Auflösungsprobleme


Und so kam es, dass eine riesige Lungenembolie den regelrechten Blutfluss im Kreislauf des Patienten störte. Und den Sauerstofftransport irgendwo hin. Der Überwachungsmonitor piepste wild, der Patient nahm eine ungesunde graue Farbe an.
Der Oberarzt entschied, dass hier eine Lysetherapie zur Auflösung der Embolie von Nöten war. Dann ging der Oberarzt woanders hin, denn als Oberarzt ist man sehr gefragt in so einem Krankenhaus.
Die Lyse, das sollte der Dienstarzt machen.
„Ähm“, sagte ich und rief den Oberarzt gleich mal an, „so eine Lyse habe ich noch nie alleine durchgeführt. Könnten sie mir kurz sagen wie genau ich das Medikament dosieren und verabreichen sollte?“
„Äh“, sagte der Oberarzt, „weiß ich jetzt auch nicht so genau. Schauen sie in den Hausleitlinien der Intensivstation.“
„Ok“, sagte ich misstrauisch.
Aus dem Regal zog ich den Ordner mit den Hausleitlinien. „Lysetherapie: Seite 18“.
Seite 18 hatte irgendjemand aus dem Ordner entfernt.
Hm.
Würde ich eben im hauseigenen Intranet in den Leitlinien nachschlagen.
Klick, klick, „Sorry aber von 16 bis 17 Uhr ist unser Intranet heute wegen Wartungsarbeiten erst mal offline.“
Erbost über diese Anhäufung an Murphys Law zerrte ich nun die Packungsbeilage der Lyse aus der Schachtel, welche 3 m lang war, aber die von mir gewünschten Informationen enthielt.
Nachdem ich meine Strategie mit einer erfahrenen Schwester nochmals kurzgeschlossen hatte, die eine Lysetherapie vermutlich auch ohne Arzt durchführen konnte, retteten wir dann auch glorreich den Patienten. Das Intranet ging kurz darauf ebenfalls wieder und irgendjemand druckte Seite 18 erneut aus und heftete sie im Leitlinienordner ab.

Wahnsinnswoche 2016:50

In dieser Woche 127 Patientenkontakte und 8 Terminausfälle.


Seit geraumer Zeit biete ich ja für Erstgespräche keine festen Termine mehr an, weil zu viele Leute dazu nicht erschienen waren. Wenn Sie also Gesprächsbedarf haben, kommen Sie einfach in die offene Sprechstunde. Ich erkläre Ihnen das gern auch während meiner Telefonzeiten. Es bringt aber nichts, fünf Minuten vor Beginn und dann nochmal fünf Minuten nach Ende meiner Telefonzeit jeweils eine Nachricht auf meinem Anrufbeantworter zu hinterlassen.


Hatte ich nicht erst letzte Woche was über Datensammelei und Smartphoneüberwachung geschrieben? Diese Woche: Datenschutz als Forschungshemmnis. Im Ausland wird fortgeschrittene deutsche Technologie bereits verwendet, und alles, was mit Datensparsamkeit zu tun hätte, gehört „ins vergangene Jahrhundert“…

Stellen Sie sich mal folgendes Szenario der näheren Zukunft vor: Sie steigen morgens in ihren Horch (Markenname verfremdet), um zur Arbeit zu fahren. HUD hochfahren, Ihre Nanoimplantate an Bord anmelden, den Startbefehl geben. Es ertönt die sonore Stimme der Bordelektronik in Ihrem auditorischen Kortex: “Du hast dich diese Woche zu wenig bewegt. Dein BMI ist zu hoch. Geh zu Fuß, Fettsack.”

Ein Autobauer arbeitet an sowas und möchte das System sogar so weit ausbauen, dass Sie beim Fahren (wenn das Auto Sie denn lässt) mit Ihrem Arzt in einer Online-Sprechstunde chatten können (Meldung beim Hippokranet – paywall). So weit kommt das noch… da lasse ich lieber meinen Avatar für mich arbeiten.

Probieren Sie doch in der Zwischenzeit mal diese Depri-App aus und sagen Sie mir, was Sie davon halten.


Termin beim Familiengericht am Rhein. Auf dem Flur fiel mir auf, dass sich zwei Leute angeregt und kollegial unterhielten. Im Termin gingen sie sich dann gegenseitig ein bisschen an die Kehle. Bin immer wieder verblüfft, wie wandlungsfähig Anwälte doch sind.

