Wahnsinnswoche 2020:38

In dieser Woche 0 Patientenkontakte und 0 Terminausfälle. Die Praxis ist noch bis zum 25.9. geschlossen. Ich habe erst in 12-16 Wochen wieder freie Termine.


Bei den Bundesbürgern macht sich zunehmend Angst breit, daß diejenigen, die nun Woche für Woche zu Tausenden mühelos die Grenzen passieren, das deutsche Sozialsystem sprengen und den Wohnungs- und Arbeitsmarkt zum Kollabieren bringen. Die Situation in den Heimen und Lagern spitzt sich immer mehr zu, Meldungen über Saufereien und Raufereien häufen sich.

Wieso kommen die noch?


We need to stand with the doctors, nurses, public health specialists, and others who are leading efforts to address the pandemic. And that requires ensuring that medical science, public health best practices — and the professional health workers who implement them — are supported, not threatened or silenced.

Health Care Workers Face Anti-Science Abuse. This Has to Stop. Undark 4.6.2020


Virologe Streeck zerlegt wirre Corona-Thesen.


“Ein Affront gegen die Vertragsärzteschaft”: der KBV-Vorstand zeigt sich bitter enttäuscht von der Entscheidung des Erweiterten Bewertungsausschusses, nach der die Vergütung für alle ärztlichen und psychotherapeutischen Leistungen um rund 1,25 Prozent (knapp 500 Millionen Euro) steigt. Toller Tarifabschluss… niedergelassene Ärzte sind wohl doch nicht so systemrelevant wie Krankenhäuser, die mit rund vier Milliarden subventioniert werden.


Der Bundesrat hat das Patientendatenschutzgesetz (imho sagt der Name das Gegenteil von dem aus, was drinsteht) gebilligt, das der Bundestag Anfang Juli verabschiedet hatte. Und das, obwohl der Entwurf des PDSG laut dem Bundesbeauftragten für den Datenschutz im Widerspruch zur DSGVO steht.


Es soll “die Citrix-Lücke vom letzten Jahr” gewesen sein, über die die Ransomware in die Uniklinik Düsseldorf reinkam. fefe dazu:

Das ist zu 100% Verantwortung der Uniklinik. Ransomware müsst ihr euch wie Schimmel an der Wand vorstellen. Wenn im Operationssaal Schimmel an der Wand ist, dann ist nicht der Schimmel der Täter, sondern der Zuständige, der das soweit runterkommen ließ, dass sich da Schimmel bilden konnte.


Das FASN-Gen, das in die Regulationskaskade entzündlicher Signalmoleküle involviert ist, sowie FOXO1, ein wichtiger Transkriptionsfaktor für die Regulation immunologischer Prozesse werden als vielversprechende Kandidaten bei der Suche nach molekularen Markern der Fibromyalgie angesehen.

M. Heim: Biomarker für Fibromyalgie? DNP – Der Neurologe & Psychiater, Ausgabe 4/2020


Musikalische Halluzinationen stellen eine heterogene Gruppe im Hinblick auf klinische Charakteristika und Ätiologie dar, da erworbene Hörstörungen oder eine Taubheit, psychiatrische Erkrankungen, Epilepsien, fokale Gehirnläsionen und Intoxikationen gleichermaßen musikalische Halluzinationen induzieren können. In einzelnen Fällen können Neuroleptika, Antidepressiva und vor allem Antikonvulsiva wirksam sein. Möglicherweise kann eine verstärkte externe auditorische Stimulation den Schweregrad der anhaltenden musikalischen Halluzinationen reduzieren. Von den musikalischen Halluzinationen werden die “Ohrwürmer” als unwillentlich entstehende innere Musikimagination abgegrenzt, die aber willentlich beeinflussbar ist und nicht als externe Perzeption wahrgenommen wird.

Stefan Evers: Wie kommt es zu musikalischen Halluzinationen? DNP – Der Neurologe & Psychiater, Ausgabe 4/2020


Soulfood: The CHAMELEONS – ‘In Shreds’ – 12″ 1981

Die ganze Playlist: Soulfood@youtube

Wahnsinnswoche 2020:32

In dieser Woche 158 Patientenkontakte und 16 Terminausfälle. Erst in 8-12 Wochen habe ich wieder freie Termine.


