Epilepsie: Die Kobolde sind online

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Die Cochrane Collaboration als Gehilfe der Pharmaindustrie

Die Cochrane Collaboration ist eine Organisation, die es sich auf die Fahnen geschrieben hat, Ärzte mittels systematischer Übersichtsarbeiten zu medizinischen Fragestellungen den Weg durch den Dschungel der medizinischen Fachliteratur zu ersparen. Gerne sieht sie sich dabei in einer unabhängigen und kritischen Rolle, wachsam und gefeit gegen die Manipulationen der Pharmaindustrie:

Sie sind die Rebellen der Medizin. Ihre Waffe ist die Evidenz, sie glauben also nur, was sich beweisen lässt. Es sind junge Enthusiasten und arrivierte Professoren der Cochrane Collaboration, die nur ein Ziel haben. “Wir wollen, dass es weniger wahrscheinlich wird, dass Ärzte ihre Patienten töten”, sagt Iain Chalmers, der die Organisation vor 16 Jahren gegründet hat.

Bei den Veröffentlichungen der Cochrane Collaboration handelt es sich üblicherweise um systematische Reviews, in denen der Versuch unternommen wird, den aktuellen Wissensstand zu einer bestimmten Fragestellung zusammenzutragen und zu interpretieren, häufig kombiniert mit einer Meta-Analyse, einer Zusammenfassung der Einzelstudien mit statistischen Methoden.

Eine positive Bewertung eines Medikaments durch ein Cochrane-Review führt zu Jubelstürmen in den Marketingabteilungen der Pharmaindustrie. Selbst die BILD-Zeitung kommt dann nicht umhin, Cochrane-Bewertungen zu zitieren:

„Champix“ – die Super-Pille gegen Rauchen

[…]
Nach ersten Studien kamen Forscher der Cochrane Library für Medizin zu dem Ergebnis, dass Raucher ihre Erfolgsaussichten bei einem Entzug mit Vareniclin verdreifachen. Als Nebenwirkung sind bisher nur Übelkeit und Kopfschmerzen bekannt.

Nun gibt es jedoch eine Reihe von Gründen, die Ergebnisse solcher Metaanalysen skeptisch zu betrachten. Das bekannteste Problem ist der Publication Bias: Unveröffentlichte (negative) Resultate klinischer Studien zu einem Medikament können keinen Eingang in eine von unabhängiger Seite durchgeführte Metaanalyse finden. Das Ergebnis von Metaanalysen ist deshalb häufig zugunsten des Medikaments und im Sinne der Hersteller verzerrt.

Hier im Blog habe ich im Zusammenhang mit dem von der BILD-Zeitung angeführten Cochrane-Review auf ein weiteres Problem hingewiesen: Sind die Ergebnisse der meist herstellerfinanzierten Studien systematisch verzerrt – im Fall Champix® (in den USA Chantix®) u.a. durch die unvollständige Verblindung der klinischen Studien – dann findet sich das Ergebnis dieser Verzerrung auch im Ergebnis der Metaanalyse. Garbage in, garbage out.

Der Mehrwert für das Marketing durch die Zusammenfassung von methodisch fragwürdigen Studien zu einem “Paket” mit einem unabhängigen Bewertungssiegel liegt auf der Hand. Fast erinnert das Verfahren an ein in jüngster Zeit ins Gerede gekommenes aber höchst erfolgreiches Geschäftsmodell: Aus eine Reihe von windigen Hypothekenkrediten ließ sich durch Zusammenfassung zu einem “Zertifikat”, welches durch eine namhafte Ratingagentur wohlwollend bewertet wurde, ein erfolgreiches Finanzprodukt zusammenzimmern.

Dieses Potential hat die Pharmaindustrie natürlich erkannt und tut ihr bestes, auf das Erscheinen möglichst positiv ausfallender Cochrane-Reviews hinzuwirken. Ein Beispiel hierfür findet sich in der Dezember-Ausgabe des arznei-telegramms: Auch hier geht es um ein Pfizer-Medikament, und zwar das Präparat Neurontin®:

