mehr dabei.
2.    Medikamentenbücher. Wer kann sich schon die 100 verschiedenen Blutdruck-kombipräparate merken oder den neuesten mit -mab oder auch auf -mib endenden Antikörper. WAS NEHMEN SIE? GROZUNUNUM? GROZININUM? Oh, ich sehe, dass ich ein Standardblutdruckmedikament, dem die Firma einen fancy Namen verpasst hat. Puh. Wenn ich cool wäre, hätte ich vermutlich eine App für das.
3.    Ein Super-EKG Lineal. Nichts beeindruckt andere Ärzte mehr, als ein Internist der vor dem EKG mit so einem Lineal herumfuchtelt und dann verkündet die QTc-Zeit wäre im Normbereich.
4.    Eine schwächliche Pupillenleuchte, deren Batterien kurz vor dem Versagen sind. Dies ist der Fabrik-Standardzustand der Leuchte. Glimm, glimm, ich weiß auch nicht, ihre Pupillen reagieren irgendwie nicht.
5.    Ein eigenes Telefon, das konstant klingelt. Manchmal auch zwei Telefone. Oder drei. Und einen Piepser.
6.    Irgendwelche Kugelschreiber, die möglicherweise jemand anderem gehört haben.
7.    Manchmal Textmarker: „Gahharghl Herr Oberarzt warum erschrecken sie mich so auf dieser Treppe. Jetzt ist mein Textmarker 5 Stockwerke runtergefallen!“ (Nein, ich weiß auch nicht wie ich das gemacht habe.) Naja, habe ich ja noch einen rosa Textmarker…“ „Ohhh Frau Zorgcooperations! So schööön! Bitte, bitte darf ich den haben?“ – „Öh, Schwester Melinda, aber ich brauche den noch.“ – „Biiiiiiiitte!“  „Na gut.“
8.    Ein Stauband zum Blutabnehmen. Blutabnahmetabletts sind nie vollständig, was man in der Regel erst am Patienten bemerkt: „Oh moment, lassen sie mich noch 2 Mal aus dem Zimmer gehen und Dinge suchen, die ich heute morgen auf dieses Tablett geräumt habe, die jetzt aber irgendwie woanders sind.“ Eigenes Stauband also. Und am besten eine eigene Pflasterrolle. Und ein paar eigene verpackte Nadeln. Und eigenes Desinfektionsmittel…
9.    Haufenweise krumpelige Notizzettel und Stationslisten, die als eine Art externes Gehirn dienen und deren Verlust zur Hauptkatastrophe des Tages ausarten kann. (Wenn es in deinem Kopf so aussieht, wie auf dieser Liste Frau Zorgcooperations, dann äh, fühle ich mich beunruhigt.)
10.  Ein tolles Stethoskop, welches sich in allen anderen Dingen in der Tasche verhakt … oder auch an Stuhllehnen, Türklinken und anderen Leuten.

Wahnsinnswoche 2017:27

In dieser Woche 136 Patientenkontakte und 17 Terminausfälle.


Fnord der Woche: Die NASA dementiert, dass sie versklavte Kinder auf dem Mars gefangenhält.


Jemand rief an und fragte, ob ich ein Gutachten machen könne. Im Prinzip ja, sagte ich – kommt auf die Fragestellung an. Es sollte dann ein Gutachten gegen eine Zwangsunterbringung und eine Zwangsbehandlung in einer weiter entfernt liegenden Klinik sein. Nach weiterer Diskussion musste ich leider ablehnen, weil ich es angesichts der Entfernung und der momentanen und dauerhaften Arbeitsbelastung unmöglich schaffen kann, Untersuchung und Beurteilung mit der gebotenen Schnelligkeit durchzuführen. Ich konnte auch nicht garantieren, das gewünschte Ergebnis (nämlich Aufhebung der Zwangsunterbringung und der damit verbundenen Behandlung) abzuliefern.