Perhaps the most striking and frightening aspect of the German flight from reality is the habit of treating facts as though they were mere opinions. (…) The average German honestly believes this free-for-all, this nihilistic relativity about facts, to be the essence of democracy. In fact, of course, it is a legacy of the Nazi regime.

Hannah Arendt: The Aftermath of Nazi Rule:Report from Germany. October 1950, Commentary Magazine. Kontext (deutsch).


“In Berlin haben Menschen für Ihr Recht demonstriert, von der Komplexität der Welt überfordert zu sein.” DMZ 6.8.2020


As a bleak flip side to citizen participation in the news-making process, the concept of “dark participation” is introduced here. As research has revealed, this type of user engagement seems to be growing parallel to the recent wave of populism in Western democracies. Thorsten Quandt: Dark Participation.

Media and Communication (ISSN: 2183–2439) 2018, Volume 6, Issue 4, Pages 36–48. DOI: 10.17645/mac.v6i4.1519 via Open Access Journal


Noch was zu Verschwörungsphantasien: “There are, indeed, “non-doxastic conspiracy theories”: theories that have many supporters who do not really believe in their truth or likelihood.”

Non-Doxastic Conspiracy Theories. Anna Ichino* and Juha Räikkä**. *Università degli Studi di Milano – La Statale. **University of Turku. (pdf)


Ich weiß nicht, ob sie das schon wussten:

Mit dem im November 2019 beschlossenen Digitale-Versorgung-Gesetz, das auch die Weitergabe von Gesundheitsdaten an die Forschung erzwang, hatten Krankenkassen das Recht erhalten, die – noch nicht einmal anonymisierten – Daten der Versicherten für eine marktorientierte Bedarfsanalyse auszuwerten.

Im Entwurf der neuen Fassung des § 68b Abs. 3 SGB V ist die dazu nötige Einwilligungserfordernis jetzt weg und das Widerspruchsrecht bezieht sich nur auf die “gezielte Information” sowie die “Unterbreitung von Angeboten”, nicht aber auf die Datenauswertung selbst. telepolis 3.8.2020

Der Bundesdatenschutzbeauftragte meint, der Preis für die Fortschritte bei der elektronischen Patientenakte sei der Verzicht auf grundlegende Datenschutzregelungen. netzpolitik 18.6.2020. Und auf Twitter.


Soulfood: Billy Nomates – No

Die ganze Playlist: Soulfood@youtube

Hütchenspiele und die Sprechende-Medizin-Tombola

Kolumne von Dr. Matthias Soyka

Neulich vorm Hauptbahnhof. Ein etwas abgerissener Mann fordert mich zu einem kleinen Spiel auf. Wo liegt die kleine Kugel? Unter dem rechten Hütchen, worunter er sie soeben gelegt hat? Oder links, wo er das Hütchen gerade hingeschoben hat? Vielleicht auch in der Mitte? Oder doch wieder rechts?

Er schiebt die Hütchen in rasender und faszinierender Schnelligkeit hin und her. Und wenn man kein Mitleid mit ihm hat – oder es nur einfach mal probieren möchte, mit seiner Verschiebetechnik mitzuhalten – dann lässt man es vernünftigerweise lieber bleiben und setzt seine Euros nicht aufs Spiel, in dem man versucht, hier mitzuspielen und in der Geschwindigkeit seiner Taschenspielertricks eine Gelegenheit für den eigenen Vorteil zu sehen

Warum sollte man es bei Jens Spahn anders halten?

