Medizin in scienceblogs.de

Seit fast 1,5 Jahren präsentiert Burda als Minderheitsgesellschafter beim US-Unternehmen “ScienceBlogs”, das zur Seed Media Group gehört, gebloggte Wissenschaft auf deutsch. ScienceBlogs.de soll neue und intelligente Zugänge zu wissenschaftlichen Themen eröffnen. Nach Aussagen des Geschäftsführers ist ScienceBlogs ein Beispiel für Qualitätsinternet.

Wie sieht die Qualität bei Medizinthemen dort aus? Aktuell wird in einem Beitrag wild über Psychopharmaka als Auslöser des Amoklaufs von Winnenden spekuliert (mit voller Namensnennung des Täters, aber falscher Schreibweise). Sonstige Themen beschänken sich auf die HPV-Impfung oder Präimplantationsdiagnostik, die eher unkritisch bewertet werden und Komplementärmedizin, die grundsätzlich verdammt wird. Unterbrochen wird dies von der täglichen Linksammlung der Redaktion, wenn sie ein Medizinthema enthält. Nicht zu vergessen so wichtige Themen wie die die erhöhte Herz-Kreislauf-Sterblichkeit in Nähe von Fast-Food-Restaurants oder der Hinweis auf neue Folgen von Dr. House. HIV/AIDS ist auch beliebt, darunter ein Posting, das die Lage in Washington DC mit der in Westafrika gleichsetzt. Eine Industrienation mit Spitzenmedizin gegen eine Region in der “Gesundheitsversorgung” ein Fremdwort ist. Insgesamt nur 16 Artikel in fast vier Wochen.

Traurig, wie die Medizin, oft als wichtigste Wissenschaft unserer Zeit gewürdigt, in einem “Qualitätsportal” zugrunde geschrieben wird.

Global Players

Den Lesern und Autoren der bislang eher beschaulichen deutschen Fachzeitschrift “Orofacial Orthopedics / Fortschritte der Kieferorthopädie” (JOO/FdK) bläst seit kurzem der rauhe Wind des internationalen Wissenschaftsgeschäfts ins Gesicht.

Wenig Begeisterung entfachte das offizielle Organ der Deutschen Gesellschaft für Kieferorthopädie (DGKFO) zunächst mit der Idee, der Januarausgabe der Zeitschrift eine “Information” eines Herstellers von hochpreisigen Zahnspangen beizulegen. Das Beiblatt war in den Farben der Zeitschrift gehalten und lediglich im Kleingedruckten als Werbebeilage zu erkennen.

Die innovative Idee hat offenbar bei einigen Lesern der Zeitschrift für “Unmut und Verwirrung” gesorgt. In einer pdf-DateiStellungnahme der DGKFO heißt es:

Der DGKFO-Vorstand und die Schriftleitung bedauern, dass sich auf dem Beiblatt der Fa. Align Technology Inc. kein eindeutiger Hinweis befand, dass es sich hier in erster Linie um eine Industrie-Information mit Werbecharakter handelt.

Die Empörung der Leserschaft führt die DGKFO auf deren mangelnde Erfahrung auf dem internationalen Wissenschaftsparkett zurück:

Diese besondere Art der Industrie-Information erfolgte in unserer Zeitschrift zum ersten Mal, ist aber in anderen wissenschaftlichen Zeitschriften durchaus üblich.

Neben der Einführung von innovativen Finanzierungsmaßnahmen hat sich die DGFKO als weiteres Projekt die Steigerung des “Impact Factors” auf die Fahnen geschrieben, einer Maßzahl für die Bedeutung von wissenschaftlichen Zeitschriften. Bislang ist das Blatt noch nicht in pdf-Dateider Liste der entsprechend bewerteten einschlägigen Publikationen zu finden und rangiert somit hinter der Konkurrenz aus Norwegen und Australien im Impact-Nirwana.

Entscheidend für die Berechnung des “Impact-Faktors” (IF) ist die Häufigkeit, mit der Beiträge aus einer Zeitschrift zitiert werden. Die DGKFO gibt deshalb pdf-Dateiklare Anweisungen an die Autoren und Gutachter (Hervorhebungen aus dem Original):

Der IF des Journal of Orofacial Orthopedics/Fortschritte der Kieferorthopädie (JOO/FdK) für 2009 wird Mitte 2010 bekannt gegeben.
* Gezählt werden Zitate von JOO/FdK-Arbeiten in allen wissenschaftlichen Zeitschriften – “Eigenzitate” in JOO/FdK sollten 20% nicht überschreiten !!
>>> Wer Publikationen in wissenschaftlichen Zeitschriften vorbereitet oder als Reviewer begutachtet, möge darauf sehen, dass ab sofort JOO/FdK-Publikationen aus den Jahren 2007 und 2008 fleißig zitiert werden.

und heute war schon wieder Montag

ein garfieldiesker Montag, sozusagen. Aber eigentlich kann ich nicht meckern. Montag halt.
Gestern wurde es natürlich viel zu spät. Das Wochenende hat meinen Schlafrhythmus selbstredend komplett umgestellt, gestern abend war es selbstredend weit nach Mitternacht, und heute morgen tat das Aufstehen sehr sehr weh. Aua. Halb sechs ist wirklich immernoch eine äußerst unangenehme Uhrzeit.
Naja, hilft ja […]

Bankhofer: "Intrige war drei Jahre vorbereitet"

“Mr. Gesundheit” hofft auf ein Comeback:

news.de: Die breite Öffentlichkeit in Deutschland kennt Sie als Gesundheitsexperte aus dem ARD-Frühstücksfernsehen. Dort treten Sie aber seit dem Sommer 2008 nicht mehr auf, weil sich der WDR als Produzent von Ihnen getrennt hat.

