Besorgte Bürger oder Gefährliche Bürger? Zum Buch von Liane Bednarz und Christoph Giesa

Natürlich ist es einfacher (und gerade in Zeiten des Internets zunehmend beliebter), nur noch die Literatur zu lesen, die die eigenen (Vor-)Urteile bestätigt. Deswegen suche ich bewusst auch immer wieder Bücher, die mich herausfordern, ärgern, zum Neudenken zwingen. “Gefährliche Bürger” von Liane Bednarz und Christoph Giesa ist genau so ein Werk, das nun schon seit Wochen in mir arbeitet…

Warum fließt Blut für Öl? Die Rentierstaatstheorie zum Fluch des schwarzen Goldes

Wenn Sie in in Ihrem ganzen Leben nur eine einzige, politikwissenschaftliche Theorie kennenlernen und anwenden wollen – dann geben Sie, das erlaube ich mir zu bitten, der Rentierstaatstheorie diese Chance! Denn sie bietet eine schlüssige Erklärung, warum auch der Westen totalitäre Regime wie Saudi-Arabien hofiert, das Schah-Regime im Iran wiedereinsetzte, warum die USA eine ganze Reihe von Rohstoffkriegen geführt haben und heute auch Staaten wie Russland, Aserbaidschan, Venezuela, Angola, Nigeria und viele weitere autoritäre Regime ausprägen. Sie erläutert, warum mancherorts religiöse Fundamentalisten und Extremisten an Macht gewinnen. Sie vermag schließlich auch zu erklären, warum sich die Staatenwelt des Nahen und Mittleren Ostens derzeit auflöst und Hunderttausende meist muslimische Flüchtlinge nicht etwa in die benachbarten, ölreichen Golfstaaten, sondern in die Türkei, nach Jordanien, Libanon und schließlich nach Europa strömen.

Leise Stimmen jenseits der Klischees. Die Flüchtlings- als Glaubenskrise unter (vielen) Muslimen

“Dr. Blume, wie reagieren eigentlich die Muslime auf die Morde im Namen ihres Glaubens?”, so werde ich in diesen Tagen und Wochen sehr häufig gefragt. Einfache Antworten darauf gibt es nicht, weil es “die Muslime” schlichtweg nicht gibt. Je nach Herkunft, Bildungsschicht, Persönlichkeit und nicht zuletzt Konfession (wie sunnitisch, schiitisch, alevitisch bzw. alawitisch) fallen die Wahrnehmungen und Deutungen oft sehr unterschiedlich aus. Doch insbesondere im deutschsprachigen Islam wird intensiv debattiert – wobei die Laut-Eindeutigen die vielen leiseren Stimmen leider oftweiter

Zeit als Rätsel (auch) der Religionswissenschaft. Quantic-Video & Artikel

Schon in den frühesten, religiösen wie auch wissenschaftlichen Schriften der Menschheit finden wir ein (bis heute anhaltendes) Ringen mit einem der größten Rätsel unseres Universums: Der Zeit. Ist die Zeit selbst ein Hervorbringendes wie im Physikalismus, im Zoroastrismus (“Zrvan” = Zeit als Vater von Ahura Mazda und Angra Mainyu) oder im Glauben der Mormonen (ein ewiges Universum, in dem Lebewesen zu Gottheiten aufsteigen)? Oder ist die Zeit ein Geschaffenes wie in Judentum, Christentum und Islam, deren Alleingottheit also vor undweiter

Warum nehmen die Golfstaaten kaum Flüchtlinge auf? Von Ölreichtum und Kälte

Ob in Europa, im Nahen oder Mittleren Osten – gerade auch Muslime sprechen mich auf einen schmerzhaften Widerspruch in der derzeitigen Weltpolitik an. Während einige mehrheitlich islamisch geprägte Staaten wie die Türkei, Jordanien oder der Libanon Millionen von Bürgerkriegsflüchtlingen aufnehmen – schlagen sich ausgerechnet die “Eliten” der reichen, arabisch-islamischen Ölstaaten in die Büsche. Zwar spenden sie Geld an Hilfsorganisationen und diverse, islamisch geprägte Rebellenfraktionen, doch nehmen sie kaum Flüchtlinge aus den Bürgerkriegsregionen bei sich auf. Für Empörung sorgt so beispielsweise das Statement des kuwaitischen Funktionärs und “Researchers” Fahid Al Shalami, der erklärte, die Golfstaaten seien eben “nicht für Flüchtlinge, sondern für Arbeiter” geeignet, für Fliehende “zu teuer” und außerdem ungeeignet zur Aufnahme von Menschen “mit einer anderen Kultur” und mit “psychologischen Problemen und Trauma” (vgl. den sehr hörenswerten Braincast von Arvid Leyh). Und wir stellen fest: Arabische Rassisten formulieren ganz genau die gleichen, menschenverachtenden “Argumente” wie ihre europäischen Pendants, um ihre menschliche Kälte und Empathielosigkeit zu rechtfertigen. Das “Problem” ist nur: In Kuwait regieren diese Leute – und zwar nach der Invasion des Irak und dem zweiten Golfkrieg von 1991 wiedereingesetzt von westlichen Truppen! Und schon damals hatte sich das fundamentalistisch-religiöse Regime unmittelbar nach der “Befreiung” bei den palästinensischen Gastarbeitern für “mangelnde Loyalität” revanchiert, indem es knapp eine halbe Millionen Menschen innerhalb weniger Tage aus dem Lande wies – eine bis dahin beispiellose, ethnische Säuberung unter “arabischen Brüdern”!