Das TSVG verspricht außerbudgetäre Bezahlung für alle neuen Fälle, die ein Arzt behandelt. An das Budget haben sich alle so gewöhnt, dass keiner mehr fragt, warum nicht auch die anderen Fälle vom Budget befreit werden, wenn man im Gesundheitsministerium der Meinung ist, die Ärzte würden zu wenig arbeiten. Doch kaum ist diese Kugel unter den Hut gelegt, wird dieser schon hin und her geschoben und hoppla – die angeblich vom Budget befreiten Fällen werden „bereinigt“. Und noch eine Handbewegung: Das Budget, auf das sich der Arzt zumindest ein bißchen verlassen kann, wird auch im nächsten Jahr kleiner sein als es vorher war. Wer 2020 viele Neupatienten hat, muss auch 2021 viele haben, sonst bekommt er seine Arbeit für die Altpatienten nicht bezahlt.

Der Zuschauer schüttelt den Kopf über soviel Verrücktheit. Das hätte er nicht tun sollen, denn schon wieder werden die Hütchen hin und her geschoben. Plötzlich schiebt ein Mitspieler noch ein altes Hütchen aus dem Jahr 2006 auf den Tisch. Die sprechende Medizin soll gefördert werden.

Deshalb nimmt man den Ärzten, die mit ihren Patienten am meisten sprechen, erstmal etwas von ihrem Einkommen weg, in dem man apparative Leistungen schlechter bezahlt als Leistungen der sprechenden Medizin. Auch Akupunkturleistungen werden „abgewertet“. Komisch denkt der Zuschauer des Hütchenspiels – seit wann ist eine dünne Akupunkturnadel ein Apparat. Und redet man mit den Patienten nicht bei der Akupunktur? Seis drum. Ultraschall wird auch weniger bezahlt, wahrscheinlich soll man jetzt beim Ultraschall mit dem Patienten nicht mehr reden, sondern kurz „Passt schon“ murmeln, wenn alles in Ordnung war und bedenklich mit dem Kopf wackeln, wenn der Befund Anlass zur Sorge gibt.

Hier wird nichts gefördert, sondern das vorhandene Geld ein wenig rumgerührt bis einem schwindlig wird – also auch hier wieder Hütchenspiel par exellence.

Noch ein Schwung mit dem mittleren Hütchen: Anästhesisten erhalten bei der Umverteilung zur Förderung der sprechenden Medizin die höchsten Zuwachsraten. Hoffentlich fühlen sich die Operateure nicht gestört, wenn die Anästhesiologen jetzt soviel mit ihren Patienten reden, während sie in der Narkose liegen.

Für das ganze müssen noch die Honorarverteilungsmaßstäbe jeder einzelnen KV angepasst werden. Das verstehen sowieso nur ganz wenige und ermöglicht noch ein paar zusätzliche Hutschiebungen extra.

Am Ende steht der grundversorgende Arzt da, mit seinen ehemaligen Neupatienten. Vielleicht hat er ein paar Euro mehr in diesem Jahr wegen der Neupatienten und ein paar weniger im nächsten wegen der Altpatienten. Vielleicht hat er Glück in der Sprechenden-Medizin-Tombola oder auch Pech – wer weiß es schon genau. Sicher ist nur, dass die ärztlichen Umsätze auch in diesem Jahr nicht wesentlich, nicht inflationsangepasst und vor allem nicht ausreichend steigen werden. Viele der potentiellen Opfer werden sich am Ende freuen, dass sie bei dem Hütchenspiel nicht allzuviel Geld verloren haben oder sogar zum Anködern einen kleinen Gewinn machen durften.

Und während alle fasziniert von seinem Tempo sind, pfeift der Hütchenspieler durch die Zähne: „But what’s puzzling you – Is the nature of my game!“

Er schiebt so virtuos, dass kaum jemand bemerkt, dass der wahre Verlust beim Hütchenspiel viel größer ist als der von Geld: Wer daran teilnimmt zahlt mit erhöhtem Arbeitsdruck, Verlust von Lebenszeit, Arbeitsautonomie, von Freiheit und Zufriedenheit.

