Wahnsinnswoche 2016:41

In dieser Woche 168 Patientenkontakte und 10 Terminausfälle.


Depressionen erklärt von Torsten Sträter.


Ein Professor für Neurophilosophie stellt die Frage, warum Wissenschaftler das Gehirn untersuchen, wenn sie die Grundlagen psychischer Störungen entdecken wollen. Ist doch klar: weil das Gehirn Organ der Wahrnehmung, der Kognition, der Gefühle und der Handlungen ist. No brain, no pain. Er kritisiert aber zu Recht, dass die einseitige Ausrichtung auf Struktur und Funktion des Organs die soziale Dimension unserer Existenz vernachlässigt. Er macht beispielsweise die hohen (beruflichen) Anforderungen für die Entstehung psychischer Störungen mitverantwortlich (bio-psycho-soziales Modell), und er verurteilt die Verlagerung der Ursachen in das individuelle Gehirn als neoliberalistische Ideologie. Übrigens: im Durchschnitt fühlen sich 60 Prozent der Bundesbürger gestresst.


Zum Welttag der Seelischen Gesundheit am 10. Oktober startete die zweite Staffel der Online-TV-Sendung Bar-TALK: In fünf Folgen spricht Moderator Markus Kavka mit Nova Meierhenrich, Stephanie Stumph, Nicholas Müller, Daniel Wirtz und Wana Limar über ihre persönlichen Erfahrungen zu den Themen Suizid und Depression. Hier geht’s zum Trailer. Den Bar-TALK mit Nova Meierhenrich können Sie auf frnd.tv ansehen. [1]


Captain Obvious: “Wer bereits in der frühen Pubertät Alkohol trinkt, hat häufiger seelische Beschwerden.”


Falsch, verboten und kriminell: die Kassen versuchen Ärzte dazu zu bringen, für die Patienten möglichst viele Diagnosen zu dokumentieren. „Aus einer depressiven Stimmung eine echte Depression, das bringt 1.000 Euro mehr im Jahr pro Fall (ed: für die Kasse, nicht für den Arzt).“ Kontext: [2] [3] [4] [5]


Die Terminservicestellen braucht kein Mensch.


Überraschend: ein Selbstmordattentäter, der Selbstmord begeht sich suizidiert. Wer hätte damit rechnen können?


Bluthochdruck-Patienten, die Betablocker oder Kalziumantagonisten einnahmen, wurden ungefähr doppelt so häufig wegen einer Major-Depression oder einer bipolaren Störung im Krankenhaus behandelt, wie Patienten, denen Angiotensin-Antagonisten oder ACE-Hemmer verordnet wurden.


Gelähmter kann mit kortikalen Mikroimplantaten wieder etwas spüren. Kontext.

Wahnsinnswoche 2016:39

In dieser Woche 168 Patientenkontakte und 8 Terminausfälle.


Sie haben eine Berufsunfähigkeits-Versicherung? Viel Glück, falls Sie die mal brauchen. In den letzten Jahren habe ich diverse Verfahren dazu begleitet, und nur ein einziges Mal ging es schnell und problemlos. Der Rest musste vor Gericht und zog sich über Jahre hin. Versicherungen / Versorgungswerke und ihre Gutachter sind äußerst kreativ bei ihren Bemühungen, nicht zahlen zu wollen. Jetzt steht wieder so ein Schauspiel an. Ich freu mich schon drauf…


Liebe BEK! Ich empfehle einem Patienten eine ambulante, ortsnahe Reha in der in Laufweite gelegenen, hervorragend ausgestatteten Klinik. Dort ist die kurzfristige Aufnahme möglich. Warum machst du es uns so schwer und kommst auf die abwegige Idee, diese Reha in einer anderen Stadt anzubieten? Das ärgert den Patienten (der kein Auto hat und in aller Herrgottsfrühe mit dem ÖPNV in eine ihm unbekannte Stadt fahren müsste) und mich schon ein bisschen.


Liebe Krankenkassen: es wäre nett, wenn ihr euch bei euren sehr individuell und vielfältig gestalteten Anfragen bei Fortbestehen der Arbeitsunfähigkeit an die Vordruckvereinbarung (Muster 52) halten würdet. Die ganzen sozialmedizinischen Fragebögen und Vordrucke zur Beurteilung des Leistungsvermögens (sind Tätigkeiten in gebückter Zwangshaltung mehr als drei Stunden täglich möglich?) übersteigen bei weitem die Anforderungen eines Befundberichtes und der Datensparsamkeit. Für solche Gutachten habt ihr doch den Medizinischen Dienst. Ich kann mir nicht regelmäßig was dazu einfallen lassen.


