Novemberausgabe der Hausarztkolumne

Am 2. 11. 2008 wird die fünfte Ausgabe der Kolumne Dr. Kunze hört (nicht) auf bei www.der-andere-hausarzt.de erscheinen. Dieses Mal fragt sich der alternde Hausarzt, ob er sich in Sachen Lebensanschauung und Kindererziehung nicht zu weit von seinen Patienten entfernt. Versteht er seine Patienten noch? Sind seine Ratschläge noch up to date? Lesen Sie selbst.

Doktorspiele bei Grippeimpfung

Ein eindrucksvolles Beispiel zum Ziel von Disease Awareness Kampagnen ist in Österreich bei der Grippeimpfung zu sehen. Das unsägliche Plakat mit dem James-Bond-Thema schmückt zwar ein Logo von Sanofi Pasteur MSD (SP MSD), ruft aber allgemein zu Grippeimpfung auf – ohne das Produkt von SP MSD zu nennen.

In der Fachzeitschrift ärztemagazin gibt es Klartext: “In schützender Mission” sollen Ärzte und Apotheker “Vaxigrip®” dem Patienten verkaufen. Hier in der Variante für Kinder.

Erinnert sehr an Doktorspiele. Werbeagenturen können grausam sein.

Düstere Aussichten für die Pharmaindustrie

Am Dienstag ist Election Day in den USA. Die Zeitung “Star Tribune” fasst die Pläne der beiden Präsidentschaftskandidaten bezügl der Gesundheitspolitik zusammen. Egal wie es ausgeht, ein Verlierer steht fest: Die Pharmaindustrie.

McCain: would promote generic drugs, require pharmaceutical companies to disclose drug pricing, and allow re-importation of U.S.-made drugs from countries where they are sold at lower prices; would gradually reduce payments to private Medicare health plans.

Obama: would promote the use of generic drugs, instead of more expensive brand-name ones; would reduce payments to private Medicare health plans.

Auch Obama hat sich für den Re-Import aus Kanada und anderen Ländern mit niedrigeren Arzneimittelpreisen ausgesprochen.

Selbst für den neoliberalen, den Republikanern nahestehenden Thinktank “American Enterprise Institute” scheint klar: We’re going to have an administration that’s hostile to the industry.

Der Op-Ed-Kommentar des Wallstreet Journals zeichnet ein düsteres Bild von der Zukunft der Pharmaindustrie. Zwar setzen die Lobbysisten alles daran, ein 60 Milliarden Dollar schweres Programm auf den Weg zu bringen, dass die Gesundheitsversorgung von Kindern verbessern soll, das “State Children’s Health Insurance Program” (Schip). Aber nach Ansicht des Kommentators, gräbt die Industrie ihr eigenes Grab ein wenig tiefer. Diese Mehrausgaben würden den Zwang zu Einsparungen nur fördern. Ein Phyrrussieg.

Congress will use its purchasing power, or sheer coercion, to force greater pricing conformity. These trends will only accelerate if Mr. Obama succeeds in enacting a government-financed public option like Medicare, open to everyone. The pharma lobby is only speeding up the likely arrival of federal price controls and formulary restrictions as government tries to limit the inevitable runaway health costs. That’s a death sentence when pharmaceutical innovation already has a 10- to 20-year investment horizon.
In any case, the real powers in Congress next year will be such pharma critics as Mr. Waxman, Pete Stark, Bart Stupak and John Dingell. Good luck.

Warum sollte uns das in Europa intressieren? Die USA sind immer noch der grösste Pharmamarkt der Welt. Dort hat sich der Erfolg oder Misserfolg eines neuen Medikaments entschieden und es wurden die Gewinne erwirtschaftet, die von den Pharmakonzernen auch in Europa in Forschung investiert worden sind. Vor ein paar Jahren noch hatte der US-Markt einen Anteil von 40-50% an den weltweiten Umsatzzuwächsen. In den nächsten Jahren rechnen die Analysten mit unter 10% und damit weniger als in Europa. Nun verschiebt sich der Fokus. Echte Zuwächse gibt es nur noch in den aufstrebenden Märkten wie wie Brasilien, Russland, Indien oder China (“BRIC”) – auf niedrigem Ausgangsniveau.

So ganz angekommen scheint es bei den Politikern noch nicht zu sein. Immer noch wird die Gesundheitswirtschaft als Wachstumsbranche hoffiert.

Wieder da!

Ich gehe ja sehr gerne in die Ferien (und geniesse es sehr), aber ich komme auch gerne wieder zurück.