Man sollte da nicht mitspielen, sondern sich an ein Merkblatt der Berliner Polizei halten. Diese rät „Hütchenspieler meiden, denn Gewinnchancen gibt es nicht“ (zitiert nach Wikipedia). Die Polizei warnt außerdem: „In Berlin trifft man die Täter meist in Berlin-Mitte und in der westlichen City an.“ Genau genommen müsste es heißen: in der Friedrichstraße 108

Der Orthopäde und Buchautor Dr. Matthias Soyka aus Hamburg liebt das Schreiben ebenso wie seinen Beruf als Arzt. Doch die Absurditäten unseres Gesundheitssystems führen regelmäßig dazu, dass er beides verbindet. Im änd veröffentlicht der Facharzt regelmäßig einige seiner Denkanstöße.

26.01.2020 aend.de 13:22:39, Autor: js – mit freundlicher Gnehmigung des aend

Wahnsinnswoche 2019:45

In dieser Woche 153 Patientenkontakte und 19 Terminausfälle. Bis Anfang Februar bin ich ausgebucht. Kurzfristige Folgetermine habe ich also nicht im Angebot.


Der Medizinische Dienst der Krankenkassen (MDK) soll von letzteren unabhängiger werden und nur noch MD heißen. Darüber herrscht bei kranken Kassen und Krankenhausgesellschaft blankes Entsetzen.


 

Wie man NICHT über Suizide berichten sollte: https://t.co/AFxXBvspbq

— drproll (@drproll1) November 8, 2019

 


Gesundheitsminister Spahn (CDU) hat sein digitales Datenverkaufsgesetz durch den Bundestag winken lassen, obwohl Experten dringend davor gewarnt haben: 7 Gründe, warum Spahns Gesundheitspläne für Patienten gefährlich sind.

Nach Auffassung eines Kommentators will die Bundesregierung ohne Not einen zentralen Datenspeicher bauen. Eine Datensammelstelle beim Spitzenverband der Krankenkassen. Dort liegt er dann – der riesige Datenschatz. Ohne jegliche Verfremdung oder Anonymisierung der Daten.

Dabei will Spahn doch nur Depressions-Apps zur Kassenleistung machen. Er verteidigte seine Pläne mit dem Argument, es gehe darum, Gesundheitsforschung zu ermöglichen, und er sicherte “Datenschutz auf höchstem Standard” zu.

Ich halte es schon für gewagt, komplette Datensätze verkaufen zu wollen; das mit der Ano- oder Pseudonymisierung steht auf wackligen Beinen und läst sich durch die beliebten Big-Data-Analysen hervorragend aufdröseln.


Soulfood: Queens of the Stone Age – Millionaire (Live Rock Werchter 2018)

Wahnsinnswoche 2019:27

In dieser Woche 184 Patientenkontakte und 16 Terminausfälle. Bis September bin ich ausgebucht. Kurzfristige Folgetermine habe ich also nicht im Angebot.


Nach einer Mitteilung der KV Nordrhein haben sich KBV und kranke Kassen auf die TSVG-Vergütungen geeinigt. Ab September werden 17,5 Prozent der Arztgruppenfälle des Vorjahresquartals extrabudgetär vergütet. Die Behandlung neuer Patienten wird ab 1. September ebenfalls extrabudgetär vergütet. Darüber hinaus gibt es extrabudgetäre Zuschläge auf die Versicherten-, Grund- oder Konsiliarpauschale, wenn der Behandlungstermin innerhalb bestimmter gestaffelter Zeiträume stattfindet, die zum 1. September geschaffen werden. Auch für die Behandlung von sogenannten TSS-Akutfällen bekommen Ärzte einen extrabudgetären Zuschlag auf die Versicherten-, Grund- oder Konsiliarpauschale in Höhe von 50 Prozent.

Näher definiert wurde die Gegenfinanzierung der zukünftig extrabudgetären Leistungen aus der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung. Diese Bereinigung erfolgt für TSS-Terminfälle, für die Behandlung von Neupatienten und die Regelungen zur offenen Sprechstunde in den Quartalen 4/2019 bis 3/2020. Für den Hausarzt-Vermittlungsfall findet die Bereinigung in den Quartalen 3/2019 bis 2/2020 und für den TSS-Akutfall in den Quartalen 1/2020 bis 4/2020 statt. Die extrabudgetären Zuschläge zum TSS-Termin- und TSS-Akutfall sind von der Bereinigung ausgenommen.