Der MDK ist übrigens gar nicht so übel. Bei einer hartnäckigen Depression neulich waren die Kollegen dort sehr einfühlsam und realistisch, was die weitere Arbeitsunfähigkeit anging. Nichts zu meckern.


Hier gibt’s nichts zu sehen – gehen Sie bitte weiter: die “Gesundheitskarte” verzögert sich. Halt, nein: nicht wegen der Ärzte. Diesmal ist die Industrie schuldig.


Zahnarztnarkose? Die GKV zahlt nur in Ausnahmefällen.


Im Kalender anstreichen: Die Bundesärztekammer (!) kritisiert (!!) den Gesundheitsminister (!!!): Den “vorläufigen Höhepunkt staatlicher Einflussnahme bildet das Selbstverwaltungsgesetz, das den Handlungsspielraum der Körperschaften niedergelassener Ärztinnen und Ärzte durch vielfältige Durchgriffsrechte und Genehmigungsvorbehalte des Staates massiv einengt.


Botox macht nicht nur Falten weg. Vielleicht stört es auch Ihre Empathiefähigkeit: wer seine Gesichtsmuskeln lähmt, deutet die Gesichtsaudrücke seiner Umgebung anders. Bei manchen Depressionsformen soll es helfen: wer nicht ständig die Augenbrauen zusammenzieht, sieht um sich herum auch nicht mehr so viele finstere Blicke.


Captain Obvious: Je mehr Cannabis Sie rauchen, desto schneller werden Sie (wieder) akut psychotisch.


Absacker zum Feierabend: üble Stimmungsmache gegen Ärzte. Immerhin hat Lauterbach dabei zugegeben, dass die von ihm miterfundenen Terminservicestellen ein totaler Flop sind. Kontext: [1] [2]

Wahnsinnswoche 2016:38

In dieser Woche 132 Patientenkontakte und 5 Terminausfälle. Regelleistungsvolumen ist voll: diese und nächste Woche arbeite ich nur noch ehrenamtlich.


Auslassversuch nach mehr als 10 Jahren Depotmedikation? Meinetwegen, aber Vorsicht: auch wenn es sich so anfühlt, als bräuchten Sie das Zeug nicht mehr – “Mir geht’s doch ganz gut und die Dämonen sind immer noch da!” – das kann ins Auge gehen. Vor allem, wenn Sie dann ein halbes Jahr später plötzlich anfangen, rituelle Feuer auf ihrem Wohnzimmertisch zu entfachen. Wäre besser gewesen, wenn Sie meinem Vorschlag, doch wieder mit dem Depot anzufangen, gefolgt wären. Dann hätte es wohl kein PsychKG gegeben…


Nein: außerhalb der offenen Sprechstunden können Sie NICHT ohne Termin in die Praxis kommen. Entweder bin ich unterwegs, oder ich habe bereits andere Verpflichtungen.


Captain Obvious: “Ihre Stressreaktion kann ihre Gesundheit langfristig beeinflussen.” (Zehn-Jahres-Studie aus Frankreich). Als Anfänger könnten Sie sich eine App besorgen, um sich wieder zu beruhigen. Oder einfach abschalten. SSRI wirken nämlich nicht so gut, wenn Sie dauernd im Stress sind, oder wenn Sie einen attraktiven Job mit hohem Ansehen haben (vielleicht mit viel Stress???). Oder wenn Sie arbeitslos sind. Mann. Das ist vielleicht kompliziert…


Ist die Behandlung von Depressionen einen Euro am Tag wert?


Einige Krankenkassen versuchen, ihre Mitglieder (auf dem Papier) kränker zu machen, als sie eigentlich sind, um dafür Millionen aus dem Risikostrukturausgleich zu kassieren. Heißt “upcoding” und soll knapp eine Milliarde kosten.


Depressiv? Machen Sie Sport. Gehen Sie aus. Besuchen Sie Ihre Familie. Duschen Sie regelmäßig. Erledigen Sie Ihren Haushalt. Wie, das können Sie nicht? Weil Sie ja depressiv sind? Erm… das nennt sich behavioural activation, kurz BA (nein, nicht dieser BA). Wird wohl zurzeit als billige Alternative zur kognitiven Verhaltenstherapie angepriesen, wirkt aber nicht besser als Homöopathie (nein, Homöopathie wirkt auch nicht).