Die Frage, warum ich vom Befundergebnis eines Vorgutachters abgewichen war, konnte ich mit der empirisch gestützten Hypothese begegnen, dass sich die psychische Symptomatik im Rahmen einer rezidivierenden depressiven Störung möglicherweise in den letzten vier Jahren (wieder) verschlimmert haben könnte. So viel Zeit war nämlich seit der ersten Untersuchung vergangen.

Dann ging es noch um die Unterscheidung zwischen Verdeutlichungs- und Aggravationstendenzen. Nach M. Philipp: Verdeutlichung, Aggravation und Simulation in der sozialmedizinischen Begutachtung (MED SACH 112 3/2016; 91) handelt sich bei Verdeutlichungstendenzen um den mehr oder weniger bewussten Versuch, den Gutachter vom Vorhandensein der Beschwerden zu überzeugen. Aggravation beschreibt eine bewusst intendierte gravierendere Darstellung einer vorhandenen Störung zu bestimmten, klar erkennbaren Zwecken. Während sich der Nachweis von Aggravation bei der Beurteilung des Schweregrades der vorliegenden Gesundheitsstörung so auswirkt, dass das quantitative Leistungsvermögen höher bzw. der Behinderungsgrad niedriger einzuschätzen ist, als bei einem vom Untersuchten behaupteten Schweregrad zu erwarten wäre, führt der Nachweis einer Verdeutlichungstendenz nicht zu einer Korrektur der Schweregradeinschätzung der vorliegenden Gesundheitsstörung.

Nach konstruktiver Diskussion wurde ich nach 30 Minuten wieder entlassen. Hin- und Rückfahrt kosteten mich allerdings zusammen anderthalb Stunden (Hint: A46). Da wäre ein Chat via VPN vielleicht doch effizienter gewesen.


Rammstein: “Du Hast” als Bossa Nova Version. Als kleines Kontrastprogramm dazu: Mary Poppins Sings Death Metal. Genial.


Was ist eigentlich Desinformation?


Wenn Sie eine auf die Behandlung von Depressionen spezialisierte Klinik suchen, hilft Ihnen das Angebot der Deutschen Depressionsliga weiter.


Jeder zehnte Patient mit einer neu diagnostizierten Schizophrenie hat im Blut Antikörper gegen NMDA-Rezeptoren, die im Gehirn an der Pathogenese der Psychose beteiligt sind. Das kam in einer Studie in JAMA Psychiatry heraus, die auf neue, bisher ungeprüfte Therapieansätze hinweist. Der Nachweis der Antikörper allein belegt noch nicht, dass sie an der Pathogenese der Schizophrenie beteiligt sind. Bei zwei der Patienten änderten die Untersucher jedoch die Diagnose. Beide hatten auch im Liquor spezifische Antikörper. Sie waren tatsächlich an einer Anti-NMDA-Rezeptor-Enzephalitis erkrankt. Bei den anderen gehen die Forscher weiterhin von einer Schizophrenie aus. [1] [2]

Wenn ich die vorliegenden Informationen richtig verstehe, müsste sowohl eine Blut-, als auch eine Liquordiagnostik erfolgen, um eine mögliche Beteiligung des NMDA-Systems zu untersuchen.