Auffällig ist, wie Pfizer mit verschiedenen Arbeitsgruppen der Cochrane Collaboration umgeht. Eine Autorengruppe, die sich mit Gabapentin bei bipolarer Störung befasst, fragt mehrfach vergeblich beim Hersteller nach nicht publizierten Studiendaten und gibt schließlich das Projekt auf. Mit einer anderen Arbeitsgruppe zu Gabapentin bei neuropathischem Schmerz entwickelt sich dagegen eine gedeihliche Zusammenarbeit. Dies wird unter anderem in einer internen Mail 2001 offensichtlich: “Das ist eine potenziell große Gelegenheit für Pfizer, da wir den Bereich formulieren und gestalten können… Die Metaanalyse, von der wir beabsichtigen, sie durch die Oxford Schmerz Arbeitsgruppe (H.J. McQUAY) erstellen zu lassen…”

Die Bemühungen von Pfizer haben sich offenbar gelohnt:

Das gefällige Cochrane-Review, dessen Autoren keinen Interessenkonflikt deklarieren, ist seit 2005 ohne Daten aus der großen Negativstudie 945-224 veröffentlicht. Dabei sind Angaben zu dieser Studie auch firmenunabhängig seit 2002 im Beurteilungsbericht der US-amerikanischen Arzneimittelbehörde FDA einsehbar, die die Zulassung von Gabapentin in dieser Indikation aufgrund der negativen Datenlage abgelehnt und nur Schmerz bei postherpetischer Neuralgie anerkannt hat. Die von der Cochrane-Arbeitsgruppe ausgewerteten vier kleinen plazebokontrollierten Studien zu Gabapentin bei diabetischer Neuropathie umfassen insgesamt nur 281 Patienten gegenüber 325 Studienteilnehmern der erfolgreich zurückgehaltenen Negativstudie. Das Ergebnis dieser Metaanalyse, die für Gabapentin eine Number needed to Treat (NNT) von 4 für die Verringerung des Schmerzes bei diabetischer Neuropathie angibt, ist daher wertlos und sollte zurückgezogen werden.

Evidence-biased medicine.

1. Türchen: Mann und Frau essen beide gern…

LifeSensor Weblog Adventskalender
Doch schon von Kindesbeinen an haben Männer und Frauen unterschiedliche Vorlieben. Das zeigt die Nationale Verzehrstudie NVSII. Männer mögen lieber Fleisch und Frauen essen mehr Obst und Gemüse. Das ergäbe biologisch auch Sinn, da Frauen per se weniger Kalorien aufnehmen dürfen. Deshalb sollte das Wenige höherwertig sein.
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Die Paketannahme des Hauses Ⅶ

„Alltagssprachlich wird als Nachbar regelmäßig der Bewohner des angrenzenden (Einfamilienhaus‑) Grundstücks bezeichnet. … Auf der anderen Seite gelten in städtischen Miets‑ und Mehrfamilienhäusern nur die Bewohner einer anderen Wohnung im selben Haus als Nachbarn, in sehr großen Wohnanlagen sogar nur die Bewohner der nahegelegenen – insbesondere auf derselben Etage befindlichen – Wohnungen, aber nicht die Bewohner der angrenzenden […]

Rätselhaftes Gedächtnisphänomen

Das Licht des Monitors erleuchtet den dunklen Raum. Schön warm ist es hier drinnen, während draußen dicke, weiche Schneeflocken jedes Geräusch verschlucken. Nur die Sirene eines Krankenwagens zerreißt abrupt die abendliche Stille. Den Geruch von dampfend heißem Tee in der Nase beschleicht Sie plötzlich ein merkwürdiges Gefühl. Die Szenerie kommt Ihnen bekannt vor. Wie Sie hier sitzen, Nachrichten lesen, gedankenverloren aus dem Fenster schauen, das alarmierende Martinshorn. Die belanglose Situation wird auf einmal bedeutungsschwanger. Sie sind doch früher schon mal über die drei „ä“ in der Überschrift gestolpert, obwohl Sie diesen Text doch eben erst aus dem Feed gefischt haben. Seltsam. Ein kurzes…

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Einmal in die “Röhre” bitte Teil 3

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1000 Einheiten Insulin überlebt

Krankentransportwagen vor Ort. Diagnose: Mann mit Diabetes hat sich in suizidaler Absicht Insulin gespritzt. Notarzt nachgefordert. An den Ort der Tat gehupt, ausgestiegen und erstmal dumm geguckt (so wie immer!). Freudig winkt mir ein Zivi entgegen: “Der Blutzucker ist 150!”. Hört sich im ersten Moment ganz normal an.

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