Quo vadis…?

Heute abend 18.30 in einem mittelgroßen deutschen Supermarkt.

Doc Blog steht bewaffnet mit Pizza und Parmesan an der Kasse. Vor mir ein Mann, ca. Mitte 40, nicht wirklich gepflegt aussehend. Dabei ein kleiner Junge, ca. 8 oder 9 Jahre alt, offensichtlich sein Sohn, zumindest gut bekannt mit dem Mann.

Der Junge deutet auf die verschiedenen Artikel an der Auslage, zeigt auf Schokolade und Kaugummis, möchte aber nichts davon haben. Dabei wird er von dem Mann “geneckt”, m. E. recht laut und distanzlos, aber der Junge hatte seinen Spaß.

Dann nahm der Mann eine kleine Flasche Korn aus dem obersten Regal, legte sie aufs Band und meinte: “Das können wir ja auch nochmal mitnehmen.”
Junge: “Wie heißt das?”
M: “Berentzen.”
J: “Heißt das wirklich Berentzen?”
M: “Berentzen oder so. Da gibt es viele Namen. Nenn es Steckrüben. Sag’ Mama, ich habe Steckrüben gekauft. Haha…” (War natürlich ein Noname Produkt)
J: “Steckrüben? Das sind keine Steckrüben.”
M: “Kannste Mama aber sagen.”
J: “Hmm. Das ist Bier!”
M: “Das ist doch kein Bier, das ist… Hustensaft.”
J: “Haha, das ist doch kein Hustensaft.”
M: “Doch, natürlich, kannst Du mir glauben.”
J: “Dann gib mir, ich habe auch Husten.” (Und hustete recht überzeugend).
Der Vater wies seinen Sohn dann an, den Geldschein der Kassierin zu geben, nahm noch Filter oder sowas für Zigaretten mit (war ziemlich billig) und dann war ich dran.

Ich sah beim Rausgehen aus dem Laden noch, wie die beiden zu ihren Fahrrädern gingen und die Sache war für mich erledigt. (Dachte noch, gut, immerhin fährt er kein Auto.)

Aber dann, an der ersten Ampel, da wartete der Junge auf seinem Fahrrad auf grün, der Vater stand, das Fahrrad zwischen den Beinen und kippte sich den Korn rein! 18.45 Uhr ! Während der Sohn (?) dabei war! Am hellichten Tag und in der Öffentlichkeit. Und warf die leere Pulle dann an die Hauswand…

Also, da fehlen mir echt die Worte.
Dieser arme Junge, der zugegeben nicht besonders gewitzt klang, aber hey, wen wundert das? Was sind das wohl für Bedingungen, unter denen der aufwachsen muss? Kenne weder ihn noch seine Familie, obwohl der Laden direkt in der Nähe meines Hauses liegt und in der Klinik waren die beiden in meinem Dienst auch noch nicht.

Aber rückblickend war der Vater (?) im Laden wohl schon betrunken, was die distanzlose Art erklärt. Er scheint Alkohol gewöhnt zu sein, was die noch recht beherrschte Art erklärt.

Ich möchte hier keine Diskussion über Alkoholabhängige und wie diese zu behandeln sind anzetteln. Dafür bin ich gewiß nicht kompetent genug.

Ich bin einfach aufrichtig schockiert und traurig, denn nach dem kurzen Einblick in sein Leben, habe ich das Gefühl, daß dieser Junge bereits im Spiel des Lebens verloren hat, bevor es für ihn wirklich angefangen hat. Ich will nicht sagen, daß er von seinen Eltern nicht geliebt wird oder ähnliches. Es geht mir um die Vermittlung von Werten, Normen und Bildung.

Meine Kinder wachsen zweisprachig auf, weil ich die Möglichkeiten dazu habe. Das ist schön und gut (hoffe ich), aber sicher nicht von jedem zu erwarten. Im Gegenteil, viel mehr läuft doch über Reden, Erzählen, (Vor)Lesen, Spielen etc. Wieviel Zeit hat wohl der Vater für diese wichtigsten Aktivitäten, ja Pflichten eines Elternteils? Wenn er um 18.45 sich wortwörtlich schon einen “hinter die Binde kippt”?

Vielleicht liege ich mit meinen ganzen Befürchtungen auch vollkommen daneben, und alles ist gut. Aber diese so kurze Episode hat mich doch sehr zum Nachdenken gebracht.
All das ist ja in Deutschland zur Zeit Thema: Alkohol (auch bei Jugendlichen), soziale Kompetenz, Pisa, G8, Reformierung der Studiengänge, Kinder im sozialen Abseits etc.
Deshalb die Frage “Quo vadis”? Quo vadis, puer? Quo vadis, pater? Quo vadis, societas?

Als Arzt sieht man diese Art von Problemen ja allzuoft, und in 90% der Fälle kann man daran nichts ändern. Kann nicht in bestehende Strukturen eingreifen, so auch hier. Trotzdem fühle ich mich schlecht, weil ich keine Chance habe, für den Jungen etwas zu ändern.

Doc Blog

Irreführende Werbung: Statine bei Frauen (meist)…

In einem lesenswerten und im Aufbau originellen Aufsatz widmen sich zwei amerikanische Wissenschaftler – ein Jurist und ein Statistiker – der Diskrepanz zwischen den Werbeaussagen Pfizers zum weltweit umsatzstärksten Medikament, dem Cholesterinsenker Lipitor® (in Deutschland Sortis®), und der ernüchternden Datenlage, die diesen Werbeaussagen gegenübersteht.