Immer wieder lieb (und teuer): mit der Praxissoftware auf neue Hardware umziehen. Nächtlicher Spaß am Gerät, das im Auslieferungszustand eine alte Betriebssystemversion mitbringt. Die sich nicht updaten lässt. Nach längerem Grübeln: da war doch mal was, neues Updateverfahren oder so. Ging dann mit offline-update.

Next step: wo war nochmal die DVD mit den Office-Programmen? Gibt’s als Download. 80% der Einstellungen mit MOBackup übertragen, 20% in Handarbeit und Nachtschicht. Praxissoftware rüberkopieren – läuft. Bis auf die Druckereinstellungen… händisch eingetragen für jedes Formular. Archivsoftware installiert und rüberkopiert – Daten nicht gefunden. Nach längerem Grübeln: die Installationsroutine hat das Verzeichnis verbogen. Korrekt nachinstalliert.

Zuletzt: Faxhardware und -software einrichten. Die Fritzbox soll das können: FritzFax4Fritzbox installiert – läuft. Kommt bloß nix bei der Gegenstelle an… wieder runter damit, alte FritzUSB angehängt. Wird nicht erkannt. Nach längerem Grübeln: bei der Installation händisch AVM Fritz!X USB installieren, CAPI-Treiber installieren, FritzFax installieren (wo war nochmal die Original-CD?). Läuft jetzt.


Absacker zum Feierabend: üble Stimmungsmache gegen Ärzte. Kontext: [1] [2] [3] [4]

Müssen Sie lange auf einen Termin beim Psychiater warten?

Müssen Sie eigentlich gar nicht. Dass wissenschaftliche Institut der AOK (ab Seite 96) stellt auf dem Papier eine gravierende Überversorgung mit Nervenärzten fest:

Es praktizieren somit gut ein Drittel mehr Nervenärzte in der vertragsärztlichen Versorgung als in der Bedarfsplanung vorgesehen.

Es sollte also keinen Mangel an freien Behandlungskapazitäten geben. Schon gar nicht im Bergischen Land:

Solingen ist mit 286%, Remscheid mit 241% Überversorgung regelrecht mit Nervenärzten gepflastert.

Bundesweit fehlen gerade mal 1,4 Ärzte; in den überversorgten Gebieten gibt es sogar 1.235 zuviel. Eine Unterversorgung besteht nirgendwo!

Die von Minister Gröhe verordneten Terminservicestellen sind also zumindest bei uns völlig überflüssig. Wenn Sie mal mit offenen Augen durch die Stadt gehen, werden Sie an jeder Ecke mindestens einen Nervenarzt oder Psychiater sehen, der verzweifelt seine freien Termine anbietet…

P.S.: Bei den Psychotherapeuten besteht bundesweit eine Überversorgung von 160%. Das mit den durchschnittlich genannten Wartezeiten von 6 Monaten auf einen freien Therapieplatz dürfte also ebenfalls nur ein Phantom sein.

So schön kann Planwirtschaft sein!

"Jeder zweite Deutsche versteht seinen Arzt nicht" – so irreführend wird über eine Studie berichtet

Die Uni Bielefeld hat im Auftrag der AOK eine Studie zur „Gesundheitskompetenz vulnerabler Bevölkerungsgruppen“ gemacht. Die Berichte darüber sind irreführend, und die politischen Statements dazu mehr als fragwürdig.

1. Zu den Fakten: die Studie gibt es hier als Download (pdf).

Befragt wurden jeweils 500 Jugendliche ohne Hauptschulabschluss und Menschen ab 65, jeweils zur Hälfte mit Migrationshintergrund. Wenig überraschend ist das Ergebnis,

dass die Gesundheitskompetenz der befragten sozial benachteiligten Gruppen deutlich unter der durchschnittlichen Gesundheitskompetenz der Allgemeinbevölkerung liegt” (Seite 25) – Lese- und Rechenkenntnisse und damit die funktionale Gesundheitskompetenz seien also eher gering. Hinzu kommen sprachliche Hindernisse: je besser die Deutschkenntnisse, desto höher die Gesundheitskompetenz (Seite 55).