Verstehen Sie das? Ich nicht.

Nach Einschätzung meines Berufsverbandes (BVDN) ist es praktikabler, die wöchentliche Verteilung nicht fest auf ein definiertes Zeitfenster festzulegen. Eine freie Verteilung der offenen Sprechstunden käme dem Tenor des Gesetzes näher, da sich hier die Terminstruktur den Bedürfnissen der Patienten anpassen kann, nicht der Betroffene sich den Strukturen anpassen muss.

Aus Versorgungsgesichtspunkten hat man die große Sorge, dass durch die Regelungen des TSVG finanzielle Anreize geschaffen werden, chronische Patienten weniger intensiv und sorgfältig zu behandeln. Grundsätzlich werden Psychiater bei zunehmendem Versorgungsdruck mehr gezwungen sein, eine konsiliarische Arbeitsweise umzusetzen. Das heisst: ein Patient wird nur einmal gesehen, der Hausarzt bekommt einen Bericht mit einem Behandlungsvorschlag. Vom MDK geforderte fachärztliche Krankschreibungen müssen wir künftig immer mehr ablehnen.

Cave: Wenn es durch die gesetzlichen Regelungen zu einer weiteren Erhöhung der Leistungsmengen in den Praxen kommt, kann dies gleichzeitig auch Auswirkungen auf die Zeitplausibilität haben.


Vorläufig lasse ich die Telematik-Infrastruktur nicht in meine Praxis. Ich hab nämlich keinen Bock auf eine blackbox, die meinen kompletten Internettraffic belauscht, getunnelte Verbindungen zu irgendwelchen Bertelsmann-Servern herstellt und gleichzeitig erhebliche Bedenken bezüglich der Datensicherheit bestehen.

Die Strafzahlungen (1% Honorarabzug im 2. Halbjahr 2019, 2,5% ab 2020) finde ich zwar erpresserisch, nehme ich aber gern in Kauf, zumal ich die laufenden Kosten für Anschluss und Betrieb gegenrechne. Zahl ich halt weniger Steuern ;-)

Unverschämt finde ich aber die Forderung der Kranken Kassen, diese Erpressungsgelder Strafzahlungen auch noch einstreichen zu wollen. Zahlt lieber erst mal vollständig die geleistete Arbeit (womit wir wieder beim ersten Punkt wären – der äußerst unübersichtlichen Bereinigung der Vergütung ab 1.7. wegen des TSVG).

Bedenklich finde ich auch die Ankündigung von Gesundheitsminister Jens “Datenschutz ist was für Gesunde” Spahn (CDU), ein eigenes Datenschutzgesetz für das Gesundheitswesen einzubringen. Da wird doch hoffentlich nicht der Datenschutz dem Geschäftsmodell angepasst?


Die Deutsche Patientendaten- und -akten-Selbstbestimmungscharta.


Soulfood: [Mathcore] BLANKFIELD – Last Remote

Wahnsinnswoche 2019:19

In dieser Woche 205 Patientenkontakte und 17 Terminausfälle. Der Terminkalender ist bis zu meinem Urlaub (3.-21.6.2019) randvoll, und der August ist auch schon beginnend ausgebucht. Kurzfristige Folgetermine habe ich daher leider nicht im Angebot.


Hurra: das Terminservice- und Versorgungsgesetz ist am 11.5.2019 in Kraft getreten. Meine Meinung dazu kennen Sie ja bereits…


Normalerweise sollte ein Rehaaufenthalt in einer Klinik an der schönen Ostsee zur Distanzierung von Alltagsbelastungen und zur Verbesserung der psychophysischen Gesundheit beitragen. Wenn dort aber ein eher passiv-aggressiver, abwertender Umgang mit den angereisten Klienten gepflegt wird (von denen viele aus Angst nicht zu widersprechen wagen), ist so ein Aufenthalt eher kontraproduktiv. Es ist Ihr gutes Recht, die frustrane Behandlung dort abzubrechen, sich beim Leistungsträger (hier: DRV) zu beschweren und die Reha ggf. woanders zu machen.