Kostengünstige Hitmen


16. 30 Uhr. Gleich würde ich heimgehen. Ha. Fehlte nur noch Frau Briggmi. Das Uniklinik rechts von Beteigeuze verlegte zurück.
Da bog auch schon der Transport um die Ecke, Frau Briggmi auf einer Liege hinter sich herziehen.
„Hhm Moment mal.“ rief der entgegennehmende Pfleger, „Die Patientin hat doch einen multiresistenten Keim! Warum tragt ihr keine Schutzkleidung?!
Die beiden Transporteure schauten ratlos und schienen neu im Transportgewerbe zu sein.
Wir schafften Frau Briggmi schnell in das von uns schon vorbereitete Isolationszimmer. Ich glich den mitgebrachten mit dem vorab gefaxten Verlegungsbrief ab. „Besonders multiresistenter Keim, den man nicht so gern weiter verteilen möchte.“ stand dort. Zugegeben erst in Zeile 11 oder so.
„Nicht infektiös!“ sagte der linke Transportherr. Er schien etwas Deutsch zu sprechen. Dann gingen beide wieder, während mein Pfleger verzweifelt hinterher rief: „IHR MÜSST EUER FAHRZEUG REINIGEN!!“
Etwas hilflos schauten wir uns an und beschlossen dieses komische Transportunternehmen mal im Internet zu suchen. Von so einer Firma hatten wir nämlich noch nie gehört.
„Inter-Transport – günstige Krankentransporte nach überallhin.“ Auf dem Begrüßungsfoto hatte man 20 grimmig in die Kamera starrende Männer im Halbkreis arrangiert. Alle trugen rote Warnwesten und hätten auch nicht fehl am Platze ausgesehen, hätte die Firma: „Private Hitmen – convenient, quick, cheap – jetzt gleich mieten!“ geheißen.
Ich rief die angegebene Telefonhotline an, ergatterte tatsächlich den Disponenten und versucht nun verzweifelt zu erklären, das beim gerade durchgeführten Transport von Frau Briggmi etwas schief gegangen sei und dass man Auto und Trage entsprechend reinigen müsse um den Keim nicht unnötig weiter zu verbreiten. Der Disponent war sehr nett, Deutsch war aber nicht so seine Sprache. Etwas verwirrt erklärte er, er würde sich um alles kümmern und ich hoffte inständig das dies stimmte.
Möglicherweise habe ich aber auch gerade einen privaten Hitman bestellt.

Wahnsinnswoche 2016:49

In dieser Woche 140 Patientenkontakte und 15 Terminausfälle.


Überall werden Daten gesammelt (demnächst auch hier), wir können das nicht mehr wirklich nachvollziehen.

Fitness-Armbänder und Armbanduhren mit Gesundheitsfunktionen erfüllen die Datenschutzstandards nicht. Es bleibt unklar, wer Zugriff auf die Daten (die die Nutzer selbst nicht mehr löschen können) hat und wie lange sie gespeichert werden. Zusätzlich werden diese Daten für das Marketing verwendet und an verbundene Unternehmen weitergeben. Außerdem bestehen Gefahren durch Hackerangriffe. Überlegen Sie es sich also gut, ob Sie Ihre psychische Gesundheit wirklich von Ihrem Smartphone überwachen lassen wollen.

Kapitalgeber für Digital Health-Produkte der Zukunft sehen das nicht so eng. Sie wünschen sich eine Schnittstelle zwischen Konsumenten-Apps und digitaler Patientenakte und wollen damit das Arzt-Patienten-Verhältnis verbessern. Vor Goldgräberstimmung wird gewarnt…


Bei der Quellensuche jetzt auf diversen Seiten: “Schalten Sie gefälligst Ihren Werbeblocker ab, sonst können Sie unsere Inhalte nicht lesen”. Netter Versuch. Es gibt in der Regel auch noch andere Quellen. Ich schalte meinen Werbeblocker nämlich unter anderem deswegen nicht ab.


Wer Gutmensch sagt, verdient sich seinen Shitstorm: “In den letzten 15 Jahren ist das Wort ‘Gutmensch’ allmählich in den Besitz politischer Gruppierungen übergegangen, deren Spektrum von dümmeren Teilen der FDP über Thilo Sarrazin und Akif Pirinçci bis zu Rechtsextremen reicht.” Gedanken über weitere Hassworte hier.


Oxytocin verbessert das Rhythmusgefühl.


Medikamente, die auf den intrazellulären Dopamin Rezeptor (D2LR) einwirken, könnten künftig die Behandlung von Schizophrenie und Parkinson verbessern. Unabhängig davon könnten aber auch NMDA-Rezeptor-Antikörper zur Entstehung einer Psychose beitragen. Oder auch oxidativer Stress. Und Nikotin lindert die kognitiven Defizite bei Schizophrenie. Es bleibt verwirrend.


Ketamin aktiviert die Produktion neuer Proteine in Nervenzellen und könnte dadurch seine antidepressive Wirkung entfalten.


“Was kulturell jeweils als wahr gilt, ist kein ideeller Reflex einer irgendwie gearteten objektiven Realität, sondern Ergebnis gesellschaftlicher Konstruktionsprozesse.” Hier geht’s zur Theorie des Wahns.


Je länger größere Kinder mit ihren Smartphones herumspielen, desto später kommen sie mit Drogen in Berührung.


