Wahnsinnswoche 2017:48

In dieser Woche 125 Patientenkontakte und 6 Terminausfälle. Nein, vor Weihnachten habe ich definitiv keine Termine mehr frei. Im Januar ist es auch schon eng. Im Februar könnte es wieder klappen…


Lauterbach (SPD) will die Bürgerversicherung (die Grünen, die Linke und Teile der AfD übrigens auch).

Warum?

Nach einer Studie der Bertelsmann-Stiftung soll der Staat dadurch in den nächsten 15 Jahren rund 60 Milliarden Euro einsparen. Nix mit Gerechtigkeit oder so.

“Jeder Mensch braucht im Winter eine dicke Jacke. Die gibt es nun aber für 50 Euro, für 500 Euro und sicher auch für 5.000 Euro. Ein Gesetz, das jeden verpflichten würde, künftig nur noch die 50-Euro-Jacke zu tragen, wäre nicht links, sondern ballaballa.” (Aus einem gutgemeinten  Plädoyer für ein steuerfinanziertes Gesundheitswesen. Das dort angeführte Argument mit “Straßen, Schulen oder Feuerwehr” zieht aber in meinen Augen nicht so richtig…)


WTF der Woche: ein Fünftel der Deutschen glaubt doch tatsächlich, Menschen mit Depression müssten sich einfach nur zusammenreißen und als Therapie Schokolade essen.


Feelings are real but they aren’t reality.


Vitamin D soll – gerade in der dunklen Jahreszeit – bei verschiedenen psychischen Erkrankungen hilfreich sein. Aber Vorsicht: zwei Fallberichte zeigen, dass die Einnahme von vermeintlich harmlosen Vitamin-D-haltigen Nahrungsergänzungsmitteln oder Präparaten schädlich sein kann. Beide entwickelten ein akutes Nierenversagen bei ausgeprägter Hyperkalzämie. Nehmen Sie nicht mehr als 800 IE pro Tag!


Soulfood: First Techno (Kraftwerk 1970). Und: “Tanzmusik” (1973).


Und noch ein Video. Es geht um die Machenschaften der Pharmaindustrie: Die Impfgegner-Lüge. (Witzig. Nehmen Sie das bloß nicht ernst…)


Nulla placere diu nec vivere carmina possunt quae scribuntur aquae potoribus. Machen Drogen womöglich kreativ? Hint: Nein. Aber die Vermutung liegt nahe, dass diejenigen Eigenschaften, die einen Menschen neugierig, offen und kreativ machen, ihn auch gerne zu Rauschmitteln greifen lassen.


Fühlen Sie sich manchmal beobachtet? Sie könnten Recht haben: ein Team von Computerwissenschaftlern der Stanford University hat vorgeführt, wie sich aus Bildern von Google Street Views für Orte, Stadtteile und Straßen ableiten lassen soll, welches Einkommen und welchen Bildungsgrad die dort lebenden Menschen haben, welcher Ethnie sie angehören und wie sie wählen.

Dazu passend: De Maizière (CDU) will, dass die Industrie dem Staat exklusive Zugriffsrechte einräumen soll, etwa bei privaten Tablets und Computern, Schließanlagen von Fahrzeugen, Smart-TVs oder digitalisierten Küchengeräten. Wenn Sie also zufällig in einer Gegend wohnen, wo die CDU keine Stimmen holt, müssen Sie sich künftig über nichts mehr wundern …


Suchen Sie noch ein Weihnachtsgeschenk für Katzenfreunde?

Sperrlisten-Updates

Ich bin am Rezepte kontrollieren vom Vortag. Dabei kommt mir das Rezept von Frau Landam unter (Namen etc. natürlich wie immer geändert). Frau Landam war laut Computer schon ein paar Male bei uns….

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Wahnsinnswoche 2017:19

In dieser Woche 150 Patientenkontakte und 11 Terminausfälle.


