Auswandern?

Ärzte wollen weg aus Deutschland.
Warum?
Und vor allem: Dürfen die das?
oder: Sollen sie doch lieber hier bleiben?
Die Diskussion hierüber tobt schon seit Jahren und flackert immer wieder mal auf, zuletzt zum Beispiel in den Nachrichten vom anderen Ende der Medizin, hier ausgelöst durch einen Artikel in der “Zeit”.
Fehlen die ausgewanderten Kolleginnen und Kollegen dann in Deutschland?
Deutschland ist eines der Länder mit weltweit höchster Ärztedichte.
Trotzdem…

Das Pharmakartell – ein Nachtrag

Am Dienstag hat das ZDF das “Pharmakartell” präsentiert. Vorab: Die Dokumentation war eindrucksvoll. Inhaltlich konnte die Reportage Schwächen nicht verbergen. Das fängt bei dem Titel “Kartell” an. Ein Begriff, der Verbindungen mit gleicher Zielsetzung beschreibt. Was der Komplexität der Pharmaindustrie nicht gerecht wird.

Die Redaktion hatte merklich Schwierigkeiten angemessene Gesprächspartner vor die Kamera zu bekommen. Hier im Blog hatte eine Autorin es auch probiert – ohne Erfolg. So konnte man die bekannten Experten bewundern, die immer im TV auftreten, wenn es kritisch um die Pharmaindustrie geht, was die Expertise nicht schmälert. Der ehemalige Lilly-Manager ist auch nicht erstmals vor die Kamera getreten. Bei Youtube ist er seit Januar 2007 vertreten und kündigt sein Buch an.

Die betroffenen Unternehmen und Einrichtungen antworteten auf die Dokumentation mit Richtigstellungen.

Strattera
Zweifel sind bei der Geschichte mit dem ADHS-Medikament Strattera des Unternehmens Lilly aufgekommen. Bei näherer Betrachtung reduzieren sich die vier Todesfälle auf einen Bericht über einen vollzogenen Suizid. Dieser Fallbericht stellt das BfArM folgendermassen vor:

Ein 16jähriger Patient wurde wegen ADHD von September – Oktober 2005 mit Strattera behandelt. Bei diesem Patienten bestanden weitere psychische Erkrankungen, weswegen er stationär behandelt wurde. Nach Absetzen der Therapie und etwa eine Woche nach Entlassung aus der Krankenhausbehandlung verstarb der Patient durch Suizid (Fall-Nummer 05018404).

Ein weiterer dem BfArM berichteter Fall bezieht sich auf ein 3-jähriges Mädchen aus den USA, das nach unbestätigten Angaben nach Einnahme von Strattera verstarb. Der Fall wurde von einem Arzt berichtet, der seinerseits von Kollegen von diesem Fall gehört hatte. Es liegen keine weiteren Informationen zu diesem Fall vor (Fall-Nummer 07061104).

Lilly verweist in einer Pressemitteilung darauf, dass bereits im Rote-Hand-Brief zu Strattera aus dem Jahre 2005 auf das Thema Suizidalität hingewiesen und einen entsprechenden Warnhinweis in die Fach- und die Gebrauchsinformation aufgenommen worden seien.

Eine im Filmbeitrag verwendete Aussage des Patientenbeauftragten im Gemeinsamen Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen bezeichnete das Unternehmen als “grob unwissenschaftlich und zudem unverantwortlich”, da dort eine Nutzen-Risiko-Bewertung ohne Kenntnis von Einzelfällen vorgenommen worden sei.

Auch die in der Sendung gezeigte Selbsthilfegruppe ADHS-Deutschland distanziert sich von der Darstellung. Die 6.500 Euro zweckgebunde Spenden des Pharmakonzerns Lilly, mit der die Abhängigkeit des Verbandes belegt werden sollte, würden nur einen Bruchteil des Etats von ADHS-Deutschland ausmachen. Die Beziehungen zwischen Pharmaindustrie und Selbsthilfe sind kritikwürdig, nur hat die Redaktion sich wie es aussieht hier einen Verband gesucht, der in Sachen Transparenz eher vorbildlich ist. Ein weiteres Indiz, dass das Vorgehen des ZDF nicht ganz sauber war, findet man in einem ADHS-Forum. Dort schildert der Gesprächspartner in der Beratungsstelle den Undercover-Besuch.

