Auch, wenn ich mir Feinde machen sollte unter vielen meiner Kollegen (und viele Naturheilkundler integrieren Nahrungsergänzungen und damit Vitamine in ihre Therapiekonzepte): Zusätzliche und hochdosierte Vitaminzufuhr ist nicht per se gesund. Und im Einzelfall werden Vitaminpräparate überschätzt, wenn es um die Krebsprophylaxe geht:
Es gibt eine US-Studie, welche mehr als 7000 Frauen einbezog – und diese Studie ergab, dass Vitaminsupplemente nicht das Risiko verringern, an Krebs zu erkranken. Es handelte sich um eine randomisierte, placebo-kontrollierte Studie der Harvard Medical School in Boston/Massachusetts. Die Studie konzentrierte sich auf den prophylaktischen Effekt von Beta-Carotin, Vitamin C und Vitamin E – sowohl als Einzelpräparat und in Kombination und wurde im Dezember im „Journal of the National Cancer Institute“ veröffentlicht.
product cloud:
Ausgangspunkt war die regelmässig zu lesende oder zu hörende Vorgabe, der antioxidative Effekt von Vitamingaben verhindere Krebs. Allerdings gibt es immer wieder Studien, die diesen Zusammenhang nicht belegen können, schrieben die Autoren der Studie. Die Studie basierte auf über 7000 Frauen, die bislang noch nicht an Krebs erkrankt waren und sie nahm als Basis eine bereits erfolgte Studie über den kardiovaskulären Effekt von Antioxidantien. Grundlage waren Krankenakten aus Krankenhäusern und die nationale amerikanische Sterbestatistik, hieraus wollte man Detailinformationen über den Effekt bestimmter Antioxidantien auf das Auftreten von bestimmten Krebserkrankungen gewinnen.
Studienergebnis war, dass in rund 9,4 Jahren Beobachtungszeitraum 624 Frauen an Cervix-Ca erkrankten und 176 Frauen dann daran starben.
Es konnten keine wirklichen Zusammenhänge zwischen der Einnahme von Antioxidantien und der Wahrscheinlichkeit an Krebs zu erkranken fest gestellt werden:
- die Vitamin C-Gruppe hatte ein um den Faktor 1,1 geringeres Risiko an Krebs zu erkranken wie die Placebo-Gruppe
- die Placebogruppe hatte jedoch ein um den Faktor 0,93 geringes Erkrankungsrisiko gegenüber der Vitamin E-Gruppe
- bei der Betacarotingruppe lag das Erkrankungsrisiko der Placebo-Gruppe um den Faktor 0,84 geringer
Hinsichtlich des Risikos, an Krebs auch tatsächlich zu sterben, sehen die Zahlen nicht viel anders aus:
- Vitamin C versus Placebo: Faktor 1,28 (hier gibt es also tatsächlich einen nennenswerten positiven Effekt
- Vitamin E versus Placebo: Faktor 0,87
- und Betacarotin versus Placebo 0,84
Endergebnis der ganzen Untersuchung war:
- Ergänzungen mit Vitamin C, Vitamin E oder Carotinangeboten haben kein deutlichen Gesamtnutzen in der Primärverhinderung von Krebserkrankungen – oder hinsichtlich eines Effektes auf die Krebssterblichkeit.
- es gibt keinen wirklich bedeutsamen Effekt auf die Behandlungsdauer an Krebs erkrankter Personen, weder hinsichtlich des Erkrankungksrisikos noch hinsichtlich des Sterberisikos von an Krebs bereits erkrankten Personen
Untersuchungen, die eine mögliche Verringerung des Darmkrebsrisikos durch Vitamin E-Einnahme unter die Lupe nahmen, kamen übrigens zu gleichartigen Ergebnissen. Auch sei daran erinnert, dass der Effekt des Beta-Carotins, dem bislang eine deutliche Minderung des Lungenkrebsrisikos beigemessen wurde, nicht belegbar war – im Gegenteil erhöht sich bei Rauchern das Lungenkrebsrisiko unter Betacarotin-Einnahme deutlich.
Sicher mag es im Einzelfall positive Effekte geben, aber ob die derart deutlich sind, dass eine jahrelange Zufuhr von Vitaminen als Nahrungsergänzung ihre Berechtigung hat, darf bezweifelt werden.
Vergleichbares trifft auf den Zusammenhang zwischen Vitamin E- oder Selen-Supplementation und Prostata-Ca zu, wie JAMA in seiner Januar-Ausgabe berichtete:
In den USA gibt es jährlich rund 186.000 Neuerkrankungen an Prostata-Ca und rund 29.000 Männer sterben jährlich daran. Allein rein volkswirtschaftlich wäre es ein Riesenerfolg, könnte man diese Erkrankungs- und Sterberaten mit Hilfe von Nahrungsergänzungen verhindern. Nun machte man eine Untersuchung an rund 50.000 Männern in der Altersgruppe ab 50 Jahren (Afroamerikaner) und über 55 Jahren (andere Volksgruppen) und wollte sehen, wie sich eine langfristige Gabe von Selen und Vitamin E auf die Entstehung bzw. den Verlauf von Prostata-Ca auswirken würde. Die Studie war eine randomisierte Doppelbild-Studie unter Placebo-Kontrolle.
Das Ergebnis war enttäuschend:
Gaben von Selen oder Vitamin E haben, egal ob als Einzelsubstanz oder in Kombination keinen nennenswerten Effekt auf die Entstehung bzw. den Verlauf von Prostata-Ca gegenüber denjenigen, die „nur“ ein Placebo erhielten.
Weitere Untersuchungen bezogen die Gabe von Vitamin C mit ein, doch das Ergebnis war genauso enttäuschend
Nachzulesen sind die JAMA-Artikel hier:
JAMA. 2009 – Ausgabe 301
Wer die Studie zu Vitamin-Supplementation und Krebs bei Frauen nachlesen möchte kann das hier tun:
“Vitamins C and E and Beta Carotene Supplementation and Cancer Risk:
A Randomized Controlled Trial.”