Für eine höhere Gesundheitskompetenz braucht man also zusammengefasst (Captain Obvious lässt grüßen):

  • ein höheres Bildungsniveau
  • bessere Sprachkenntnisse

2. Können Ärzte den vulnerablen Gruppen trotzdem verständlich erklären, was zu tun ist? Ja, können sie:

Der Hausarzt ist für alle Befragten die erste Anlaufstelle bei Gesundheitsfragen. Insgesamt verstehen rund 80% der Befragten die Anweisungen zur Einnahme von Medikamenten (Seite 14, Item 8), und 70% verstehen, was ihr Arzt ihnen sagt (Item 5), und welche Entscheidungen zu treffen sind (Item 13).

Nur jeder Vierte der Befragten aus den vulnerablen Gruppen versteht also seinen Arzt nicht.

3. Wie wird nun über die Studie berichtet?

Jeder zweite Deutsche versteht seinen Arzt nicht – Augsburger Allgemeine

Jeder Zweite versteht seinen Arzt nicht – Tagesspiegel

Viele Patienten in Deutschland verstehen ihre Ärzte nicht – WAZ

Mehr als die Hälfte der Deutschen hat Schwierigkeiten, die Erklärungen seines Arztes zu verstehen – Frankfurter Rundschau

Schreiben die voneinander ab? Professionelle Echolalie?

Nochmal zur Korrektur:

Ein Viertel (jeder Vierte, 25%) der Befragten aus den vulnerablen Gruppen hat Verständnisprobleme – und nicht „mehr als die Hälfte aller Deutschen“: im Durchschnitt ist deren Gesundheitskompetenz nämlich höher als bei den vulnerablen Gruppen, sodass die Verständnisprobleme insgesamt bei deutlich unter 25% liegen dürften.

4. Was sagt unser Gesundheitsminister denn dazu?

Auf seiner Homepage drückt er sich noch versöhnlich aus:

Wichtig ist vor allem auch das Arzt-Patienten-Gespräch, um Patienten die Diagnose und Behandlung verständlich zu erklären. Die sprechende Medizin muss deshalb in der Ausbildung und vor allem auch der Weiterbildung von Ärzten und Pflegenden eine stärkere Rolle spielen.

In der Laienpresse hört er sich dann so an:

Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) forderte “ein Recht auf Verständlichkeit”. Es sei nicht nötig, komplizierte Zusammenhänge so auszudrücken, dass Menschen sie nicht verstehen.“ (Augsburger Allgemeine)

Es gebe ein “Recht auf Verständlichkeit“, betonte der Minister. Um komplexe Sachverhalte darzustellen, müsse man nicht in Fachchinesisch verfallen. Aber womöglich gehe es manchem Mediziner mit der Verwendung von schwer verständlichem Vokabular ja auch um eine “Demonstration von Herrschaftswissen“. (Tagesspiegel)

Ein verständlicher Satz eines Arztes muss nicht besser bezahlt werden als ein unverständlicher. Auch ein verständliches Gespräch muss nicht länger sein als ein unverständliches.“ (WAZ)

Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) forderte „ein Recht auf Verständlichkeit“. (…) Gröhe lehnt es in diesem Zusammenhang ab, den Medizinern für das bessere Eingehen auf die Bedürfnisse der Patienten mehr Geld zu zahlen. „Ein verständlicher Satz muss nicht besser vergütet werden als ein unverständlicher“, so der CDU-Politiker. (Frankfurter Rundschau)

Professionelles Danebenreden. Krass.

5. Mein Fazit:

  • Deutschland braucht mehr Bildung.
  • Zeitungen sollten die vorliegenden, leicht zu recherchierenden Daten richtig darstellen.
  • Der Gesundheitsminister sollte seinen abwertenden Tonfall überdenken und bekennen, dass er für die ausreichende finanzielle Ausstattung der sprechenden Medizin verantwortlich ist.

Terminservicestelle Varresbeck

Zum planwirtschaftlichen Unfug der mit dem ab 1.8.2015 geltenden VSG einzuführenden “Terminservicestellen” hatte ich im Januar 2014 schon mal etwas geschrieben. Auch andere haben ihre Meinung dazu gesagt:

Unsinn“, so KBV-Chef Gassen, „aber immerhin haben wir jetzt ein Mitspracherecht bei der Umsetzung“. Na toll…

“…ein wichtiger Schritt zum Abbau der Zwei-Klassen-Me­dizin”, befand Karl Lauterbach (SPD), und Jens Spahn (CDU) meinte, man müsse das Thema “endlich abräumen“.

