Deutsche Medien ignorieren Wissenschaftsskandal

Weit über eine Woche ist vergangen, seit die internationale Presse in breiter Front über den vielleicht spektakulärsten und folgenreichsten Wissenschaftsskandal der vergangenen Jahrzehnte berichtet hat.

Nicht so die deutschsprachigen Medien. Außer im Deutschen Ärzteblatt fand sich lediglich in der Wiener Zeitung ein Bericht.

Die Autorin dieses Artikels zeigt sich denn auch in einem Blogkommentar verwundert:

Was ich absolut nicht verstehe, ist dagegen das Schweigen sämtlicher Agenturen zu dem, worüber sämtliche US-Medien von Rang und Namen seit vergangener Woche berichtet haben. Derartiges ist mir in den bald 40 Jahren meiner journalistischen Tätigkeit noch nie untergekommen und mir fehlt jeder Erklärungsansatz dafür.

Weiterhin werden in Deutschland täglich vermutlich tausende von Patienten postoperativ auf der Grundlage von Leitlinien mit teuren Medikamenten wie Celebrex® behandelt, deren Nutzen-Risiko-Profil nicht zuletzt anhand von frei erfundenen Studiendaten ermittelt wurde.

Deutsche Medien ignorieren Wissenschaftsskandal (Update)

Weit über eine Woche ist vergangen, seit die internationale Presse in breiter Front über den vielleicht spektakulärsten und folgenreichsten Wissenschaftsskandal der vergangenen Jahrzehnte berichtet hat.

Nicht so die deutschsprachigen Medien. Außer im Deutschen Ärzteblatt fand sich lediglich in der Wiener Zeitung ein Bericht.

Die Autorin dieses Artikels zeigt sich denn auch in einem Blogkommentar verwundert:

Was ich absolut nicht verstehe, ist dagegen das Schweigen sämtlicher Agenturen zu dem, worüber sämtliche US-Medien von Rang und Namen seit vergangener Woche berichtet haben. Derartiges ist mir in den bald 40 Jahren meiner journalistischen Tätigkeit noch nie untergekommen und mir fehlt jeder Erklärungsansatz dafür.

Weiterhin werden in Deutschland täglich vermutlich tausende von Patienten postoperativ auf der Grundlage von Leitlinien mit teuren Medikamenten wie Celebrex® behandelt, deren Nutzen-Risiko-Profil nicht zuletzt anhand von frei erfundenen Studiendaten ermittelt wurde.

Update: Immer noch herrscht Funkstille in Deutschland, nur die Wiener Zeitung legt in ihrer Samstagsausgabe noch einmal nach.

Indessen liegen der “Wiener Zeitung” seit Erscheinen des Erstartikels über den Wissenschaftsbetrug vor einer Woche Patientenberichte vor, die einen hinsichtlich der Nicht- und Nebenwirkungen das Gruseln lehren könnten. Denn auch in Österreich verläuft das Schmerzmanagement nach den Richtlinien, die Reuben/Pfizer vorgegeben haben.

An der Sprachbarriere alleine kann es nicht liegen. “Le Monde” bringt das Thema morgen angemessen illustriert und in großer Aufmachung.

Naturheilkunde in der Transfusionsmedizin

Der Tagesspiegel hat weitere Hintergründe zu dem “Bio-Viagra-Skandal” an der Charité. Danach gibt es personelle Verbindungen zwischen dem Unternehmen, das das neue Potenzmittel auf dem Markt bringen wollte und dem Institut für Transfusionsmedizin, an dem der Medizinstudent seine “Versuche” durchführte.

Dort sitzen einige Anhänger von pflanzlichen Präparaten.

Es ist nicht das erste Mal, dass Institutsleiter Kiesewetter in den Medien ist. 1999 präsentierte er eine Studie, die zeigen sollte, dass Knoblauchpräparate gegen Gefäßverkalkung helfen. Die Studie wurde von Wissenschaftlern kritisiert, aber die „Unterstellung vorsätzlicher Datenmanipulation“ wies die Charité nach einer Kontrolle als „abwegig“ zurück. Die Studie zeigte allerdings Fehler in der statistischen Analyse auf, die korrigiert werden mussten. Danach war ein positiver Effekt nur noch bei Frauen nachweisbar. Keine gute Nachricht für die Firma Lichtwer, die die Versuche finanziert hatte und mit Präparaten wie Kwai-Knoblauchpillen ihr Geld verdiente.