Wenn Sie selbst mal etwas recherchieren möchten: Open Knowledge Maps.


Passieren Ihnen auch ständig nervige Missgeschicke? Entspannen Sie sich… bestaunen Sie die Schönheit des Wetters

Standardinternistengebiet oder so ähnlich


Und da war nun mein alleiniger Trost, die Übersetzerin, welche genauso verwirrt erschien wie ich. Der Patient, dessen Stärken auch nicht unbedingt im kohärenten Erzählen logischer Zusammenhänge lag, schaute uns hilflos an.
Nach einer gefühlt halbstündigen Anamnese waren wir etwa soweit:
A) Herr Gozolowsko sprach eher nicht so viel deutsch.
B) Herr Gozolowsko schien keinen Hausarzt zu haben und war daher ins allseits beliebte Klinikum Beteigeuze gekommen.
C) Das eigentliche Problem war immer noch unklar. Immerhin hatte Herr Gozolowsko aber sehr ausführlich dargestellt, warum er keinen Hausarzt habe.
Es beständen Schmerzen. So überall, zum Beispiel in Bauch und Rücken. 10 Jahre lang. Oder 5. Man habe auch mal operieren wollen. Was wüsste er nicht. Wäre er etwa Arzt? Nein. Also. Dann wäre alles besser gewesen und jetzt aber auch nicht mehr. Deswegen wäre er ja auch hier! So!
Da die Befragung nun schon viel zu lange chaotisch zwischen den Gründen warum der Patient keinen Hausarzt habe, der mysteriöse Operation und den nicht weniger unspezifischen Schmerzen hin und her driftete, beschloss ich mich nochmals auf den Bauch als äh Standardinternistengebiet zu konzentrieren. Fieber, Übelkeit, Erbrechen, Besonderheiten bei Wasserlassen oder Stuhlgang? In zähen Verhandlungen kamen wir auf 5 Mal Nein. Vielleicht Blut im Stuhlgang? Nach einer weiteren längeren Diskussion mit der Übersetzerin meinte diese schließlich hilflos: „Der Stuhlgang wäre ohne Blut, aber es kam mal Blut aus dem Rücken.“ „Aus dem Rücken?!“ „Öh, ja.“ „Eine Verletzung?“ „Ich weiß es auch nicht!“ sagte die Übersetzerin und warf die Arme in die Luft.
Ich beschloss den Patienten einfach mal ausführlich zu untersuchen.
Die Aufnahmeschwester reichte mir schon mal den Bogen voller unauffälliger Laborwerte durch die Tür. Immerhin etwas.
Also los. Der Bauch war weich und Herr Gozolowsko deutete an, dass er im Augenblick auch gar keine Bauchschmerzen hätte. Hm.
Auf zum Rücken aus welchem Blut käme. Vielleicht ein aufgeplatzter Pickel? Der Rücken war Pickel-, Verletzungs- und Narbenfrei. Zumindest die genaue Schmerzlokalisation am Rücken wollte ich nun wissen: „Herrn Gozolowsko WO tut es denn sonst immer weh?“ – „Weiter unten.“ –„ Hier?“ – „Nein noch weiter unten.“ – „Da?“- „Noch weiter unten.“ – „Hm also jetzt müssen sie doch gerade mal die Hose ausziehen.“
Und da wo dann schon kein Rücken mehr war, lugte ein hässliches pickelartiges Gebilde hervor, welches der Grund für Herrn Gozolowskos allgemeines Unwohlsein, die Schmerzen und das Blut war. Pilonidalsinus nennt man das. Sehr unangenehm in der Tat.
Kein Plan ob Herrn Gozolowsko das alles einfach zu peinlich gewesen war oder ob aufgrund der Sprachschwierigkeit Rücken eine kreative Umschreibung für Gesäß gewesen war. Wir stellten den Patienten den Allgemeinchirurgen vor, die solche Dinge professionell und diskret behandeln.

Wahnsinnswoche 2016:48

In dieser Woche 148 Patientenkontakte und 12 Terminausfälle.


