Handschriftlich – Professionelle Hieroglypie


Vor langer Zeit in der Grundschule, da fand der Grundschullehrer, die Schülerin Zorgcooperations solle sich mal mehr Mühe geben. Ein sehr hässliches Schriftbild wäre das. Als mittelbraver Schüler gab ich mir natürlich Mühe. Hey, ich besaß sogar einen fancy Schönschreibfüller, der eine extrabreite Feder für besonders elegante Schwünge hatte. Dieser machte mein Schriftbild noch viel hässlicher.
Arzt werden war dem Schönschreiben auch nicht förderlicher. Erst versuchte ich als tugendhaft motivierter Student den rasend schnellen Ausführungen der Professoren mit detaillierten Notizen zu folgen, welche ich später nie wieder betrachten würde. Dann war ich tatsächlich so ein Arzt und sollte in hoher Geschwindigkeit alles Mögliche von Hand dokumentieren. Das zügige Schreibtempo verkrumpelte die Wörter dann weiter zu wellenförmigen Hieroglyphen, bezüglich derer die Schwestern fragen würden: „WAS hast du da wieder geschrieben?! Gibst du dir mal mehr Mühe bitte.“
Ich würde dann beleidigt tun, alles persönlich vorlesen und behaupten, das wäre doch klar: das hieße „Bitte noch 2 Blutkonserven kreuzen“ und ganz sicher nicht „Bitte noch 2 Blutkonserven und Sex.“ (Ernsthaft. Das macht doch gar keinen Sinn! WARUM sollte ich „und Sex“ schreiben?!)
Auf jeden Fall rief die Pforte an und erklärte ein Hausarzt wolle mich sprechen, zing, hier würde sie den Mal zu mir umleiten. Noch während ich „Uhoh“ und „Was habe ich jetzt getan?!“ dachte, sprach auch schon der Hausarzt zu mir.
„Ja, schön, dass ich sie erreiche. Ich rufe an wegen des Patienten Herr Mim-Dümpre.“ Während mir der Name Mim-Dümpre noch irgendwie bekannt vorkam, konnte ich mich irgendwie nicht mehr so richtig an meine Behandlung dessen erinnern.  „Erst mal möchte ich hier lobend erwähnen“, fuhr der Hausarzt wohlwollend fort“, dass sie dem Patienten ja diesen sehr schönen handschriftlichen, vorläufigen Brief mitgegeben haben. Sehr ordentlich haben sie das geschrieben. Das finde ich sehr gut. Sehr gut lesbar.“ Hm komisch dachte ich misstrauisch. Da ich mich außerdem wirklich nur noch dumpf an Herrn Mim-Dümpre erinnerte, sicherte ich dem Hausarzt zu, ich würde seiner Frage zur Medikation nachgehen und später zurückrufen.
Dann freute ich mich, dass endlich jemand meine Schrift lobte, aber immerhin bemühte ich mich bei meinen seltenen handschriftlichen Briefen auch sehr um eine gute Lesbarkeit.
Nun denn, ich suchte Herrn Mim-Dümpre im Alles-Wissenden Patientenverwaltungsprogramm. Ja tatsächlich, ich hatte den Patienten betreut. So ungefähr zwei Tage. Dann war ich in den Urlaub gegangen. Meine Kollegin Frau Dr. Bo hatte übernommen und nach einer Woche die Entlassung verlasst. Frau Dr. Bo mit der Schrift eines professionellen Kalligraphen. Frau Dr. Bo, deren Visitendokumentation ein Kunstwerk symmetrischer Wortgebilde waren, Frau Dr. Bo, der vor Freunde weinende Grundschüler zu Füßen lagen.
Hmhm.

Wahnsinnswoche 2016:38

In dieser Woche 132 Patientenkontakte und 5 Terminausfälle. Regelleistungsvolumen ist voll: diese und nächste Woche arbeite ich nur noch ehrenamtlich.


Auslassversuch nach mehr als 10 Jahren Depotmedikation? Meinetwegen, aber Vorsicht: auch wenn es sich so anfühlt, als bräuchten Sie das Zeug nicht mehr – “Mir geht’s doch ganz gut und die Dämonen sind immer noch da!” – das kann ins Auge gehen. Vor allem, wenn Sie dann ein halbes Jahr später plötzlich anfangen, rituelle Feuer auf ihrem Wohnzimmertisch zu entfachen. Wäre besser gewesen, wenn Sie meinem Vorschlag, doch wieder mit dem Depot anzufangen, gefolgt wären. Dann hätte es wohl kein PsychKG gegeben…


Nein: außerhalb der offenen Sprechstunden können Sie NICHT ohne Termin in die Praxis kommen. Entweder bin ich unterwegs, oder ich habe bereits andere Verpflichtungen.


Captain Obvious: “Ihre Stressreaktion kann ihre Gesundheit langfristig beeinflussen.” (Zehn-Jahres-Studie aus Frankreich). Als Anfänger könnten Sie sich eine App besorgen, um sich wieder zu beruhigen. Oder einfach abschalten. SSRI wirken nämlich nicht so gut, wenn Sie dauernd im Stress sind, oder wenn Sie einen attraktiven Job mit hohem Ansehen haben (vielleicht mit viel Stress???). Oder wenn Sie arbeitslos sind. Mann. Das ist vielleicht kompliziert…


Ist die Behandlung von Depressionen einen Euro am Tag wert?


Einige Krankenkassen versuchen, ihre Mitglieder (auf dem Papier) kränker zu machen, als sie eigentlich sind, um dafür Millionen aus dem Risikostrukturausgleich zu kassieren. Heißt “upcoding” und soll knapp eine Milliarde kosten.


Depressiv? Machen Sie Sport. Gehen Sie aus. Besuchen Sie Ihre Familie. Duschen Sie regelmäßig. Erledigen Sie Ihren Haushalt. Wie, das können Sie nicht? Weil Sie ja depressiv sind? Erm… das nennt sich behavioural activation, kurz BA (nein, nicht dieser BA). Wird wohl zurzeit als billige Alternative zur kognitiven Verhaltenstherapie angepriesen, wirkt aber nicht besser als Homöopathie (nein, Homöopathie wirkt auch nicht).


Immer wieder lieb (und teuer): mit der Praxissoftware auf neue Hardware umziehen. Nächtlicher Spaß am Gerät, das im Auslieferungszustand eine alte Betriebssystemversion mitbringt. Die sich nicht updaten lässt. Nach längerem Grübeln: da war doch mal was, neues Updateverfahren oder so. Ging dann mit offline-update.

Next step: wo war nochmal die DVD mit den Office-Programmen? Gibt’s als Download. 80% der Einstellungen mit MOBackup übertragen, 20% in Handarbeit und Nachtschicht. Praxissoftware rüberkopieren – läuft. Bis auf die Druckereinstellungen… händisch eingetragen für jedes Formular. Archivsoftware installiert und rüberkopiert – Daten nicht gefunden. Nach längerem Grübeln: die Installationsroutine hat das Verzeichnis verbogen. Korrekt nachinstalliert.

Zuletzt: Faxhardware und -software einrichten. Die Fritzbox soll das können: FritzFax4Fritzbox installiert – läuft. Kommt bloß nix bei der Gegenstelle an… wieder runter damit, alte FritzUSB angehängt. Wird nicht erkannt. Nach längerem Grübeln: bei der Installation händisch AVM Fritz!X USB installieren, CAPI-Treiber installieren, FritzFax installieren (wo war nochmal die Original-CD?). Läuft jetzt.


Absacker zum Feierabend: üble Stimmungsmache gegen Ärzte. Kontext: [1] [2] [3] [4]