Wie Gehirnzellen Dampf ablassen

Übererregung der Nervenzellen bei Migräne und Schlaganfall kann als idealisierter thermodynamischer Kreisprozess beschrieben werden. Wir veröffentlichten ein neues Manuskript auf arXiv. Niklas Hübel und ich untersuchen dort eine Erweiterung der klassischen Theorie von Hodgkin und Huxley (Nobelpreis 1963). Diese Theorie beschreibt in ihrer sprünglichen Fassung Nervenimpulse (Spikes). Spikes sind die Basis auf der die ganze Kommunikation zwischen Nervenzellen aufbaut, also die Bits und Bytes der Gehirnfunktionen. Der zugrundeliegende Mechanismus für einen Spike ist ein Alles-oder-Nichts-Phänomen, was man auch mit “Anregbarkeit”weiter

Zwei tragbare Geräte gegen Migräne

Es tut sich was. Die ersten zwei tragbaren Geräte sind innerhalb der letzen drei Monate in den USA zugelassen worden. Das setzt einen neuen Akzent in der zukünftigen Migränebehandlung. Migränetherapie mit einem silbernen Haareif oder einer kleinen grauen Kiste, die man bis zum nächsten Anfall im Schuhschrank aufbewahrt – sind wir im 21. Jahrhundert angekommen oder sehen wir einen Rückschritt ins 18. Jh.? Wenn sich Methoden über Jahrhunderte nicht weiterentwickeln, ist das ein untrügliches Zeichen für einen pseudowissenschaftlichen Ansatz. Man denke an Homöopathie.weiter

Modellansatz Migräne

Gudrun Thäter und Sebastian Ritterbusch (KIT, Institut für Angewandte und Numerische Mathematik IV) haben mich eingeladen und zusammen reden wir über Modellbildung im Gehirn und wie man die Migräne auf eine Formel bringt. Dies als Podcast und andere wirklich spannende Beiträge zur angewandten Mathematik kann man auch über iTunes, Die Hörsuppe oder podcast.de abbonieren. Hier geht es zur Website von Modellansatz.

Faradisch war und bleibt die Frage

Er sei unleugbar obgleich ein suggestiver Erfolg. Folglich empfohlen für nervöse Allgemeinleiden, Hysterie, Neurasthenie etc. Bei der Recherche zu meinem Vortrag gestern am „Berlin Center for Studies of Complex Chemical Systems“ stieß ich auf den erfrischenden Einfluss faradischer Bäder (hier geht’s zu den Folien). Dass Migräne sich im „Et cetera“ einreiht, darf man vermuten. Zumal hydroelektrische Bäder zu praktizierten Migränetherapie gehörten. So genau müssen wir es nun aber auch nicht mehr wissen. Das Adjektiv „faradisch“ verrät es – es ist nicht mehr im Gebrauch, ich musste nachschlagen.weiter

Viel Smarties wenig Kaugummi heilen Migräne. Nicht.

Könnte man eine Krankheit mit Smarties und dem Verzicht auf Kaugummi heilen, würde ich verstehen, warum diese ein schlechtes gesellschaftliches Ansehen hätte. Leider ist es bei Migräne umgekehrt. Schlechte Presse sorgt auch diese Woche für falsche Vorstellung auf dem Niveau von “Schatz, heute nicht, ich habe Migräne”. Gleich zweimal. Am 10 Januar titelt die Hamburger Morgenpost: “Auch süße Smarties machen Migräne weg”. Eine Woche später, also gestern, dann in der F.A.Z.: Wenn Kinder unter ständigen Kopfschmerzen leiden, kann das mit demweiter

