Ohne mythische Geschichten keine Religionen, kein Recht, keine Staaten, keine Wirtschaft usw – Yuval Noah Harari zu den zwei Realitäten des Menschseins

Dass die Existenz von Gottheiten nicht objektiv nachweisbar ist, nehmen viele als vermeintlichen “Beweis” dafür, dass es sie “nicht gibt”. Ich treffe aber immer wieder auf Verblüffung (und manchmal Ablehnung), wenn ich darauf hinweise, dass das Gleiche selbstverständlich auch für Menschenrechte oder überhaupt jede Rechtsordnung gilt: Weder “Presse-” noch “Meinungsfreiheit” haben eine physische Existenz, ebensowenig wie es “Daimler” oder “Schweden” an sich gibt – es handelt sich um Ideen (“legale Fiktionen”), die durch Erzählungen beglaubigt werden und das Verhalten von Millionen und Milliarden Menschen beeinflussen. Auch “die Vernunft”, “die Liebe” oder “der Sinn des Lebens” und die Grundannahmen aller Weltanschauungen (Kapitalismus, Kommunismus, Nationalismen usw.) existieren nicht im materiellen, sondern nur (oder besser: erst!) im ideellen Sinn – und sind doch vielen von uns sehr wichtig. Dem israelischen Historiker Yuval Noah Harari ist es gelungen, diese lange bekannten Beobachtungen in eine packende Erzählung der menschlichen Evolutionsgeschichte für einen zehntausendfach besuchten Online-Kurs und ein Buch zusammen zu fassen. Mit großem Genuss lese ich gerade seinen internationalen Bestseller “Sapiens: A Brief History of Mankind”, der unter dem Titel “Eine kurze Geschichte der Menschheit” auch auf Deutsch erschienen ist (den deutschen Titel habe ich gerade für meine Familie bestellt).

Das grosse Durchkneten der Menschheit

Ich merke, dass dieses Flüchtlingsthema mich mehr und mehr “packt” – nicht zuletzt weil das andere Thema “Krieg” ursächlich damit verknüpft ist. Um ein wenig zur Ruhe zu kommen, stelle ich mir immer wieder mal vor: Wie würden Außerirdische, die von alledem überhaupt nicht direkt tangiert sind, dieses ungeheure Wirrwarr betrachten und beurteilen?

Der digitale Code ist die DNA der Kultur

Wenn digitale Meme die neuen Replikatoren sind, wie ich in meinem letzten Beitrag zu zeigen versucht habe, dann ist der digitale Code, aus dem sie bestehen, ihre DNA, die DNA der Digitalkultur. Für die “klassischen” Meme, die neuronalen Meme, wie sie Dawkins beschrieben hat, gilt dies nicht, denn sie besitzen nichts, was „direkt im Gehirn beobachtet werden könnte“, keine „syntaktische Klassifikation“[i]. Ein digitales Mem (d-Mem) hingegen lässt sich als eine eindeutige Abfolge von Zuständen im Speicher eines Computers wiedergeben, so wieweiter

Der Mensch stammt nicht vom Affen ab

Ich bin zurück aus Spanien. Die Capilla Real steht auf jeden Fall noch und sah zumindest von unten gar nicht so bröckelig aus. Da die Freude an der Natur bei uns in der Familie liegt, haben wir auch die Gelegenheit genutzt, und sind mit einem Natur-Guide in den spanischen Bergen, genauer in der Sierra de las Nieves unterwegs gewesen. Der gute Herr wusste einiges über die heimische Tier- und Pflanzenwelt zu berichten. Zum Ende hin ist es dann aber dochweiter