Scheint ja eine echte Wunderdroge zu sein: Bonner Wissenschaftler haben jetzt bei einer Studie herausgefunden, dass niedrig dosiertes THC (Cannabis) die kognitiven Leistungen alter Labormäuse signifikant verbessert. Hinweis: die Betonung liegt auf “niedrig dosiert” und “alte Mäuse“. Während jüngere Menschen eher kognitive Defizite unter Cannabis (pdf) erleiden, verbessert sich die neuronale Plastizität bei älteren Mäusen. Obwohl noch völlig unklar ist, ob das auch auf Menschen übertragbar ist, raschelt es schon im Blätterwald: “Cannabis gegen Demenz“, “Alte Kiffer sind schlau“, “Cannabis kehrt die Hirnalterung um“. Ich wäre vorsichtig mit eigenen Experimenten – wissen Sie zum Beispiel, was eine niedrige Dosis ist?


In England hat ein Kryptotrojaner zahlreiche Krankenhäuser lahmgelegt. Microsoft möchte mit KI-Algorithmen Patienten in Krankenhäusern tracken (sofern die Krankenhaussysteme nicht gerade durch einen Exploit namens EternalBlue, der vermutlich aus dem Arsenal der NSA stammt und eine Sicherheitslücke in Windows Dateifreigaben nutzt, lahmgelegt werden).

Was bin ich froh, dass unsere Bürokraten mächtig Druck machen, um schnellstmöglich die gesamte medizinische Infrastruktur ins Netz zu hängen … ;-)


Diese Woche wurde der im Februar kurzfristig abgesagte Termin beim Arbeitsgericht endlich nachgeholt und ich durfte mein Gutachten von September 2016 erläutern. Das Ganze verlief sachlich und ruhig, war zwar anstrengend, aber durchaus interessant. Wenn man täglich psychiatrisch arbeitet, fällt einem gar nicht mehr auf, wie wenig Außenstehende von psychischen Erkrankungen tatsächlich wissen. Ich hoffe, ich habe einige Basisinformationen über die Auswirkungen von Angsterkrankungen auf die Arbeitsfähigkeit vermitteln und einen kleinen Einblick in die Systematik der ICD geben können. Immer wieder haben wir den Unterschied zwischen Fahrtüchtigkeit und Arbeitsfähigkeit herausgearbeitet, wobei ich auch darauf hinweisen musste, dass eine rückblickende Betrachtung aus zwei Jahren Abstand naturgemäß nur eine Hilfe zur Entscheidungsfindung durch das Gericht sein kann, und dass ich daher manche Fragen nicht abschließend beantworten konnte. Glücklicherweise hatte ich in meinem Gutachten schon eine Aussage zu den (nicht vorhandenen) Aggravationstendenzen gemacht, sodass ich bei der Frage nach der Validität der Diagnosestellung unter anderem darauf verweisen konnte. Die Person, um die es dabei ging, saß die ganze Zeit in Begleitung eines Anwalts stumm dabei – war bestimmt nicht leicht, eine ganze Stunde klaglos durchzuhalten.


Menschen, die psychische Krisen erfahren und durchlebt haben, helfen akut Betroffenen als Genesungsbegleiter in alltäglichen Fragen weiter.


Aktionen (pdf) der Wuppertaler Sucht- (Selbst-) Hilfe am 17. Mai 2017 (via)


Die Staatsanwaltschaft Gießen ermittelt gegen einen Psychiater wegen des Anfangsverdachtes der Beihilfe zum Verstoß gegen das Aufenthaltsgesetz. Der Direktor der Psychiatrie des Universitätsklinikums Gießen hatte einen 32-jährigen, ausreisepflichtigen Asylbewerber aus dem Kosovo behandelt und dem Wetteraukreis vorgeworfen, den Flüchtling unter einem Vorwand aus der Klinik gelockt und unmittelbar abgeschoben zu haben. Als Retourkutsche wirft ihm der Kreis Verstöße gegen die ärztliche Schweigepflicht, gegen das Aufenthaltsgesetz sowie versuchten Betrug vor. Im hessischen Landtag gab es deswegen fast eine Prügelei. WTF?


