In den Wald lachen gehen

Es gibt ja dieses Sprichtwort, von wegen in den Keller lachen gehen. Vor einigen Wochen musste ich auch im Dunkeln lachen, und zwar abends im stockdunklen Wald. Mittlerweile habe ich ja mein Studium abgeschlossen und bin erwachsen geworden. Versicherungen werden abgeschlossen, Steuererklärungen ausgefüllt und über eine Putzhilfe für zuhause nachgedacht. Der Körper wird älter und irgendwann merkt man, hoppala, man kann nicht mehr unbemerkt essen, feiern und faul sein. Also tausche ich gelegentlich das Feiern ein, und zwar gegen Sport. Lange Zeit nicht daran gedacht, dann zu faul (”Ich laufe doch eh täglich mehrere Kilometer in der Arbeit!”), hie und da ein Stück Kuchen zum Kaffee, ein Stück Schokolade im Schwesternzimmer und schwupps, ist man jenseits der 30 und der gutmütige, jugendliche Körper hat sich verabschiedet und die sich zart, aber doch ansetzenden Speckröllchen lachen einen im Spiegel an.

So kam es also, dass ich, die Menschenhandwerkerin, abends nach der Arbeit noch aufs Rad gestiegen bin. Es dämmerte, war aber noch genug hell, abgesehen davon habe ich Lichter montiert. So radelte ich mit einem Gefühl von Freiheit (der frische Fahrtwind zwischte mir ums Gesicht) und ein bisschen Stolz (endlich was für die Gesundheit tun) zwischen Feldern und Wäldern Kilometer um Kilometer weg von zuhause. Bis ich mich irgendwann zur Umkehr entschied, über den Weg durch den Wald. Mittlerweie war es stockdunkel geworden, das Radlicht zeigte mir nur jeweils einen Meter weit den Weg. Links und rechts von mir dichte Büsche und Bäume. Flattern und knacksen und rauschen im Dickicht. Aufeinmal trat sie hervor: die Urangst vorm Dunkeln. Ich erinnere mich, als ich als kleines Mädchen Angst vor der dunklen Kellerstiege hatte – Angst vor dunklen Gestalten, die dort unten lauern könnten. Ich schlage mir diese dummen Gedanken aus dem Kopf, bin ja erwachsen. Angst vor Dunkelheit, so ein Blödsinn. Aufgrund der Sichtverhältnisse musste ich langsam fahren, und merkte wie Sekunden später die Angst wieder hervorkroch. Ich atme unruhig, meine Hände werden schwitzig und zittrig vor Angst. Bis ich lachen musste. Ja, richtig laut auflachen. Eine erwachsene Frau, Chirurgin, Oberärztin hat Schiss im Wald. Man stelle sich das mal vor. Im Kopf sage ich zu mir selbst, Hey, du! Du bist erwachsen. Du bist groß und kräftig. Es gibt keine Monster. Und vor allem: Du hast täglich ein Messer in der Hand und schneidest andere auf! Wenn, dann sollen sich die Monster gefälligst vor dir fürchten!

Und weg war sie, die Angst. So radelte die Chirurgin nachhause, ohne von einem Monster überfallen worden zu sein.

Schlauchangelegenheiten

Herr L. ist Dauergast bei uns. Manchmal war ich mir kurz nicht sicher, ob er noch immer, oder schon wieder Patient bei uns ist. Er ist so mittelalt und krank. Angefangen hat es mir einer Transplantation. Dann Transplantversagen, Sepsis, Teilresektion des Organes, Galleleckage, wieder Fieber,… Ein absoluter Albtraum. Doch er ist tapfer. Erholt sich von allen Rückschlägen, langsam, aber doch. Bis ich am Wochenende bei ihm am Bett stehe, zur Visite.

Herr L.: “Ich möchte, dass sie einmal in der Position sind, in der ich mich jetzt befinde.”

Ähm… nein danke?

Er blickt auf all die Schläuche, die an ihm hängen.