Botox-Test vor operativen Eingriff selektiert Placebogruppe

Fallstricke und Chancen der Placebo-Ansprechrate bei Migräne – Zwei aktuelle Publikationen. Migräne kann in einer episodischen und einer chronischen Form verlaufen. Es gibt Behandlungsmethoden, die nur in der chronischen Form einen von Placebo unterscheidbaren Effekt aufweisen. Botox® (Botulinumtoxin), zum Beispiel, wirkt nur bei chronischer Migräne. Eine Wirkung von Botox über den Placebo-Effekt hinaus konnte bei der häufigeren episodischen Verlaufsform von Migräne nicht nachgewiesen werden. Um nun die Erfolgswahrscheinlichkeit einer alternativen, chirurgische Behandlungsform (“migraine trigger site deactivation surgery (MTSDS)”) abzuschätzen, wird der Botox-Test durchgeführt.weiter

Doch-nicht-nichtinvasive Hirnstimulation?

Entwickelt sich die externe Stimulation des Gehirns mit elektrischen und magnetischen Feldern schneller, als wir passende Wörter dafür finden? Werden hinter harmlos klingenden Bezeichnungen Gefahren verborgen? Kann und sollte man die angeblich ‘nichtinvasive’ Hirnstimulation mit einer radiochirurgischen Behandlung vergleichen? Am 13. Dezember 2013 wurde durch die FDA (Food and Drug Administration, Zulassungsbehörde der USA für Lebens- und Arzneimittel) ein neues Medizingerät zugelassen. Es war der zweite Anlauf. Ein sogenanntes „nichtinvasives“ Verfahren, die transkranielle Magnetstimulation, ist nun in den USA zur Migränetherapie zugelassen. Siehe auch meinen Beitrag in Gray Mattersweiter

Suche nach Biomarkern für Anfallsvorhersage und -verhinderung bei Migräne

Die elektrische und magnetische Stimulation des Gehirns (Neuromodulation) muss weg von der auf Zufall basierenden Suche nach geeigneten Stimulationsprotokollen hin zu einem systemischen Ansatz, der Methoden aus drei Bereichen integriet: Computational Neuroscience, Kontrolltheorie und nichtlineare Dynamik.  Wir entwarfen eine Road Map für die nächste Generation nicht-medikamentöser Behandlung der Migräne in einer neuen Veröffentlichung (Translational Neuroscience 2013, open access). Konkret schlagen wir zur Umsetzung dieser Road Map vor, das neue Konzept der dynamischen Netzwerk-Biomarker als Frühwarnsystem auf episodische Erkrankungen zu Übertragen und dann für eine neue Generationweiter

Abbrennen einer Lunte – unbelebte Modelle in der Biologie

Ein explosibles Gasgemisch, ein Stück passives Eisen in nicht zu konzentrieter Salpetersäure und ein lebender Nerv im Ruhezustand haben miteinander gewisse Ähnlichkeiten. Gegenüber kleinen vorübergehenden Störungen ist ihr Zustand stabil; überschreitet aber die Störung eine gewisse Größe, so tritt ein Ereignis ein, das man beim explosiblen Gemisch als „Entzündung“, beim passiven Eisen als „Aktivierung“, beim Nerv als „Erregung“ bezeichnet. In allen drei Fällen bleibt das Ergebnis nicht auf den Ort der Störung beschränkt, sondern es breitet sich über das ganzeweiter

Was weiß denn schon die Mathematik von Migräne?

Unser Wissen über Migräne können wir in Hypothesen fassen, die sich mathematisch formulieren lassen. Ein beispielhafter Ansatz aus der Systemmedizin.* Ein, zwei, drei, vier Beiträge handelten zuletzt davon, was unser Gehirn unter der geschlossen Schädeldecke treibt, wenn wir gerade methodisch (EEG, fMRT, …) nicht hingucken können. Die Rede ist von einer extrem langsamen Ausbreitung zweidimensionaler Aktivitätsmuster auf der Großhirnrinde, die zu kurzzeitigen (5-60min) sensorischen und kognitiven Fehlfunktionen führen. Offensichtlich wissen von dieser Aktivität nur Betroffene vom inneren Hörensagen, einem Zeugen, dessen Beweiswert Migränikerweiter