Deprescribing SSRIs: The Crowdsourced Response.


Antipsychotic-Induced Tardive Dyskinesia: “The reviewed literature reveals lower prevalence rates of antipsychotic-induced tardive dyskinesia in patients treated with newer generation compared with first-generation antipsychotics. The evidence of vesicular monoamine transporter 2 inhibitors as a first-line therapy for tardive dyskinesia is well supported.”


Video: Psychische Erkrankungen nehmen in unserer Gesellschaft zu und können jeden treffen. Insbesondere im frühen Stadium sind sie gut therapierbar. Trotzdem gelten sie oft noch als Tabu. Darüber zu sprechen ist ein erster Schritt, um für das Thema zu sensibilisieren und Hilfen zugänglicher zu machen.


Terminankündigung: 5. Deutscher Patientenkongress Depression für Betroffene und Angehörige am 21. und 22. September 2019 in Leipzig.


Our consciousness is a brain-generated neurologic illusion.


Soulfood: Cigarettes After Sex – Nothing’s Gonna Hurt You Baby

Wahnsinnswoche 2019:13

In dieser Woche 225 Patientenkontakte und 14 Terminausfälle. Der Terminkalender ist bis zu meinem Urlaub (3.-21.6.2019) randvoll, und ich fange schon an, Termine im Juli zu vergeben. Kurzfristige Folgetermine habe ich daher leider nicht im Angebot.


Albträume? Imagery-rehearsal therapy (pdf) hilft: schreiben Sie den Albtraum auf, schreiben Sie dann eine alternative Version mit positivem Ausgang auf, und lernen Sie diese auswendig. Medikamente sind nicht zuverlässig wirksam. Prazosin (ein aplpha-Blocker zur Blutdrucksenkung) könnte helfen, steht aber in Deutschland meines Wissens nicht zur Verfügung und wäre überdies in dieser Indikation nicht zugelassen. Von den übrigen Medikamenten, die zur Diskussion stehen, empfehle ich überwiegend Trazodon. Fluvoxamin wäre auch noch eine Idee.


In den USA wurde Ketamin jetzt zur Behandlung therapieresistenter Depressionen zugelassen. Kontext.


Trotz zahlloser Werbeanrufe, -faxe und -mails, und obwohl die Kassenärztliche Vereinigung mehrfach deutlich daran erinnert hat, dass im Falle einer Weigerung Strafzahlungen drohen, habe ich darauf verzichtet, mich an die Telematik-Infrastruktur anschließen zu lassen.

Lieber klage ich im Herbst gegen die erste zu erwartende Strafzahlung, als mir eine Blackbox in die Praxis stellen zu lassen, die mir keinen Nutzen bringt, die aber (via Versichertenstammdatenabgleich) unkontrollierbare Zugriffe auf die Daten meiner Patienten erlaubt, und für deren Sicherheit ich zu sorgen hätte – ohne selbst Einfluss auf die Gesprächigkeit des Konnektors zu haben, dafür aber sämtliche Folgekosten zu tragen hätte. Da ist die Strafzahlung billiger ;-)

Die Sonder-Vertreterversammlung der KV Nordrhein zum Termin-Servicegesetz hat sich auch mit diesem Thema beschäftigt.


Soulfood: Blue Boy – Remember Me. Zugabe: Tame Impala – Remember Me. Und das Original: Marlena Shaw Woman of the ghetto

Wahnsinnswoche 2019:11

In dieser Woche 184 Patientenkontakte und 23 Terminausfälle. Bis auf Weiteres habe ich erst in 10-12 Wochen wieder Termine frei.


Generalisierte Angststörungen: Netzwerk-Metaanalyse zur medikamentösen Behandlung. Duloxetin, Venlafaxin, Escitalopram, Mirtazapin, Sertralin, Fluoxetin, Buspiron und Agomelatin (letzteres ist zur Behandlung aber nicht zugelassen) waren wirksamer als Placebo und wurden relativ gut vertragen. Quetiapin hatte zwar den größten Effekt, wurde aber schlecht vertragen (ähnlich wie Paroxetin und Benzodiazepine).