Zuhause habe ich noch einmal Zeit über das Gesagte nachzudenken. Es ist ja nicht so, dass wir PatientInnen absichtlich so verkabeln. Weils so lustig ist. Oder uns langweilig. Aber bei der alleinigen Vorstellung wochen- oder monatelang im Krankenhaus zu liegen, gruselt es mir. Zweier- oder Viererzimmer, dauernd das Husten, Schnarchen und Stöhnen der ZimmerkollegInnen. Piepsende Perfusoren, mehrmals tägliches Blutdruckmessen, 20 Tabletten den Tag über schlucken müssen. Dazu kommt ein zentraler Venenkatheter, der aus dem Hals ragt. Eine PDA, dazu der obligatorische Blasenkatheter. Überlappend zur parenteralen Ernährung eine Nasojejunalsonde mit Sondenkost. Ein VAC-Verband. Zwei Abdominaldrainagen. Eine Thoraxdrainage. 8 Schläuche, an denen man hängt. Ja, krank sein ist nicht lustig und ein Spital kein Wellnesshotel. Die Notwendigkeit eines Katheters/einer Drainage, sowie eines Medikamentes werd ich von nun an noch genauer evaluieren…

Scheinheilig

Als Ärztin bin ich eigentlich ziemlich scheinheilig und unglaubwürdig – wenn meine PatientInnen ob der Diskrepanz Bescheid wüssten!

“Ernähren Sie sich gesund, Ballaststoffe bliblablubb…” “Sport ist wichtig, am besten eine halbe Stunde pro Tag, auch wenn es nur ein Spaziergang ist!” “Essen Sie langsam und kauen Sie genügend…” “Schlafen Sie ausreichend…” “Hören Sie auf Ihren Körper…”

Und selbst? Schnell ein Sandwich vorm PC runterwürgen und fast täglich die obligatorische und auch von der Arbeitszeit abgezogene Mittagspause ignorieren. Auf Sport aber sowas von pfeiffen, weil man nach einem 16-Stunden-Arbeitstag kaputt ins Bett fällt, nachdem man noch ein Feierabendbier getrunken hat. Am besten noch eine Zigarette dazu, zwecks der Entspannung und so. Auf den Körper hören? Quatsch, brauch ich doch nicht, bin ja jung und gesund und fit!

Dibutylphthalat (DBP)

  Dibutylphthalat ist eine Wirkstoff mit aromatischem Geruch und hat Konsistenz  als eine farblose, ölige Flüssigkeit. Dibutylphthalat wird oft als Weichmacher in Nagelpflegeprodukten verwendet….

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Mein Hausarzt, der Superman

Herr A. ist Patient bei uns, stationär, Diabetiker, hat eine große Bauch-OP hinter sich und isst aufgrund diesem Umstand nur extrem wenig, sodass wir eine parenterale Ernährung (=über die Vene) gestartet haben. Normalerweise spritzt er zuhause ein lang wirksames Insulin, allerdings ist aufgrund seiner aktuellen Ernährungssituation sein Blutzucker mal bei 1, dann wieder bei einer Million (mindestens!). So haben wir das lang wirksame Insulin pausiert und spritzen ein kurz wirksames Präparat je nach Blutzuckerwert nach, bis sich die ganze Situation wieder normalisiert. Eines Tages beginnt Herr A. zu reklamieren. Vom kurz wirksamen Insulin werde ihm schlecht, deswegen besteht er auf sein Levemir, und wenn wir ihm das nicht spritzen, würde er sofort das Spital verlassen.

Menschenhandwerkerin: “Herr A., sobald sie wieder mehr essen, können wir die Ernährung über die Vene stoppen und wieder mit ihrem gewohnten Levemir-Schema beginnen.”

Herr A: “Aber von ihrem Insulin wird mir übel! Ich brauche mein Levemir, ich kenne mich besser als Sie mich!”

M: “Ich kenne Sie persönlich nicht gut, aber ich kenne ihre Blutzuckerwerte und dass diese bereits nach nur zwei Einheiten Levemir in den Keller gerasselt sind. Deswegen spritzen wir ein schnell wirksames Insulin nach, und bei stabiler Situation beginnen wir wieder mit dem Levemir.”

Herr A: “Mein Hausarzt, der mich seit Jahren kennt, hat mir dieses Schema erstellt, und sie werfen alles über den Haufen!”

