Bankhofer is back

Hademar Bankhofer ist zurück auf deutschen Bildschirmen. Der Privatsender Bibel TV startete am 3. Dezember das Gesundheitsmagazin “Der gesunde Weg”, das von “Mr. Gesundheit” Bankhofer moderiert wird. Der Sender will sich in Zukunft verstärkt mit Fragen der Naturmedizin beschäftigen. Laut der Pressemitteilung sei Naturmedizin in den vergangenen Jahrhunderten vor allem in Klöstern entwickelt und vorangetrieben worden.

Darauf einen Klosterfrau-Melissengeist.

Gesundheitspolitik im SWR-Nachtcafé

Diskussionsrunden im Fersehen über Gesundheitspolitik bleiben meist auf einer phrasenhaften Ebene. Eine positive Ausnahme war am 20. November das Nachtcafé im SWR. Im YouTube-Channel der ARD ist die Sendung nun zu sehen.

Unter den Diskutanten sind Cornelia Yzer, Hauptgeschäftsführerin des Verbandes Forschender Arzneimittelhersteller e.V. (VFA) und der vielfach ausgezeichnete investigative Journalist Markus Grill, der u.a. die Ärzte-Bestechung bei Ratiopharm, Aspirin-Preisabsprachen bei Bayer und die Verstösse von Novartis gegen den Kodex der “Freiwilligen Selbstkontrolle Arzneimittelindustrie” aufgedeckt hat.

+/- Gesundheitsfonds

Gestern brachte das TV-Magazin Plusminus einen Beitrag über einen abtrusen Kodier- bzw. Software-Fehler. Patienten, bei denen eine Makuladegeneration beim Augenarzt diagnostiziert worden war, sind zu HIV-Patienten gemacht worden.

Über die Folgen wird nun gestritten. Auch ein Beispiel für die mangelnde Qualität des Medizinjournalismus in Deutschland. Der MDR, der als ARD-Anstalt den Beitrag verantwortete, fand einen Professor, der von 10 Milliarden Schaden zu Lasten der Versicherten sprach, weil die künstlich erzeugten teureren Patienten den Kassen mehr Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds brächten. Der Professor wird als “Gesundheitsexperte” vorgestellt, auf der Internetseite als “Gesundheitsökonom”. Bei genaueren Hinsehen, ist der FH-Professor eigentlich Experte für Sozialpolitik und beschäftigt sich mit Themen wie Zivildienst, freie Wohlfahrtspflege oder Kindertageseinrichtungen.

Ungewohnt scharf reagiert das Bundesversicherungsamt, dem der MDR Untätigkeit vorgeworfen hatte.

Hecken betonte, der EDV-Fehler, durch den Patienten bei Augenärzten automatisch ein Code für eine nicht vorhandene HIV-Infizierung zugeordnet wurde, sei längst abgestellt. Die bis dahin erfolgten Fehldiagnosen in den Jahren 2008 und 2009, hätten ohnehin keine Auswirkung gehabt, da die Zuweisung an die Kassen aus dem Gesundheitsfonds zurzeit auf den Diagnosen des Jahres 2007 basieren.

Der morbiditätsorientierte Risikostrukturausgleich beziehungsweise die jeweilige Diagnose entscheide nur darüber, wie hoch der Anteil einer Kasse an der Gesamtsumme ist.

Wenigstens hat der Chef der Aufsichtsbehörde den Gesundheitsfonds verstanden. Wie wäre es, Herr Hecken, Journalisten Fortbildungsveranstaltungen zum Gesundheitsfonds und zum deutschen Gesundheitssystem anzubieten?

Der Diagnosefehler bleibt dennoch ein tolles Stück aus dem deutschen Gesundheitswesen und lässt auf weitere Höhepunkte nach der Einführung der elektronischen Gesundheitskarte hoffen. Oder auch nicht, wenn die Journalisten weiterhin die Komplexität nur ansatzweise erfassen.

Arzneimittelfälschungen bei arte

Gestern bei arte: Ein Themenabend zu Arzneimittelfälschungen. Mit einer Dokumentation “Wirkstoff Profit” und einer Diskussionsrunde, die im Internet zu finden sind.

Arzneimittelfälschungen sind ein ernstes, aber auch komplexes Thema. Das fängt bei der Definition an. Unter dem Begriff werden wirkungslose oder gar gesundheitsgefährliche Medikamente aus chinesischen Hinterhoffabriken genauso subsummiert wie Wirkstoffe von zertifizierten grossen Herstellern, die wegen Patentstreitigkeiten an der Grenze beschlagnahmt worden sind.

Die Pharmaindustrie will diese emotionale mit Ängsten verbundene Situation nutzen, um Vertriebswege und damit auch Preise unter ihre Kontrolle zu bekommen. Ein Arbeitsgebiet für Lobbyisten. Nicht von ungefähr kommen in dem arte-Beitrag Pfizer und Prof. Harald Schweim als Experten zu Wort. Keine Erwähnung fand beispielsweise wie EU-Verordnungen und die Pharmaindustrie durch Markenrecht die Versorgung von Entwicklungsländern mit Medikamenten hemmen.