Bei mir war vor ca. 4 Wochen ein älterer Herr “Lange” zu einem Beratungsgespräch wegen seiner 17jährigen Tochter. Er kam sehr schnell auf eine mögliche Medikation zu sprechen und fragte mich detailiert zu mir bekannten Nebenwirkungen von Strattera aus. Auch wollte er plötzlich wissen, ob Lilly schon an mich herangetreten sei wegen einer möglichen finanziellen Unterstützung. Ich verwies auf die mir bekannten Suizidfälle (“Finden Sie denn 2 Fälle bei einer so großen Testgruppe so schlimm?” meinte er) und auf in unserer Gruppe aufgetretene Probleme hin und meinte dann noch, dass wir uns grundsätzlich selbst finanzierten und ganz bestimmt kein Geld von irgendeinem Pharmaunternehmen annehmen würden.

Wenn das den Tatsachen entspricht, wäre dies kein sauberes journalistisches Vorgehen.

Fluoxetin
Zu den geschilderten Unregelmässigkeiten bei der Zulassung von Fluoxetin (“Prozac”) und die Todesfälle bei der Behandlung mit dem Antidepressiva hat das BfArM sein Schreiben an die Frontal21-Redaktion ins Internet pdf-Dateigestellt. Dem kann man entnehmen, dass die Autoren des ZDF-Beitrags eher tendenziös mit den Informationen umgegangen sind.

Redaktionelle Werbung
Am überzeugensten war aus meiner Sicht der Teil, in dem die Redakteure vorgaben, ein Pharmaunternehmen zu haben und eine Werbekampagne für das neue Antidpressivum des fiktiven Unternehmens – Volazin – zu planen.

Natürlich hat dies speziell beim Verlag “Wort & Bild”, der die Apothekenumschau verantwortet, zu Widerspruch geführt. Beispielsweise würde in dem Artikel, der in dem “Frontal 21”-Beitrag in die Kamera gehalten wird, explizit darauf hingewiesen, dass die neuartigen Antidepressionsmedikamente “keine Wundermittel”(Zitat) sind. Mögliche Nebenwirkungen (“Vermehrte Unruhe, Angst und gesteigerte Aggressivität”) würden genannt und abschliessend auch auf die Gefahr eines möglichen Suizidversuchs hingewiesen.

Was bleibt? Eine wichtige Dokumentation, die jedoch durch allzu forsches und auf Skandal bedachtes Vorgehen sich selber zum Teil diskreditiert hat.


Update

Die Redaktion von Frontal21 nimmt Stellung zu den Vorwürfen, das ZDF “inszeniere” die Aufregung um ein ADS-Medikament.

Prof. Peter Schönhöfer stellt aus seiner Sicht die Lilly-Pressemitteilung richtig.

Demografischer Wandel in der Pflege

(NORDWEST) Der in Gütersloh ansässige Bertelsmann-Konzern hat vor wenigen Tagen seine Hochrechnungen zur demografischen Entwicklung in Deutschland veröffentlicht. Um es kurz zu machen: die Forscher kommen zu der Überzeugung, dass alles noch viel schlimmer sei, als sowieso schon angenommen. Zum Beispiel wachse die Zahl der Alten überproportional: bereits in weniger als 20 Jahren würde die […]

Heisse Hausfrauen an Max-Planck-Instituten


Was heisst das, was da auf dem Titel des Magazins der Max-Planck-Gesellschaft steht? Das war mein erster Gedanke, als ich vor ein paar Wochen das Heft bekommen hatte. Zum Titelbild wird auf Seite 4 erklärt:

Erstmals reiste 1974 eine Delegation der Max-Planck-Gesellschaft nach China und vereinbarte einen regelmäßigen – zunächst jeweils kurzzeitigen – Austausch von Wissenschaftlern. Inzwischen arbeiten mehr als 700 chinesische Doktoranden und Postdocs an Max-Planck-Instituten, und in China entstehen Partnergruppen, die diese erfolgreiche Kooperation vertiefen.