Bankhofer: Das war eine Intrige.

news.de: Dass Sie rausgeworfen wurden?

Bankhofer: Ja, und diese Intrige war drei Jahre vorbereitet worden – von Medizinjournalisten, von Wissenschaftlern, und es dürften auch ein oder zwei Pharmaunternehmen beteiligt gewesen sein.

Nicht beteiligt an der Intrige war nach Informationen der Stationären Aufnahme dagegen der usbekische Geheimdienst SNB.

Wahlverweigerung bei "Meine Wahl"

Nächsten Mittwoch, am 18. März, sollte in Berlin eine Veranstaltung zur “Mitbestimmung der Patienten bei der Hilfsmittelversorgung” stattfinden. In das Rote Rathaus hatte die Landesvereinigung Selbsthilfe Berlin eingeladen. Mitbestimmung Hilfsmittelversorgung – da war doch was?

Im Juni 2008 hatte ein “Aktionsbündnis meine Wahl” auf sich aufmerksam gemacht. Der “Zusammenschluss von Menschen mit Behinderungen, Selbsthilfevereinigungen, Hilfsmittelherstellern und Versorgungspartnern wie Sanitätshäusern und Homecare-Unternehmen” hatte sich als eine Astrosurfing-Kampagne der PR-Agentur Weber Shandwick im Auftrag des Bundesverband Medizintechnologie (BVMed) erwiesen.

Die meisten Selbsthilfeverbände und -gruppen hatten den Auftraggeber erkannt und wollten sich nicht, so wie die Bundesarbeitsgemeinschaft Selbsthilfe für die Interessen der Hilfsmittelhersteller instrumentalisieren lassen. Derzeit finden sich als Unterstützer auf der merklich verwaisten Internetseite (nächster Termin: 20. November 2008 in Hamburg) nur 86 Namen, darunter alleine 32 Selbsthilfegruppen zu Thema “Schnarchen/Schlafapnoe” und mindestens 25 Unternehmen und Dienstleister aus der Hilfsmittelbranche.

Unter den Unterstützern der Kampagne aus den Reihen der Selbsthilfe ist die Landesvereinigung Selbsthilfe Berlin das renomierteste Aushängeschild. Ihr stellvertretender Vorsitzender, der auch als Moderator bei der Diskussionsrunde nächste Woche vorgesehen war, darf sein Testimonial ganz oben auf der Internetseite präsentieren:

Deshalb bin ich froh darüber, dass sich neben den Patienten-Selbsthilfeorganisationen auch Leistungserbringer und Fachleute aus der Gesundheitswirtschaft und –wissenschaft im Bündnis ‘meine Wahl!’ zusammenschließen, um auf breiter Front gegen den Widersinn anzukämpfen, der unter der verlogenen Flagge ‘Wettbewerbsstärkung’ segeln will.

Nun musste er eine Absage der Veranstaltung wegen “mangelnder Bereitschaft zur Mitwirkung auf verschiedenen Seiten” verkünden.

Ein Desaster für die Kommunikationsexperten von Weber Shandwick und die Lobbyisten des BVmed als Auftraggeber – jedoch ein Lichtblick für die Bemühungen nach Transparenz und Unabhängigkeit.

JAMA-Herausgeber beschimpfen kritischen Wissenschaftler

Faszinierende Einblicke in den medizinischen Wissenschaftsbetrieb eröffnet ein aktueller Disput zwischen den Herausgebern des renommierten Journal of the American Medical Association (JAMA) und dem Medizinprofessor Jonathan Leo, tätig an einer wenig prestigeträchtigen kleinen Universität in der amerikanischen Provinz.

Jonathan Leo hatte das JAMA bereits vor fünf Monaten darauf aufmerksam gemacht, dass Robert Robinson als Erstautor einer Studie über das Antidepressivum Lexapro® des Pharmakonzerns Forest Laboratories (in Deutschland von Lundbeck vermarktet als Cipralex®) versäumt hatte, seine finanziellen Verbindungen zu dem Hersteller des Medikaments offenzulegen. Weiterhin hatte Robinson vergessen, in seinem Artikel darauf hinzuweisen, dass die medikamentöse Therapie in der Studie im direkten Vergleich nicht besser abgeschnitten hatte, als die Verhaltenstherapie. Nachdem eine Reaktion zunächst monatelang unterblieb, veröffentlichte Leo vor einigen Tagen auf der Web-Site des ebenso renommierten British Medical Journal (BMJ) einen ausgesprochen lesenswerten Brief, in dem er u.a. Robinsons medikamentenfreundliche Interpretation seiner Studie in Frage stellte und darauf hinwies, dass dieser entgegen den Richtlinien des JAMA seine finanziellen Beziehungen mit Forest Laboratories nicht angegeben hatte. Leo führte in seinem Brief den Fall als Beispiel für die generell nachlassende Glaubwürdigkeit von medizinischen Publikationen an.