Wenn Sie als Privatpatient meine Behandlung gern in Anspruch nehmen, mich für meine Interventionen loben und sich bei mir gut aufgehoben fühlen, dann fühle ich mich dadurch geehrt. Wenn Sie aber Ihre Rechnungen nicht bezahlen und mich eine ganze Weile über Ihre Zahlungsunwilligkeit im Unklaren lassen (und zwar nicht, weil Sie etwa zu krank dafür sind), dann hat Ihre Lobhudelei einen üblen Nachgeschmack und ich muss mich leider von Ihnen trennen.


Neulich im Tannenhof: Die zunächst etwas angespannte Begegnung (es ging um die Frage der weiteren Unterbringung im Krankenhaus) entwickelte sich schlagartig konstruktiver, nachdem ich von Ihnen erfahren hatte, dass Sie vor geraumer Zeit von einem Tier gebissen worden sind und dadurch langfristig eine erhebliche Verbesserung Ihrer Wahrnehmungs- und Leistungsfähigkeit erfahren haben. Als mir entfuhr, das sei ja wie bei Spiderman, und Sie das freudig bejahten, konnten wir uns über das andere Thema dann ebenfalls zwanglos einigen.


Cannabis beeinträchtigt über eine Veränderung der mitochondrialen Aktivität das Erinnerungsvermögen im Sinne einer chronischen Dysfunktion. Die Grünen wollen den Umgang mit Cannabis jetzt entkriminalisieren.


Niedergelassene Ärzte dürfen nicht “streiken”. Wenn aber demnächst der Sicherstellungsauftrag, wie von einigen gefordert, anders vergeben werden sollte, dann wird sich das ändern. Kontext: [1] [2] [3] [4]


Selbstlernende Software erkennt das Psychoserisiko durch MRT-Aufnahmen (damit ist nicht gemeint, dass MRT-Aufnahmen ein Psychoserisiko darstellen, sondern dass man aus MRT-Aufnahmen das Psychoserisiko ableiten können soll).


Die meisten Depressiven werden nicht oder nur unzureichend behandelt (internationale Studie mit 50.000 Teilnehmern in 21 Ländern).


Unter der Überschrift “Journalismus kann auch eine dressierte Ziege” berichtet uebermedien.de über den fahrlässig kritiklosen Umgang einiger Medien mit dem Hochstapler Gert Postel.


Menschen mit schweren psychischen Erkrankungen haben oftmals Schwierigkeiten, auf dem ersten Arbeitsmarkt unterzukommen. Dabei sind die positiven Effekte von Arbeit auf den Krankheitsverlauf wissenschaftlich belegt. Der Teilhabekompass der DGPPN bietet erstmals einen Überblick über die zahlreichen beruflichen Reha- und Integrationsmaßnahmen in Deutschland.


Was lese ich denn da? “Rauschpilze als Wunderwaffe gegen Depressionen“? “Magic mushroom chemical psilocybin could be key to treating depression“? Bei näherem Hinsehen: das bezieht sich ausschließlich auf Menschen, die an Krebs erkrankt sind.

Die Erkenntnis an sich ist nicht neu: in den Siebzigern des letzten Jahrhunderts experimentierten einige tollkühne Psychonauten, zum Beispiel Leuner und Grof (ja, hab ich beide gelesen), mit der nicht ganz ungefährlichen psycholytischen Therapie.

Von zumindest akademischem Interesse ist allerdings die Frage, wie das Zeug überhaupt wirkt: es bindet ähnlich wie einige Antidepressiva (SSRI) an 5-HT2A-Rezeptoren, fällt aber schnell wieder davon ab, sodass die rätselhafte Dauerwirkung unerklärlich ist. Bestimmt handelt es sich um Quanteneffekte… wink

Es handelt sich jedenfalls um einen Stoff, der eine dauerhafte Persönlichkeitsveränderung bewirkt (anders als Antidepressiva). Von eigenen Experimenten rate ich auch angesichts jüngerer Komplikationen dringend ab.


Wahnsinn in den Medien: in dieser Woche 11x Sport, 10x Kultur, 4x Finanzen, je 1x Paketzustellung, Lokalpolitik, Gewinnspiel, Mobilfunk, Naher Osten. In der Stichprobe (N=30) diese Woche kein einziger Treffer im richtigen Kontext.

