In dieser Woche 139 Patientenkontakte und 14 Terminausfälle.
Anschauliche Darstellung der neurologischen Ausfälle als Folge exzessiven Alkoholkonsums.
Leiden „Reichsbürger“ an einem Wahn? Wir sind doch alle längst postfaktisch…
Tricks, die Krankenkassen offenbar anwenden, um ihre Mitglieder möglichst krank erscheinen zu lassen, sind der Regierung zufolge unrechtmäßig..
Depressiv? Gehen Sie in den Zoo, das fördert die Oxytocin-Produktion und baut Stresshormone ab.
E-Health zum Anfassen: 186 Millionen überflüssige Mails crashen den Server. Config Snafu.
Nochmal zum Thema “Medikamente absetzen“: wenn Sie sich nach Jahren niedrig dosierter, erfolgreicher und gut vertragener Behandlung mit Psychopharmaka (soll es tatsächlich geben) spontan entscheiden sollten, das Zeug doch lieber mal wegzulassen, weil es Ihnen ja gut geht, dann beachten Sie dabei bitte, dass Sie beim abrupten Absetzen immer mit einem Rebound-Effekt rechnen müssen. Ihre Rezeptoren sind dann plötzlich “nackt”, und Sie haben eine Fahrkarte in die Klinik gewonnen. Von da kommen Sie dann mit einer hohen Dosis wieder zurück, und mit jedem Rückfall erhöhen Sie geringfügig das weitere Rückfallrisiko. Also: wenn schon absetzen, dann auch richtig – nämlich langsam. Kontext: [1] [2] [3]
Von Dienstag auf Mittwoch hat sich Unitymedia für 19 Stunden verabschiedet, den Fehler aber immerhin kommentarlos behoben.
Bin mal wieder um eine Medienkompetenzerfahrung reicher.
Im September feierte das Wuppertaler Bündnis gegen Depression zehnjähriges Bestehen. Ein SWR-Fernsehteam bat um Dreherlaubnis, weil man für Odysso “einen Beitrag über die zunehmende Vernetzung zum Thema Depression” machen wolle. Die haben dann fleißig gedreht und stundenlang Interviews geführt (die wir dann später nochmal wiederholen mussten, weil sie zu blöd waren, den Speicherchip richtig herum in die Kamera zu stecken) und immer wieder treuherzig versichert, wie wichtig das Thema doch sei.
Als ich jetzt die fertigen Beiträge gesehen habe (nein, ich verlinke die aus Gründen der Qualitätssicherung hier nicht), musste ich staunen: der ganze Dreh war nur eine false flag operation. Auf einmal war nämlich nichts mehr von Aufklärung und Entstigmatisierung zu hören (ich hatte das mehrfach betont), sondern es erklangen unheilvolle Sphärenklänge, drastische Bilder von einem spektakulären, erweiterten Suizid legten den Grundstein für voyeuristisches Schaudern, ein süffisanter Off-Sprecher säuselte von geheimnisvollen Rätseln, fahrige Schnitte und aus dem Kontext gerissene Clips heizten die verschwörerische Grundstimmung leicht durchschaubar wie in einem billigen B-Movie auf.
Die Aktivitäten des Bündnis gegen Depression wurden damit offensiv in die Nähe des Disease Mongering mit bedenklichen Beziehungen zur Pharmaindustrie gerückt. Als Zeugen traten zwei Experten auf, von denen einer mögliche Beziehungen der Stiftung Deutsche Depressionshilfe zur Pharmaindustrie in den Raum stellte, während der andere darüber philosophierte, dass Depressionen doch zum ganz normalen Leben dazugehörten und man die Menschen nicht durch künstliche Zuschreibung von Krankheit in die Abhängigkeit treiben solle. Und weil ich in diesem Zusammenhang persönlich mit zwei angeblichen Falschaussagen (was sich bei näherer Betrachtung als unwahr herausstellt) vorgeführt wurde, denke ich jetzt darüber nach, ob es sich dabei nur um Verunglimpfung, um böswillige Unterstellungen, oder sogar schon um eine rufschädigende Darstellung handeln könnte.
Ende der formalen Filmkritik. Diese manipulativen Techniken erinnern mich schwer an die Erfahrungen, die ich schon in meiner Zeit bei der Freien Ärzteschaft machen durfte: da wurde primär gefragt, welches Auto ich denn fahre – es gab immer ein großes Hallo, wenn ich von meinem Kleinwagen erzählte, und dann zog das Team so lange um die Häuser, bis sie jemand im Mercedes erwischten.
Inhaltlich will ich klarstellen:
- finanziert sich das Bündnis gegen Depression Wuppertal ausschließlich aus Mitgliedsbeiträgen und Spenden, und es wird vom ehrenamtlichen Engagement der Mitglieder getragen.
- sind Aufklärung und Information Grundbausteine zur Entstigmatisierung psychischer Erkrankungen, und sie tragen zur Vermeidung unnötigen Leidens bei.
- sind Hinweise auf die allgemeine Depressionsfähigkeit der Menschheit zwar philosophisch durchaus interessant, aber wenig hilfreich für Menschen in existenzbedrohenden Notlagen: eine Depression als Krankheit erkennen zu können, hat schon den Einen oder Anderen aus der Todesfalle der Schuld- und Schamgefühle gelockt.
- machen Antidepressiva nicht süchtig, und sie wirken nicht persönlichkeitsverändernd.
- werde ich bei künftigen Interviewanfragen sorgfältig den Background der Journalisten checken und mich vorbeugend auf hinterhältige Tricks einstellen. So kann man auch paranoid werden.