Der deutsche Steuerzahler sollte sich Gedanken machen, wo diese Partnergruppen entstehen. Der Zeitung “The Independent” zufolge stammen die Schriftzeichen auf dem Titel von einem Werbeflyer für einen Strip-Club in Macao – “Heisse Hausfrauen in Aktion”. Den 700 chinesischen Wissenschaftlern an MPG-Instituten werden wohl peinliche Fragen gestellt werden, wenn diese unglaubliche Schlamperei an der herausragendsten wissenschaftlichen Einrichtung in Deutschland in ihrem Heimatland bekannt wird.

9. Türchen: Kassenleistung Hautkrebsvorsorge

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Auch im Winter macht der Hautkrebs keine Pause. Vor allem die Sonnenstrahlung in den Bergen im Schnee ist nicht zu unterschätzen, weshalb auch auf der Piste Sonnenschutz immer angesagt ist!
Genau so angesagt ist es, die Vorsorgeuntersuchungen wahrzunehmen – denn allein in Deutschland erkranken 120.000 Menschen jährlich an Hautkrebs. Seit Juli 2008 übernehmen die […]

Bei medizinischen Informationen gibt es NIX umsonst

Der Druck der Pharmaindustrie auf die Fachverlage, bei Veröffentlichungen die Interessen der Anzeigenkunden zu berücksichtigen ist bekannt. Jedoch fehlte bisher in Deutschland eine strukturierte Analyse des Problems. Zwei Wissenschaftlerinnen der Uni Göttingen haben sich in einer noch unveröffentlichten Dissertation des Themas angenommen und erste Ergebnisse im Septemer bei der Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM) vorgestellt.

Die Journalistin Rosemarie Stein pdf-Dateiberichtet in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift der Berliner Ärztekammer “Berliner Ärzte” von dem Vortrag.

Die Forschungsfrage war: Beeinflusst die Finanzbasis einer Zeitschrift die inhaltliche Tendenz von Empfehlungen zu Pharmaka im redaktionellen Teil? Sie kann wohl mit “ja” beantwortet werden.

Die Autorinnen hatten Artikel und Anzeigen medizinischer Zeitschriften anonymisiert erfassen und von zwei unabhängigen Gutachtern, Zahnmedizinern ohne besondere Meinung zu den Arzneimitteln, bewerten lassen. Die meisten Beiträge und Anzeigen erschienen zu Sartanen und Antidiabetika. In Gratisblättern, wie der Ärzte Zeitung war war die Tendenz zu sehen, dass einseitig beschönigend berichtet wird. In keinem Beitrag wurde von irgendeinem dieser Mittel
abgeraten.

Vorläufiges Fazit der Autorinnen: „Bei medizinischen Informationen gibt es NIX umsonst. Entweder bezahlt man mit Geld oder Verzerrung der Information.“

Uniklinik richtet Institut für Patientensicherheit ein

(NORDWEST) Das Aktionsbündnis Patientensicherheit gibt es seit 2005 – nun streichen die ersten Krankenhäuser die Auszeichnungen für ein hervorragendes Konzept für die Gewährleistung der Patientensicherheit ein. So geschehen vor wenigen Tagen in Hannover und Braunschweig. An der Unklinik in Bonn nimmt gar am 01.Januar 2009 das Institut für Patientensicherheit seine Arbeit auf. Es ist die […]

4. Türchen: Organe spenden?

LifeSensor Weblog Adventskalender
In anderen Ländern (u. a. Österreich) gilt dabei die Widerspruchsregelung, nach der jeder ein Spender ist, der nicht explizit widersprochen hat. Noch weiter geht die Informationsregelung, die etwa in Schweden gilt.
In Deutschland muss und darf man sich explizit für die Organspende aussprechen. Die Abläufe sind validiert, zu früh wird niemand für tot erklärt. […]

Das BKA-Gesetz kommt…

Wieder nur ein Sturm im Wasserglas. Hatte man kurzzeitig die Hoffnung, das unsägliche BKA-”Wir überwachen alle”-Gesetz würde nicht oder nicht in der Form zustande kommen, wurde man nun eines Besseren belehrt. Ohne Mehrheit musste das Gesetz durch den Vermittlungsausschuß. Hier zeigte sich, wie Politik funktioniert.