Wenn Sie mich also um ein Gutachten bitten, dann müssen Sie wissen, dass ich das a) normalerweise nicht unmittelbar erledigen kann, dass ich b) naturgemäß ergebnisoffen arbeiten muss, und dass ich c) etwas schneller bei Ihnen sein kann, wenn Sie sich in der Nähe aufhalten. Überregionale Anfragen werde ich erst annehmen können, wenn ich in Rente bin.


Ein Gauner verkauft illegal die Patientenakten aller Australier, nachdem er eine “Vulnerabilität” in einer Regierungsdatenbank gefunden hat. Bei uns könnte so etwas natürlich NIE passieren!


Psychiater sollten regelmäßig Nutzen und Risiken einer prophylaktischen Behandlung mit Neuroleptika abwägen, weil sich im Langzeitverlauf eine Supersensitivität der D2-Rezeptoren entwickelt. Über 40% der Patienten, die nach einer ersten Episode wieder beschwerdefrei sind, kommen langfristig mit einer niedrigen Dosis oder ganz ohne Medikamente aus.

Murray M: Should psychiatrists be more cautious about the long-term prophylactic use of antipsychotics? The British Journal of Psychiatry Nov 2016, 209 (5) 361-365


Wie kann man die Alzheimer’sche Erkrankung am besten vermeiden? „Suchen Sie sich Ihre Eltern sorgfältig aus, und sterben Sie jung.” (paywall) Wenn Sie das nicht hinkriegen: minimieren Sie Risikofaktoren beispielsweise durch spezielle Ernährung und bewusstere Lebensführung. Damit können Sie die Wahrscheinlichkeit, an altersassoziierter Alzheimer-Demenz zu erkranken, herabsetzen oder mindestens das Auftreten verzögern.


Bei vielen Patienten mit bipolaren Störungen gibt es keine gleichwertige Alternative zur Lithiumtherapie, auch bei eingeschränkter Nierenfunktion. Dabei ist zu beachten, dass erst die 50%-ige Dosisreduktion der abendlichen Einzelgabe den Lithium-Serumspiegel senkte und die reduzierte GFR wieder anheben konnte.

Dehning J: Lithiumtherapie bei eingeschränkter Nierenfunktion: Zwischen Skylla und Charybdis. Fortschr Neurol Psychiatr 2017; 85(05): 288-291 (paywall)

X-beliebige Ärzte


Frau Hirth-Guh, 50 Jahre alt, hatte seit längerem schwere Magenprobleme und fand sich deswegen in so einem Krankenhaus ein.
Wir machten das, was so ein Standardkrankenhaus da halt so tut: Blutuntersuchung, Ultraschall und am Folgetag noch eine Magenspiegelung.
„Hmpf, und die Magenspiegelung machen sie?!“ fragte Frau Hirth-Guh und beäugte mich misstrauisch.
„Äh nein, das wird unser kompetenter, gastroenterologischer Oberarzt machen“, erklärte ich.
„Aha! Und wer ist dieser Oberarzt genau?“, fragte Frau Hirth-Guh weiter, die sich nicht von einem X-beliebigen Arzt magenspiegeln lassen wollte (wer will das schon).
„Der Herr Dr. Brinkstein, wird die Magenspiegelung machen“, sagte ich beruhigend, „der ist ein Spezialist für Magen-Darmerkrankungen. Sie haben ihn vorhin schon getroffen, als wir zusammen den Ultraschall gemacht haben. Erinnern sie sich?“
„Ahhhhh“, sagte Frau Hirth-Guh und machte eine Pause, „Also von dem würde ich mir auch kein Bein amputieren lassen!“
„Äh ja“, sagte ich und machte ebenfalls eine Pause, „Ich auch nicht.“
(Da fuck?)

Wahnsinnswoche 2017:26

In dieser Woche 184 Patientenkontakte und 20 Terminausfälle.


Momentan habe ich einen Terminvorlauf von 8 Wochen. Daher ist es besonders schade, wenn zu fest vereinbarten Terminen niemand erscheint. Ich kann die Zeit zwar meistens anderweitig nutzen (diese Woche zum Beispiel mit den rund 200 Arztbriefen, die ich an die HausärztInnen meiner PatientInnen geschickt habe), aber für die, die zwei Monate auf einen Termin warten müssen, ist das mindestens unbefriedigend.