Öl- und Glaubenskriege. Wie das schwarze Gold Politik, Wirtschaft und Religionen vergiftet

“Kein Blut für Öl!” – “Eigentlich geht es bei all diesen Kriegen doch gar nicht um Religion, sondern um Rohstoffe, oder!?” – “Warum entwickeln sich in den reichen Ölstaaten eigentlich keine Demokratien? Und warum sind einige afrikanische Länder mit Ölfunden sogar ärmer geworden?” – “Warum glaubt die Friedensnobelpreisträgerin Shirin Ebadi, dass es dem Nahen Osten besser ginge, wenn es weniger Öl und dafür mehr Wasser gebe?” – “Was ist denn gerade mit Venezuela los?” – “Wäre Putin ohne die Öl-weiter

Köllerer liest den Koran

Im öffentlichen Diskurs spielt der Koran seit bald 14 Jahren eine grosse Rolle. Die einen berufen sich auf ihn, der einen heiligen Krieg gegen alle Ungläubigen fordert. Die anderen lehnen alles, was mit Islam zu tun hat grundsätzlich ab, selbst wenn es aus der Bibel übernommen wurde. Wie Christian Köllerer festhält: ‘Gelesen hat ihn […] allerdings niemand’. Aber das hat er jetzt geändert – und wie fast immer, wenn er ein Buch beendet, hat er uns eine Notiz dazu gegeben, dieweiter

Franziskus und Ali Al-Khawwas – Der Papst rühmt einen islamischen Sufi in seiner Enzyklika Laudato Si

Wie Abertausende andere auch erwartete ich gespannt die Online-Veröffentlichung der Enzyklika “Laudato Si” (Umbrisch für: Gelobt seist Du, ein direktes Zitat des Franz von Assisi) von Papst Franziskus. Auf jeden Fall wollte ich etwas dazu bloggen, hatte ich doch schon bei der vorherigen Enzyklika “Evangelii Gaudium” das dort geschilderte Verhältnis von Glauben und Wissenschaft und den dort starken Bezug auf die jüdischen Wurzeln des Christentums sowie davor die Rede von Benedikt XVI. im Bundestag thematisiert. Was für Überraschungen würde “Laudato Si” jenseits der großen Schlagzeilen noch enthalten?

Gehts um Kinder, dann gehts um Geld und Staat. Zum Elend deutscher Demografie-Debatten

Mit einiger Überraschung stelle ich fest: An manchen Schmerz gewöhnt man sich nicht. So tut es mir immer noch fast körperlich weh, wenn deutsche Debatten über Demografie in den immergleichen Denkschablonen abwärts trudeln. 1. Jemand stellt fest, dass in Deutschland zu wenige Kinder geboren würden. 2. Dies sei ein wirtschaftliches Problem, es “bedrohe” die Renten, den Standort, den Arbeitsmarkt, die Zinsen usw. 3. Jemand findet, dass Kinder “zu teuer” kämen. “These”: Wären die Deutschen reicher, dann hätten sie auch mehr Kinder. 4. Jemand wendet ein, dass aber doch die Menschen in ärmeren Gesellschaften eher mehr Kinder haben. 5. Alle einigen sich darauf, dass “der Staat” und “die Politiker” Schuld seien bzw. “etwas tun” müssten. Über das “etwas” gibt es aber keine Einigung – manche schimpfen auf “die Ausländer”, andere auf “die Banken” oder “das Gender-Mainstreaming”. Als anerkannte Beispiele gelten Frankreich und Schweden, ohne dass man(n) Näheres darüber wüsste. Auch das “islamische Patriarchat” wird zunehmend gerne angeführt. 6. Jemand stellt einen Nazi-Bezug her (z.B. Muttertag = Mutterkreuz). Allgemein ratloses, leicht angewidertes Kopfschütteln. 7. Ruhe (auch nicht durch “Kinderlärm” unterbrochen), bis zur nächsten Wiederholung bei 1. Seitdem ich zu Religion & Demografie geforscht und verschiedene Artikel sowie ein Buch publiziert habe, warte ich auf den Moment, wann sich diese ermüdende Debattensackgasse einmal auflösen würde. Aber selbst den Kirchen gelang es bei ihrem (zu Recht wegen Belanglosigkeit verpufften) “2. ökumenischen Sozialwort” nicht, im Demografiekapitel mehr als 1 – 3 zu wiederholen.

Steigt der Salafist ins türkische Taxi… Mein Lieblingswitz zu religiösem Fundamentalismus

Im Leben eines Wissenschaftlers geschehen die unwahrscheinlichsten Dinge – beispielsweise werden auch Schwaben für Experten in Sachen Humor gehalten! So soll ich nun also auf dem Evangelischen Kirchentag in Stuttgart am 04. Juni 2015 zum Thema “Lachen in Namen der Religionen. Humor in den abrahamitischen Religionen” sprechen. Und nachdem auch der Pegida-FDP-Dialog hier neulich für Freude gesorgt hatte, nutze ich doch einfach die Chance, einen neuen Humor-Schwerpunkt auf Natur des Glaubens zu eröffnen – in dem ich hin und wiederweiter