3. gesundheitspolitische Diskussion – Verbessert das Krankenhausstrukturgesetz die Qualität der Versorgung?

Was sind die dringendsten Herausforderungen des Gesundheitswesens und wie kann man sie angehen? Dieser Frage gehen die Parlamentarier nicht nur in der Ausschussarbeit nach. Aktuelle Themen werden darüber hinaus im gesamten Parlament ausschussübergreifend diskutiert. In der 3. Runde in diesem Jahr wird das Krankenhausstrukturgesetz diskutiert. Mit dem Gesetz soll eine teilweise qualitätsorientierte Vergütung für Krankenhäuser eingeführt und damit die Qualität der Krankenhausversorgung verbessert werden. Oder kurz: Gute Qualität soll besser und schlechte Qualität weniger oder gar nicht bezahlt werden. Die genauen Regelungen soll die Selbstverwaltung im Gesundheitswesen, insbesondere der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) festlegen. Die Mitglieder des Young Lions Parlamentes diskutierten, ob das Gesetz der richtige Weg ist, die Qualität in der stationären Versorgung zu verbessern und stimmten abschließend über Jonas Statement mit dem provokanten Titel „Qualitätstransparenz statt Qualitätsvergütung“ ab, was Grundlage der Diskussion war.
Die Kritik der Akteure im Gesundheitswesen und die dünne Evidenzlage sollten Jonas Meinung nach nicht darüber hinwegtäuschen, dass es unbedingt Qualitätstransparenz und Qualitätsorientierung im Krankenhausmarkt braucht. Denn heute könnten Patienten und auch Ärzte nur im geringen Maße den (qualitativ) besten Leistungserbringer finden. Die Qualitätsberichte der Krankenhäuser seien unzureichend, so Jonas weiter, und aufgrund der Informationsasymmetrie zwischen Behandler und Patient versage hier der Markt eindeutig. Dennoch spricht Jonas sich gegen das Krankenhaus-Strukturgesetz aus – und für eine „Abstimmung mit den Füßen“.
Das von Jonas zur Abstimmung gebrachte Statement lautete:

„Das Young Lions Gesundheitsparlament spricht sich gegen die im Krankenhaus-Strukturgesetz vorgesehene qualitätsorientierte Vergütung aus. Stattdessen fordern wir eine umfassende Transparenz über die morbiditätsadjustierte Ergebnisqualität der Krankenhäuser. Die Qualitätsdaten müssen laienverständlich aufbereitet und den Patienten verfügbar gemacht werden. Das entsprechende Gesetz ist auf vier Jahre zu befristen und wissenschaftlich zu evaluieren. Begründung: Sobald Patienten die Qualitätsunterschiede erkennen können, werden sie, wie in anderen Märkten auch, den besten Anbieter für ihren Bedarf aussuchen können. Dadurch kommt es zu einer “Abstimmung mit den Füßen”, wodurch gute Qualität mehr Patienten anzieht und schlechte Qualität Patienten verliert und über kurz oder lang aus dem Markt ausscheidet.“

Die Argumente der anschließenden Diskussion wurden auf Xing vorgebracht.

Im Folgenden eine Zusammenfassung der „Pro-Argumente“:
Das Gesetz sei der falsche Weg, da der Qualitätsbegriff im Gesetz zu unbestimmt sei. So stelle sich ja zum Beispiel die Frage, wer eigentlich Kunde – und damit Qualitätsbestimmer – sei: Kostenträger oder Patient?
Zudem sei die Ergebnisqualität oft erst mit großem zeitlichem Verzug sichtbar. Daher würde man in der Realität wieder überwiegend auf Struktur- und Prozessqualität abstellen und diese dann monetär incentivieren.
Es wurde in der Diskussion angemerkt, dass Emmert et al. schon vor einiger Zeit festgestellt hätten, dass es zur Effizienz von P4P-Maßnahmen [pay for performance] noch keine Evidenz gibt (u.a. Sciencedirect). Und bei allem, was es bisher an P4P so gebe, könne man sehen, dass die Akteure gezielt auf die Incentives hin optimierten und all das, was nicht im Kriterienkatalog abgebildet sei, dann vernachlässigt würde.
Solange also nicht geklärt sei, wer hier eigentlich Qualität bewerten soll und welche Anreizsysteme nachweislich funktionieren, sei das Gesetzesvorhaben nicht ausgereift.

Hier eine Zusammenfassung der „Kontra-Argumente“:
Gegen das Statement und für das aktuelle Gesetz argumentierten einige Parlamentarier, da ihrer Meinung nach die geplanten Abschläge bei unzureichender Qualität zu einer schnellen Verschlankung des Marktes führen würden. Darauf aufbauend sprachen sie sich für das Gesetz aus: Viele Bürger würden trotz mangelnder Qualität an ihren Klein- und Kleinstkrankenhäusern festhalten.
Die abschließende Abstimmung endete eindeutig: Die Diskussionsteilnehmer sprachen sich zu über 84% für Jonas Position und damit gegen das Krankenhausstrukturgesetz aus. Wie hättest Du entschieden?

Zu den beiden früheren Diskussionen und Abstimmungen der Parlamentarier kommt ihr hier:
1. Ist das Gesetz zur Stärkung der Versorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-VSG) ein Schritt Richtung Vital- und Spitaldocks?

2. Nebeneinander von GKV und PKV – „Einheitsversicherung – ja oder nein?“