Besteht für mich als gesetzlich Krankenversicherten tatsächlich eine Mitwirkungspflicht dahingehend, dass ich meiner Krankenkasse ein Passfoto bzw. ein Lichtbild von mir zur Verfügung stellen muss?
Es besteht grundsätzlich keine Mitwirkungspflicht des Versicherten dahingehend, der Versicherung ein Passfoto/Lichtbild von sich zur Verfügung zu stellen. § 291 Abs.2 SGB V regelt lediglich, dass die Krankenversichertenkarte neben der Unterschrift ein Lichtbild des Versicherten enthält. Es wurde aber keine diesbezügliche Verpflichtung des Versicherten geregelt. Sinn und Zweck des § 291 Absatz 2 SGB V ist es, Missbräuchen dadurch entgegenzuwirken, dass die elektronische Gesundheitskarte (eGK) mittels Lichtbild und Unterschrift ähnlich dem Personalausweis oder Reisepass zu einem Ausweis- und Identifikationsdokument ausgestaltet wird. Siehe hierzu Anlage 4a des BMV-Ä Anhang 1 unter Ziffer 1.2.:„Der Arzt ist verpflichtet, die Identität des Versicherten zu prüfen.
Die Identität des Versicherten ist anhand der auf der elektronischen Gesundheitskarte aufgebrachten Identitätsdaten (Lichtbild, Unterschrift, Name, Vorname, Geburtsdatum) zu prüfen.” Sofern der Versicherte über keine eGK verfügt, was nach § 15 Abs.2 SGB V eine nicht sanktionierte Pflichtverletzung darstellt, kann/darf der Arzt nach dem “Bundesmantelvertrag Ärzte” (BMV-Ä), die avisierte Behandlung gegenüber dem Versicherten privat abrechnen, wenn dieser auch nach zehn Tagen noch keine eGK vorlegt (Anhang 1 Pkt. 2 BMV-Ä). Weist der Versicherte dem Arzt jedoch seinen Leistungsanspruch über die zuständige Krankenkasse noch im selben Quartal nach, ist der Arzt zur Rückzahlung der Privatvergütung an den Versicherten verpflichtet.
Sind bereits rechtsverbindliche Anforderungen an dieses Lichtbild definiert (z.B. Farbfoto, biometrisch vermessbar, …)?
Nein, aus § 291 Abs.2 SGB V ergeben sich keine diesbezüglichen zwingenden Anforderungen. Die §§ 291a, 291b SGB V sehen im Übrigen die Einrichtung einer Gesellschaft für Telematik vor, welche die “technischen Vorgaben einschließlich des Sicherheitskonzeptes” sowie “Inhalt und Struktur der Datensätze” zum Betrieb der eGK regelt. Diese Gesellschaft empfiehlt die Nutzung eines biometrischen Fotos. Allerdings ist diese Empfehlung eine Orientierungshilfe für die Krankenkassen, die für sich aber m.E. keinen Anspruch der Krankenkassen auf ein biometrisches Foto bergründen kann. Hierfür bedarf es einer gesetzlichen Regelung.
Muss ich als Versicherter tatsächlich negative Konsequenzen befürchten, wenn ich kein Lichtbild von mir zur Verfügung stelle und das Schreiben der Krankenkasse ignoriere?
Nein, § 206 II SGB V stellt auf eine Verletzung der Pflichten aus § 206 Abs.1 SGB V ab. Dies betrifft aber ausschließlich die Mitteilung versicherungsrelevanter Tatsachen, wie die, die der Feststellung der Versicherungspflicht, der Beitragspflicht und der Durchführung der der Krankenkassen übertragenen Aufgaben dienen. Diese Aufgaben betreffen im Prinzip die Erfüllung des Sachleistungsprinzips (Bereitstellung von Leistungen durch die KK etc.pp). Das Foto dient aber – wie oben bereits dargestellt – nicht der Feststellung der Beitragspflicht, Versicherungspflicht oder der Ermöglichung der Durchführung der der Krankenkassen übertragenen Aufgaben. Denn diese Tatsachen sind ja nicht strittig. § 307 SGB V ist vorliegend ebenso nicht einschlägig. Nach § 307 Abs.2 Nr.2 SGB V handelt ordnungswidrig, wer entgegen § 206 Abs. 1 Satz 1 eine Auskunft oder eine Änderung nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig erteilt oder mitteilt. Bei dem Foto handelt es sich – wie schon gesagt – nicht um eine Auskunft, die unmittelbar die Beitrags – oder Versicherungspflicht des Versicherten betrifft. Auch § 307 Abs.1 Nr.2 SGB V ist nicht einschlägig. Hiernach handelt der Versicherte ordnungswidrig, wenn er entgegen § 206 Abs. 1 Satz 2 die erforderlichen Unterlagen nicht, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig vorlegt. Das Foto ist keine erforderliche Unterlage im Sinne von § 206 SGB V. § 60 SGB I ist ferner ebenso wenig einschlägig, da das Foto keine Tatsache darstellt, die unmittelbar für die Inanspruchnahme der Sachleistung der Krankenkasse erheblich ist.(RA Ouahes)
Wir danken dem Berliner Rechtsanwalt Marksen Ouahes (Medizinrecht) für diese juristische Beurteilung!