Besuch des Archivs einer Gelehrtenbibliothek

Nun ging mir plötzlich auf, dass die Bücher nicht selten von anderen Büchern sprechen, ja, dass es mitunter so ist, als sprächen sie miteinander. Und im Licht dieser neuen Erkenntnis erschien mir die Bibliothek noch unheimlicher. War sie womöglich der Ort eines langen und säkularen Gewispers, eines unhörbaren Dialogs zwischen Pergament und Pergament? Also etwas Lebendiges, ein Raum voller Kräfte, die durch keinen menschlichen Geists gezähmt werden können, ein Schatzhaus voller Geheimnisse, die aus zahllosen Hirnen entsprungen sind und weiterleben nach dem Tod ihrer Erzeuger? Oder diese fortdauern lassen in sich? Adson von Melk in Der Name der Rose, S. 181.

Die Bibliothek – Inbegriff der Schriftkultur

Die sicherlich am deutlichsten wahrnehmbare Infrastruktur, die um das Buch herum entstanden ist, ist die der Speicherung: die Bibliothek. Manche Bibliotheken wurden im 19. Jahrhundert als wahre Kathedralen der Schriftkultur errichtet. Ganz am Anfang waren Bibliotheken jedoch kaum mehr als Archive. Archive haben die Funktion, Texte zu registrieren, abzulegen und für eine bestimmte Nutzung zugänglich zu halten. Schon in der griechischen Antike wurden Schriftrollen in speziellen Räumen in Tempeln gelagert. Mit der Bibliothek von Alexandria und der ersten öffentlichen Bibliothek in Romweiter