Wir sagen nichts.


Halb acht vor der Nacht. Das Krankenhaus glitt in den Abendzustand.
„Yo hier ist die Pforte, ich habe hier einen wichtigen Anruf für sie. Herr Schmidd oder so. Darf ich verbinden?“
„Ja klar.“
Eine sonore Stimme rief nun in den Hörer: „HALLO! Mein Name ist Schmidd. Mein Vater liegt bei Ihnen im Krankenhaus. Bin ich da richtig bei ihnen?“
„Möglicherweise. In welcher Abteilung liegt ihr Vater denn?“
„Auf der Privatstation!“
„Ok. Und welches Fachgebiet behandelt sie?“
„Herzprobleme!“
„Ah, dann richtig. Wie kann ich ihnen denn helfen?“
„Und sie sind jetzt wer überhaupt?“
„Ich bin der internistische Dienstarzt für den Abend.“
„Aha! Ich möchte wissen, warum man die Medikamente meiner Mutter umgestellt hat!“
„Oh das weiß ich auch nicht. Das weiß der Stationsarzt. Der ist leider nicht mehr da. Halb acht und so. Ich bin sozusagen nur für die Notfälle am Abend zuständig.“
„Ich verstehe nicht, warum man in diesem Krankenhaus nie Auskunft bekommt!“
„Öh, warten sie, ich gebe ihnen die Nummer der internistischen Privatstation. Rufen sie da morgen an, die wissen wer der Stationsarzt ist und können sie schnell weiterleiten.“
„Da lande ich ja bei den Krankenschwestern. Das ist für mich nicht akzeptabel. Verbinden sie mich bitte mit dem Chefarzt!“
„Ahm, wie schon erwähnt, ist jetzt halb acht am Abend und der Chefarzt ist auch nicht mehr im Haus.“
„Dann geben sie mir die Telefonnummer des Chefarztes!“
„Tut mir Leid, aber die Nummer des Chefarztes geben wir nicht so einfach raus.“
„Es ist unglaublich, in dieser Klinik erhält man nie Auskunft!“
„Wenn sie morgen zwischen 8 und 17 Uhr anrufen, werden sie auf jeden Fall jemanden erreichen, der ihnen kompetent weiterhilft.“
„Ha, das sagen sie! Und wie war ihr Name?“
„Zorgcooperations“
An dieser Stelle notierte Herr Schmidd frustriert meinen Namen und ich stelle mir vor, dass er am Folgetag befriedigend Auskunft erhielt.

Buchtipp: Sport und Ernährung

Über 20 Millionen Deutsche treiben regelmäßig Sport. Die Gründe hierfür sind ganz unterschiedlich und gehen über Ausdauer, bessere Körperdefinition, Spaß an der Bewegung, bis zur Rehabilitation und Vorbeugung. Nicht nur die Fitnessstudio-Branche freut es, sondern auch die Hersteller von Nahrungsergänzungsmitteln. Betraf es früher eher Hochleistungssportler, greift der Durchschnittsssportler mittlerweile auch auf neueste wissenschaftliche Erkenntnisse aus […]

Vertretungen


„Hmhm, sie haben also seit 3 Tagen diese Erkältung mit etwas Husten und laufender Nase?“

„Ja genau!“
„Hm, und was war für sie so der Anlass schließlich diese Notaufnahme aufzusuchen?“

„Öh, mein Hausarzt hat zu.“

„Ah. Haben sie darüber nachgedacht zu dessen Vertretung zu gehen?“

„Mein Hausarzt hat keine Vertretung!“
„Das kann eigentlich nicht sein.“
„Mein Hausarzt hat NIE eine Vertretung!“

„Äh, also wenn Hausärzte im Urlaub oder wo auch immer sind, müssen sie schon einen Vertretungsarzt organisieren. Meistens wird der auf dem Anrufbeantworter angesagt. Haben sie mal angerufen und den abgehört?“
„Nö.“
„??“

„Ja wissen sie, wenn ich sonst zu meinem Hausarzt gehe, also wenn der offen hat, dann hängen da nie Schilder, dass es eine Vertretung gibt.“

„Ah. So. Warum probieren sie das mit dem Anrufbeantworter nicht gleich mal aus? Der Vertretungsarzt kann ihnen dann auch die gewünschte Krankschreibung ausstellen. Wir hier im Krankenhaus dürfen das nicht.“

„Hmhm na gut. Tschüss.“

Wahnsinnswoche 2017:05

In dieser Woche 149 Patientenkontakte und 15 Terminausfälle.


