Frank Zappa war ein Musiker, aber kein Prophet. Dennoch sprach/sang er häufig von „plastic people“, die beim Schmelzen anfangen zu stinken (when they melt they start to stick). Was in einem seiner Songs (Uncle Bernie‘s Farm) aus den 1960er Jahren noch als grotesk erscheinen mag, scheint heute keine groteske Utopie mehr zu sein. Wir sind dabei, „plastic people“ zu werden.
PLASTIK – Überall
Plastik ist inzwischen auf diesem Planeten fast so allgegenwärtig wie die Luft, die wir atmen. Inzwischen finden wir Plastikabfälle in Gegenden der Erde, wo man keinen Plastik erwarten würde. Laut Alfred-Wegener-Institut (Zentrum für Polar- und Meeresforschung) ist der Plastikmüll jetzt auch in arktischen Gewässern angekommen. Und die dort lebende Fauna (Haie, Seevögel etc.) haben bereits angefangen, diesen Müll zu konsumieren.
Eine Umweltstudie von 2016 (Observations of floating anthropogenic litter in the Barents Sea and Fram Strait, Arctic) wies nach, dass in der Barentssee und weiter westlich in der Framstraße 0,006 beziehungsweise 0,004 Plastikteile auf 1 km zu finden sind. Die Zahlen mögen zwar an homöopathische Konzentrationen erinnern. Sie sind aber alarmierend, wenn man bedenkt, dass diese Gegend ursprünglich vollkommen frei von Plastik und anderem Müll war.
Plastik in unserem Essen
Über den Verzehr von Plastikteilen durch Fische gelangt dieses Plastik dann wieder auf unseren Tellern, wenn dieser Fisch gefangen und an die Konsumenten verkauft wird. Über die Strömungen in den Weltmeeren ist sichergestellt, dass das Plastik, das wir heute in die Nordsee zum Beispiel kippen, in ein paar Jahren in anderen Teilen der Weltmeere auftaucht und dort die Umwelt belastet.
Aber nicht nur „wir“ tragen die Schuld an dieser Entwicklung. Das, was früher als „Entwicklungsländer“ angesehen wurde, hat sich inzwischen zu „entwickelten Ländern“ gemausert – mit all den üblen Konsequenzen, die seinerzeit bei uns ebenfalls die Folge waren. China, Indonesien, Vietnam, Thailand und die Philippinen bezahlen ihren wirtschaftlichen Fortschritt unter anderem mit einer unüberschaubaren Flut an Plastik, der der Einfachheit halber ins Meer „entsorgt“ wird. Wie so etwas dann aussieht, beschreibt die „Huffington Post“ in diesem Beitrag: The Oceans Are Drowning In Plastic — And No One’s Paying Attention.
Plastik von heute: Noch 400 Jahre in den Meeren!
Plastik ist Chemie und biologisch kaum abbaubar. Selbst Salzwasser ist nicht aggressiv genug, um das Material rasch zu zersetzen. Die Umweltorganisation „Ocean Conservancy“ in Washington schätzt, dass unser heute ins Meer entsorgte Plastikmüll noch in 400 Jahren nahezu unverändert sein wird (wenn es nicht von Fischen vertilgt wird): Stemming the Tide: Land-based strategies for a plastic-free ocean.
Plastik – klein aber oho
Dies alles ist schon schlimm genug. Aber es kommt noch „besser“. Obwohl Plastik biologisch fast nicht abbaubar ist, kann es sich im Laufe der Zeit verändern. Und diese Form der Veränderung ist alarmierend. Denn es zerbricht in winzige Teile, Mikropartikel, die weniger als 5 mm lang sind. Diese Teile und ihre Größe sind optimal für die Aufnahme durch Fische, und am Ende der Nahrungskette durch uns.
Diese Plastik-Mikropartikel treiben wie eine Wolke in den Weltmeeren. Wir haben an Land den „Smog“ durch Abgase. In den Meeren haben wir einen „Plastik-Smog“ durch diese Plastikpartikel. Wie verbreitet dieser Smog im Nordpazifik bereits ist, das zeigt eine Grafik in der „Huffington Post“: The Ocean Is Filling Up With ‚Plastic Smog‘. Der Beitrag spricht von 5,25 Billionen Plastikteilchen in den Weltmeeren mit einem Gewicht von über 250 Tausend Tonnen (Plastic Pollution in the World’s Oceans: More than 5 Trillion Plastic Pieces Weighing over 250,000 Tons Afloat at Sea).
Die Folgen für die Natur
Für die Fauna hat dieser Mikro-Plastik-Horror entsprechende Folgen:
- Fische im Nordpazifik verzehren zwischen 12.000-24.000 t Plastik jährlich. Dies führt zu Schädigungen des Gastrointestinaltrakts der Tiere und häufig zu deren Tod. Und über die Nahrungskette akkumuliert das Plastik in Fischen, die an deren Spitze stehen. Davon ist der „Raubfisch“ Mensch nicht ausgeschlossen. Eine neuere Studie hat gezeigt, dass rund 25 Prozent der Fische, die auf kalifornischen Märkten angeboten werden, Plastik im Darm der Tiere enthielten.
