EuGH billigt Parallelhandel – zum Teil
Pharmaunternehmen dürfen nur in bestimmten Fällen durch Lieferboykott oder Mengeneinschränkungen Grosshändler benachteiligen. Das hat der Europäische Gerichtshof in einem gestern veröffentlichten Urteil festgestellt. In dem Verfahren ging es um die Bestellungen der griechischen Grosshändler, die von GlaxoSmithKline (GSK) nicht mehr beliefert worden sind, da sie die Medikamente auch in andere Mitgliedstaaten exportieren.
Griechenland gehört zu den Ländern der EU mit den niedrigsten Arzneimittelpreisen. Mit dem Verweis auf die Knappheit der GSK-Medikamente und einer Änderung des Vertriebssystem sollten Exporte in Ländern mit höheren Preisen, wie Deutschland unterbunden werden. GSK begann, im Jahr 2000 diese Arzneimittel den griechischen Krankenhäusern und Apotheken selbst zu liefern.
Das Gericht verwies auf die Beurteilung der Angemessenheit und der Verhältnismässigkeit der Massnahmen. Nach Auffassung des EuGHs sollte das Kriterium sein, ob die von den Grosshändlern aufgegebenen Bestellungen normal sind – was die nationalen Gerichte entscheiden sollen.
Die Ärzte Zeitung spricht von einem vagem Urteil. Vom europäischen Verband der Parallelimporteure (EAEPC) wird der Beschluss als Sieg für den Wettbewerb wie erwartet gefeiert. Der von der Financiel Times zitierte Lobby-Anwalt der internationalen Kanzlei Covington & Burling sieht einen Vorteil für die Pharmakonzerne, da das Gericht erstmalig den Pharmaunternehmen Einschränkungen des Vertriebs und die Kontrolle der Vertriebswege zubilligte.
Es brauchte 8 Jahre, bis der Streit vom Europäischen Gerichtshof entschieden worden ist. Das Urteil könnte bald schon Makulatur sein, da die Pharmaindustrie auf das Verbot des Parallelhandels dängt. Begründet wird dies mit den Gefahren für die Arzneimittelsicherheit. EU-Kommissar Verheugen will nach einem internen Richtlinien-Entwurf das Umpacken von Arzneimitteln verbieten und ein ArzneimittelIdentifikationssystem einführen. Ungeachtet der Tatsache, dass, wie Dr. Michael Nell vom AOK-Bundesverband in der Ärzte Zeitung sagte, in Deutschland seit der Einführung des Parallelhandels im Jahr 1975 kein Fall bekannt geworden sei, der zu einer Beeinträchtigung der Arzneimittelsicherheit geführt habe.
Alleine in Deutschland beträgt das Einsparvolumen durch den Import preiswerterer Medikamente aus anderen EU-Ländern nach Angaben des AOK-Bundesverbandes 190 Millionen Euro.