Dr. med. Jens Schweizer verweist darauf, dass die “Terminservicestellen” einmalig Einrichtungskosten zwischen 13 und 20 Millionen Euro erfordern werden sowie jährlich zwischen 16,5 und 20 Millionen Euro.

In jedem Fall wird es Bereiche geben, “bei denen die von der Regierung vorgesehene Regelung ins Leere läuft” (Jürgen Wasem).

Dabei war doch die Zugänglichkeit medizinischer Leistungen grundsätzlich auf hohem Niveau auch schon vor der Gesetzesänderung gewährleistet, betonte seinerzeit die Bundesregierung.

Worauf ich hinaus will? Ich musste neulich über meinen Terminservice nachdenken…

In den letzten Jahren hatte ich Patienten, die neu in meine Praxis kommen wollten, immer Termine angeboten. Man braucht ja Zeit und Ruhe, um sich kennenzulernen und Ideen zu entwickeln. Wegen der anhaltend hohen Nachfrage hat es zwischen Terminvereinbarung und Termin meist vier bis acht Wochen gedauert.

Bedauerlicherweise wird rund ein Drittel dieser Termine von “no-shows” missbraucht. Ich kann in der Leerlaufzeit nichts anderes machen, und Zuverlässigere müssen dafür länger auf ihre Termine warten.

Weil die Terminausfälle in der letzten Zeit eher noch zugenommen haben, mache ich das jetzt anders:

Wer meinen Rat braucht, kann zur offenen Sprechstunde (aber nur zu dieser) kommen: Montag oder Freitag von 10 bis 11, Donnerstag von 15 bis 16 Uhr. Ich mache ein Screening von vielleicht 10 Minuten Dauer und entscheide danach, ob ich eine Behandlung anbieten kann.

Wenn Sie von diesem Angebot Gebrauch machen wollen, bringen Sie bitte Zeit mit. Im Durchschnitt beträgt die Wartezeit um die 30 Minuten, aber es können auch schonmal drei Stunden werden.

Ich versuche zwar, die offenen Sprechstunden nicht engmaschig zu belegen, aber es kommt regelmäßig vor, dass ich etliche Leute auch zu diesen Zeiten bestelle, um etwas zu besprechen. Daher wird es immer wieder vorkommen, dass ich vor Ihnen andere Patienten aufrufe, die erst nach Ihnen aufgetaucht sind.

Hilfreiche Informationen zur "Gesundheitskarte"

Mitte August haben die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV), die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) und der Krankenkassen-Spitzenverband (GKV) in einer gemeinsamen Pressemitteilung erklärt: Ab 1. Januar 2015 gilt ausschließlich die elektronische Gesundheitskarte (eGK) als Berechtigungsnachweis für die Inanspruchnahme von Leistungen.

Aus diesem Anlass wurden von den Krankenkassen, der Politik und den Medien erneut Wahrheiten, Halbwahrheiten und Unwahrheiten miteinander verquickt. Das hat – wie bereits im Oktober 2013 und im Januar 2014 – zur Verunsicherung der eGk-kritischen Mitglieder der gesetzlichen Krankenkassen geführt.

Die Bürgerrechtsgruppe dieDatenschützer Rhein Main hat die entstandene Situation zum Anlass genommen, um in einer Veranstaltung am 22.09.2014 darüber zu informieren, wie sich die Rechtslage rund um die eGk aktuell gestaltet und was GegnerInnen der eGk beachten müssen und tun können, um die Auseinandersetzung mit diesem Mega-Projekt der Datensammlung sowohl individuell als auch in der politischen Auseinandersetzung weiter zu führen.

Zu sechs Themen wurde informiert:

1. Wie ist die aktuelle Situation?
2. Rechtsgrundlagen rund um die eGk
3. Praktische Erfahrungen
4. Was können Betroffene tun, wie können sie sich gegen die eGk zur Wehr setzen?
5. Wo gibt es Bündnispartner, wo gibt es Informationen?
6. Was ist bisher von den Planungen zu einem E-Health-Gesetz bekannt?