- Seeschildkröten betrachten Plastik als Nahrung. Dieses Plastik verstopft den Verdauungstrakt der Tiere und damit zu deren Tod. Selbst wenn diese Konsequenz ausbleibt, können die Tiere verhungern, da sie über die Aufnahme des Plastiks das Hungergefühl unterdrücken. Rund die Hälfte aller Seeschildkröten weltweit sind mit Plastik verseucht.
- Seevögel sehen Plastik fälschlicherweise ebenfalls als eine Form der Nahrung an. Sie laufen Gefahr zu verhungern, da das Plastik die Kapazität des Magens so verringert, dass es zu einer Unterernährung kommt. Fast 100 Prozent aller Laysanalbatros Küken enthalten Plastik, da die Elterntiere Plastik irrtümlich als Futter ansehen. Schätzungen zufolge enthalten 60 Prozent aller Seevögel Plastikteile. Diese Schätzungen gehen davon aus, dass im Jahr 2050 praktisch alle Seevögel Plastik enthalten.
- Meeressäugetiere fressen Plastik und verfangen sich in größeren Plastikteilen. Die Hawaii-Mönchsrobbe ist eine vom Aussterben bedrohte Mönchsrobbenart, die endemisch im tropischen Nordpazifik bei Hawaii vorkommt. Diese Robben teilen sich den Lebensraum mit dem Laysanalbatros. In diesem Gebiet sind große Mengen an Plastikmüll gesichtet worden, der das Leben der jungen Robben zunehmend gefährdet und damit den Artbestand zusätzlich bedroht. Und es werden immer wieder tote Wale gefunden, deren Mägen gefüllt sind mit Fischernetzen, Tauen und Plastikteilen, die für das Verenden der Tiere ursächlich waren.
Mikroplastik um uns herum
Da das Plastik in kleinste Teilchen zerbrechen kann, eignet es sich besonders gut, sich in der Umwelt und vor allem im Wasser extensiv zu verteilen. So gelangt es nicht nur über den verzehrten Fisch wieder auf unseren Teller, sondern es ist auch in der Lage, in die Wasserversorgung einzudringen. Laut Invisibles – The plastic inside us | Orb ist das amerikanische Oberflächenwasser mit mikroskopisch kleinen Plastikfasern durchseucht. Das Gleiche gilt für Indonesien, Indien, Ecuador, Uganda, England und Libanon. Wenn wir kein Plastik sehen, das heißt nicht, dass es nicht da ist. Es ist nur zu klein, als dass man es mit dem bloßen Auge erkennen könnte.
Mikrofaser – Unsere Kleidung
Orb nennt sechs Hauptquellen des „unsichtbaren Plastiks“. Eine Quelle sind die synthetischen Mikrofasern von synthetischen Kleiderstoffen, wie zum Beispiel Fleece (Kunstfilz), Polyacrylnitril und Polyester. Diese Mikrofasern werden vor allem beim Waschen freigesetzt. Es wird vermutet, dass dadurch weltweit jährlich 1 Millionen Tonnen Fasern in die Umwelt gelangen. Diese Fasern sind noch kleiner als die oben erwähnten Plastik-Mikropartikel, so dass sie eine noch höhere Penetrationsfähigkeit haben. Es ist auch wahrscheinlich, dass die Ausscheidung von diesen einmal aufgenommenen Partikeln noch schwieriger ist als bei größeren Partikeln.
Reifenabrieb
Reifenabrieb ist eine weitere signifikante Quelle für Umweltplastik. Dieser vom Abrieb entstandene Staub enthält Styrol-Butadien-Kautschuk, ein synthetischer Kautschuk. Laut Orb produzieren Lastwagen und Personenwagen 20 Gramm synthetischen Staub pro 100 gefahrene Kilometer.
Mikropellets
Mikropellets sind winzige Plastikpellets, die zum Beispiel in Seifen vorkommen. Sie sind so klein, dass sie von der Wasseraufbereitungsanlage nicht erfasst und eliminiert werden. Denn deren Filter sind für so winzige Partikel nicht fein genug. Bislang hat man sich dieses Problems noch nicht wirklich angenommen, so dass man bislang nur von Schätzungen ausgehen, die das Ausmaß der Umweltschädigung durch diese Pellets beschreibt.
Farben
Farben enthalten ebenfalls Mikropartikel aus Plastik. Der sich auflösende Anstrich von Häusern, Schiffen, Verkehrszeichen, Hinweisschildern etc. ist ein weiterer Beitrag für diese Umweltbelastung.
Sekundäres Mikroplastik entsteht, wie oben bereits erwähnt, durch einen mechanischen Zerfall von Einmal-Plastik-Produkten, die in der Umwelt entsorgt werden. Einkaufstüten, Besteck, Strohhalme und alle die schönen Einweg-Wegwerf-Plastikdinge, die unser Leben so erleichtern, verlangen einen hohen Preis von der Umwelt und damit indirekt und etwas später auch von uns.