Soulfood: Oliver Huntemann – Rotten (Paranoia Album)

Drogen oder Essen?

Vor nicht allzu langer Zeit erreichte mich hier ein Kommentar, den ich nicht freigegeben habe … ich denke, man sieht, wieso, wenn man das liest. Ich finde es immer wieder erstaunlich und auch ziemlich traurig, was die Sucht so aus den Leuten macht. Hier gut sichtbar, dass die Sucht einen höheren Stellenwert einnimmt als selbst […]

Zwei Gesichter der Abhängigkeit (3)

Ausser den älteren (meist weiblichen) Beruhigungsmittelabhängigen gibt es noch den zweiten Typ Süchtigen. Dieser hat oft schon eine Drogenvorgeschichte (manchmal nur Alkohol, häufig stärkeres) und bekommt das vom Arzt in Form einer Art Substitution. Die Idee hier ist: „anstatt“. Leider ist das häufig ein „dazu“. Ein Beispiel für diesen Typ wäre Herr Xanander. Herr Xanander […]

Zwei Gesichter der Abhängigkeit (2)

Beispiel 1 erstaunt vielleicht einige hier, ist aber eigentlich ein ziemlich typischer Fall. Frau Dormadalm, ein herziges, älteres Fraueli (über 80), seit Jahren schlafmittelabhängig, fing in den letzten Monaten an zu steigern, was ich gut sehen kann in der Patientenhistorie im Computer. Bei ihr sind wir jetzt bei „Stufe G“ angelangt: der Arzt ist informiert […]

Zwei Gesichter der Abhängigkeit (1)

Wir haben in der Apotheke häufiger mit abhängigen Personen zu tun. Ich möchte hier nicht auf die Ursachen eingehen – ausser vielleicht an der Stelle wieder einmal zu sagen: die Personen, die abhängig werden sind nicht ausschliesslich selber Schuld. Die Problematik fängt bei den Substanzen selber an. Die (stark) wirksamen Beruhigungs- und Schlafmittel machen abhängig. […]

Wahnsinnswoche 2016:39

In dieser Woche 168 Patientenkontakte und 8 Terminausfälle.


Sie haben eine Berufsunfähigkeits-Versicherung? Viel Glück, falls Sie die mal brauchen. In den letzten Jahren habe ich diverse Verfahren dazu begleitet, und nur ein einziges Mal ging es schnell und problemlos. Der Rest musste vor Gericht und zog sich über Jahre hin. Versicherungen / Versorgungswerke und ihre Gutachter sind äußerst kreativ bei ihren Bemühungen, nicht zahlen zu wollen. Jetzt steht wieder so ein Schauspiel an. Ich freu mich schon drauf…


Liebe BEK! Ich empfehle einem Patienten eine ambulante, ortsnahe Reha in der in Laufweite gelegenen, hervorragend ausgestatteten Klinik. Dort ist die kurzfristige Aufnahme möglich. Warum machst du es uns so schwer und kommst auf die abwegige Idee, diese Reha in einer anderen Stadt anzubieten? Das ärgert den Patienten (der kein Auto hat und in aller Herrgottsfrühe mit dem ÖPNV in eine ihm unbekannte Stadt fahren müsste) und mich schon ein bisschen.


Liebe Krankenkassen: es wäre nett, wenn ihr euch bei euren sehr individuell und vielfältig gestalteten Anfragen bei Fortbestehen der Arbeitsunfähigkeit an die Vordruckvereinbarung (Muster 52) halten würdet. Die ganzen sozialmedizinischen Fragebögen und Vordrucke zur Beurteilung des Leistungsvermögens (sind Tätigkeiten in gebückter Zwangshaltung mehr als drei Stunden täglich möglich?) übersteigen bei weitem die Anforderungen eines Befundberichtes und der Datensparsamkeit. Für solche Gutachten habt ihr doch den Medizinischen Dienst. Ich kann mir nicht regelmäßig was dazu einfallen lassen.