In einem anderen Fall über den der Tagesspiegel berichtet, geht es um einen Extrakt aus Cistus incanus Pandalis® zur Vorbeugung sowie der begleitenden Behandlung von bakteriellen Infektionen der oberen Atemwege (Tonsillopharyngitis), das Kiesewetter erfolgreich getestet hat – in einer offenen, kontrollierten Studie. Die Ergebnisse wurden in der bedeutenden Zeitschrift Erfahrungsheilkunde veröffentlicht. Für den Hersteller “Dr. Pandalis Urheimische Medizin” war der Institutsleiter nach Angaben des Tagesspiegels als wissenschaftlicher Berater tätig. Wobei er im Januar noch in PR-Meldungen als Experte aufgetreten ist. SPON hat das Präparat vor drei Jahren mit der Schlagzeile: Lutschen gegen die Vogelgrippe begleitet. Auf dem Höhepunkt der Vogelgrippe-Hysterie waren die Medien kopflos dem Stichwort gefolgt. Von der Verbindung mit Vogelgrippe hatte sich das Unternehmen später distanzert. Die Ergebnisse einer neuen Studie von Kiesewetter, deren Veröffentlichung in Pressemitteilungen von Dr. Pandalis für 2008 angekündigt wurde, sind noch nicht erschienen.

Ein weiteres Beispiel: Schwarzkümmel lindert Allergiebeschwerden. Auch ein Forschungsgegenstand der Transfusionsmediziner der Charité. In Pressemitteilungen firmiert Kiesewetter auch als Leiter eines “Arbeitskreises Immunologie”, über den ausser durch Pressemeldungen nichts zu erfahren ist. Die Telefonnummer deutet auf eine Praxis in München. Dessen Empfehlungen werden vom arznei-telegramm als “distanzlose und unwissenschaftliche Werbetätigkeit” mit Schadenspotential gebrandmarkt.

Schon im Jahr 2000 wurde in der Zeitschrift “Internistische Praxis” auf das Wirken des Instituts und den Imageschaden für die Charité hingewiesen.

… eine nicht begründete bzw. wissenschaftlich nicht belegte Empfehlung, die vordergründig zunächst dem Hersteller bzw. Verkäufer von Schwarzkümmelöl nützt, nicht aber dem Ansehen der Medizinischen Fakultät der Humboldt-Universität Berlin”

Zu Recht fragen sich endlich einige Verantwortliche in der Charité, was das mit “Transfusionsmedizin” (und mit Wissenschaft) zu tun hat. Der deutsche Hang zum Universalgelehrten ist nicht zu besiegen.


Update:
Der Spiegel hat nach einer Woche ähnliches rausgefunden – der Fall “Cistus incanus Pandalis” ist dem Autor nicht über den Weg gelaufen.

Das Internet ist böse

Impfmüdigkeit durchs Internet.

Besonders nett ist die offen Bewerbung um Forschungsgelder aus der Pharmaindustrie:

Ihre psychologisch und methodisch fundierte Grundlagen- und Anwendungsforschung will die Gruppe fortsetzen, um der aktuellen Tendenz zur Impfmüdigkeit entgegenzuwirken. Zur Durchführung gemeinsamer Forschungsvorhaben suchen sie nach Partnern.


Update:
Nach Aussage der Wissenschaftlerin sei eine Förderung durch die Industrie nicht intendiert.

Allwettertaugliche Zeckenexperten

2004

Zecken sind auf dem Vormarsch

Gesundheit: Der milde Winter und der feuchte Sommer haben dafür gesorgt, dass die Plagegeister auch im Kreisgebiet vermehrt vorkommen.

2005

Robert-Koch-Institut schlägt Zecken-Alarm

Weil der Winter zu mild war, beginnt die Blutsauger-Plage in diesem Jahr früher

2006

Eis und Schnee lässt Zecken kalt

Der kalte und Schnee reiche Winter in diesem Jahr hat den Zecken nach Einschätzung der Borreliose-Gesellschaft nichts anhaben können. “Zecken überleben auch bei Eis und Frost. Ein Winter wie dieser macht ihnen überhaupt nichts aus”, sagte der Präsident der Gesellschaft, Hartmut Prautzsch, in einem dpa-Gespräch.

2007

Forscher warnen vor Zeckenplage

Der milde Winter mit seinen frühlingshaften Temperaturen kann für die Bundesbürger nach Ansicht von Wissenschaftlern noch unangenehme Folgen haben.

Milder Winter – Zeckenplage droht

Experten raten zur Impfung gegen die Frühsommer-Meningo-Enzephalitis (FSME). Die durch Zeckenstiche übertragene Virus-Infektion kann zu einer lebensbedrohlichen Hirnhautentzündung führen.

2008

Warmer Winter begünstigt die Zecken

Heuer muss man aufgrund des Wetters wieder mit einer Zeckenplage rechnen. Amtsarzt Klaus Fillafer rät zu einer Schutzimpfung gegen FSME, die gefährliche Hirnhautentzündung.

Warum 2008 wieder mehr Zeckenerkrankungen zu erwarten sind

Da der Herbst 2007 aber kalt und der Winter 2007/2008 kalt genug für die Zecken waren, werden wir 2008 wieder mehr Zecken und in der Folge mehr Zeckenerkrankungen zählen.

2009

Zecken mögen kalte Winter

Bei den Zecken führen kalte Winter sogar eher dazu, dass ihre Zahl steigt.” Denn Schnee und Frost schützen die Zecken in der Phase ihrer Kältestarre. Darüber hinaus können in warmen und feuchten Wintern die Zecken von Pilzen geschädigt werden.

