Von rundlichen Nashörnern zu lieblichen Einhörnern – Ein vergnügliches Detail der Religions- und Kunstgeschichte

Selbstverständlich kann man als Religionswissenschaftler den ganzen Tag düstere Themen wie Extremismus, den sich ausbreitenden Verschwörungsglauben oder die Öl- und Glaubenskriege erforschen und beschreiben. Aber geistig wäre eine solche Einseitigkeit wohl nicht gesund (und würde im Übrigen genau den Falschen in die Hände spielen). Auch deswegen gönne ich mir hin und wieder auch mal Arbeiten zu “leichteren” Themen der Alltagskultur und Fantasie, zum Beispiel zum Glauben an Engel – oder an Einhörner. Und so musste ich doch sehr schmunzeln, als ich auf instagram eine Kalligrafie der Künstlerin Julia von www.farbcafe.de fand, die schrieb: Ich liebe Nashörner! Sie sind wie Einhörner nur dicker

Verschwörungstheorien, Verschwörungsmythen, Verschwörungsglauben, neue Medien & Rechtspopulismus – Audioblog Folge 7

Was ist eigentlich eine #Verschwörungstheorie genau? Und wie unterscheidet sie sich vom #Verschwörungsmythos? Wann läuft das Ganze schließlich auf einen #Verschwörungsglauben hinaus? Nach der Fertigstellung des sciebooks “Verschwörungsglauben. Der Reiz dunkler Mythen für Psyche und Medien” trudelten nicht nur Bestellungen, sondern auch Artikelanfragen ein. In der letzten (Urlaubs-)Woche gelang es jedoch auch, etwas Zeit frei zu schaufeln, um eine Podcast- und Audioblogfolge zu erstellen. Dabei habe ich mich auf die beispielhafte Darstellung des #Hexenglaubens sowie auf die Verschwörungsmythen zu Freimaurern, Illuminaten und schließlich Außerirdischen (vgl. #UFO-Religionen) konzentriert, außerdem den Einfluss “neuer” Medien – angefangen beim Buchdruck, dem Hexenhammer und Martin Luther – sowie schließlich den weltweiten Aufschwung des #Rechtspopulismus in den Blick genommen. Anbei also das Video, den Text als mp3-Podcast und als pdf-Text. Viel Freude & ggf. eine gute Diskussion! Link zum Audioblog-Video:

Martin Luther zur Anthropodizee in Vom ehelichen Leben (1522)

Fürwahr, wir leben in seltsamen Zeiten. Im Zug zu einem Psychatrie-Kongress in Wien hielt ich die gesammelten Werke Dr. Martin Luthers (1483 – 1546) in der Hand – von seiner Bibelübersetzung über seine Briefe und Traktate, eine Biografie u.v.m. Für kaum einen Euro hatte ich sie mir aufs Kindle geladen, sie wogen kein Gramm. Und da es die österreichische Bahn von Salzburg bis Wien auf über 90 Minuten Verspätung brachte, stöberte ich in Luthers Schriften (eigentlich auf der Suche nach seinen vielfachen Bekenntnissen zum Verschwörungsglauben) – und stieß auf eine Überraschung! Luther hatte bereits wesentliche Befunde zur Anthropodizee vorweg genommen! Dabei geht es um die philosophische Frage, ob es angesichts des Leids, das ein Kind selbst erfahren und anderen (beginnend bei den Eltern) zufügen wird, überhaupt vertretbar sei, weiteres Leben zu schenken. Luther selbst war ja erst zölibatärer Mönch gewesen, später begründeten er und seine Ehefrau Katharina von Bora (1499 – 1552) das Ideal der evangelischen Pfarrfamilie, das – wie zuvor und daneben nur die Rabbinerfamilien – Religiosität, Kinderreichtum und Bildung verband, mit enormen demografischen und kulturgeschichtlichen Auswirkungen. „Familie Luther“ nach Gustav Spangenberg um 1875 Daher war es auch wenig überraschend, dass Luther in seinem Traktat “Vom ehelichen Leben” (1522) das erste biblische Gebot hochhielt:

Bildung, Religiosität und Kinderreichtum – Das Beispiel des evangelischen Pfarrhauses

Nach dem ersten Blogpost zur Anthropodizee und dem Beitrag in der Sendung Quarks & Co. zu Wissen und Glauben wurde ich wieder viel mit dem wohl populärsten Dreisatz zum Zusammenhang von Religion und Demografie konfrontiert. Viele Deutsche meinen noch immer: 1. Gebildete Menschen seien seltener religiös. 2. Gebildete Menschen hätten weniger Kinder. Entsprechend seien 3. religiöse Familien (nur) deswegen kinderreicher, weil die Eltern durchschnittlich weniger gebildet seien. Nur: Dieser Dreisatz ist schlicht falsch. So ist der Begriff der “Bildung” selbstweiter