Der Bundestag hat das krasseste Überwachungsgesetz der Legislaturperiode beschlossen. Statt eines ordentlichen Gesetzgebungsverfahrens haben SPD und CDU den Staatstrojaner in einem anderen Gesetz (über das Fahrverbot als Nebenstrafe) versteckt. Außerdem sind Zeugen künftig verpflichtet, Vorladungen der Polizei Folge zu leisten. Und das unter einem SPD-Justizminister. Wenn das kein Anschlag auf die Demokratie ist…


Servicewüste: Das Finanzamt vergisst trotz bestehender Einzugermächtigung jetzt schon zum dritten Mal die Abbuchung der vierteljährlich fälligen Tribute. Ich hab’s überwiesen, trotzdem schicken sie wieder eine Mahnung inklusive Gebühren. Außerdem haben sie meinen Steuerberater schroff zurückgewiesen, als der intervenierte. Wahrscheinlich muss ich da mal persönlich auf den Tisch hauen.

Lexikon der Psychopneumologie – C wie Coping

  Leben mit einer chronischen Lungenerkrankung ist mitunter Schwerarbeit. Deshalb ist die Krankheitsverarbeitung ein wichtiges Thema. Krankheitsverlauf und Krankheitsverarbeitung beeinflussen sich wechselseitig. Einerseits wirken sich chronische Krankheiten mit langwierigen und schwierigen Verläufen vielfältig auf das körperliche, psychische und soziale Leben der Patienten aus. Andererseits beeinflußt die Art und Weise, wie Patienten ihre Krankheit annehmen und […]

Wieso ich auch noch Yogalehrerin wurde

Wie kommt eine Kinderärztin dazu, eine Yogalehrerausbildung zu machen? Was ist Yoga eigentlich genau, und was bringt mir Yoga überhaupt? Diese Fragen möchte ich gerne in diesem und einem folgenden Artikel beantworten. Es gibt ja die lustigsten Vorstellungen darüber, was man so alles beim Yoga macht. Nicht zu Unrecht. Immer mehr Menschen interessieren sich für […]

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Wahnsinnswoche 2017:25

In dieser Woche 182 Patientenkontakte und 17 Terminausfälle.


Chaosmontag: um zehn standen die Leute bis auf die Straße… erster Tag nach dem Urlaub. Ich konnte trotz längerer Wartezeiten allen einigermaßen weiterhelfen. Für ausführliche Erörterungen blieb allerdings leider keine Zeit. Donnerstag war es dann auch nochmal ziemlich voll.


Dazwischen noch das eine oder andere organisatorische Problem. Die Helios-Klinik kriegte es nicht gebacken, einen Patienten in den Tannenhof zurückzuverlegen, sodass ich mit einer Einweisung und einem Transportschein aushelfen musste. Versteh ich nicht. Und dass der Tannenhof einer Patientin in nachstationärer Behandlung keine Arbeitsunfähigkeit bescheinigen konnte / wollte, versteh ich auch nicht. Leider kann ich das nicht drei Wochen rückwirkend attestieren.


Während meines Urlaubs hatte ich wie jedes Jahr Briefe und Pakete kostenpflichtig lagern lassen. Blöd nur, dass während meines Urlaubs trotzdem ein paar Päckchen angeliefert wurden (ich konnte das an den Benachrichtigungen im Zeitungsfach sehen). Auch blöd, dass die gelagerte Post dann nicht, wie vereinbart, am Montag zugestellt wurde – es kam überhaupt keine Post. Bei der Hotline wusste man auch nichts dazu zu sagen. Mit einem Tag Verspätung kamen dann die Briefe (hoffentlich vollständig) an.