Hallo Landschaftsverband: es wäre schön, wenn ihr eure Klienten nicht so lange auf eine Kostenzu- oder -absage zum Betreuten Wohnen und zur Arbeitstherapie warten lassen würdet. Nach zwei Monaten sollte doch allmählich eine Entscheidung möglich sein. Im Einzelfall kann sowas zu erheblicher Verunsicherung führen, was die bisherigen Behandlungs- und Rehabilitationserfolge gefährdet.


Hallo Versorgungsamt: ich finde es fragwürdig, einen sehr depressiven, ängstlichen und schmerzgeplagten Menschen, bei dem ich detailliert eine massive Teilhabestörung nachgewiesen habe, mit einem GdB von 20 einzustufen. Da kann ich nicht anders und muss den Widerspruch unterstützen.


Auch das Gehirn kann mittlerweile gehackt werden…


Die Linksammlung “Pharmaziebibliothek” des DNEbM wurde vom Fachbereich Evidenzbasierte Pharmazie zusammengestellt. Sie bietet Zugang zu Datenbanken, Journalen, Tutorials und anderen Informationen mit Relevanz für die evidenzbasierte Pharmazie.


Fnord der Woche: Paranoia fördert den beruflichen Aufstieg.


Frauen mit Anorexie weisen auch nach Abklingen der Essstörung noch autistische Züge auf.


Antidepressiva könnten ihre Wirkung über eine allmähliche Veränderung der Genexpression entfalten, die die Stressantwort moduliert. Tipps zur Stressreduzierung: sprechen Sie weniger, atmen Sie tief durch, meditieren Sie öfter, rufen Sie einen alten Freund an, und hauen Sie sich nachmittags ein Viertelstündchen aufs Ohr.

Weibliche Sexualstörungen

Jeder Mensch erlebt Phasen, in denen die Sexualität nicht in gewohnter Form verläuft. Das gehört zum Leben. Trotzdem kann es sehr verunsichern. In solchen Phasen ist es enorm wichtig, nachzuforschen, was sich verändert hat und was wir jetzt brauchen würden, damit unsere Sexualität wieder in ein befriedigendes Gleichgewicht kommt. Die

Wahnsinnswoche 2017:04

In dieser Woche 134 Patientenkontakte und 9 Terminausfälle.


Alternative Fakten, von unseren Amygdala gebahnt. Vielleicht bietet sich diese Bezeichnung demnächst auch im Umgang mit paranoider Realitätsverkennung an? Manchmal brauchen wir aber auch nur einfach eine Auszeit von der Realität.


Eine Betriebskrankenkasse fordert Zugriff der Krankenkassen auf Gesundheits- und Behandlungsdaten ihrer Versicherten und hätte gern eine kassenbezogene Gesundheitsakte. In Augsburg findet am 1.2.2017 die mündliche Verhandlung zu einer Klage gegen die elektronische Gesundheitskarte statt. Minister Gröhe glaubt, dass medizinische Versorgung oder Forschung heute ohne die Erhebung und Auswertung großer Datenmengen undenkbar seien (er glaubt aber auch, dass Terminservicestellen die Patientenrechte stärken).


The amount of energy necessary to refute bullshit is an order of magnitude bigger than to produce it.


Captain Obvious: Je früher Jugendliche Cannabis konsumieren, desto schlechter für ihr Gehirn.


Nikotin lindert kognitive Störungen bei Schizophrenie.


Im Januar unglaublich viele Anfragen zur Arbeitsunfähigkeit (einmal quer durch die existierende Kassenlandschaft), oft mit individuellen Fragebögen und entsprechenden Anforderungen an meine Kreativität im Umgang mit Formulargeneratoren. Gut, dass ich die meisten Daten schon in meinem PVS habe und sie nur noch umkopieren muss. Frisst aber momentan viel Zeit, zusammen mit den zum Jahresanfang gehäuften Anfragen der Versorgungsverwaltung, der Arbeitsagentur, des Jobcenters, der DRV, der Hilfeplankonferenzen, und neben den Wünschen nach sonstigen Bescheinigungen, Attesten oder gar Gutachten.


Die neue Version der Patientenleitlinie „Unipolare Depression“ wurde veröffentlicht.