Kurz darauf erreichte Leo ein Anruf des stellvertretenden Chefherausgebers des JAMA, Phil Fontanarosa. An diesen erinnert sich Leo folgendermaßen:

“He said, ‘Who do you think you are,’ ” says Leo. “He then said, ‘You are banned from JAMA for life. You will be sorry. Your school will be sorry. Your students will be sorry.”

Anschließend telefonierte JAMA-Chefherausgeberin Catherine DeAngelis mit Leos Vorgesetzten und versuchte so, diesen zur Rücknahme seines Briefes zu bewegen. Auf direkte Nachfrage von Leo zeigte sie sich höchst verärgert, konnte aber keinen konkreten Punkt in seiner Veröffentlichung nennen, an dem sie sich stören würde.

Gegenüber dem WSJ Health Blog zeigte sie sich dünnhäutig:

“This guy is a nobody and a nothing” she said of Leo. “He is trying to make a name for himself. Please call me about something important.” She added that Leo “should be spending time with his students instead of doing this.”

When asked if she called his superiors and what she said to them, DeAngelis said “it is none of your business.”

In der Sache lag der “Nobody” und “Nothing” richtig. Robinson räumt inzwischen zerknirscht verschiedene finanzielle Beziehungen zum Hersteller des von ihm untersuchten Medikaments ein und beruft sich auf Erinnerungslücken.

Ausgebankhofert

Seit Anfang des Jahres ist nun auch Hademar Bankhofers beliebte Sendung “Die gesunde halbe Stunde” aus dem Programmangebot des ORF-Tochtersenders TW1 verschwunden. In der Sendung wurde eine breite Palette von “Gesundheitsprodukten”, von Mineralwasser bis hin zu verschreibungspflichtigen Medikamenten des weltgrößten Pharmakonzerns Pfizer, positiv in Szene gesetzt. Üblicherweise wurden die Vorzüge des Produkts von Bankhofer im Rahmen eines Gespräches mit einem Mitarbeiter des Herstellers oder einem vom Hersteller bezahlten Experten herausgearbeitet.

In der Sendung gab es nach Aussage von Bankhofer “nur bezahlte Beiträge”. Sie war allerdings nicht als Werbesendung oder Dauerwerbesendung gekennzeichnet und wäre selbst dann kaum mit den österreichischen Gesetzen in Einklang zu bringen gewesen.

Bankhofers ähnlich gestaltetes Format “Spektrum Gesundheit”, das unter anderem im RTL Bayern-Journal läuft, hält sich weiterhin wacker im Programm.

Österreichische Spitalsärzte – Fleischhauer…

Oder wie sollte man sonst die Image-Kampagne der Bundeskurie Angestellte Ärzte der Österreichischen Ärztekammer bewerten? Die Radiospots (im Link) laufen seit 8. März auf Ö3 & FM4 und sollen nach Aussage des Kreationschefs der Werbeagentur zeigen, dass Krankenhausärzte in Österreich in Selbstverständlichkeit Dinge leisten, die man sich als Nicht-Arzt nur schwer vorstellen könne – zumindest wenn man kein Konsument von TV-Serien wie Emergency Room ist.

Geschmacklos und unsensibel.


*Fleischhauer ist der Ausdruck, der in unserem südlichen Nachbarland für “Fleischer”, “Schlachter” oder “Metzger” üblich ist.

*Spital sagt man dort zu “Krankenhaus” oder “Klinik”.

US-Schmerzforscher als Studienfälscher entlarvt

Ein Wissenschaftler soll über 12 Jahre lang 21 Studien zur postoperativen Schmerztherapie gefälscht haben. Mit seinen Veröffentlichungen hatte er die Schmerztherapie revolutioniert und den Umsatz der Hersteller von nebenwirkungsreichen COX2-Hemmern, wie Celebrex® von Pfizer oder Vioxx® von Merck & Co. in die Höhe getrieben. Aber auch den Einsatz des Antidepressivums Effexor® (in Deutschland Trevilor®, in Österreich Efectin®) von Wyeth in der Schmerztherapie hatte er aufgrund seiner gefälschten Studien empfohlen.

Scientific American nennt den Fall: A Medical Madoff.

We are talking about millions of patients worldwide, where postoperative pain management has been affected by the research findings of Dr. Reuben,” says Steven Shafer, editor in chief of the journal Anesthesia & Analgesia, which published 10 of Reuben’s fraudulent papers.

Das ist ein Super-GAU für den medizinischen Wissenschaftsbetrieb.