Gefühlte Wahrheiten. Das Internet zwischen säkularen Heilsversprechen und Apokalypse. Zur Religions- und Medienforschung

Wer Religionen (besser) verstehen will, muss etwas von Medien verstehen: Man denke nur beispielhaft daran, wie die Verschriftung religiöser Überlieferungen zu “Heiligen Schriften” die “Weltreligionen” formte (vgl. auch die Linkesche These!) oder wie die Übersetzungen der Bibel die europäische Religions-, Sprach- und Geistesgeschichten umpflügten. Der Satz gilt aber auch umgekehrt: Wer die Auswirkungen neuer Medien verstehen will, sollte etwas von Religion(en) verstehen. So wurde auch das Internet von Anfang an als utopisch-säkulare Heilserzählung präsentiert und politische Cyber-Bewegungen wie “die Piraten”weiter

Evolution der Religion kompakt – Geht das?

Neulich stellte mir die “Evangelische Zeitung in Schleswig-Holstein” eine knifflige Aufgabe: Ob es denn möglich sei, die interdisziplinäre Evolutionsforschung zur Religion in weniger als 2.000 Zeichen zusammen zu fassen? Schließlich nahm ich die Herausforderung an – hier ist das Ergebnis… Die Evolution des Glaubens Von Michael Blume Noch immer glauben viele Menschen, dass zwischen Evolution und Religion ein unauflösbarer Widerspruch bestünde. Dabei war schon Charles Darwin (1809 – 1892), der seinen lebenslang einzigen Studienabschluss in christlicher Theologie erworben hatte, ganzweiter

Zur Demografie von Humanismus, Buddhismus – und Frankreich

Die Zusammenhänge von Religion(en) und Demografie sind multidimensional und komplex – und manchmal hatte ich schon leise Zweifel, ob sich das bisher erarbeitete Wissen gegen die verbreiteten Unsitten des nur oberflächlichen Lesens und kruden Vereinfachens jemals behaupten würde. Doch nachdem Michel Houellebecq im SPIEGEL 10/2015 den demografischen “Tod” von Humanismus, Aufklärung und Republik sowie den Sieg der kinderreichen Religion(en) und vor allem des Islam verkündet hatte, erreichten mich viele Anfragen von Leuten, die es genauer wissen wollten. Auf dieses erfreulicheweiter

ERF-Interview zu Neurotheologie. Wie weit reichen neurobiologische Erklärungen von Religion?

Eigentlich hatte ich mir vorgenommen, angesichts von Anfragen & Leserbriefen den Audioblog des Monats Februar zum Thema & Buch “Religion & Demografie” zu gestalten. Ich bin derzeit jedoch so eingespannt, dass ich noch nicht weiß, wann ich dieses Vorhaben einlösen kann. Erfreulicherweise hatte ich jedoch die Gelegenheit, vor dem Islam-Vortrag an der Uni Köln (abrufbar unten) ein Gespräch mit Ramona Eibach vom ERF zu führen – so dass ich Hörenden schon einmal etwas bieten kann. Schwerpunkt des dann zusammengeschnittenen Gesprächesweiter

Mal einfach Fakten: Deutschland wird durch Zuwanderung re-”christianisiert”, “pluralisiert” und regional “katholisiert” statt “islamisiert”

Nein, hier ist nicht von Geheimwissen die Rede – Zuhörende und -schauende meines Akademievortrages in Hohenheim im Dezember 2013 wussten es seit über einem Jahr und Lesende des “Islamisierungs”-Blogposts vor Weihnachten 2014 seit mehr als einem Monat: Die absolute Mehrheit der Zuwandernden nach Deutschland ist seit langem christlich, v.a. römisch-katholischer und orthodoxer Konfession(en). Sehr schön hat nun auch “Endstation Rechts” die aktuellen Daten des Migrationsberichtes 2013 aufgearbeitet. In den meisten Regionen Deutschlands – etwa in Baden-Württemberg – wirkt der Zugangweiter