Wissenschaftler sehen eine Verbindung zwischen Arbeitsunsicherheit und langfristig vermindertem Wohlbefinden im Stress, der durch die unsichere Arbeitssituation ausgelöst wird. Kann ich anhand einiger Beispiele aus der Region (ich nenne jetzt keine Namen) bestätigen.


Wahnsinn in den Medien: in dieser Woche 11x Sport, 8x Kultur, je 2x Trump, Dschungelcamp, Landwirtschaft, je 1x Straßenbau, Photoshop, Hochbetagte, Bizarres, Familie. In der Stichprobe (N=30) diese Woche kein einziger Treffer im richtigen Kontext.

Problematisch integrierbar.


Frau Maiermie lebte in einem hübschen Pflegeheim, welches gegen den Uhrzeigersinn um Beteigeuze kreiste. Oder so ähnlich.
Eines Tages fiel Frau Maiermie aus dem Bett. Hierbei brach sie sich einen Arm und erlitt eine mittelschwere Gehirnerschütterung. Die Unfallchirurgen legten Frau Maiermie in ein bequemes Krankenhausbett, stellten aber schnell fest, dass sich Frau Maiermies hochgradige, hyperaktive und leicht aggressive Demenz nur schwer mit dem Stationsalltag vereinbaren ließ. Deswegen entließ man die Dame schnell wieder ins Heim. Getriggert durch den Krankenhausaufenthalt, war Frau Maiermie jedoch auch dort nicht mehr zu bändigen, woraufhin sie in die nächste Psychiatrie eingewiesen wurde. Dort stellten die Psychiater alarmiert fest, dass die Patientin etwas Fieber habe UND Blut im Urin. Sofort wurde Frau Maiermie zurückverlegt, diesmal in urologische Betreuung.
Frau Maiermie, über das ganze Hin- und Her wenig erfreut, war auch hier nicht in den Stationsalltag integrierbar, so dass der Stationsarzt schon nach wenigen Stunden beschloss, mit dieser Unruhe und dem Infekt, wäre die Patientin auf einer Normalstation einfach schlecht versorgt und müsse am besten ja wohin jetzt … ah auf die Intensivstation.
Superidee. Gedacht, getan. Frau Maiermie wurde relokalisiert. Angekommen auf der Intensivstation begab sich nun auch ein urologischer Oberarzt zum Ort des Geschehens und sagte schließlich resolut: „Die Patientin hat doch überhaupt kein Blut im Urin. Folglich hat sie auch kein urologisches Problem!“ Dann kickte der urologische Oberarzt, die Patientin aus dem urologischen Fachbereich.
Jetzt hatte die Intensivstation also eine Patientin ohne, dass jemand zuständig war und die goldene Regel hier lautet: „Wenn sich keiner zuständig fühlt, dann muss es ein internistisches Problem werden.“
Daraufhin rief man den internistischen Dienstarzt an und teilte ihm mit, er hätte jetzt eine neue Patientin auf der Intensivstation.
Verwirrt begab ich, welche ich den Dienstarzt, dumm wie es nun war, darstellte, zur Intensivstation. Nach Besichtigung von Frau Maiermies Unterlagen stellte ich dann fest, dass diese zwar sicherlich einen Infekt hatte, aber ganz sicher keinen, den man auf einer Intensivstation behandeln musste. Ganz davon abgesehen, dass man sich bei hochgradig dementen Personen eine intensivmedizinische Behandlung gut überlegen sollte.
Nun denn ich setzte also ein Antibiotikum an, denn daran hatte in der ganzen Rumschieberei auch keiner gedacht, telefonierte mit den Psychiatern um Frau Maiermie zumindest eine medikamenteninduzierte ruhige Nacht und nicht ganz so aufregende folgende Tage zu ermöglichen. Und um Frau Maiermie nicht durch eine erneute Verlegung auf eine internistische Normalstation weiter zu stressen, durfte sie über Nacht auf der Intensivstation schlafen. 

Wahnsinnswoche 2017:03

In dieser Woche 159 Patientenkontakte und 9 Terminausfälle.


1.500 von der Servicestelle der KVNo vermittelte Termine wurden von den Patienten nicht wahrgenommen. Die Zahl der vermittelten Termine liegt bundesweit unter 120.000 (bei 580 Millionen ambulanter Behandlungsfälle). Ein Drittel der Menschen sucht allgemeine Informationen, ohne einen Termin zu erfragen. Ein weiteres Drittel hat nicht den nötigen Überweisungsschein. Das letzte Drittel benötigt tatsächlich Hilfe.


