Die gefälschten Protokolle der Weisen von Zion – Vortrag bei der Israelitischen Religionsgemeinschaft Württembergs

Als ich vor zwei Jahren über die verheerende Wirkungsgeschichte der gefälschten “Protokolle der Weisen von Zion” und in 2016 das sciebook “Verschwörungsglauben” schrieb, ging es mir vor allem um deren “zweite Karriere”: Nachdem sie in der westlichen Welt vielfach widerlegt und durch den hasserfüllten Verschwörungsglauben der Nationalsozialisten diskreditiert worden waren, verbreiteten sie sich doch – mit ebenfalls furchtbaren Folgen – in der arabisch-islamischen Welt. Wenn Sie mir damals gesagt hätten, dass der Verschwörungsglauben an die “Protokolle” auch in deutsche Parlamenteweiter

Burkhard Gladigow und die europäische Religionsgeschichte von der griechischen Antike bis zu den Protokollen der Weisen von Zion

Sehr gerne erinnere ich mich an die Seminare mit Prof. Burkhard Gladigow an der Universität Tübingen. Die Religionsgeschichte der griechischen Antike, deren Mythen und Einflüsse bis in die heutige Zeit reichen, erschienen mir damals als sehr weit entfernt, aber doch als faszinierend. Damals verstand ich noch nicht, dass Gladigow mit diesen Arbeiten ein Tor aufgestossen und die Religionswissenschaft für die europäische Religionsgeschichte geöffnet hatte. Dass wir heute – endlich und völlig selbstverständlich – beispielsweise über Säkularisierungsprozesse auch unter Muslimen, die multireligiöse Szene in Leipzig oder die post-stalinistische Epoche der Republik Albanien forschen und schreiben können, hat wesentlich auch mit den Debatten zu tun, die er einst führte und gewann. Daran erinnerte nun Prof. Christoph Auffarth in einem Interview mit KurrT:

Die Protokolle der Weisen von Zion im baden-württembergischen Landtag

Als ich vor zwei Jahren aus den Reihen der Friedrich August von Hayek-Gesellschaft um einen Beitrag zu einer “Zusammenstellung der Hauptwerke der Unfreiheit” gebeten wurde, stand meine Wahl schnell fest: Die gefälschten “Protokolle der Weisen von Zion” hielt und halte ich für eine der verhängnisvollsten Schriften der Weltgeschichte, die alte und neue Verschwörungsmythen zu einem umfassenden Verschwörungsglauben verbanden. So trugen sie direkt zu Hass und Verleumdungen und schließlich zu Gewalt und Schoah bei, indirekt aber auch zu einer generellen Schwächung von Liberalismus und Demokratie. Denn wer an eine weltweite Superverschwörung glaubt, wird die Ideen von Freiheitsrechten, vernünftigen Diskursen und Gewaltenteilung als naiv oder sogar selbst verschwörerisch zurückweisen. Viele Liberale und Libertäre haben es noch immer nicht verstanden: Man kann nicht gleichzeitig freiheitlich und verschwörungsgläubig sein! Der sich ausbreitende Rechtspopulismus von Trump über Le Pen bis zum schnell erstarkenden, rechten AfD-Flügel ist zutiefst freiheitsfeindlich. Das fazbuch “Verlockungen zur Unfreiheit”, herausgegeben 2015 von Karen Horn. Mein darin enthaltener Beitrag über die gefälschten “Protokolle der Weisen von Zion” findet sich auf S. 375 – 378 So heißt es in den “Protokollen” auch ganz direkt: Politische Freiheit ist ein Gedanke, aber keine Tatsache. […] Diese Aufgabe ist leichter zu lösen, wenn der Gegner sich selbst schon mit der Idee der Freiheit angesteckt hat, dem sog. Liberalismus, und wegen dieser Idee geneigt ist, etwas von seiner Macht abzugeben.