Zunächst führen die Autoren, die in Vioxx®-Prozessen die Klägerseite beraten haben, eine Metaanalyse zahlreicher Statin-Studien durch. Diese kommt zu dem Ergebnis, dass für die Klasse der Statine bei Frauen ohne kardiovaskuläre Vorerkrankung keinerlei Nutzen belegt ist.

Das Ergebnis deckt es sich mit dem früherer Publikationen, die sich bislang jedoch kaum auf das ärztliche Verschreibungsverhalten ausgewirkt haben. Schon in einer im Jahr 2004 im JAMA publizierten Metaanalyse hatte sich bei Frauen ohne Vorerkrankung des Herzens keinerlei Nutzen der millionenfach verschriebenen Cholesterinsenker gezeigt. Darüberhinaus ergab die damalige Analyse selbst bei Frauen mit bestehender Vorerkrankung des Herzens keinen lebensverlängernden Nutzen der Cholesterinsenkung.

In Pfizers Werbung zu Lipitor® spielt der fehlende Nutzen des Medikaments bei Frauen keine Rolle. Die Autoren bewerten die Werbung somit juristisch als irreführend, woraus sich Haftungsansprüche gegen Pfizer ableiten ließen.

Die FDA als Kontrollinstanz ist in den Augen der Autoren grundsätzlich überfordert, solche Fehlentwicklungen zu kontrollieren. Schadenersatzansprüche gegen die Hersteller von Medikamenten seien deshalb ein unverzichtbares Instrument, unlautere Marketingpraktiken wie diese zu bekämpfen. Das in der Diskussion befindliche Rechtsprinzip “Preemption”, mit dem sich Medikamentenhersteller in den USA vor Schadenersatzklagen schützen wollen, indem sie sich auf die erteilte Zulassung durch die FDA berufen, gelte es deshalb zu verhindern.

When studies consistently reveal uncertain efficacy for a group as large as women, a system that imposes no duty to further test, but allows continued marketing to millions of women, is insufficient. In the drug arena, as in other areas of tort law, it is too hopeful to expect ready detection of efforts to conceal or spin health information. Even an extremely well-functioning FDA would likely miss concerted efforts to hide or shade results. The actual functioning of the FDA may unintentionally promote concealment and spin.

(Hat Tip: Pharmalot)

Bunt sollen sie sein…

Weiße Wände, weiße Uhr an der Wand, weiße Vorhänge, weiße Bettwäsche,weißes Mobiliar, weiße Nachthemden … und da soll der Patient gesund werden?! Man kann nur hoffen, dass der der Patient nicht all zu sehr anämisch ist…
Klar, hat die weiße Farbe auch etwas sinnvolles an sich, man sieht z.B. Blutflecken nach der Blutentnahme durch Farmulanten oder […]

Kinderhospizarbeit in Jena: Der Weg beginnt

In Jena gibt es dies nicht und was tun, wenn es … man “trommelt” ein paar Leute zusammen und gründet einen Arbeitskreis. … Der Arbeitskreis “Kinderhospisarbeit in Jena” steht und was kommt dann: Die Suche nach und die Ausbildung von ehrenamtlichen Familienbegleitern und dazu lädt man nun ein: Kinderhospizarbeit: Hilfe braucht Helfer!

Ohne Schuss kein Visum

Die US Heimatschutzbehörde (Department of Homeland Security) hat einen Weg gefunden, dem Pharmakonzern Merck & Co. ein paar Millionen Extra-Dollar zukommen zu lassen. Mädchen und Frauen, zwischen 11 und 26 Jahren, die in die USA einwandern wollen, müssen die umstrittene Impfung gegen HPV mit dem Impfstoff Gardasil® vorweisen.

Entgegen den Zulassungsstudien und Empfehlungen langt jedoch der Behörde eine Dosis, anstatt der drei für einen effektiven Schutz notwendigen Dosen gegen die am meisten relevanten Genotypen des HP-Virus, die für die Entstehung eines Zervixkarzinoms verantwortlich gemacht werden. Hochgerechnet brachte diese fragwürdige Massnahme dem Hersteller seit dem Beginn der Verpflichtung 52 Millionen Dollar ein.

Tücken bei der Zweitversorgung

Der Weg zur Sitzversorgung muss wohl erneut gegangen werden, denn da reicht es nicht aus, dass es erst einen zweiten Kostenvoranschlag beim Sozialamt geben muss, bevor die Sitzschale für die Kita endlich angepasst werden kann ans gewachsene Kind.

…Doch wird es Zeit dafür, weil die Lady in der einen Schale gar nicht mehr sitzen kann, sie ist zu eng, und in der anderen, die ist nicht mehr weit von einem zu engen Korsett entfernt.

Acht Hände und zwei kleine Füsse

Viere sind es, schwirren um die Madame herum und warten bis ihre Füsse gewärmt sind vom Bad, denn dann kommt der zweite, wohl wichtigere Teil: die Massage. Vier Kinder haben acht kleine Hände, welche alle gleichzeitig der Madame ihre zwei Füsse massieren wollen und sich schwer, allein schon wegen der begrenzten “Fläche”, davon abbringen lassen wollen.

Der Medikamentenplan fürs iPhone

Wer kennt das nicht, ein Patient kommt in die Aufnahme und bei der Frage nach der Dauermedikation kommen Antworten wie “Also morgens drei und abends eine” oder “die große Weiße und noch so eine” oder auch gerne gehört “Sie sind der Arzt,sie müssen wissen was ich nehme“. Besitzer des iPhones können nun über den AppStore […]