Der MDK ist übrigens gar nicht so übel. Bei einer hartnäckigen Depression neulich waren die Kollegen dort sehr einfühlsam und realistisch, was die weitere Arbeitsunfähigkeit anging. Nichts zu meckern.


Hier gibt’s nichts zu sehen – gehen Sie bitte weiter: die “Gesundheitskarte” verzögert sich. Halt, nein: nicht wegen der Ärzte. Diesmal ist die Industrie schuldig.


Zahnarztnarkose? Die GKV zahlt nur in Ausnahmefällen.


Im Kalender anstreichen: Die Bundesärztekammer (!) kritisiert (!!) den Gesundheitsminister (!!!): Den “vorläufigen Höhepunkt staatlicher Einflussnahme bildet das Selbstverwaltungsgesetz, das den Handlungsspielraum der Körperschaften niedergelassener Ärztinnen und Ärzte durch vielfältige Durchgriffsrechte und Genehmigungsvorbehalte des Staates massiv einengt.


Botox macht nicht nur Falten weg. Vielleicht stört es auch Ihre Empathiefähigkeit: wer seine Gesichtsmuskeln lähmt, deutet die Gesichtsaudrücke seiner Umgebung anders. Bei manchen Depressionsformen soll es helfen: wer nicht ständig die Augenbrauen zusammenzieht, sieht um sich herum auch nicht mehr so viele finstere Blicke.


Captain Obvious: Je mehr Cannabis Sie rauchen, desto schneller werden Sie (wieder) akut psychotisch.


Absacker zum Feierabend: üble Stimmungsmache gegen Ärzte. Immerhin hat Lauterbach dabei zugegeben, dass die von ihm miterfundenen Terminservicestellen ein totaler Flop sind. Kontext: [1] [2]

Online-Hilfe gegen Pillensucht

In Deutschland sind rund 1,5 Millionen Menschen abhängig von Medikamenten. Die größte Suchtgefahr geht von Schlaf-, Beruhigungs- und Schmerzmitteln aus. „Einige Medikamente können schnell abhängig machen, bei manchen geschieht dies binnen drei bis vier Wochen“, erklärt Andrea Jakob-Pannier, Psychologin bei der BARMER GEK. Wie Ärzte, Patienten und Angehörige problematischen Medikamentenkonsum erkennen und frühzeitig gegensteuern können, darüber informieren jetzt die BARMER GEK und die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen e.V. mit einem gemeinsam entwickelten Online-Angebot. Hinweise des Arztes oder Apothekers beachten Damit es nicht zu einer Abhängigkeit kommt, erklärt das neue Online-Angebot, welche Warnzeichen auf einen riskanten Medikamentenkonsum hindeuten. So werde mit der Zeit häufig die Dosis erhöht, um die gewünschte Wirkung zu erzielen. Versuchten die Patientinnen und Patienten die Mittel hingegen schlagartig abzusetzen, litten sie unter Entzugserscheinungen. Das sei ein Teufelskreis in die Abhängigkeit. Es stehe aber außer Frage, dass viele Medikamente sinnvoll und notwendig seien. Allerdings sollte eine sorgfältige Diagnose vorausgehen. „Medikamente sollten exakt nach den Hinweisen des Arztes oder Apothekers eingenommen werden”, so Jakob-Pannier. Portal liefert Adressen von Anlaufstellen Das Portal informiert übersichtlich über Hintergründe, Risiken, Vorbeugung und Behandlung einer Medikamentenabhängigkeit. „Wenn Patienten mit einem Medikament nicht klarkommen, sind der verordnende Arzt, der Hausarzt oder ein niedergelassener Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie erste Ansprechpartner“, rät Jakob-Pannier. Das Onlineportal bietet zusätzlich Adressen von Beratungsstellen, Therapieeinrichtungen und Selbsthilfegruppen. Es enthält außerdem vielfältiges Infomaterial für verschiedene Zielgruppen, zum Beispiel für Interessierte und Betroffene oder für Behandler und Fachleute sowie für Medienschaffende. Pressemitteilung der BARMER GEK

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