Netzkultur nach Paris und Brüssel: Trauerkritik, Terrorangst, Antisemitismus und das Gift der Menschenfeindlichkeit

Es war wohl mal wieder Zeit für einen neuen Verschwörungsvorwurf in meiner persönlichen Sammlung: Nachdem ich vor vielen Jahren mal als vermeintlich “heimlicher Muslim” ausgespäht, dann von Rechtsextremen als “Islamfreund” angeklagt und bei Antitheisten als “evangelikaler Religiot” ausgezeichnet worden war, darf ich mich nun auch über das Prädikat des “christlichen Zionisten” freuen. Vielen Dank! Hintergrund war eine Facebook-Debatte zur “Trauerkritik”, wie sie inzwischen nach jedem Terroranschlag in Europa seit Paris im Januar 2015 erhoben wird – entsprechend hat sich bemerkenswerterweise eine jeweils französische Schreibweise der Mitleidsbekundungen durchgesetzt. Der Vorwurf der “Trauerkritiker” lautet, dass viele angesichts europäischer Opfer “jetzt plötzlich” Betroffenheit zeigten, für die Toten der Anschläge etwa in Ankara oder Istanbul aber keine Empathie gezeigt hätten. Dagegen wird dann wiederum vorgebracht, dass dies doch wohl menschlich sei und beispielsweise Deutsch-Türken doch auch kaum Trauer um die Toten von Boston, Bagdad, Beirut oder Yola (Nigeria) demonstriert hätten. Unter dem Stichwort des “Empathy Gap” wird dieser Sachverhalt schon seit einiger Zeit und auch international diskutiert. Mit welchem Leid identifizieren wir uns mehr oder weniger? Hashtag-Sammlung rund zur Netz-Trauerkritik. Nun hatte ich mir also erlaubt, in diesen Debatten darauf hinzuweisen, dass ich auch emotional unterschiedliche Betroffenheiten je nach regionaler und kultureller Nähe (also klassischer Gruppenzuschreibung) durchaus nachvollziehen könne, es mir aber schon reichen würde, wenn sich niemand mehr über zivile Opfer von Terrorattentaten freuen würde – zum Beispiel auch in Israel. Der Terrorismus könne nur niedergerungen werden, wenn jede Unterscheidung in “gerechtfertigten” oder “ungerechtfertigten” Terror unterlassen und stattdessen Angriffe auf Zivilisten in jederweiter

Die Gefahr durch Religion(en) – Not in God’s Name von Rabbiner Baron Jonathan Sacks

Rabbiner Jonathan Sacks – bis 2013 Oberrabbiner in Großbritannien, von der Queen 2005 in den Ritter- und 2009 in den Baronstand erhoben – gilt als einer der bedeutendsten, lebenden Gelehrten des Vereinigten Königreichs. 2009 hatte ich einen seiner Vorträge bei “Theos” einmal ins Deutsche übersetzt (abrufbar hier). Umso überraschter war ich, bei einer Rezension seines neuen Buches “Not in God’s Name” in der New York Times durch David Brooks plötzlich auf meinen Namen und Arbeiten zur Religionsdemografie zu treffen. Also erstand ich mir dieses Werk, sobald wieder Zeit zum Lesen war: “Not in God’s Name. Confronting Religious Violence” von Jonathan Sacks.

Sufferance is the badge

Dass Juden bis zurück in antike, polytheistische Gesellschaften verfolgt wurden, sollte nicht mehr zur Debatte stehen. Die Belege sind vielfältig, die alten Denunziationen werden immer wieder eingesetzt. Selbst die Kennzeichnung, die der nationalsozialistische Staat Juden aufzwang, war keine neue Erfindung, er geht zurück auf das 12. Jahrhundert – bereits damals mussten Juden gelbe Erkennungszeichen auf der Kleidung befestigt tragen, damit jeder sofort erkannte, mit wem er es zu tun hatte.[foot]Das hätte den Stürmer-Lesern in den 1930ern und 1940ern zu denkenweiter