Morgenmensch


Der Morgen graute so vor sich hin. Die Nacht war dunkel und stürmisch gewesen. Im Krankenhaus hatte man davon nicht mitbekommen, weil die Flurbeleuchtung die ganze Nacht brennt und so dem Dienstarzt leuchtet, der nicht schlafen kann, weil er arbeitet.
Das hatte ich tugendhaft die bis dahin vor sich hin triefende Nacht getan und jetzt hätte ich gerne geschlafen, denn mein Körper signalisierte ganz deutlich, dass nun ein Schlafzyklus an der Reihe wäre.
Naja.
Kennt ihr das? Ihr habt so einen Magen-Darm-Infekt. Erbrechen, Durchfall… nach zwei Tagen ist es vorbei. Fertig. Super.
Frau Genesch-Müller war besorgt, nachdem dieser Infekt am Nachmittag begonnen hatte und nun am Morgen gegen 4 immer noch nicht vorbei war.
Jetzt hatte sie sich insgesamt drei Mal Erbrochen und der Bauch grummle auch etwas.
„Hmhm“, sagte ich mit etwas monotoner Stimme und ließ mich auf einen Hocker fallen, „erzählen sie mehr.“ (Ja ok, das sagte ich nicht. Ich sagte nur „hmhm“.)
Frau Genesche-Müller erklärte nun, dass sie eigentlich geschlafen habe und nun wieder aufgewacht wäre, woraufhin sie sich erbrochen habe.
„Und dann sind sie hier hergekommen“, sagte ich, das offensichtliche bestätigend. Ich schob mich samt Hocker zum Schrank und besorgte mir ein paar Handschuhe.
„Ja!“ sagte Frau Genesche-Müller.
Ich drückte sehr langsam auf ihrem Bauch herum und sagte ebenso langsam nach einer längeren Pause: „Der Bauch tut aber nicht weh?“
„Nein, also nur ein bisschen.“
„Hmhm     können sie zeigen wo?“ ich versuchte etwas Empathie in meine Stimme zu legen.
„Hier.“
„Ah…, aber wenn man feste drückt, macht ihnen das nichts aus?“
„Nein.“
„Hm.“
Hier zeigte sich dann, dass mein empathischer Plan irgendwie nicht aufging.
Frau Genesche-Müller runzelte die Stirn: „Sind sie immer so schlecht gelaunt am Morgen?! Oder sind sie einfach kein Morgenmensch?“
„Äh ja, genau, kein Morgenmensch“ sagte ich hier.
Frau Genesche-Müller, ein energisch-fröhlicher Morgenmensch, wie es schien, sprang dann kurz darauf wie ein junges Reh (oder so ähnlich) aus der Aufnahme. Eine stationäre Aufnahme wäre vorerst nicht nötig, hatte ich ihr versichert.

Falsche Lautstärke


Da wollte ich noch schnell diese Blutkonserven anhängen. Die Konnektionsstelle des Beutels hatte einen Materialfehler. Dies stellte sich beim Anbringen des Infusionssystems heraus. Blöd.

Ich ergoss Blut über mich, den Boden, umgebende Schränke und Schubladen. Nachdem Verlust des ganzen Transfusionsblutes (naja ca. einem Viertel) gelang es mir das Leck provisorisch abzudichten und ich hoffte inständig es würde halten, bis der Patient fertig transfundiert wäre.

Während ich noch versuchte die mit Blut be-äh-netzten Oberflächen und meine Schuhe zu reinigen, reichte man mir das Dienstschwesterntelefon. Ich hätte doch versprochen mit den Angehörigen von Herr Glaum zu sprechen. Weil ich jetzt aber so lange nicht gekommen wäre (Besser wenn Familie Glaum nicht erfährt warum)., wären sie schon heimgegangen.

„Ja hallo hier Zorgcooperations…“ ich erzählte, dass es Herrn Glaum gerade sehr schlecht ginge, außer der schweren Lungenentzündung habe er vermutlich auch zu wenig getrunken und wir erhofften uns der Patient würde wieder wacher werden, nach unserer professionellen Antibiotika- und Flüssigkeitstherapie. Aber wie gesagt es ginge ihm wirklich schlecht.“

„Ach was!“, sagte Frau Glaum hier, „sie müssen einfach lauter sprechen! Dann reagiert er auch.“

Ah. Irgendwie hatte ich das Gefühl dieses Telefonat war nicht so optimal gelaufen. Resigniert besorgte ich mir einen neuen Satz Arztkleidung und vermerkte zu Sicherheit in Herrn Glaums Akte man solle laut sprechen.