Frostwinter senkt Infektionsgefahr durch Zecken nicht

Der frostige Winter hat nach Ansicht eines Forschers die Infektionsgefahr durch Zecken nicht verringert. Er fordert daher zur Impfung gegen die Viruskrankheit FSME auf, die typischerweise durch die Tiere übertragen wird.

Traumberuf Medizinjournalist (XIII)

Wieder einmal ein Beispiel für die Qualität des Journalismus, wenn es um Medizinthemen geht: Experten halten Potenzmittel-Meldung für PR-Coup. Irgendwie scheinen da einige Sicherungen auszusetzen, wenn die Begriffe “Viagra” oder “Potenzmittel” fallen.

Die Nebenwirkungen des Bio-Potenzmittels waren im Übrigen auch ein wenig heftiger, als es in den bisherigen Berichten den Anschein hatte. Bei den 25 Probanden, die das Mittel eingenommen hatten, kam es laut Schröder in sieben Fällen zum Durchfall – “allerdings intensiverer Natur”, wie der Student einräumt: “nicht kalkulierbar und explosionsartig”.

Merz versieht illegale Axura®-Werbung mit Zugangsschutz

Die Firma Merz Pharma Austria hat auf unseren vor einigen Tagen erschienenen Artikel reagiert und im Laufe des heutigen Tages die Werbung für das Alzheimer-Medikament Axura® wie gesetzlich gefordert mit einem Zugangsschutz für Fachkreise versehen. Auch die Werbung für weitere verschreibungspflichtige Merz-Produkte (Hepa-Merz®, Rheumon® und Rheumon Depot®) ist seit heute nur noch Fachkreisen zugänglich.

Unsere Bitte um Stellungnahme, auch zu den Verbindungen von Merz zur Firma Medcom International und zur “Deutschen Seniorenliga”, blieb bislang ohne Antwort.

Merz versieht illegale Axura®-Werbung mit Zugangsschutz…

Die Firma Merz Pharma Austria hat auf unseren vor einigen Tagen erschienenen Artikel reagiert und im Laufe des heutigen Tages die Werbung für das Alzheimer-Medikament Axura® wie gesetzlich gefordert mit einem Zugangsschutz für Fachkreise versehen. Auch die Werbung für weitere verschreibungspflichtige Merz-Produkte (Hepa-Merz®, Rheumon® und Rheumon Depot®) ist seit heute nur noch Fachkreisen zugänglich.

Unsere Bitte um Stellungnahme, auch zu den Verbindungen von Merz zur Firma Medcom International und zur “Deutschen Seniorenliga”, blieb bislang ohne Antwort.

Update

Merz hat nun geantwortet. Der Informationsgewinn bleibt jedoch begrenzt:

vielen Dank für Ihren Hinweis hinsichtlich unserer österreichischen Seiten. Wir haben selbstverständlich alle werblichen Informationen zu Memantine von den allgemein zugänglichen Seiten entfernt.

Mit freundlichen Grüßen

Kartfahren mit STADA

Die ZDF-Sendung Frontal 21 berichtet heute abend um 21 Uhr über Korruptionsvorwürfe gegen den Pharmakonzern STADA:

Das Ganze sei zum Beispiel über Kart-Rennen gelaufen, zu denen auch Arzthelferinnen und die Familien der Ärzte eingeladen worden seien. Auch Karten zu wichtigen Sportereignissen hätten zum Angebot der STADA-Pharmareferenten gehört. Ein STADA-Insider gegenüber “Frontal 21”: “Wir hatten eine Loge im Frankfurter Fußballstadion, auf Schalke und Sitzplätze in der Münchener Allianzarena. Und da wurden natürlich nur Ärzte eingeladen, die auch Umsatz gemacht haben. Man könnte sagen: Eine Hand wäscht die andere.”

Um ihren Umsatz mit STADA-Produkten nachzuweisen, hätten manche Ärzte sogar ihre Verordnungsdateien ausgedruckt vorgelegt oder den STADA-Pharmareferenten Einblick in ihre Computer gewährt. “Wir haben dann gewisse ausgehandelte Prozentsummen an den Arzt direkt wieder gezahlt.” Zur Abwicklung dieses Geschäfts hätten manche Ärzte auch fiktive Fortbildungsveranstaltungen oder Seminare in Rechnung gestellt. “Es wurde Umsatz gekauft. Das ist bis heute so”, sagt ein weiterer ehemaliger STADA-Mitarbeiter gegenüber “Frontal 21”.

Cholesterinspiegel senken – ohne Pillen

Wird ein erhöhter Cholesterinspiegel gemessen, steigt bei Patienten gleichzeitig das Risiko von Herzinfarkt, Arterienverkalkung und Schlaganfällen. So wird es jedenfalls immer behauptet…
Und dann wird im allgemeinen darauf hingewiesen: “Sie müssen ihr Cholesterin senken!” Viele Ärzte verordnen hierfür Medikamente: Cholesterinsenker.
Viele Patienten bekommen jedoch zu schnell Medikamente verordnet, die wiederum andere Krankheiten begünstigen können, so Dr. Volker […]