Zu den vielen Facetten gehört auch, dass Parallelimporte für den pharmaindustrie-freundlichen EU-Kommissar Günter Verheugen das Einfallstor für Fälschungen darstellen. Im arte-Beitrag nennt er Medikamentenfäschungen “Schwerstkriminalität” und “versuchter Massenmord”. Dagegen wird im Saarland der grösste europäische Parallelimporteur mit einer Ehrenprofessur aus der Hand des Ministerpräsidenten bedacht.


Update:
Ein von Pfizer gesponserter Werbespot, der in UK ausgestrahlt wird:

Familien-PR-Netzwerk Grünes Kreuz

In einer E-Mail habe ich den Hinweis auf eine Sendung des SWR-Magazins Odysso bekommen. Am 8. Oktober lief dort ein Beitrag zum Deutschen Grünen Kreuz der derzeit noch streambar ist.

Einiges daraus ist aus dem Report-Beitrag vom Juli. Neu sind u.a. konkrete Zahlen zu den Zahlungen der Kaffeeindustrie, eine mutmassliche Verbindung des DGK zur Tabakindustrie bis Anfang der 90er Jahre und einige Details zu den eigentümlichen Besitzverhältnissen bei dem gemeinnützigen Verein.

Beim Verein ist Hans von Stackelberg: Geschäftsführer. Dem Verein gehört die DGK Förderergesellschaft. Jahresumsatz: 9 Millionen Euro. Geschäftsführer: Hans von Stackelberg. Für die Kampagnen gibt es eine eigene Werbeagentur: die Medialog. Geschäftsführung: Hans von Stackelberg und: seine Frau Barbara. Die Firma gehört mehrheitlich ihm. Für das Buchgeschäft hat das DGK den Verlag im Kilian. Chefin: Barbara von Stackelberg, der die Firma auch mehrheitlich gehört. Die „Technik-Tochter“ des Vereins, Pro Preventa, sorgt für Software und Internetauftritte. Geschäftsführer: Sohn Daniel von Stackelberg, dem die Firma mit Vater Hans auch mehrheitlich gehört. Für den Vertrieb gibt es noch die DGK Service. Chef: Hans von Stackelberg. Eigentümer: mehrheitlich der Verlag im Kilian.

Lantus®: Verantwortung auf dem Verschiebebahnhof

Diabetes-Fachärzte waren blind gegenüber möglichen Risiken von Lantus® (Insulin Glargin) für Tumorpatienten bzw. Patienten mit hohem Risiko für Krebs. So kann die Eingangssequenz des TV-Beitrags im MDR-Magazin FAKT interpretiert werden. Vor knapp zwei Monaten auf der Jahrestagung der Deutschen Diabetes-Gesellschaft in Leipzig hatten die Autoren Ärzte gefragt, ob sie ein Problem damit hätten, einem Tumorpatienten Lantus zu verschreiben.

“Irgendwelche Tumorrisiken – Lantus – ist für Sie kein Thema?” “Nee!”

FAKT zeigt, dass trotz der Indizien für eine möglicherweise erhöhte Gefährdung der Patienten durch Krebs, die es seit Jahren gegeben hat, Fachärzte und Verantwortliche in der Fachgesellschaft kritiklos den Informationen des Herstellers gefolgt sind. In dem TV-Beitrag distanziert sich der Chef Leitlinienkommission der DDG, Prof. Werner Scherbaum, von der von ihm verfassten “Patienteninformation zur Sicherheit der zugelassenen Insulinanaloga” und verweist auf Expertenkommissionen wie die der DDG oder die Zulassungsbehörden, auf die er sich verlassen hätte. Auch das BfArM macht keine gute Figur:

O-Ton: Prof. Johannes Löwer, Präsident BfArM
“Die Tierversuche als solche waren nicht ausreichend. Sie waren im Prinzip ungültig!” Frage: “Aber es gab Ergebnisse an Knochenkrebszellen aus Zellstudien, die tatsächlich schon Besorgnisse erregt haben, die mit diesem Argument relativiert wurden. Das sehen Sie heute kritisch?” “Das sehe ich heute schwierig. Die Beurteilung eines Medikaments ist immer die Gesamtschau aller Daten, die vorliegen. Und in der Tat besteht zunächst ein Signal der Kanzerogenität oder der Förderung des Wachstums von Krebszellen in der Zellkultur. Die Tierversuche waren nicht geeignet, diesen Verdacht auszuräumen!”

Schon bei der Markteinführung vor 9 Jahren warnte der unabhängige Arzneimittel-Informationsdienst arznei-telegramm (a-t), dass das Insulinanalog ist potenziell kanzerogen sei. Das a-t sah sich nach der kürzlichen Veröffentlichung der Studien, die einen Zusammenhang zwischen der häufigen Einnahme von Lantus® und der Entstehung von Krebs gezeigt hatten, bestätigt und forderte eine Marktrücknahme.