Es war ein bisschen ein Kontrastprogramm, das Zurückkommen: In Port Elizabeth hatten wir noch warmes Wetter und Regen (das Wetter vorher …

Die Sitzschale vom „richtigen“ Sanitätshaus

Dieser Eintrag ist Teil 14 von 14 in der Serie Zweitversorgung in der Tagesstätte Auch im dritten Jahr der Zweitversorgung mit der Sitzschale im Kindergarten sorgte für Hin und Her – der richtige Kostenvoranschlag
Wie es nächstes Jahr mit der Versorgung von Hilfsmittel für behinderte Kinder aussieht, lässt sich nichts sagen wegen der Gesundheitsreform. Dieses Jahr zumindest […]

Zeigt her eure Hände

Quelle: pixelio / Stefanie HofschlägerMindestens 500.000 Menschen infizieren sich in Deutschland während eines Krankenhausaufenthaltes. Experten sind sich sicher, dass mind. ein Drittel der Infektionen vermieden werden könnte, wenn Ärzte und Pflegepersonal die einfachsten Hygieneregeln einhalten würden.
Diese Problematik erkannte Semmelweis bereits 1848. Er hat immer wieder darauf hingewiesen, dass die häufigen Kindbettfieberfälle mit mangelnder Hygiene zusammenhängen. […]

Snowboard-Pharma

Zufällig bin ich über einen Skandal in der Schweiz gestolpert, über den im Februar 2006 blogger und Medien berichtet haben. Das ist so bemerkenswert, dass es auch nach 3 Jahren noch Kopfschütteln hervorruft.

1924 entwickelt Ciba Coramin und verkauft es als Kreislaufstimulans. 1938 versucht Albert Hofmann, das Ciba-Erfolgsprodukt Coramin (Nikotinsäure Diäthylamid) nachzubauen für seinen Arbeitgeber Sandoz unter Verwendung von Lysergsäure und stösst dabei auf das Lysergsäurediäthylamid, besser bekannt als LSD. Coramin verkauft sich gut und ist weitherum bekannt; sogar Hitlers Leibarzt Theodor Morell verschreibt es seinem Klienten. Gute 6 Jahrzehnte später ist Coramin, a.k.a. Nikethamid, immer noch in Gebrauch: 125 mg davon sind in Glycoramin zu finden, welches zu Beginn des 21. Jahrhunderts rückläufige Umsatzzahlen aufweist, weshalb Novartis 2006 das Produkt neu positionieren will, was aber etwas schräg rauskommt…,

So beschreibt wissen.wordpress.com den Hintergrund.

Für das “neu positionieren” hatten Novartis und die beauftrage Agentur im Februar 2006 in der Schweiz mit einem dynamischen Snowboarder das Produkt “Gly-Coramin®” geworben.

Gly-Coramin® ist in der Schweiz frei verkäuflich und nach den Berichten zu urteilen ein Klassiker als Aufputsch-Mittel für ältere Herrschaften auf Bergtouren. Novartis wollte das Medikament als “…Kult-Energiespender einer jungen und einer sportlichen Zielgruppe…” positionieren und scheute auch vor wildem Plakatieren in der Nähe von Schulhäusern nicht zurück.

Was bestürzend genug ist, da Medikamentenwerbung, die sich an Jugendliche und junge Erwachsene richtet, ethisch problematisch ist. Novartis ist aber noch weiter über das Ziel hinausgeschossen, da die vermeintlich harmlose Kautablette, welche dem jungen Snowboarder mehr Energie geben soll, auf der Dopingliste steht. Auch dürfte es gar nicht an unter 16-Jährige abgegeben werden.

Ein Blog hatte die Stellungnahme von Novartis Consumer Health zu den Vorwürfen veröffentlicht. Besonders die Sache mit dem Doping sah Novartis locker:

Seit kurzem hat die World Anti-Doping Agency Nikethamid neu klassifiziert. Es gehört jetzt zu den spezifierten Substanzen, d.h. solche die in so vielen Medikamenten vorkommen, dass man es unabsichtlich einnehmen kann. In diesen Fällen werden die Sportler nicht so streng gebüsst.

Der Chefarzt von Swiss Olympic fand die Aktion völlig daneben

“Dass Junge mit einem Medikament angesprochen werden, kann nicht toleriert werden. Und wenn das noch mit einer Sportgruppe wie den Snöbern gemacht wird, die bei den Jugendlichen einen immensen Einfluss hat, dann werden natürlich auch unter 16-Jährige diese Medikamente nehmen.”

Die Schweigsamkeit der Schweizer Banken ist legendär. Swissmedic, die Zulassungsbehörde, ist da nicht anders. Über die Ergebnisse des eröffneten Prüfungsverfahren, ob Novartis gegen das Heilmittelgesetz verstossen hat, wurde nur Novartis informiert.