Islamisch & kinderlos – Die kurze Geschichte der Heme Suri

Zum Verständnis der Religionsdemografie und der durchschnittlich höheren Nachkommenzahl religiös praktizierender Menschen gehört, dass nicht “die” Religion(en) kinderreich sind, sondern dass religiöse Gemeinschaften ein kooperatives und reproduktives Potential aufweisen, das sich kulturell sehr verschieden ausprägen kann. So gehören zur christlichen Religionsgeschichte die betont kinderlosen Shaker ebenso wie die betont kinderreichen Old Order Amish – die sich in der (bio-)kulturellen Evolution schließlich auch durchgesetzt haben und ohne aktive Mission exponentiell wachsen. Nun habe ich in einem hervorragenden Sammelband-Artikel von Thomas Schmidinger auch eine islamische Religionsgemeinschaft kennengelernt, die sich gegen die Zeugung von Kinder entschied und einige Jahrzehnte überdauerte: Die Heme Suri. Credit: Grafik: Blume, M. (2014) “Religion und Demografie. Warum es ohne Glauben an Kindern mangelt.” sciebooks

Droht eine Islamisierung des Abendlandes? Mit welchen Tricks gezielt Ängste geschürt werden

Sie behaupten, “die Werte des Abendlandes verteidigen” zu wollen, für “die Aufklärung” oder gar “das Christentum” zu stehen und “unbequeme Wahrheiten” auszusprechen. Doch sie verdrehen bewusst Tatsachen und lügen, um Ängste zu schüren und Mitläufer zu gewinnen. Zeit für einen Faktencheck. 1. Behauptung: Die Muslime werden in Deutschland bald die Mehrheit stellen. Die Antwort darauf ist: Nein, werden sie nicht. Derzeit sind rund 4 Millionen Menschen und also rund 5% der deutschen Wohnbevölkerung islamischen Glaubens – und auch unter den Zuwanderern überwiegenweiter

Wenn Gott geht, fällt das Leid auf die Menschen. Von der Theodizee zur Anthropodizee – mit Katzenvideo

Aus geheimnisvollen Gründen erreichen mich über Twitter immer wieder tierische Fragen. So wollte Ende August der @Zoor wissen, warum Kaninchen keine Religion benötigten, um sich ausreichend fortzupflanzen. Und heuer fragte Jörg Wipplinger von DieWahrheit.at mit Link zu (s)einem Katzenvideo, ob ich eine Antwort auf die Theodizee-Frage wüsste.

Götter, Gene, Genesis – Die Biologie der Religionsentstehung (Rezension)

Vor einigen Jahren veröffentlichten der Biologe Rüdiger Vaas und ich das inzwischen in 3. Auflage bei Hirzel erschienene Buch “Gott, Gene und Gehirn. Warum Glaube nützt. Die Evolution der Religiosität”. Sie können sich also meine erste Verblüffung vorstellen, als die Religionswissenschaftlerin Ina Wunn gemeinsam mit dem Biologen Patrick Urban und dem Theologen Constantin Klein bei Springer “Götter – Gene – Genesis. Die Biologie der Religionsentstehung” veröffentlichten. Und, ja, dieses Buch behandelt das gleiche (Groß-)Thema: Die Evolution von Religiosität und Religionen.weiter

Atheisten sterben nicht aus, sie verebben (nur) demografisch

Manches muss man selbst erleben, um es wirklich zu verstehen. In meiner Biografie über Charles Darwin hatte ich beschrieben, wie sich der große Gelehrte darüber ärgerte, dass seine wissenschaftlichen Thesen immer wieder falsch wiedergegeben und dann vermeintlich “widerlegt” wurden. So schrieb er wieder und wieder, “dass die natürliche Zuchtwahl (Selektion) das Hauptmittel, wenn auch nicht das ausschließliche Mittel der Abänderung war.” – und merkte doch zunehmend genervt: “Das hat freilich gar nichts verschlagen.” Manche verstanden ihn falsch, manche “wollten” ihnweiter