Informationen dazu finden Sie unter http://ddrm.de/?p=3030 und unter http://ddrm.de/?p=2986 (pdf)

Mit freundlichen Grüßen
dieDatenschützer Rhein Main

Der Masterplan des neuen Gesundheitsministers

Herr Gröhe, unser aktueller CDU-Gesundheitsminister, ist als Jurist und Berufspolitiker für seine neue Aufgabe perfekt geeignet. Bei seinem ersten Vorsprechen im Deutschen Bundestag hat er gestern unter anderem gesagt: “Wir wollen Menschen für einen Gesundheitsberuf gewinnen, ja begeistern.” Das klingt vielversprechend! Aber es kommt noch besser. Er sagte nämlich auch: “Dauerhafte Qualitätssicherung ist ein weiterer Schwerpunkt unserer Politik.” Er will also Maßnahmen zur Qualitätssicherung in der Politik einführen: “Zu diesem Zweck werden wir ein neues Qualitätsinstitut schaffen.

Fantastisch! Endlich eine leitlinienorientierte und mit Rankings qualitätsgesicherte Gesundheitspolitik, eventuell sogar mit Regresshaftung bei Verfehlen des Plansolls. Ein von den Bundestagsabgeordneten selbst finanziertes Institut zur Sicherung der Qualität in der Politik.

Oder meinte er eher ein Qualitätsinstitut für die ambulante und die stationäre Versorgung? Damit würden das IQWIG, das ÄZQ, das WIDO, der GbA, die GQMG, die KTQ, das IQMG, um nur einige zu nennen, überflüssig?

Oder meinte er etwas völlig anderes: “Zur Qualität im Gesundheitswesen gehört auch diese Frage wird in diesen Tagen wieder einmal öffentlich diskutiert –, dass die Menschen in angemessener Zeit einen Termin beim Facharzt bekommen. (…) Daher wollen wir, dass künftig Terminservicestellen bei den Kassenärztlichen Vereinigungen helfen, zügig einen Facharzttermin zu erhalten, oder, falls dies nicht möglich ist, eine ambulante Behandlung im Krankenhaus ermöglichen. Die Ärzteschaft hat auf diesen Vorschlag mit kritischen Einwänden, aber auch mit eigenen Vorschlägen etwa im Hinblick auf eine differenzierte Überweisungspraxis – reagiert. Ich begrüße, dass damit Handlungsbedarf eingeräumt wird.”

Von einem Juristen hätte ich eine fundiertere Kenntnis der Gesetzeslage erwartet: solange “wesentliche Elemente der Daseinsvorsorge” durch politische Vorgaben rationiert werden, solange wird es auch Terminschwierigkeiten geben. Und die Begeisterung für einen Gesundheitsberuf wird sich in Grenzen halten, wenn weiter Mittel aus der ambulanten Daseinsvorsorge abgezogen und profitorientierten Klinikkonzernen zugeschustert werden.

Es ist nach wie vor ärgerlich, dass unsere Ärztefunktionäre regelmäßig und impertinent durch vorauseilenden Gehorsam unangenehm auffallen, statt klar festzustellen, dass die Wartezeiten Ausdruck einer verfehlten Kostendämpfungs- und Rationierungspolitik sind.

Eine wirkliche Hilfe für gesetzlich Versicherte

Herr Spahn sagt:

“Ich finde zum Beispiel, wir sollten eine verbindliche Regelung machen, dass Kassenärztliche Vereinigungen, also die Ärzteschaft, Patienten innerhalb von zwei bis drei Wochen einen Termin beim Facharzt anbieten müssen. Ansonsten wird ihr Gesamtbudget gekürzt. Dann kriegen die Kassenärztlichen Vereinigungen weniger Geld von den Krankenkassen. Das wäre mal eine wirkliche Hilfe für gesetzlich Versicherte… ”

Als “CDU-Gesundheitsexperte” sollte er eigentlich wissen, dass die bestehenden Budgets (in Form der Regelleistungsvolumina) gesetzlich festgeschriebene Mengenbegrenzungen sind, die die übermäßige Ausdehnung der vertragsärztlichen Tätigkeit verhindern sollen. Eine politisch gewollte Rationierung sozusagen.

Wenn er jetzt diese Rationierung noch verschärfen will, dann werden die Wartezeiten doch nicht kürzer, sondern länger – auch bei angestrengtem Nachdenken erschließt sich mir die bizarre Logik nicht, nach der das eine Hilfe für gesetzlich Versicherte darstellen soll.

Aber wenn er die medizinische Versorgung durch niedergelassene Fachärzte finanziell weiter austrocknen lassen möchte, dann klingt sein Vorschlag irgendwie doch noch logisch.