Na endlich: das Terminservice- und Versorgungsgesetz sorgt für schnellere Arzttermine! Ich nehme mir das sehr zu Herzen und werde Sie jetzt noch schneller abfertigen, als bisher…

Mal im Ernst: WTF? Wenn ich rein ökonomisch denken würde, müsste ich jetzt alle langjährigen PatientInnen vor die Tür setzen und nur noch neue PatientInnen annehmen. Dafür gibt’s nämlich mehr Geld: Hausärzte kriegen 10 Euro für eine erfolgreiche Vermittlung an einen Facharzt (ich dachte immer, Zuweisung gegen Entgelt sei Korruption?), für Fachärzte soll es für eine Versorgung am gleichen Tag einen Zuschlag von 50 Prozent, innerhalb einer Woche von 30 Prozent, und innerhalb von zwei Wochen von 20 Prozent auf die Grundpauschale geben.

Das nenne ich mal Zweiklassenmedizin! Die chronisch Kranken fallen hinten runter, während sich vorne die lukrativen Neuaufnahmen drängeln.

Keine Sorge. Die Sorte Planwirtschaft mache ich nicht mit. Auch nicht die Verkürzung auf 25 Stunden Vertragsarztarbeit pro Woche (es sei denn, ich fühle mich dazu genötigt).


Soulfood (passend zur Wartezeitendiskussion): Zenit – Waitin’

Wahnsinnswoche 2019:03

In dieser Woche 117 Patientenkontakte und 14 Terminausfälle an drei Tagen. Bis auf Weiteres habe ich erst in 10-12 Wochen wieder Termine frei.


CSU-Staatssekretär Stephan Mayer versteht die Technologie von Staatstrojanern nicht.


Professor Johannes Buchmann (Theoretische Informatik – Kryptographie und Computeralgebra) prognostiziert, dass in spätestens 30 Jahren alle verschlüsselten Daten offenliegen. Als wichtige Ziele beim Schutz von Gesundheitsdaten nennt er deren Vertraulichkeit (dass nur berechtige Personen die Daten einsehen können) und Integrität (es darf nicht möglich sein, Daten unbemerkt zu ändern). aend 19.1.2019 (paywall)

Der Professor hat aber gemeinsam mit japanischen und kanadischen Partnern einen technologischen Prototypen entwickelt, der eine jahrzehntelange sichere Speicherung sensibler Gesundheitsdaten gewährleisten soll.


Die Fehltage wegen psychischer Erkrankungen sind zwischen 2007 und 2017 um 67,5 Prozent gestiegen. Weitere Informationen beim Projekt Psychische Gesundheit in der Arbeitswelt – psyGA und beim Arbeitsschutzportal.


Mit dem Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) sind gefährliche Eingriffe in die ambulante Medizin geplant: bundesweiter Protesttag am 23.1.2019.

Was ich selbst von dem Gesetzentwurf halte? Nichts. Warum nicht? Es gelten noch immer die Bestimmungen des SGB 5, mit denen verhindert werden soll, dass die Tätigkeit des Leistungserbringers (?) übermäßig ausgedehnt wird. Daraus folgt, dass Arzttermine knapp gehalten werden.

Irgendwann ist den Schlaubergern im Ministerium und darum herum aber aufgefallen, dass ihre sozialgesetzgeberischen Vorgaben Terminknappheit und Terminchaos produzieren. Also haben sie sich überlegt, die wöchentlichen Sprechstundenzeiten der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte von 20 auf 25 Stunden zu erhöhen. Das Ganze müsse natürlich noch diskutiert werden. Gesundheitsminister Spahn (CDU) dann im gleichen Atemzug: es sei müßig, die Diskussion um die Sprechstundenausweitung auf 25 Stunden weiterhin zu diskutieren. Und: “Einfach nur entbudgetieren, das machen wir nicht.” Worüber soll dann noch diskutiert werden? Was ist das für ein Politikstil?