M: “Ich zweifle nicht an ihrem Hausarzt. Die aktuelle Ernährungssituation ist allerdings eine Ausnahme, weswegen eine kurzzeitige Änderung der Insulintherapie erforderlich ist.”

Herr a: “Aber mein Hausarzt… Der ist ein Superman!!!”

Poop

Es ist Nachmittag, die Visite ist durch und es steht keine Operation mehr an. Also Zeit für Büroarbeit. Meine Arbeitskollegin im gleichen Zimmer ist am telefonieren, zu Beginn höre ich gar nicht richtig zu. Bis es interessant wird.

Arbeitskollegin: “Hat der Patient Passage?”

“Ob der Patient Passage hat?”

“Hat er Stuhlgang??”

“KAKA???????”

Erst dann verstand die Person am anderen Ende der langen, langen Leitung, was gemeint war. Kaka ist einfach universell.

Hey, ich wollte mal fragen, ob du Tipps für Famulanten in der Chirurgie hast :) Dankeschön im Voraus!

Es gibt allgemeine Tipps für alle FamulantInnen:

1. Stell dich vor, bei jeder Person. Klar, es sind viele Menschen und bei manchen wird man sich doppelt vorstellen, weil es einfach Unmengen an Gesichter sind, die einem/r unterkommen werden. Als Studentin hatte ich manchmal das Gefühl, sowieso Luft zu sein (heute verstehe ich den Grund: im Stress ist die Betreuung von Studis zusätzliche Arbeit, und die wird im Ernstfall vernachlässigt. Das hat nichts damit zu tun, dass sie einem/r wirklich egal sind.), aber heute fallen mir StudentInnen in erster Linie positiv auf, wenn sie sich mit Namen vorstellen. Der erste Eindruck zählt!

2. Seid pünktlich. Und wenn ihr es nicht seid, erklärt den Grund. Zu spät kommende StudentInnen erwecken den Eindruck, dass es für sie eh nur ein un- oder schlecht bezahltes Praktikum ist, das uninteressant ist. Was zur Folge hat, dass man auch weniger machen darf.

3. BesserwisserInnen mag niemand. Es ist super und bewundernswert, wenn jemand mehr als der Durchschnitt weiß und bei manchen StudentInnen weiß man schnell, dass sie echt was draufhaben. Das muss man nicht proaktiv zur Schau stellen. Wenn jemand wirklich gut ist, merkt man das im Rahmen der Famulatur, und nicht weil diejenige Person dauernd hyperintelligente Bemerkungen ungefragt von sich gibt.

4. Der Tag neigt sich zu Ende, die ÄrztInnen sind mit Bürokram und ihr wollt nachhause gehen? Fragt! Einfach abhauen erweckt einen schlechten Eindruck. Eine simple Frage, ob man noch etwas helfen kann, ist absolut okay!

Tipps für die Chirurgie:

– Lernt und übt nähen. Schlichte Einzelknopfnähte, Donati, Allgöwer und Intrakutannähte. Übt es vor der Famulatur, während der Famulatur wenn gerade eine Flaute herrscht, und abends zuhause. Ihr werdet öfter eingesetzt und nehmt zusätzlich einem Assi wirklich Arbeit ab damit! Nicht dass Letzteres eure Hauptaufgabe ist, ihr werdet trotzdem damit punkten. Abgesehen davon macht es Spaß, wenn man nicht nur wie ein Hund neben den Assis herlauft, sondern auch wirklich mal arbeiten kann.

– Anatomie ist das A und O in der Chirurgie. Wenn ihr wisst, für welche Operation ihr eingeteilt werd: Nehmt euch am Vorabend noch einmal den Atlas her und geht die Strukturen durch. Peinliches Schweigen auf eine einfache Anatomiefrage im OP ist unangenehm.

– Esst genug. Eine OP kann je nach Haus schnell mal in einen 6-Stünder ausarten. Müsliriegel in der Tasche sind Gold wert.

– Seid euch für keine Arbeit zu schade. Chirurgie bedeutet Hand anlegen. Gilt für die Studi- als auch die Zeit danach. Wer gefragt sein und eingesetzt werden will, hilft auch der Pflege. Katheter legen, Blutabnahmen, PatientInnen lagern – das alles gehört dazu!