Die Kosten für Heil- und Hilfsmittel sind massiv gestiegen. Allein bei der BARMER haben die Gesamtausgaben im Jahr 2016 erstmals die Schwelle von einer Milliarde Euro überschritten. Das geht aus dem aktuellen BARMER Heil- und Hilfsmittelreport 2017 hervor. Demnach stiegen allein die Ausgaben für Hilfsmittel um rund neun Prozent, das entspricht einem Zuwachs von rund 84 Millionen Euro. Ähnlich stellt sich die Situation bei den Heilmitteln dar. Sie stiegen im Vergleich zum Vorjahr um etwa drei Prozent, was einem Plus von rund 26 Millionen Euro entspricht. Die Anzahl der Versicherten, die Heil- und Hilfsmittel erhielten, blieb im selben Zeitraum jedoch nahezu identisch. „Heil- und Hilfsmittel sind ein wichtiger Teil der medizinischen Versorgung. Umso wichtiger ist, dass allein die medizinische Notwendigkeit und nicht regionale Besonderheiten die Verordnung von Heilmitteln wie Physiotherapie bestimmen“, forderte Prof. Dr. Christoph Straub, Vorstandsvorsitzender der BARMER. Diese Entwicklung sei keineswegs neu. Seit dem Jahr 2013 hätten die Kosten für Heilmittel mittlerweile um 19 und die Ausgaben für Hilfsmittel um 18 Prozent zugelegt. Enorme regionale Unterschiede bei den Ausgaben Seine Forderung stützt Straub auf die enormen regionalen Unterschiede in der Versorgung mit Heil- und Hilfsmitteln. In der Physiotherapie, dem mit Abstand größten Block unter den Heilmitteln, sind die Ausgaben je Versicherten in den Jahren 2015 und 2016 um jeweils fast fünf Prozent gestiegen. Betrachtet man die Physiotherapie-Ausgaben pro Versicherten nach Bundesland, fällt eine enorme Spannbreite auf. Sie reichte im Jahr 2016 von 50 Euro in Bremen bis zu 81 Euro in Sachsen und rund 82 Euro in Berlin. „Die regionalen Differenzen bei den Ausgaben sind derart groß, dass sie durch unterschiedliche Häufigkeit oder Schwere der Erkrankungen nicht zu erklären sind. Die Versorgung in den einzelnen Ländern fällt offenbar unabhängig von medizinischen Notwendigkeiten stark unterschiedlich aus“, betonte Straub. Hier seien dringend weitere Untersuchungen notwendig. Es bedürfe keines Blickes in die Glaskugel, um weiter steigende Ausgaben für Heilmittel zu prognostizieren. Dies liege unter anderem am Heil- und Hilfsmittelversorgungsgesetz, das im April 2017 in Kraft getreten ist. Mit dem Gesetz wurde die Bindung der Budgetsteigerungen an die Grundlohnsumme aufgehoben. Leistungserbringer erzielen mit dem Wegfall dieser sinnvollen Orientierungsgröße deutlich höhere Vergütungsanhebungen. Das Gesetz sehe außerdem Modellregionen vor, in denen die Heilmittelerbringer Art, Dauer und Häufigkeit der Therapie selbst festlegen können. Der Arzt erhebe lediglich die Diagnose auf einem sogenannten „Blanko-Rezept“. „Es besteht die Gefahr erheblicher Kostensteigerungen, wenn Patienten länger oder aufwändiger behandelt werden, als es rein medizinisch notwendig wäre. Hier darf der Zusammenhang zwischen einer bestmöglichen, aber auch wirtschaftlich klugen Versorgung nicht aus dem Auge verloren werden, zumal der Heil- und Hilfsmittelreport der BARMER bereits für die Jahre 2015 und 2016 deutliche Mehrausgaben aufzeigt“, betonte Straub. Auffälligkeiten in der Versorgung Der Report deckt einige Besonderheiten in der Versorgung mit Heil- und Hilfsmitteln auf, die sich nicht ohne weiteres erklären lassen. Es gibt beispielsweise deutliche Unterschiede bei den Geschlechtern. So erhalten Frauen häufiger als Männer Hilfsmittel (29 gegenüber 22 Prozent). Bei den Heilmitteln ist der Unterschied noch größer. Hier bekommen 26 Prozent der Frauen, aber nur 17 Prozent der Männer eine Verordnung. „Auffälligkeiten, wie sie der Heil- und Hilfsmittelreport zeigt, müssen weiter untersucht werden. Denn sie können auch ein Hinweis darauf sein, dass Versorgungsentscheidungen nicht durchgehend evidenzbasiert erfolgen“, so Reportautor Prof. Dr. Daniel Grandt vom Klinikum Saarbrücken. Pressemitteilung der BARMER
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