Punkt eins für ein erfolgreiches Überwachungsgesetz – Angst schüren und aktuelle […]

Homöopathika Hersteller sponsort Uni-Studiengang

Ab April 2009 wird die Europa Universität Viadrina in Frankfurt/Oder einen neuen Masterstudiengang “Komplementäre Medizin – Kulturwissenschaften – Heilkunde” anbieten. Komplementäre Medizin – also Alternativheilkunde – ist per se nichts böses. In Deutschland haben drei medizinische Fakultäten entsprechende Lehrstühle, meist Stiftungslehrstühle, eingerichtet, die sich auch der Fragen zum Nutzen, Sicherheit und Wirtschaftlichkeit von alternativen Therapiemethoden widmen. Das mag Wissenschaftverfechtern nicht gefallen, aber über 60 Prozent der Bevölkerung nehmen Angebote der Komplementärmedizin in Anspruch. Dennoch ist nur wenig über deren Wirksamkeit, aber auch deren mögliche Nebenwirkungen bekannt.

Auf dieser Welle versucht auch die Europa Universität Viadrina zu surfen, deren Präsidentin von Oktober 1999 bis Oktober 2008 die SPD-Kandidatin für das Amt des Bundespräsidenten Gesine Schwan war. Ein Postgraduiertenstudiengang “Komplementäre Medizin – Kulturwissenschaften – Heilkunde” am “Institut für transkulturelle Gesundheitswissenschaften” soll Ärzte und Apotheker für 10.000 Euro beibringen, die Wünsche der Patienten zu befriedigen.

Der Studiengang verbindet die fundierte Weiterbildung auf dem Gebiet der über die Schulmedizin hinaus gehenden Verfahren (= komplementäre Medizin) mit Methoden und Fragestellungen der Kulturwissenschaften. Dabei sind mehr als die Hälfte der Module des Masterstudiengangs explizit kulturwissenschaftlich ausgerichtet, und kulturwissenschaftliche Aspekte werden auch in den eher medizinisch ausgerichteten Modulen thematisiert.

Auf der einen Seite versteht sich der Studiengang als kulturwissenschaftliches Angebot. Wirbt aber mit der von Ärztekammern anerkannten Weiterbildung im Bereich der komplementären Medizin und Heilkunde. Also die Lizenz, die Studiengebühren wieder zu erwirtschaften.

Zu den Pflicht-Modulen gehört “Biologische Medizin” – eine gängige Umschreibung für die teils esoterischen Heilverfahren, von Homoöpathie über Eigenblutbehandlung, bis Airnergy. Der Studiengangs wird in Kooperation mit der “Internationalen Gesellschaft für Biologische Medizin e.V.” in Baden-Baden veranstaltet. Hört sich gut an und soll aber verstecken, dass Mitsponsor des Studienangebots das Unternehmen “Heel” aus Baden-Baden ist, einer der weltweit grössten Homöopathika Hersteller. So durfte etwa der Leiter Öffentlichkeitsarbeit Biologische Heilmittel Heel den Journalistenpreis der Gesellschaft überreichen. Der Präsident ist für Heel auf Weiterbildungstour. Das Unternehmen und die “Internationale Gesellschaft” spielten auch bei dem Leipziger Uni-Skandal um wisenschaftliches Fehlverhalten in Zusammenhang mit wissenschaftlichen Beweis der Wirksamkeit von Homöopathie eine Rolle.

Heel wird eine Professur über 5 Jahre für den Masterstudiengang finanzieren.