Dienstag wollte ich nach Feierabend die Simpsons genießen. Leider ließ sich der TV-Receiver nicht mehr starten. Das Ding wurde heiss und gab einen unangenehmen Pfeifton ab. Also ab auf die Webseite von Unitymedia, zur Störungshilfe durchgeklickt und – “Entschuldigung! Gerade ist der Störungshelfer nicht verfügbar – wir arbeiten schon an einer Lösung. Bitte versuchen Sie es später noch einmal. Außerdem helfen wir Ihnen gerne über unsere Service­Hotline weiter.” Flugs da angerufen: “Leider ist der Anschluss nicht erreichbar. Bitte rufen Sie später noch einmal an.” Hrmpf. Wenigstens hat das Kontaktformular meine Eingaben akzeptiert – leider kam die versprochene Bestätigungsmail nie an. Neuer Tag, neues Glück: Telefonhotline immer noch nicht erreichbar. Die auf der Homepage angegebene 0800er Nummer angerufen: “Die gewählte Nummer ist ungültig.” Zwischendurch ist es mir gelungen, ein Fax zu versenden. Im Laden auf der Alten Freiheit waren sie nicht in der Lage bzw. unwillig, mir irgendwie weiterzuhelfen. Erst am Freitag war die Hotline dann plötzlich wieder erreichbar.


Eine ärztliche Zwangsbehandlung von psychisch kranken Patienten ist künftig auch außerhalb geschlossener Einrichtungen möglich.


Das Antibiotikum Doxycyclin kann helfen, Erinnerungen an traumatische Erlebnisse zu blockieren.

Mysteriöse Gewichtsverschiebung


Und da war ich der Dienstarzt, was einem ab und zu eben so passiert als Arzt. Gerade bereitete ich Blutkonserven für einen Patienten vor, als eine missmutige Krankenschwester anrief: „Ja, ein Patient hat ein Kilo abgenommen.“
Hier sagte ich länger nichts und die Krankenschwester auch nicht.
„Öh“, sagte ich nach einer Weile, „und jetzt äh, das sollte der Patient nicht? Also warum ist er denn hier?“
Die Schwester machte in genervtes Geräusch und schien nun von einer Akte abzulesen: „Wegen eines Harnwegsinfektes und Exikkose.“
„Öh, ok. Ich bin da noch etwas verwirrt. Warum wiegt ihr denn den Patienten?“
„Das weiß ich doch nicht!“ rief die Schwester empört.
Eigentlich wollte ich endlich die Blutkonserven anhängen, aber dies schien sich alles zu einem größeren Problem zu entwickeln.
„Ja“, sagte ich also, „normalerweise lassen wir die Patienten nur wiegen, wenn sie z. Bsp durch eine Herzinsuffizienz Wasser eingelagert haben und eine entwässernde Therapie erhalten. Dann wäre ein Kilo Wasserverlust an einem Tag etwas viel. Aber sie sagen der Patient wäre ausgetrocknet gekommen?!“
„Man hat mir gesagt, die internistischen Ärzte wollte angerufen werden, wenn die Patienten so schnell Gewicht verlieren!!“ schrie die Schwester aufgeregt ins Telefon.
Ich erklärte resigniert ich würde nachher vorbeikommen und mich des Problems annehmen.
Auf Station stellte ich fest, dass der Patient an irgendeiner Stelle zu viel Infusion bekommen hatte und aufgrund o.g. Herzinsuffizienz-Problem nun entwässernd behandelt wurde. Ich passte also die Dosis der Medikamente an und lobte die Schwester für den Anruf, woraufhin diese erneut rief: „Woher sollte ich denn wissen was der Patient hat?!“ Ich versuchte dann irgendwie freundlich anzubringen, es gäbe doch auch die schwesterliche Schichtübergabe und dann floh ich unter dem Todesblick der wütenden Pflegekraft aus dem Zimmer, denn die Dienst-to-do-Liste war noch lang und eine böser Schwesternstreit hätte hier wohl auch nicht geholfen. Wie es aussah ging sie davon aus, der Superdienstarzt habe die Probleme aller im Klinikum anwesenden Patienten einfach auswendig im Kopf.