Biologismus bekommt prominente Unterstützung

Spiegel-Online brachte kürzlich eine Kolumne von Jan Fleischhauer: “S.P.O.N. – Der Schwarze Kanal: Unsere deutschen Kreationisten.” Darin verteidigt er, ein Journalist und studierter Literaturwissenschaftler, die Naturwissenschaften gegen allerlei okkulte Finsterlinge. Nicht unerwartet sind das hauptsächlich die “Gender-Forscher”. Doch zählt er auch Leute dazu, auf die man nicht ohne weiteres gekommen wäre, insbesondere Wissenschaftler anderer Fächer, als es die Naturwissenschaften sind. Fleischhauer ist ein Schlachtschiff des Konservativismus und ein Buhmann der Linken; nach jedem seiner Artikel wird im Internet auf ihnweiter

Flüchtlinge im Irrgarten

Ich sitze in meiner gemütlich warmen Drei-Zimmer-Wohnung und notiere mir Gedanken zum Thema “Flüchtlinge” für das aktuelle Blog-Gewitter von SciLogs. Ich hadere ein wenig mit mir, weil ich nicht weiter an der Buchführung und Steuererklärung für “2014” arbeite (die endlich vom Tisch muss), sondern für den Blog tätig bin. Ich schreibe also relativ entspannt über Menschen, die all dies in der Regel nicht haben, und zwar für lange Zeit nicht: Eine gemütlich warme Wohnung und Muse, Buchführung und Steuererklärung zu gestalten.

Zeit als Rätsel (auch) der Religionswissenschaft. Quantic-Video & Artikel

Schon in den frühesten, religiösen wie auch wissenschaftlichen Schriften der Menschheit finden wir ein (bis heute anhaltendes) Ringen mit einem der größten Rätsel unseres Universums: Der Zeit. Ist die Zeit selbst ein Hervorbringendes wie im Physikalismus, im Zoroastrismus (“Zrvan” = Zeit als Vater von Ahura Mazda und Angra Mainyu) oder im Glauben der Mormonen (ein ewiges Universum, in dem Lebewesen zu Gottheiten aufsteigen)? Oder ist die Zeit ein Geschaffenes wie in Judentum, Christentum und Islam, deren Alleingottheit also vor undweiter

Digitale Meme

Wie wirkt sich die Digitalisierung auf Meme der Schrift aus? Ein naheliegender Gedanke wäre es, die digitale Kodierung eines Textes als ein weiteres Medium aufzufassen, in dem Schrift ausgeprägt sein kann. Damit wäre die digitale Kodierung ein weiterer „Phänotyp“ eines Mems. In der Evolutionstheorie bezeichnet der Phänotyp die Gesamtheit der Eigenschaften eines Organismus. Diese werden durch die Gene maßgeblich gesteuert. Die Fähigkeit des Organismus sich fortzupflanzen, und somit die Reproduktion der Gene hängt entscheidend vom Phänotyp ab.[i] Dawkins bezeichnet denweiter

Begriffsverwirrung

Überraschend, wie lang der Kommentar-Thread zum zwischendurch reingeworfenen Listicle über Begriffe, die in einer fachlichen Diskussion eine andere Bedeutung haben als in einer leichten Konversation, geworden ist. Es gibt ein Begriffspaar, dass ich gerne selbst noch einmal beleuchten möchte: Fakt und Theorie.

Religion und sexuelle Selektion (Partnerwahl) – The Attraction of Religion als neuer Sammelband

Auch in der internationalen Evolutionsforschung zu Religiosität & Religionen richtet sich das Augenmerk immer stärker auf den durchschnittlich höheren Reproduktionserfolg religiös vergemeinschafteter Menschen. Und blieben erste Entwürfe zur Funktion von Religionen im Rahmen der Partnerwahl noch ziemlich platt und krude (“Religion als Pfauenschwanz” u.ä.), so forschen inzwischen eine ganze Reihe von uns auch empirisch zu diesen Fragen. Jason Slone und James A. van Slyke ist es nun zu verdanken, dass ein neuer Sammelband zu diesem Forschungsthema bei Bloomsbury erscheinen konnte: “The Attraction of Religion. A New Evolutionary Psychology of Religion”.