Fake News gibt es übrigens nicht nur im Internet. Kontext: [1] [2] [3] [4]. Passendes Video dazu.


Entstehungsbedingungen der Angst (kreationistische Sichtweise).


How the f*** is literally every Zappa song still totally relevant like 30 years later? [Lyrics]


Die Krankheitskosten der Depression: eine philosophische und gesellschaftskritische Analyse. Ich möchte noch den personenzentrierten Ansatz hinzufügen: wer trägt denn die Krankheitslast? Die Kranken selbst und ihre Familien, die sich – außer mit der Erkrankung – auch noch mit den existenziellen Folgen herumschlagen müssen: in manchen Fällen vom Krankengeld über ALG 1 hin zum ALG 2 und zur Erwerbsminderungsrente. Kontext: [5]


Fnord der Woche: Das Frühstück ist die gefährlichste Mahlzeit des Tages.

Hoch lebe das Norovirus… äh moment… doch nicht.


Es ist Winter. Hoch lebe der Norovirus. (So vermutlich die aktuelle Parole der Noroviren.)

So trägt sich nun in dieser öh Blütezeit des Norovirus gehäuft jene Begebenheit in der ein oder anderen Variation zu.

Patient Borgmüller, ein rüstiger Rentner, traf auf einen seiner vielen Unternehmungen auf so ein Norovirus und lag nun denn mit Magendarmgrippe darnieder. Durch einen dummen Zufall bekam dies nun das Kind Borgmüller mit und riet in diesem Fall doch den Hausarzt zur Rate zu ziehen. Der Hausarzt war jedoch schon im Feierabend. Der ärztliche Notdienst sollte jetzt her. Der ärztliche Notdienst, unsicher was er mit diesem ihm unbekannten Patienten nun anfangen sollte, verwies Herrn Borgmüller zur Sicherheit an das lokale Krankenhaus. Das habe Erfahrung mit Norovirus.

Gerade hätte man zum Beispiel alleine deswegen Isolierzimmer eingerichtet, öh und außerdem zwei weitere Station wegen erkranktem Personal ganz geschlossen.

Herr Borgmüller wurde freundlich durch die Notaufnahme geschleust, bekam eine Infusion und ein bewährtes Mittel gegen Übelkeit.

„So“, sagte ich dann, „jetzt haben wir alle Befunde beisammen, da besprechen wir das gerade. Wie geht es ihnen jetzt?“

„Ja, supergut“, sagte Herr Borgmüller, „und ich möchte wirklich gerne wieder heimgehen.“ „Ah gut, das wollte ich hier auch vorschlagen. Ihre Blutwerte sind gut, unsere Restuntersuchungen auch. Sie sollten sich halt ein paar Tage schonen, im Bett rumliegen, Tee trinken uns so.“

„Jaja“, sagte Herr Borgmüller, dies sei nicht der erste Magendarminfekt den er gehabt hätte und ließ sich von einem Freund heimfahren.

Es folgte nun der Anruf von Kind Borgmüller: „Aber WARUM haben sie meinen Vater wieder heimgeschickt?!“ „Öh nun ja, wir nehmen Patienten mit infektiöser Magen-Darm-Grippe nur auf, wenn unbedingt nötig. Wir haben im Augenblick keine Isolierzimmer mehr und um ein Einzel-Isolier-Zimmer für ihren Vater zu bekommen, müsste ich andere nicht infektiöse, aber trotzdem kranke Patienten aus dem Zimmer in den Flur legen. Das machen wir wirklich nur, wenn unbedingt nötig. Ihr Vater war bei uns die ganze Zeit kreislaufstabil…“

„Halt, woher wollen sie das denn wissen?“
„Wir sind eine Notaufnahme. Wir messen regelmäßig die Vitalparameter der Patienten.“

„Aber mein Vater ist krank!“

„Ja durchaus. Diesen Infekt kann er aber gut zuhause auskurieren. Seine Symptome wie er sie beschreibt und wie wir sie in der Aufnahme beobachtet haben, sind nicht so schlimm, dass er hier bleiben muss.“

„Hmpf, also ich sage ihnen, in der Uniklinik 10.000 km entfernt von Beteigeuze da wäre das anders gelaufen! Da hätte man meinen Vater aufgenommen!“
„Hmhm ok. Wir haben das anders entschieden.“

Das Kind Borgmüller legte unzufrieden auf. Herr Borgmüller überstand wohl alles gut.