Ich habe meinen Praxisbetrieb so organisiert, dass ich das mir zugestandene Regelleistungsvolumen nicht überschreite, ich also meine Tätigkeit nicht übermäßig ausdehne (was im Übrigen heißen würde, ohne Bezahlung weiterzuarbeiten).

Im Rahmen der von mir angebotenen Notfallsprechstunden kriegen Sie im schlechtesten Fall innerhalb von drei Tagen eine Krisenintervention (Wartezeiten während der Notfallsprechstunden im Durchschnitt 45 Minuten, prinzipiell bis zu drei Stunden, und ganz selten muss ich wegen Überfüllung auch mal jemand wegschicken). Problem dabei: Arbeiten unter Zeitdruck und Hochgeschwindigkeitspsychiatrie decken sich nicht mit meinen und Ihren Qualitätsanforderungen.

Zweites Problem sind die Folgetermine. Es ist nicht absehbar, wann ich mal wieder Folgetermine schneller als nach 10-12 Wochen anbieten kann. Wenn ich jetzt noch Termine über eine Terminservicestelle belegen lassen würde, wäre das Chaos perfekt. Neue Patienten kämen sofort dran, während Patienten, die schon länger hier in Behandlung sind, hinten runterfallen würden. Außerdem wäre das dann schon reine Planwirtschaft, und ich würde meinen Status als Freiberufler verlieren.

Deshalb halte ich nichts von diesem bürokratischen Unfug.


Soulfood: Fatboy Slim – Push The Tempo

Wahnsinnswoche 2018:52

In dieser Woche 35 Patientenkontakte und ein Terminausfall an zwei Tagen. Bis auf Weiteres habe ich erst in 10-12 Wochen wieder Termine frei. Bin ab 7.1.2019 wieder in der Praxis – bis dahin alles Gute für das Neue Jahr!


“Also, es muss wirklich sehr frustrierend sein, wenn man kurz vor seiner sicher total berechtigten Pensionierung vom jahrelangen Herumsitzen in klimatisierten Räumen, vor flimmerfreien Bildschirmen und auf rückenadaptierten Sesseln nach maximal acht Stunden mit zwischenzeitlichen Pausen natürlich erschöpft nach Hause gehen muss – unter Mitnahme eines Grundgehaltes von ca. € 240.000,- pro Jahr aus reinen Versichertengeldern, in meinen Augen komplett zum Fenster herausgeworfen!” Kommentar von Dr. Christoph Schüürmann zu den jüngsten Forderungen des GKV-Spitzenverbands (weiterlesen)

Worüber hat sich der Mann so echauffiert? Über den Stackelberg: “Krankheiten richten sich nicht nach den Lieblingsöffnungszeiten der niedergelassenen Ärzte”. Klingt richtig, klingt logisch – ist aber in der Schlussfolgerung trotzdem falsch. Lauterbach lockt jetzt dazu mit Prämien (die wahrscheinlich vom Regelleistungsvolumen wieder abgezogen werden), nachdem er vorher süffisant angemerkt hatte, Ärzte spielten Golf, statt zu arbeiten. Ich mag seinen Humor!


Kurz vor Weihnachten kriegte ich (natürlich samstags) ein Einschreiben von der gemeinen Prüfungsstelle der Ärzte und Krankenkassen und einen entsprechend dicken Hals. Montags hab ich das Ding dann aufgemacht und siehe da: dem Prüfantrag des BKK-Landesverbandes wurde NICHT stattgegeben. Zum Hintergrund [1] und [2]. Den informativen Bescheid können Sie als Download haben – falls Sie auch mal in diese prekäre Lage geraten. Ich warte erst mal ab, ob die BKK mich noch verklagen will.


Zwischen Wahn und Wirklichkeit: Bernd Harder befasst sich in seinem neuen Buch mit “Verschwörungstheorien“. Hintergrund: [3].


Aufklärung über die „Intrinsische dopaminerge Aktivität“ eines Neuroleptikums.


Soulfood: Final “Echoes” performance with Richard Wright (Pink Floyd)