Gesundheits-Know-How für Aschebersch

Zur Abwechslung mal ein Beitrag über die “Ärzte Zeitung”. Deren bekannt hochwertige Inhalte erfreuen nun auch ein medizinisches Laienpublikum in gedruckter Form. Jedenfalls dann, wenn diese das zweifelhafte Glück haben, am Bayerischen Untermain zu leben und zu den rund 77.000 Abonnenten der Tageszeitung “Main Echo” zu gehören:

Die “Ärzte Zeitung” aus der Fachverlagsgruppe Springer science+business media kooperiert mit dem Main-Echo Verlag und produziert gemeinsam mit diesem das Gesundheitsmagazin “Gesundheit!”, das die zirka 77.000 Abonnenten der Tageszeitung viermal im Jahr als kostenlose Beilage erhalten sollen.

Chefredakteur Wolfgang van den Bergh, Nachfolger von Thomas Kron, beweist Humor:

Für uns bietet das neue Magazin die Möglichkeit zu einer echten Zweitverwertung unserer Recherchearbeit.

Entwarnung: Ärzte Zeitung doch kein Homöopathenblatt

Die Scienceblogs nehmen die jüngste Bemerkung des Ex-Chefredakteurs der Ärzte Zeitung zum Anlass, sich Verbindungen zwischen dem Homöopathika-Hersteller DHU (Deutsche Homöopathie Union) und der Ärzte Zeitung anzusehen.

Trotz der gerne unterschätzten Finanzkraft des Unternehmens kann man vermuten, dass die DHU nicht die zentrale Finanzierungsquelle der “Ärzte Zeitung” darstellt. Tatsächlich darf man hier sogar vergleichsweise homöopathische Effekte vermuten.

Eine kleine Statistik mag die Kräfteverhältnisse verdeutlichen. Man suche mit Google auf den öffentlich zugänglichen Internetseiten der “Ärzte Zeitung” nach Berichten über Veranstaltungen, die von bestimmten Pharma-Unternehmen finanziert wurden. Das bedeutet in der Praxis, dass “Experten” dafür bezahlt wurden, wohlmeinende Statements zu bestimmten Präparaten des jeweiligen Unternehmens abzugeben und über ausgewählte positive Studienergebnisse zu referieren. Zur Steigerung der Breitenwirkung dürfen Fachjournalisten, i.d.R. auf Kosten des Veranstalters angereist, die Äußerungen des Experten einer breiteren Leserschaft zur Kenntnis bringen.

Die Tatsache, dass solche öffentlich zugänglichen Berichte gerade im Fall von verschreibungspflichtigen Medikamenten als Verstoß gegen das Heilmittelwerbegesetz gewertet werden könnten, dürfen wir an dieser Stelle – im Vertrauen auf das in der Vergangenheit offenbar eher geringe Interesse der Ärzte-Zeitung-Redaktion an diesem Gesetz – getrost vernachlässigen.

Die Deutsche Homöopathie Union (DHU) bringt es (Stand heute mittag) auf 18 einschlägige Treffer.

Zum Vergleich:

MSD: 502
AstraZeneca: 470
Pfizer: 402
(Sanofi-)Aventis: 377
Roche: 357
GSK: 330
Novartis: 259
Lilly: 174

und, last but not least

Wyeth: 2470

Ärzte Zeitung: "Bezahlte Redaktion" (Update 4)

In den Kommentaren zu einem Science-Blogs-Artikel über die “Ärzte Zeitung”, den wir hier bereits angesprochen hatten, findet sich ein bemerkenswerter Beitrag. Er gibt möglicherweise fundierte Einblicke in die Arbeitsweise dieses Blättchens, das viele Ärzte mit einer seriösen Informationsquelle verwechseln.

Der Kommentator gibt als Absender den Namen und akademischen Titel eines früheren Chefredakteurs der “Ärzte Zeitung” an. Auf jeden Fall erweckt er den Eindruck, gut mit den dortigen Gepflogenheiten vertraut zu sein.

Zum einen äußert sich der Kommentator zu der merkwürdigen Praxis der Online-Ausgabe des Blattes, Artikel über Arzneimittel mit deutlich werblichem Charakter entgegen den Vorschriften des Heilmittelwerbegesetzes öffentlich freizuschalten, während z.B. berufspolitische Artikel häufig nur nach Registrierung zugänglich sind:

Der Online-Inhalt der Ärztezeitung ist reine Zweitverwertung der Printausgabe. Nicht alle Online-Beiträge sind aber ohne Registrierung zugänglich – mit der Begründung Heilmittelwerbegesetz, was ein völliger Blödsinn ist. Die Registrierungspflicht hat allein den Hintergrund, so viel Daten über die die User zu bekommen wie möglich.

Noch interessanter seine Bemerkung über die Arbeitsweise der Redaktion bei medizinischen Fragestellungen:

[… Zitat gelöscht …] Ausserdem sind die verantwortlichen Chefredakteure keine Mediziner und verstehen rein gar nichts von dem, was in dem Blatt an Medizin drin ist.

Der Anschein spricht seit Jahren nicht nur bei alternativmedizinischen Präparaten, sondern auch und vor allem bei verschreibungspflichtigen Medikamenten dafür, dass diese Einschätzung nicht weit von der Realität entfernt ist.

Update: Bei dem Autoren des zitierten Kommentars (und der weiteren mit dem gleichen Namen versehenen Kommentare im gleichen Thread) handelt es sich wie vermutet um den Ex-Chefredakteur der Ärzte Zeitung. Das hat eine Nachfrage des ScienceBlogs-Autors bestätigt.

Update 2: Inzwischen hat er auch telefonisch bestätigt, Autor der Beiträge zu sein. (Danke, Marcus)

Update 3. 31.7.: Die ScienceBlogs-Redaktion hat den zitierten Kommentar mittlerweile ohne Begründung dort gelöscht.

Update 4 31.7.: Von einem Unternehmen beanstandete Behauptungen wurden gelöscht.