Plastikfasern in der Luft
Plastikfasern in der Atemluft, dies ist ein neuer Bereich der Umweltforschung. Noch wissen wir nicht viel, dafür aber viel zu wenig über dieses Problem. Eine Studie von 2015 (Microplastic contamination in an urban area: case of greater Paris) berichtet von mikroskopisch winzigen Fasern in der Luft von Paris, die jährlich in einer Rate von 10 Tonnen zu Boden fallen.
Dazu gesellt sich noch das Problem der Weichmacher, das auch allgegenwärtig zu sein scheint: Weichmacher – Eine Belastung die man vermeiden kann. Und hier fällt das alles entscheidende Stichwort: Wie kann man das alles vermeiden?
Vermeidung des Unvermeidbaren oder Quadratur des Kreises?
In dem zuletzt zitierten Beitrag zu den Weichmachern (siehe oben) hab ich beschrieben, wie schwer eine Vermeidungsstrategie ist. In Sachen Plastik ist der Einzelne noch machtloser, da keiner von uns für die Produktion dieser Sachen verantwortlich ist. Oder doch?
Ich fürchte, wir werden dann verantwortlich, wenn wir diese Sachen akzeptieren. Es bleibt uns also kaum etwas anderes übrig, als dass jeder für sich alleine Plastikprodukte boykottiert. Orb gibt dazu eine Reihe von Empfehlungen:
- Vermeiden Sie Plastiktüten, Plastiktaschen und Plastikbehälter für die Aufbewahrung von Nahrungsmitteln.
- Beim Waschen von synthetischen Kleidungsstücken weniger häufig waschen, um dann in einem sanfteren Waschgang die Freisetzung der Zahl der Mikrofasern zu reduzieren. Es soll anscheinend auch Produkte geben, die diese Fasern in der Waschmaschine binden können.
- Vermeiden Sie Einwegflaschen aus Plastik. Wo es möglich ist, sollten Sie Glasflaschen oder Flaschen aus anderen Materialien benutzen, die wiederverwendet werden können.
- Strohhalm aus Plastik vermeiden. Es gibt Strohhalme aus Edelstahl, Bambus oder Glas.
- Zahnbürsten – auch hier gibt es Alternativen zu den Plastikvarianten, gefertigt aus Bambus, Flachs oder sogar aus wiederverwerteten Dollarscheinen…
- Beim Auswaschen von Farbpinseln sammeln Sie das Waschwasser in einem Behälter und entsorgen Sie dieses Wasser fachgerecht. Wie dies aussieht, ist sicherlich von Ort zu Ort verschieden. Ähnlich wie bei Batterien gibt es hierfür offizielle Annahmestellen, die dann den Abfall (hoffentlich) sicher entsorgen. Die Schlechteste aller Alternativen wäre es, das Waschwasser einfach in den Ausguss zu geben.Plastik ist überall, jetzt auch in Bereichen der Welt, die als weitestgehend schwer zugänglich gelten. Die dort lebenden Tieren haben jetzt eine neue „Ernährungsgrundlage“. Denn das biologisch so gut wie nicht abbaubare Plastik zerfällt in Mini- und Mikropartikel, die von den Tieren aufgenommen werden. Einmal im Organismus ist das Plastik schwer oder nicht mehr ausscheidbar. Und so landet das von uns weggeworfene Plastik in Form von Fisch und Hummer und in unsichtbarer Form wieder auf unserem Teller. In Australien nennt man das „Bumerang“. Wir haben heute einen modernen Bumerang, der groß weggeworfen wird und unsichtbar klein wieder zu uns zurückkehrt.
- Vermeidung? Fast unmöglich. Denn wir brauchen Luft zum Atmen. Und es lässt sich mit bloßem Auge nicht feststellen, ob der Fisch vom Markt oder Supermarkt Plastikteilchen enthält.
Fazit
Plastik ist überall, jetzt auch in Bereichen der Welt, die als weitestgehend schwer zugänglich gelten. Die dort lebenden Tieren haben jetzt eine neue „Ernährungsgrundlage“.
Denn das biologisch so gut wie nicht abbaubare Plastik zerfällt in Mini- und Mikropartikel, die von den Tieren aufgenommen werden. Einmal im Organismus ist das Plastik schwer oder nicht mehr ausscheidbar. Und so landet das von uns weggeworfene Plastik in Form von Fisch und Hummer und in unsichtbarer Form wieder auf unserem Teller. In Australien nennt man das „Bumerang“. Wir haben heute einen modernen Bumerang, der groß weggeworfen wird und unsichtbar klein wieder zu uns zurückkehrt.
Vermeidung? Fast unmöglich. Denn wir brauchen Luft zum Atmen. Und es lässt sich mit bloßem Auge nicht feststellen, ob der Fisch vom Markt oder Supermarkt Plastikteilchen enthält.
Dieser Beitrag Unsere Körper werden zu Plastik wurde erstmalig von Yamedo.de (René Gräber) auf Yamedo BLOG veröffentlicht.